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Berliner Erdgasspeicher
Energie-Reserve
Es ist in etwa wie bei einem Eisberg: Von dem drei mal vier Kilometer großen Erdgasspeicher unter dem Grunewald macht man sich oben kein Bild. Bis auf die wenigen streng bewachten Einfüllstationen deutet nichts darauf hin, dass hier in 850 Metern Tiefe einmal über eine Milliarde Kubikmeter Erdgas lagerten. Unter einer Deckschicht aus Ton, Salz und Kalk lagert hier ein idealer Sandstein: Wie ein Schwamm saugt sich das poröse Gestein mit Wasser voll, das unter Druck durch Erdgas ersetzt werden kann.
Bis 2016 holen Stationswärter aus dem Gestein täglich genau die Menge Gas, die die GASAG-Leitwarte für die Energieversorgung Berlins kalkuliert: Je kälter, desto mehr. Über 13 Zuleitungen gibt es dafür. Rentabel ist die Anlage allerdings nicht, weshalb die Berliner Erdgasspeicher GmbH 2017 die Stilllegung bekannt gibt.
Nach dem ersten russischen Angriff auf die Ukraine 2014 ist der stillgelegte Gasspeicher nicht ohne Ironie. Denn entstanden war die Anlage einst auf Drängen des Alliierten Kontrollrats, der West-Berlin in den 1980er-Jahren unabhängiger von sowjetischen Gaslieferungen machen wollte. Der Erdgasspeicher geht jedoch erst 1992 in Betrieb – der Kalte Krieg ist da schon vorbei und es gibt Zugang zu anderen Gasquellen. Immerhin hilft der Erdgasspeicher Berlin in den Folgejahren, schwankende Preise auszugleichen: Steigt der Gaspreis im Winter, kann die Stadt das im Sommer preiswert eingelagerte Gas nutzen.
Die Stilllegung des Speichers dauert bis heute an, 28 Mitarbeitende sind damit beschäftigt. Sie ist bergrechtlich und technisch komplex, weil das Gas im Gestein nicht auf einmal entnommen werden kann. Parallel prüft der Betreiber mögliche Nachnutzungen der Anlage: Am aussichtsreichsten scheint die Umnutzung für Tiefengeothermie (Erdwärme) zu sein. So würde der alte Erdgasspeicher Berlin noch einmal unabhängig machen – diesmal von fossiler Energie.