Berliner Industriekultur im Überblick

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  • S-Bahnhof Wannsee
    S-Bahnhof Wannsee
    Das Empfangsgebäude des S-Bahmhofs Wannsee.
    Das Empfangsgebäude des S-Bahnhofs Wannsee stammt aus den späten 1920er-Jahren. | © A. Savin, via Wikimedia Commons
    Adresse

    Kronprinzessinnenweg 250/251
    14109 Berlin-Zehlendorf

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    S-Bahnhof Wannsee

    Verkehrstempel für Sonnenhungrige

    Oktogon, Kuppel und spitze Arkaden! Die Schalterhalle macht den 1928 eröffneten S-Bahnhof Wannsee zu einem Verkehrstempel. Der Bahnhofsvorplatz ist zugleich öffentlicher Treffpunkt, Verkehrsknoten und Geschäftszentrum. Eine Unterführung verbindet ihn mit der Fähranlegestelle. So ist der Bahnhof auch
    an heißen Sommertagen dem massenhaften Ausflugsverkehr zum Wannsee bestens gewachsen.

  • Wasserwerk Beelitzhof
    Wasserwerk Beelitzhof
    Das Backsteingebäude des Wasserwerks Beelitzhof von außen.
    Außenansicht des Wasserwerks Beelitzhof.
    Außenansicht eines Backsteingebäudes des Wasserwerks Beelitzhof, erbaut 1888.
    Das Wasserwerk Beelitzhof versorgt Berlin seit 1888 mit frischem Wasser. © bzi/Foto: Max Braun
    Adresse

    Kronprinzessinnenweg 150
    14129 Berlin-Zehlendorf

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Wasserwerk Beelitzhof

    Wasseraufbereitung heute

    Seit 1888 versorgt das Wasserwerk Beelitzhof die Stadt Charlottenburg mit Trinkwasser. Bis das Wasser in den Haushalten ankommt, durchläuft es einen langen Weg.

    Es fließt von den Grundwasserbrunnen über riesige Rohre in die Belüftungsanlage des Wasserwerks, wo es mit Sauerstoff angereichert und dann ins Reaktionsbecken geleitet wird. Hier lösen sich Eisen- und Manganverbindungen. Die Sandfilteranlage entfernt die sich absetzenden Flocken. Das gereinigte Trinkwasser wird schließlich im Reinwasserbehälter gespeichert und von dort über ein komplexes Rohrsystem in die Haushalte gepumpt.

    Ab 1981 verbessert eine zusätzliche Aufbereitungsanlage für Havelwasser die Qualität der Grunewaldseen. Das Wasserwerk Beelitzhof ist nur eins von vielen: Die Berliner Wasserbetriebe betreiben derzeit neun Wasserwerke und sechs Klärwerke im Verbund.

  • Strandbad Wannsee
    Strandbad Wannsee
    Blick auf das Eingangsgebäude des Strandbads Wannsee.
    Luftansicht des Strandbads Wannsee aus den 1960er-Jahren.
    Das Eingangsgebäude wurde 1928 im konservativen Heimatschutzstil gebaut. | © H.Helmlechner, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons
    Adresse

    Wannseebadweg 25
    14129 Berlin-Zehlendorf

    Anfahrt

    S-Bahnhof Nikolassee (S1, S7)

    Barrierefreiheit

    Barrierefreie Duschen
    Barrierefreie Toiletten
    Behindertenparkplätze

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Strandbad Wannsee

    Ostseestrand am Stadtrand

    Während der Weimarer Republik kommt ein neues Gesundheitsideal auf. Die arbeitende Bevölkerung soll in ihrer Freizeit Licht, Luft und Sonne tanken und durch sportliche Aktivitäten fit bleiben. Berlin baut Volksparks, Sportstadien und Freibäder – wie das Strandbad Wannsee.

    Wenn man vor dem 1928 im konservativen Heimatschutzstil errichteten Eingangsgebäude steht, ist die Modernität des Freibades nicht zu erahnen. Das von Martin Wagner und Richard Ermisch geplante Weltstadtprojekt ist im Stil der Neuen Sachlichkeit gehalten. Vier Hallen bieten Raum für Garderoben, Duschräume und Geschäfte. Diese in den Uferhang hineingebauten Hallen sind mit einem langen Säulengang verbunden. Die Dächer bieten Platz für Terrassen und Sportflächen.

    Bis 1930 wird nur dieser Teil der Anlage realisiert. Ursprünglich waren fünf weitere Hallen, ein großer
    Rundbau mit Restaurant, eine See-Brücke, ein Hafen und ein Freilichttheater geplant. Doch dafür fehlt aufgrund der Weltwirtschaftskrise das Geld. 1933 verhindert das NS-Regime den Weiterbau aufgrund des undeutschen Baustils. Dennoch ist das Strandbad Wannsee bei seiner Eröffnung das größte und modernste Binnenfreibad Europas. Der über einen Kilometer lange und 80 Meter breite Strand lädt bis heute zum Baden ein.

  • Insel Schwanenwerder
    Insel Schwanenwerder
    Gedenktafeln auf der Inselstraße Schwanenwerder.
    Blick vom gegenüberliegenden Ufer auf Boote, die vor der Insel Schwanenwerder ankern.
    Gedenktafeln auf Schwanenwerder machen auf die Vergangenheit der Insel aufmerksam. | © Fridolin Freudenfett (Peter Kuley), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
    Adresse

    Inselstraße
    14129 Berlin-Nikolassee

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Insel Schwanenwerder

    Großbürgerliche Idyllen

    Im Jahr 1882 erwirbt ein Petroleumlampenfabrikant die Insel Schwanenwerder. Er lässt die Inselfläche aufschütten und für den Bau von Landhäusern als bürgerliches Arkadien parzellieren. Dank der Gewinne in Industrie und im Finanzwesen kann das neue Großbürgertum einen Lebensstil nachahmen, der
    zuvor dem Adel vorbehalten war.

    Wegen fehlender Infrastruktur und Verkehrsanbindung geht der Verkauf nur schleppend voran. Erst mit Eröffnung des Bahnhofs Nikolassee im Jahr 1902 verbessert sich die Lage. Hinzu kommt der Bau moderner Anlagen für Wasser- und Stromversorgung. Jetzt entwickelt sich die Insel zu einem diskreten Refugium für wohlhabende Industrielle und Bankiers, die hier exklusive Landsitze errichten.

    Nach 1933 vereinnahmen hochrangige Nazis die Insel. Jüdische Eigentümer müssen ihre Grundstücke verfolgungsbedingt verkaufen. Nutznießer sind u.a. Joseph Goebbels, Albert Speer und Hitlers Leibarzt Theodor Morell. Einer der Landsitze wird zur Reichsbräuteschule umgebaut. Hier werden die Verlobten von SS- und NSDAP-Funktionären ideologisch auf ihre ehelichen Pflichten vorbereitet.

    Nach Kriegsende bereitetet die amerikanische Militärelite in einer der Villen die Potsdamer Konferenz vor. Später plant Lucius D. Clay von hier aus die Hilfsflüge der Berliner Luftbrücke. Im Rahmen der Restitution werden die Anwesen an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben. Die meisten von ihnen
    verkaufen an das Land Berlin. Einige dieser Liegenschaften werden zu Jugenderholungsstätten. Seit den 1960er-Jahren erwerben auch Privatleute wieder Grundstücke auf Schwanenwerder. Prominentester Neuankömmling ist 1961 der Verleger Axel Springer.

    Von den historischen Landhäusern sind nur noch sechs erhalten. Eines davon ist der „Schwanenhof“ in der Inselstraße 37.

  • Insel Lindwerder
    Insel Lindwerder
    Das Foto zeigt die Fähre, die Kurs auf die Insel Lindwerder nimmt.
    Die Insel Lindwerder vom gegenseitigen Ufer aus gesehen.
    Ein Radfahrer, der in der Nähe des Stegs zur Fähre zur Insel Lindwerder auf einer Bank sitzt.
    Die Insel lässt sich seit jeher nur per Fähre erreichen. | © bzi, Foto: Max Braun
    Adresse

    Havelchaussee 43
    14193 Berlin-Steglitz-Zehlendorf

    Anfahrt

    Für den Betrieb der heutigen Gaststätte auf der Insel verkehren eine Personen- und eine Lastfähre.
    Gäste des Restaurants können die Privatfähre per Glocke rufen.

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Insel Lindwerder

    Fährbetrieb auf dem Wannsee

    Seit 1905 ist die Insel Lindwerder mit einer Fähre und bald darauf per Ausflugsdampfer zu erreichen. Sie entwickelt sich zu einem beliebten Ausflugsziel.

    Nach 1945 wird an der Ostseite Trümmerschutt abgekippt, um die Insel zu vergrößern. Für den Betrieb der heutigen Gaststätte verkehren eine Personen- und eine Lastfähre. Gäste des Restaurants können die Privatfähre per Glocke rufen.

  • Die Havel
    Die Havel
    Aussicht vom Ufer auf die Havel, auf der ein Schiff fährt
    Blick von oben auf dem Grunewaldturm auf die Havel
    Schwarz-weiß-Foto eines Wasserflugzeugs der Berliner Luftbrücke auf der Havel.
    Bis heute hat die Havel als Bundeswasserstraße eine wichtige Bedeutung für den Personen- und Güterverkehr. | © bzi, Foto: Max Braun

    Die Havel

    Geschichtsträchtige Wasserstraße

    Seit jeher wird Berlin über das Wasser versorgt. Schon im 17. Jahrhundert werden Flüsse wie die Havel als Wasserstraßen genutzt und mit Kanälen verbunden. So entsteht ein Verkehrsnetz von überregionaler
    Bedeutung für den Transport von Gütern und Rohstoffen.

    Während der Berliner Luftbrücke 1948/1949 ist die Havel nicht nur Wasserstraße, sondern auch die längste Landebahn Berlins. Um die Flughäfen zu entlasten, landen hier Wasserflugzeuge der Alliierten. Sie werden wegen ihrer Korrosionsfestigkeit bevorzugt mit Salz beladen. Bis heute sind Bundeswasserstraßen wie die Havel ein wesentlicher Teil des Verkehrssystems. Neben dem Gütertransport dienen sie vorwiegend der Sport- und Freizeitschifffahrt.

  • Grundwasserbrunnen des Wasserwerk Beelitzhof
    Grundwasserbrunnen des Wasserwerk Beelitzhof
    Ein Grundwasserbrunnen am Havelufer
    Wandgemälde am Wasserwerk, das zwei Arbeiter zeigt, von denen einer in einen Grundwasserbrunnen hinabsteigt.
    Einer der 80 Grundwasserbrunnen entlang des Havelufers, die Berlin mit Trinkwasser versorgen. | © bzi, Foto: Max Braun
    Adresse

    Entlang des Havelufers

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Grundwasserbrunnen des Wasserwerk Beelitzhof

    Brunnengalerie

    Das Berliner Trinkwasser kommt fast ausschließlich aus Wasserschutzgebieten innerhalb der Stadtgrenzen. Diese Schutzgebiete machen etwa ein Viertel der Stadtfläche aus. Das Trinkwasser wird zu 30% aus Grundwasser und zu 70% aus Uferfiltrat gewonnen. Bei der Uferfiltration wird Wasser, das über Monate von der Havel bzw. Spree durch viele Sandschichten hindurch ins Grundwasser gesickert ist, von Grundwasserbrunnen hochgepumpt und über riesige Rohre ins Wasserwerk geleitet.

    Entlang des Havelufers erstrecken sich von hier bis zum Strandbad Wannsee über 80 Brunnen des Wasserwerks Beelitzhof. Sie erreichen eine Tiefe von 50 bis 170 Metern. Die Grundwasserbrunnen werden regelmäßig gewartet. Mit Sandablagerungen verstopfte Filter werden mittels gezielter Sprengung gereinigt.

  • Restaurant-Schiff Alte Liebe
    Restaurant-Schiff Alte Liebe
    Frontaler Blick auf das Restaurant-Schiff Alte Liebe, das am Havelufer ankert.
    Blick vom Havelufer auf das Restaurant-Schiff Alte Liebe
    Das Restaurant-Schiff wurde 1911 gebaut und ersetzt 1970 das vorige, in die Jahre gekommene Schiff. | © bzi, Foto: Max Braun
    Adresse

    Havelchaussee 107
    14055 Berlin-Grunewald

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Restaurant-Schiff Alte Liebe

    Vom Lastkahn zum Kaffeekahn

    Ausgediente Kähne verwandeln sich seit 1900 zu schwimmenden Gaststätten. An dieser Stelle der Havel befindet sich seit 1950 ein Restaurant-Schiff.

    Der in die Jahre gekommene Kahn wird 1970 durch eine HADAGFähre (1911) aus Hamburg ersetzt.

  • Berliner Erdgasspeicher
    Berliner Erdgasspeicher
    Das Foto zeigt, wie Rohre aus dem Erdboden kommen, die zum unterirdischen Erdgasspeicher führen.
    Außenansicht des zum Erdgasspeicher gehörenden Gebäudes mit Rohren, die davor aus der Erde kommen.
    Der Erdgasspeicher liegt in 850 Metern Tiefe. Überirdisch lassen sich nur die Rohre besichtigen, die zum Speicher führen. | © bzi, Foto: Max Braun
    Adresse

    Am Postfenn 22
    14055 Berlin-Grunewald

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Berliner Erdgasspeicher

    Energie-Reserve

    Der Alliierte Kontrollrat fordert in den 1980er-Jahren, dass ein Erdgasspeicher gebaut wird, damit West-Berlin unabhängiger von sowjetischen Lieferungen wird.

    Der Erdgasspeicher geht 1992 in Betrieb – und damit erst nach der politischen Wende. Er wird nicht mehr gebraucht, da es jetzt auch Zugang zu anderen Gasquellen gibt. Immerhin können mittels der Speicherung Preisschwankungen umgangen werden. Steigt der Gaspreis im Winter an, kann das im Sommer preiswert eingekaufte Gas genutzt werden.

    Der Erdgasspeicher liegt unter dem Wannsee und dem Grunewald auf einer Fläche von drei mal vier Kilometern in 850 Metern Tiefe. Dort befindet sich, eingeschlossen zwischen Ton- und Lehmschichten, eine Schicht aus porösem, mit Wasser gefüllten Sandstein. Das Wasser wird mit hohem Druck herausgepresst und durch Gas ersetzt.

    2017 wird die Anlage stillgelegt, da sie nicht mehr rentabel ist. Seither befindet sie sich im Rückbau. Die Nutzung des Speichers für Tiefengeothermie wird geprüft.

  • US-Amerikanische Abhörstation
    US-Amerikanische Abhörstation
    Blick auf einen der langsam verfallenden Türme der Abhörstation mit weißer Antennenkuppel.
    Historisches Luftbild der Abhörstation auf dem Teufelsberg.
    Buntes Graffiti an der ehemaligen US-amerikanischen Abhörstation.
    Der Eingang zur US-amerikanischen Abhörstation auf dem Teufelsberg.
    Die Abhörstation auf dem Teufelsberg wurde 1992 aufgegeben. | © Boris Gänsicke
    Adresse

    Teufelsseechaussee 10
    14193 Berlin-Grunewald

    Anfahrt

    Die S-Bahn-Station Heerstraße ist ca. 30 Gehminuten vom Gelände entfernt.

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    US-Amerikanische Abhörstation

    Spionagezentrum des Kalten Kriegs

    Die West-Alliierten überwachen von diesem Ort auf dem Teufelsberg aus seit den 1950er-Jahren die Kommunikation im Ostblock. 1962 wird die Abhörstation mit fünf Antennenkuppeln aus weißem Kunststoff ausgebaut. Die Kuppeln schützen vor Witterung und Gegenspionage. Im Umkreis von 500 km, bis weit in das Gebiet des Warschauer Paktes, können alle ungeschützten Funk- und Fernmeldeverbindungen erfasst, abgehört und gestört werden.

    Nach Ende des Kalten Krieges wird die Abhörstation 1992 aufgegeben. Ein Investor kauft das Gelände, doch seine Pläne scheitern. Die Anlagen fallen Vandalismus zum Opfer.

    Heute ist der Standort mit seinem Lost-Place-Feeling eine der größten Street Art Galerien der Welt mit vielen Events und Festivals.

  • Teufelsberg und Drachenberg
    Teufelsberg und Drachenberg
    Aus weiterer Entfernung aufgenommenes Bild des Teufelsbergs mit der US-amerikanischen Abhörstation.
    Schwarz-weiß-Foto, das zeigt, wie die Trümmer des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Berlins zu einem Berg aufgeschüttet werden.
    Schon von weitem ist die US-amerikanische Abhörstation auf dem Teufelsberg sichtbar. | © LeJC, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
    Adresse

    Teufelsberg und Drachenberg
    Teufelsseechaussee
    14193 Berlin-Grunewald

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Teufelsberg und Drachenberg

    Trümmerschutt mit Ausblick

    Der eine Trümmerberg, der Teufelsberg, ist nach dem benachbarten Teufelssee benannt. Auf dem anderen kann man im Herbst sehr gut Drachen steigen lassen. In beiden Bergen ist Geschichte verborgen.

    Das NS-Regime beginnt auf dem Gelände des heutigen Teufelsbergs die Wehrtechnische Fakultät als Teil der Welthauptstadt Germania zu errichten. Nach 1945 wird der Rohbau gesprengt und das Areal in eine Schuttdeponie verwandelt.

    Ab 1950 karren Lastwagen 22 Jahre lang ein Drittel der Trümmer des zerbombten Berlins an. Dann wird Erdreich aufgeschüttet und mit Bäumen bepflanzt. 1972 ist der Schutthaufen Teufelsberg die höchste Erhebung West-Berlins und entwickelt sich zu einem beliebten Ausflugsziel. Zur Anfangszeit des Kalten Kriegs wird hier außerdem eine Abhörstation der West-Alliierten errichtet.

    Bis heute bieten beide Berge einen grandiosen Panoramablick auf die Berliner Skyline.

  • Sender Scholzplatz
    Sender Scholzplatz
    Der hoch in den Himmel aufragende Sendemast des Senders Scholzplatz vor blauem Himmel.
    Der 230 Meter hohe Mast des Senders Scholzplatz sollte eigentlich nur vorübergehend genutzt werden. | © Arne Wiechern
    Adresse

    Heerstraße 139
    14055 Berlin-Westend

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Sender Scholzplatz

    Ersatz für den Funkturm

    Der Standort soll nur vorübergehend sein, bis der West-Berliner Fernsehturm eröffnet. Der Sender Scholzplatz wird, anders als der Funkturm, als reiner Funktionsbau konzipiert. 1963 geht er für den Sender Freies Berlin (SFB) in Betrieb. Der 230 m hohe Mast löst den Funkturm ab, der bisher mit seiner 150 m hohen Antenne für die Ausstrahlung von Hörfunk und Fernsehen diente. Jetzt können die Programme bis weit in die DDR ausgestrahlt werden.

    Zu einer Demontage des Senders kommt es nicht, denn ein West-Berliner Fernsehturm wird nie gebaut. Der Sender Scholzplatz strahlt bis heute Radio- und Fernsehprogramme aus.

  • Theodor-Heuss-Platz
    Theodor-Heuss-Platz
    Die ewige Flamme auf dem Theodor-Heuss-Platz mit der Aufschrift Freiheit, Recht, Friede
    Der Theodor-Heuss-Platz, damals noch Reichskanzlerplatz, in einem schwarz-weißen Foto von 1907
    Seit 1955 brennt auf dem Theodor-Heuss-Platz eine Ewige Flamme für die Opfer von Flucht und Vertreibung. | © bzi, Foto: Max Braun
    Adresse

    Theodor-Heuss-Platz
    14052 Berlin-Westend

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Theodor-Heuss-Platz

    Schmuckplatz eines neuen Wohnviertels

    Der 1906 noch als Reichskanzlerplatz eröffnete Theodor-Heuss-Platz ist das Eingangstor der Siedlung Westend. Wie in dem gleichnamigen Londoner Stadtviertel entsteht hier nobler Wohnraum. In Berlin und London bringt Westwind saubere Luft, die erst über der Stadt verunreinigt wird.

    Der Bauentwickler Quistorp plant die Siedlung, errichtet ein Wasserwerk und spekuliert auf hohe Gewinne. Die architektonische Planung übernimmt Martin Gropius. Der Platz wird 1933 umbenannt. Als Adolf-Hitler-Platz wird er Teil der Planungen für die Welthauptstadt Germania.

    Ein von Albert Speer geplantes Heldendenkmal wird nicht errichtet. Stattdessen brennt hier seit 1955 eine Ewige Flamme für die Opfer von Flucht und Vertreibung, eingeweiht von Bundespräsident Theodor Heuss. Nach seinem Tod wird der Platz in Theodor-Heuss-Platz umbenannt.

  • Messegelände
    Messegelände
    Die Eingangshalle des Messegeländes in Berlin bei untergehender Sonne.
    Außenansicht der Messe Berlin bei blauem Himmel mit dem Funkturm im Hintergrund.
    Die von Richard Ermisch entworfene Eingangshalle zum Messegelände. | © Messe Berlin
    Adresse

    Messe Berlin
    Messedamm 22
    14055 Berlin-Westend

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Messegelände

    Treffpunkt der Welt in Berlin

    Die Berliner Messetradition reicht zurück ins Jahr 1822, als die preußische Regierung Märkte und Messen erstmalig zu einer übergreifenden Gewerbeausstellung zusammenfasst. Noch gibt es keinen festen Standort für das Messegelände. Gebäude werden auf- und wieder abgebaut.

    Ab 1913 ist eine zuvor als Exerzier- und Schießplatz genutzte Fläche des Grunewalds durch einen S-Bahnhof (heute S-Bahnhof Messe-Nord/ICC) erreichbar. 1924 eröffnet auf diesem Gelände das Haus der Funkindustrie für die erste Große Deutsche Funkausstellung. 1930 erarbeiten Martin Wagner und Hans Poelzig ein architektonisches Gesamtkonzept, das nur in Teilen realisiert wird.

    Unter dem NS-Regime verändert der Architekt Richard Ermisch das Konzept tiefgreifend. Davon zeugt das Eingangsgebäude samt Ehrenhalle aus dem Jahr 1936. Ab 1939 nutzt die Reichsstelle für Getreide die Hallen als Lager.

    1946 beginnt der Wiederaufbau des kriegszerstörten Geländes. Ein Jahr später findet die erste Ausstellung mit dem Titel „Werte unter Trümmern“ statt. Das Messegelände wird bis heute stetig erweitert.

  • Internationales Congress Centrum (ICC)
    Internationales Congress Centrum (ICC)
    Ansicht des Internationalen Congress Centrums von der Straße aus
    Der Innenraum des ICC mit roten Leuchtröhren als Wegeleitsystem.
    Luftbild, auf dem man das ICC, den Funkturm und das Messegelände sieht.
    Das an ein Raumschiff erinnernde ICC von der Straße aus gesehen. | © Wladyslaw Sojka, www.sojka.photo, Free Art License via Wikimedia Commons
    Adresse

    Messedamm 22
    14055 Berlin-Westend

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    Internationales Congress Centrum (ICC)

    Einzigartige Kongressmaschine

    Ein hochtechnisiertes Kongresszentrum der Superlative ist das 1979 eröffnete Internationale Congress Centrum (ICC). Internationale Großveranstaltungen sollen die Wirtschaft des isolierten West-Berlins ankurbeln. Dem Zeitgeist der autogerechten Stadt folgend, ist das Gebäude in die Verkehrsströme Berlins eingebunden. Die Aluminium-Fassade erinnert an ein Raumschiff – inspiriert von der nur sechs Jahre zurückliegenden ersten Mondlandung. Mit dem historischen Messegelände ist das ICC über eine dreigeschossige Brücke verbunden.

    Über 30 Jahre lang bleibt das vom Architektenehepaar Schüler-Witte geplante ICC das wichtigste Tagungszentrum Deutschlands. Das Kongresszentrum schließt 2014. Favorisiertes Ziel für die künftige Nutzung ist die Entwicklung eines Zentrums für Kunst und Kultur sowie Kreativ- und Innovationswirtschaft.

  • S-Bahnhof Westkreuz
    S-Bahnhof Westkreuz
    Blick auf den S-Bahnhof Westkreuz
    Historischer Blick auf den Bahnsteig des S-Bahnhofs Westkreuz in 1929
    Blick von oben auf den Bahnsteig des S-Bahnhofs Westkreuz | © Axel von Blomberg
    Adresse

    S-Bahnhof Westkreuz
    14057 Berlin-Charlottenburg

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

    S-Bahnhof Westkreuz

    Der Messebahnhof

    Der Kreuzungsbahnhof zwischen Stadt- und Ringbahn ist das Zugangstor zum geplanten Messegelände. Der Bahnhof eröffnet 1928 unter dem Namen Ausstellung und wird bereits 1932 in Westkreuz umbenannt, als Pendant zum Ostkreuz.

  • Bahnbetriebswerk Lichtenberg Ost / BLO Ateliers
    Bahnbetriebswerk Lichtenberg Ost / BLO Ateliers
    Schild am Eingang der BLO Ateliers
    Eins der Ateliergebäude auf dem Gelände der BLO Ateliers
    Eine Karte an einer Mauer zeigt die Position der verschiedenen Gebäude in den BLO Ateliers
    Außenansicht der BLO Ateliers mit verschiedenen Pflanzen und einer Engelsstatue
    i

    Erbaut
    1891 - 1894

    Bauherr
    Königliche Eisenbahndirektion Berlin

    Früher
    Bahnbetriebswerk

    Heute
    BLO Künstlerateliers

    Wo sich früher das Bahnbetriebswerk Lichtenberg Ost befand, sind heute die BLO Ateliers. | © bzi, Karsten Feucht
    Adresse

    Kaskelstraße 55
    10317 Berlin-Lichtenberg

    Kontakt

    kontakt[at]blo-ateliers.de
    Tel.: 030 55 66 93 93

    Best of

    Transport und Verkehr

    Bahnbetriebswerk Lichtenberg Ost / BLO Ateliers

    Wo einst riesige Dampflokomotiven repariert wurden, arbeitet und produziert heute eine der größten Gemeinschaften aus Künstlerinnen und Künstlern in Berlin. Nicht nur Bildhauerei und Malerei, sondern auch Fahrradbau, Mode, Theaterausstattung und Holz- und Metallarbeiten gehören zum Repertoire der Kunstschaffenden in den BLO Ateliers. In der ehemaligen Kantine finden regelmäßig Konzerte, Aufführungen, Vorträge und Ausstellungen statt.

    In den 1860er-Jahren liegt Friedrichsfelde Ost noch außerhalb der Stadtmauern Berlins. Die königliche Eisenbahndirektion plant damals auf dem bislang unerschlossenen Gelände Gleisanlagen mit angeschlossenen Betriebswerkstätten zu bauen. Sie weiht das Bahnbetriebswerk Lichtenberg Ost (BLO) am 1. April 1894 nach dreijähriger Bauzeit ein. Anfangs ist es vor allem ein Umschlagplatz für Getreide und Vieh aus den östlichen Gebieten des Deutschen Reichs. Später kommen Kohletransporte aus Polen und der Ukraine dazu.

    Im Zweiten Weltkrieg wird die Ostfront vom BLO aus mit Truppen und Kriegsmaterialien versorgt. Außerdem stehen hier Züge für Transporte in östlich gelegene Konzentrationslager bereit. Am 26. Februar 1945 greifen amerikanische Bomberpiloten das Bahnbetriebswerk an und zerstören es zu großen Teilen.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg baut die Deutsche Reichsbahn das Bahnbetriebswerk allerdings nur teilweise wieder auf. Die DDR nutzt das Bahnbetriebswerk nun, um Züge für den Personenverkehr bereitzustellen. In den 1980er-Jahren werden die letzten verbliebenen Dampflokomotiven der DDR hier stationiert und zusammengezogen. In der BRD gibt es zu diesem Zeitpunkt bereits keine im Dienst stehenden Dampflokomotiven mehr.

    Nach der Wiedervereinigung verschrottet die Deutsche Bahn die meisten Lokomotiven. Danach nutzt die Bahn die Gebäude des Betriebswerks als Lehrräume, Büros und für Schulungszwecke. Die letzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen im Juli 1999 das Gelände.

    Im Februar 2003 entdecken Kunstschaffende das Gelände mit den verbliebenen Werkstatt-, Kantinen-, Büro- und Übernachtungsgebäuden und nutzen es als BLO Ateliers. Der Lockkunst e.V. als Träger des Atelierprojekts schließt 2004 einen zehnjährigen Mietvertrag mit der Bahn ab, den sie 2014 um weitere zehn Jahre verlängert. Der Mietvertrag umfasst das 12.000 qm große Gelände mit 2.300 qm an nutzbarer Atelierfläche.

    Die Deutsche Bahn hat im April 2024 mitten in den Verhandlungen über eine erneute Verlängerung des Mietvertrags überraschend eine Nutzungsuntersagung für alle Räume ausgesprochen. Es gibt Spekulationen über Pläne der Deutschen Bahn, das Gelände oder Teile davon eventuell wieder selbst zu nutzen. Die Zukunft des Geländes ist daher ungewiss.

    Entdecken Sie weitere ausgewählte Highlights zum Thema Transport und Verkehr.

  • Chemie-Fabrik Kanne
    Chemie-Fabrik Kanne
    Bilck auf den Parkplatz des ehemaligen Kunheim-Geländes im Jahr 2023.Historische Aufnahme vom Eingang zum Werk Kanne aus dem Jahr 1951.
    1951: Eingang zum Werk Kanne. 2023: Heute befinden sich andere Gewerke auf dem Gelände. | © Landesarchiv Berlin, Foto: O. Puhlmann; © bzi, Foto: Thomas Rosenthal
    Chemie-Fabrik Kanne um 1880
    Zeichnung des preußischen Militärt in den Farben "Berlin Blau"
    Malerei: Wohnzimmer der Villa Kunheim in Berlin-Wannsee
    Zeichnung der Schwefelsäurefabrik um 1880. | © Architekturmuseum TU Berlin, Inv. Nr. GK 302,011
    Adresse

    Schnellerstraße 141
    12439 Berlin-Niederschöneweide

    Industriekultur erleben

    Industriegeschichte Schöneweide

    Chemie-Fabrik Kanne

    In Ober- und Niederschöneweide etablieren sich im 20. Jahrhundert viele Produktionszweige. Dazu gehört beispielsweise die Produktion von Kabeln (KWO), Strom (Kraftwerk Oberspree), Autos (NAG), Traktoren (Stock Motorpflug) und ein führender Kassenblöcke- und Kinotickets-Produzent (Paragon). Ein weiterer wichtiger Zweig ist die chemische Produktion.

    Die Fabrik Chemischer Produkte Kunheim & Co. Niederschöneweide legt den ersten Baustein 1871 und gehört damit zu einer der ersten und schließlich größten Firmenkomplexe in Schöneweide. Aufgrund seiner Lage am damaligen Rinnsal Kanne nennt der Volksmund das Unternehmen häufig Chemie-Fabrik Kanne. Im Adressbuch „Berlin und seine Umgebungen“ von 1899 ist Kunheim mit der Fabrikation von „Säuren und Salze, Ammoniak“ gelistet.

    Die Firma stellt aus Cyanid die Farbe „Berliner Blau“ her, berühmt beispielsweise als Farbe der Militärkleidung Preußens. Die hochgiftigen Abfälle leitet das Unternehmen kurzerhand in die Spree ab, sehr zum Leidwesen der damals noch großen Naturflächen. Im Jahr 1900 erreicht daraufhin Dr. Erich Kunheim ein kaiserliches Schreiben mit Umweltauflagen, da die Bäume der Kaiserforste nahe Schöneweide leiden.

    Gegenüber baut Erich Kunheim ab 1907 das Kohlensäurewerk Oberspree, das nun aus den chemischen Reststoffen der Fabrik Kanne Kohlensäure produziert. 1928 fusioniert das Unternehmen mit den Kali-Werken Sachsen-Anhalt, wonach der Name in die Kali-Chemie AG aufgeht.

    Da die Erde mit Arsen, Cyanid, Quecksilber und Blausäure-Salz belastet ist, wird das Gelände 1993 als Altlast gekennzeichnet und daraufhin die Fabriken abgerissen. Das Kohlensäurewerk verschwindet 2007 nach fast 100 Jahren. Heute verwittert der Großteil des kunheimschen Geländes und ist eine Brachfläche. Überdauert hat lediglich das ehemalige Verwaltungsgebäude (im Foto nicht sichtbar). Im Verwaltungsbereich befindet sich heute wieder ein Farbhandel.

  • Schweinemästerei in der Transformatorenfabrik
    Schweinemästerei in der Transformatorenfabrik
    Blick auf die Rathenau Hallen, ehemals Schweinemästerei im TransformatorenwerkHistorische Aufnahme des VEB Transformatorenwerks, Eingang zum Werk mit Schweinemästerei.
    1958: Blick auf das Transformatorenwerk mit Schweinemästerei. 2023: Heute nutzen verschiedene Gewerbe die Hallen. | Bundesarchiv, Bild 183-57649-0003 / CC-BY-SA 3.0; © bzi, Foto: Thomas Rosenthal
    Blick in den Schweinestall der Transformatorenfabrik, 1951. Mann füttert Schweine.
    Der Schweinestall der Transformatorenfabrik von außen, 1951.
    Feierliche Umbenennung der Transformatorenfabrik in „Karl Liebknecht“
    52 Schweine werden im Schweinestall der Transformatorenfabrik gehalten, 1951. | © SDTB, Historisches Archiv
    Adresse

    Wilhelminenhofstraße 83
    12459 Berlin-Oberschöneweide

    Industriekultur erleben

    Industriegeschichte Schöneweide

    Schweinemästerei in der Transformatorenfabrik

    Die heutigen Rathenau-Hallen wechseln seit 1898 beständig ihren Namen. Zu dieser Zeit noch Maschinenfabrik Oberschöneweide genannt, gehören sie 20 Jahre später zur AEG und sind Teil der Transformatorenfabrik Oberschöneweide (TRO).

    Ab 1945 untersteht das Werk der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD). Im Oktober 1950 schlägt ein Mitarbeiter vor, dass die Werkskantine eine eigene Schweinemästerei aufbaut. Unter anderem sollen so Küchenabfälle verwertet werden. Die Betriebszeitung des Werks für Fernsehelektronik „HF-Sender“ (Hochfrequenz-Sender) vom Oktober 1950 berichtet ausgiebig darüber. Der Vorschlag wird angenommen und die Mästerei erscheint schon im Folgejahr im Werksfotoalbum. Drei Jahre später gibt die TRO 100.000 (Ost-) Deutsche Mark für die Verbesserung des Mittagessens aus. Zu dieser Zeit beherbergt die neue Schweinemästerei 52 Tiere.

  • AEG Gummifabrik
    AEG Gummifabrik
    HTW Berlin Campus WilhelminenhofBlick auf die ehemalige Gummifabrik. Das Foto entstand zwischen 1922-44.
    1922-1944: Blick auf die Gummifabrik. 2023: Lediglich die Gebäude im Hintergrund sind noch erhalten, heute Gebäude C der HTW Berlin. | © SDTB, Historisches Archiv; © bzi, Foto: Jannis Petersen
    Zerstörte Gebäude auf dem AEG Gelände der KWO im Januar 1944
    Zerstörte Gebäude auf dem AEG Gelände der KWO im Januar 1944. | © SDTB, Historisches Archiv
    Adresse

    Wilhelminenhofstraße 75A
    12459 Berlin-Oberschöneweide

    Industriekultur erleben

    Industriegeschichte Schöneweide

    AEG Gummifabrik

    Die Fabriken auf dem Gelände des Kabelwerks Oberspree stellen von 1895 bis zur Wiedervereinigung unterschiedliche Produkte her, darunter Kabel, Kabeltrommeln, Gummi, Kupferdraht und Autos. Es ist nicht nur eines der ersten und größten Gelände in Oberschöneweide, sondern auch eines der wenigen, die über fast 100 Jahre hinweg eine durchgängige Produktion aufweisen.

    Das Bild zeigt einen Teil der AEG Gummifabrik vor dem 27.01.1944. Alle Industriestandorte in Schöneweide haben sich in beiden Weltkriegen an der Kriegsproduktion beteiligt und fast alle Geländekarten ab 1943 zeigen Lager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.

    Der Strukturwandel in Schöneweide ist auf dem Gelände sichtbar. Zerstörte Gebäude werden nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. Marode Gebäude müssen wiederum in den 1990er-Jahren endgültig weichen. Schornsteine, Schienen und Kohle verschwinden. Dafür entstehen Grün- und Erholungsflächen. Das Land Berlin sucht ab den 1990er-Jahren nach neuen Möglichkeiten für das Gelände. Die riesigen Komplexe füllen sich wieder mit Leben, als am 1. Oktober 2009 die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW Berlin) einzieht. Die ehemalige AEG Gummifabrik beherbergt heute Räume der Hochschule.

  • Wohlfahrtsgebäude und Kulturhaus
    Wohlfahrtsgebäude und Kulturhaus
    Autos parken vor dem ehemaligen und verfallenen Wohlfahrtsgebäude in der Wilhelminenhofstraße.Historische Aufnahme des Kulturhauses in der Wilhelminenhofstraße im Jahr 1958.
    1958: Ansicht des Wohlfahrtgebäudes in der Wilhelminenhofstraße. 2023: Noch steht das Gebäude leer, doch erste Maßnahmen haben begonnen. | © Bundesarchiv 183-57649-0001, Foto: Novack; © bzi, Foto: Max Braun
    Wohlfahrtsgebäude an der Wilhelminenhofstraße 1938
    Waschraum im Wohlfahrtsgebäude 1938
    Klubhaus VEB Transformatorenwerks
    Das Wohlfahrtsgebäude an der Wilhelminenhofstraße 1938 | © SDTB, Historisches Archiv
    Adresse

    Wilhelminenhofstraße 66–70
    12459 Berlin-Oberschöneweide

    Industriekultur erleben

    Industriegeschichte Schöneweide

    Wohlfahrtsgebäude und Kulturhaus

    Das markante, jedoch heute verlassene Kulturhaus in der Wilhelminenhofstraße 66–70 zieht unwillkürlich Blicke auf sich.

    1911 gibt die Akkumulatorenfabrik AG (AFA) ein Gebäude in Auftrag, das als soziale Einrichtung für die Werktätigen dienen soll. Architekt Felix Lindhorst errichtet das Wohlfahrtsgebäude 1912–1913. Im Erdgeschoss befindet sich ein Umkleide- und Waschraum, der Speisesaal ist im Obergeschoss untergebracht. Erstmalig taucht das Gebäude 1913 im Geländeplan der AFA-Festschrift auf. Zu diesem Zeitpunkt bebaut die AFA auch den Großteil des übrigen Geländes.

    Ab 1950 nutzt das Werk für Fernsehelektronik das Gebäude und benennt es um in Kulturhaus. Dort finden nun verschiedene Veranstaltungen statt.

    Vergleichbar mit dem Kulturhaus ist das etwas weiter südlich gelegene Klubhaus des Transformatorenwerks in der Wilhelminenhofstraße 83–85. Hiervon ist heute nur noch der Eingangsbereich erhalten, das Gebäude aber ist modernisiert und aufgestockt.

  • Lärm- und Luftbelastung
    Lärm- und Luftbelastung
    Blick über die Spree mit blauem Himmel nach Oberschöneweide.Historische Aufnahme von 1923. Blick von Niederschöneweide nach Oberschöneweide über die Spree. Im Wasser fährt ein Motorboot, im Hintergrund rauchen die Schornsteine.
    1923: Die Lärm- und Luftbelastung ist Anfang des 20. Jahrhundert hoch in Schöneweide. 2023: Heutzutage sind die Schornsteine nur noch Zierde am Himmel. | © Ullstein Bild, 10168327; © bzi, Foto:Thomas Rosenthal
    Besuch der Senatorin für Stadtentwicklung und Umweltschutz Schöneweide
    Besuch der Senatorin für Stadtentwicklung und Umweltschutz Dr. Michaele Schreyer, 1990 | © Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 (03) Nr. 0368948 / Foto: Platow, Thomas
    Adresse

    Wilhelminenhofstr. 78
    12459 Berlin-Oberschöneweide

    Industriekultur erleben

    Industriegeschichte Schöneweide

    Lärm- und Luftbelastung

    Die Bevölkerung Schöneweides hat bis in die 1990er-Jahre mit Luft- und Lärmbelastungen zu ringen. Das geht aus Studien hervor, die sich mit dem wiedervereinigten Berlin der 1990er-Jahre und seinen Herausforderungen beschäftigen. Ober- und Niederschöneweide sind wie viele andere Stadtteile auch staatlich geförderte Sanierungsgebiete. So werden bei einer Einwohnerbefragung Mitte der 1990er-Jahre unter anderem die schweren Transporte hervorgehoben, wodurch „die Erde bebt“. Auch der Rauchausstoß und Ruß durch die Schornsteine werden als besondere Belastungen betont (Anja Stichs „Wohngebietserneuerung unter Einbindung der Bewohner“, 2003).

    Im Bild zu sehen ist die Centrale Oberspree, später Kraftwerk Oberspree. Der Bau beginnt 1895, zwei Jahre später geht das Kraftwerk in Betrieb. Dieses erste Drehstromkraftwerk Europas erstreckt sich entlang der Wilhelminenhofstraße, die noch immer eine wichtige Verkehrsachse Oberschöneweides ist.

    Das Kraftwerk steht heute noch am selben Ort, allerdings in neuer Funktion. Obwohl es schon 1933 die Produktion einstellt, ist das Schornsteinpanorama heute ein Symbol des Wandels: Vom einstigen Stern der Produktion zum Verschmutzer. Doch nicht nur die Industrie verschmutzt die Luft im Ort, denn 1995 heizen noch 85% der Wohnungen in Oberschöneweide mit Kohle („Wohngebietserneuerung“, S.102).

  • Trommelfabrik
    Trommelfabrik
    Leere Straße neben der ehemaligen Bärenquell-Brauerei in Schöneweide.Lagerplatz der Trommelfabrik im Jahr 1990
    1990: Lagerplatz der Trommelfabrik. 2023: Heute befindet sich eine Straße auf der ehemaligen Lagerfläche. | © SDTB, Historisches Archiv; © bzi, Foto: Thomas Rosenthal
    Eingang zur KWO Trommelfabrik
    Eingang zur Trommelfabrik, 1990 | © SDTB, Historisches Archiv
    Adresse

    Schnellerstraße 135–136
    12439 Berlin-Schöneweide

    Industriekultur erleben

    Industriegeschichte Schöneweide

    Trommelfabrik

    Auf dem Gelände zwischen Treskowbrücke und Stubenrauchbrücke sind um 1900 drei Großbetriebe ansässig. Die Borussia-Brauerei (später Schultheiss-Brauerei) ab 1882, die Tuchfabrik Müller entsteht noch vor 1895, ab den 1920er-Jahren agiert sie als Vereinigte Märkische Tuchfabriken AG. Die Deutschen Messingwerke siedeln sich spätestens ab 1899 an und die Englische Gasanstalt ab 1906. Um 1929 kommen die Metallwerke Kretzer und Busse hinzu, die Gasanstalt weicht den wachsenden Messingwerken. Im Zweiten Weltkrieg werden die Metallwerke Kretzer und Busse nahezu vollständig zerstört, ebenso die Tuchfabriken sowie der Arbeiterwaschraum der Messingwerke.

    Auf dem freigewordenen Platz siedeln sich nun die Kabelwerke Oberspree (KWO) direkt neben der Schultheiss-Brauerei an. Zuvor hatten sie Kabeltrommeln auf dem Werksgelände in Oberschöneweide produziert. Nach Schäden im Zweiten Weltkrieg verlegen sie die Trommelproduktion nach Niederschöneweide. Für die nächsten fast 50 Jahre entsteht hier ein dominierender Ort der Kabeltrommelproduktion.

    Ab 1992 wird das riesige Gelände mit seinen verschiedenen Fabriken nach und nach abgerissen. 2006 stehen als letzte noch die Ruinen der Trommelfabrik, ehe auch diese abgerissen werden. Heute befinden sich auf dem Gelände ein Möbelhaus und ein Sporthandel. Nur das benachbarte Areal der ehemaligen Brauerei besteht noch heute und erleichtert das Verorten von historischen Fotos der Trommelfabrik.

  • Kantine Kabelwerk Oberspree
    Kantine Kabelwerk Oberspree
    Das Kraftwerk Oberspree in der Wilhelminenhofstraße. Das einsitige Casino verfällt.1923 streiken Arbeiter vor dem Casino des Kraftwerks Oberspree
    1923: Die Belegschaft des KWO versammelt sich beim Streik am 03.11.1923 vor der Kantine. 2023:Blick auf die heutige Fassade des Gebäudes. | © Ullstein Bild, 10168328; © bzi, Foto: Thomas Rosenthal
    Kantine AEG KWO, Industriesalon Schöneweide
    Borsig Kantine Speisesaal Tegel
    Borsig Kasino Tegel Billard
    Im Giebel des Speiselsaals wacht eine Galionsfigur über die Belegschaft. | © Industriesalon Schöneweide, ohne Jahr
    Adresse

    Wilhelminenhofstraße 76
    12459 Berlin-Oberschöneweide

    Industriekultur erleben

    Industriegeschichte Schöneweide

    Kantine Kabelwerk Oberspree

    Die AEG errichtet für ihre Belegschaft des Kabelwerks Oberspree 1899 eine Kantine. Diese tritt in historischen Dokumenten auch als Casino auf, was die Bezeichnung als allgemeiner Pausenort bestärkt, der nicht nur zum Essen da ist.

    Typisch ist die Raumtrennung zwischen Werks- und Beamtenkasino. Die Raumtrennung der AEG-Kantine ist nur noch auf Architekturzeichnungen und Karten dokumentiert. Als Vergleich lohnt der Blick auf andere Betriebe in Berlin. Zum Beispiel die Borsig-Werke in Tegel: Das abgetrennte Beamtencasino etwa hat ein Billardzimmer sowie eine Bibliothek für die Beamten, also Personen in Leitungspositionen. Die übrige Belegschaft muss sich hingegen mit einem großen Speisesaal abfinden.

    Die Speisesäle sind geprägt vom Stil der jeweiligen Firmenästhetik. Bei Borsig sind beispielsweise die großen runden Stahlträger unverkennbar. Im Speisesaal der AEG-KWO-Kantine hingegen steht die Galionsfigur der AEG hoch oben im Giebel und wacht über die Belegschaft.

  • Umschlagplatz Niederschöneweide
    Umschlagplatz Niederschöneweide
    Ehemalger Umschlagplatz in Niederschöneweide mit Blick auf die SpreeHistorisches Foto um 1955: Umschlagplatz in Niederschöneweide
    1960: Umschlagplatz mit Kai am Spreeufer. 2023: Heute wächst Gras auf der ehemaligen Lagerfläche. | © SLUB/Deutsche Fotothek, Foto: Richard Peter (junior); © bzi, Foto: Thomas Rosenthal
    Schwarz-weiß Bild um 1955. Ein Arbeiter am Umschlagplatz in Schöneweide verlädt Ziegelsteine mit einem Kran an der Spree.
    Schwarz-weiß Foto um 1955. Ziegel werden von einem Kran in die Spree herabgelassen und genässt.
    Ein Arbeiter hilft bei der Ziegelverladung. | © SLUB/Deutsche Fotothek, Foto: Richard Peter (junior), um 1955
    Adresse

    Schnellerstraße 88-90
    12439 Berlin-Niederschöneweide

    Industriekultur erleben

    Industriegeschichte Schöneweide

    Umschlagplatz Niederschöneweide

    1895 eröffnet das Restaurant Kyffhäuser am Ufer der Spree in Niederschöneweide. Die beliebte Gaststätte hat sogar einen eigenen Anlegeplatz für Ausflugsdampfer. In Karten ist das Gelände östlich des Restaurants ab 1905 als Ablage markiert. Schöneweide wandelt sich zu dieser Zeit von einem Ausflugsziel zur Industriestätte. Ein „Lageplan […] der Grundrenten Gesellschaft an der Oberspree Berlin“ von 1895 zeigt zwölf Anlegestellen in Schöneweide. Ein Großteil davon dient damals den wachsenden Produktionsstandorten. Doch nicht nur Güter wie Kupfer und Kohle verkehren auf der Spree. Bis zum Bau des Kaiserstegs 1900 muss die Belegschaft der Fabriken täglich mit Fähren über den Fluss setzen.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg betreibt der VEB Montagebau Berlin (MBB) den Ablageplatz. Ab nun trägt er offiziell den Namen Umschlagplatz beziehungsweise Zwischenlager. Ab den 1950er-Jahren ergänzt ein Turmdrehkran das Gelände.

    Am 1. Januar 1976 fusionieren der VEB Montagebau und VEB Dynamo-Bau Berlin (DBB) zu VEB Spezialhochbau Berlin mit Zentrale in Berlin-Lichtenberg. Heute ist das Gelände des Umschlagplatzes in Niederschöneweide zur Hälfte von einem Getränkehandel und einem Discounter bebaut. Die andere Hälfte ist eine große Grün- und Brachfläche, die nur mithilfe von Fotos an die ehemalige Betriebsamkeit erinnert.

  • Poliklinik Oberspree
    Poliklinik Oberspree
    Wohngebäude am ehemligen Standort der PoliklinikPoliklinik in der Steffelbauerstraße im Jahr 1961. Davor parkt ein Auto.
    1961: Frontansicht der Poliklinik in der Steffelbauerstraße. 2023: Heute befindet sich hier ein Wohnhaus. | © Industriesalon Schöneweide, Foto: Unbekannt; © bzi, Foto: Thomas Rosenthal
    Patienten bei einer Therapie in der Poliklinik Oberspree, um 1978
    Patienten bei einer Therapie in der Poliklinik Oberspree. | © Kurt Schwarz, um 1978
    Adresse

    Steffelbauerstraße 16
    12459 Berlin-Schöneweide

    Industriekultur erleben

    Industriegeschichte Schöneweide

    Poliklinik Oberspree

    Nach dem Zweiten Weltkrieg liegt die Verwaltung des Industriegebiets Schöneweide bei der Sowjetischen Militäradministration (SMAD). Diese ordnet 1948 an, eine Betriebs-Poliklinik in Oberschöneweide einzurichten. Sie soll „zur Verbesserung der Lage und Lebensbedingungen“ der Arbeiterschaft führen. Außerdem spart die Nähe der Klinik zu den Fabriken Zeit und Wege. Die zu betreuenden Werke sind das Werk für Fernsehelektronik (WF), Progress (Film-Synchronisation), das Kabelwerk Oberspree (KWO) und die Akkumulatorenfabrik Oberschöneweide (AFA).

    1949 eröffnet die Klinik in der ehemaligen Direktionsvilla des KWO und bekommt den Namen Poliklinik Oberspree. Die Versicherungsanstalt Berlin (VAB) stellt die medizinischen Instrumente. Sie richtet außerdem neun Stationen und fünf Nebeneinrichtungen ein.

    Laut Werkszeitung „WF Sender“ vom 28.02.1969 soll die geografische Nähe der Klinik außerdem dabei helfen, Vorurteile und Misstrauen der Belegschaft gegenüber der Medizin zu überwinden.

    1953 geht die Verantwortung für die Klinik von der Firma AFA auf das benachbarte WF über. Eine moderne Betriebspoliklinik eröffnet 1959 in der Steffelbauerstraße, nur wenige Gehminuten nördlich der Direktionsvilla, die nun wieder als Büro genutzt wird. Die Kosten für den Bau betragen damals 1.500.000 (Ost-) Deutsche Mark.

    Der Abriss der Poliklinik erfolgt 2017 zugunsten neuer Wohnungen.

  • Berlins erster Zebrastreifen
    Berlins erster Zebrastreifen
    Zebrastreifen Schöneweide erster Fußgängerschutzweg 1952
    Zebrastreifen Schöneweide erster Fußgängerschutzweg 1952
    Zebrastreifen Schöneweide erster Fußgängerschutzweg 1952
    Zebrastreifen 1952: Parallel laufende weiße Streifen quer zur Fahrbahn und rot-weiße Leuchtpfeile mit der Aufschrift Fußgänger. | © Bundesarchiv Zentralbild-Schmidtke Me-Qu., 22.03.1952.
    Adresse

    S-Bahnhof Schöneweide
    Bundesstraße 96a
    12439 Berlin-Schöneweide

    Industriekultur erleben

    Industriegeschichte Schöneweide

    Berlins erster Zebrastreifen

    Zebrastreifen sind heute eine Selbstverständlichkeit und überall im Straßenverkehr verankert. 1952 sind sie jedoch ein absolutes Novum und ein grundlegender Eingriff in den Straßenverkehr.

    Am Übergang vor dem Bahnhof Schöneweide tummeln sich damals breite Autostreifen, Trams, Verkehrsgüterzüge, Lkws, Fahrräder und der lokale Güterzug „Bullenbahn“. Die Überquerung der Straße birgt ein hohes Unfallpotenzial für die Tausenden, die tagtäglich mit S-Bahn und Tram zur Arbeit in die Fabriken pendeln. Es ist eine Gefahrenzone, für die die Verkehrspolizei nach Lösungen sucht.

    Anfang März 1952 ist der neue Übergang zunächst durch Seitenstreifen und Beschilderung markiert. Zum „Zebrastreifen“ wird der Schutzweg erst einige Wochen nach seiner Eröffnung dank seiner noch heute üblichen weißen Streifen. Der seinerzeit revolutionäre Eingriff in den Straßenverkehr ist auf mehreren Fotos festgehalten.

    Heute ist die Schnellerstraße am Bahnhof als Stadtautobahn 96A komplett neu bebaut. Die ehemalige Lage des ersten Berliner Zebrastreifens ist nur noch durch das Michael-Brückner-Haus auf dem ersten Foto zu verorten. Die Fotos 1 und 2 sind gegenüber dem Bahnhof vom Balkon des Michael-Brückner-Hauses aus aufgenommen. Einen Zebrastreifen gibt es heute an der immer noch viel befahrenen Straßensituation nicht mehr. Aktuell befindet sich das Gelände allerdings wieder im kompletten Umbau.

  • Museum Lichtenberg
    Museum Lichtenberg
    Eingang vom Museum Lichtenberg
    Besucherin im Museum Lichtenberg nutzt eine Medienstation
    Dauerausstellung im Museum Lichtenberg, historische Karte und Audiostationen im Ausstellungsbereich
    Das Museum Lichtenberg befindet sich im ehemaligen Stadthaus. | © Museum Lichtenberg
    Adresse

    Türrschmidtstraße 24
    10317 Berlin-Lichtenberg

    Kontakt

    Tel.: 030 5779738811
    info@museum-lichtenberg.de
    museum-lichtenberg.de/

    Öffnungszeiten

    Di-So. 11:00 bis 18:00 Uhr

    Eintritt

    frei

    Industriekultur erleben

    Geheimtipps

    Museum Lichtenberg

    Geschichte zum Anfassen

    Wo sich heute Fabriken, Wohnungen und das Museum Lichtenberg befinden, erstrecken sich vor 150 Jahren Felder und Bauernhöfe. Bis ins 19. Jahrhundert leben die Bewohner Lichtenbergs noch in strohgedeckten Fachwerkhäusern. Wer hätte da gedacht, dass sich diese dörfliche Idylle in wenigen Jahrzehnten zu einem der wichtigsten Industriestandorte Berlins entwickeln würde?

    Zu den Meilensteinen der industriellen Entwicklung Lichtenbergs gehört die Ansiedlung der Knorr-Bremse AG. Die Bremsenfabrik entwickelt sich Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem der wichtigsten Produzenten von Bremssystemen für Schienenfahrzeugen in Deutschland. Hinter der prunkvollen Fassade des Verwaltungsgebäudes befinden sich heute die Büroräume der Deutschen Rentenversicherung.

    Mehr zu diesem und anderen historischen Orten können Besucher:innen im Museum Lichtenberg entdecken. Die Dauerausstellung mit dem Thema „Was? Wo? Wie? Wer? WOW! – Made in Lichtenberg“ lädt dazu ein, Lichtenbergs vielfältige Geschichte und Gegenwart zu erkunden.

    In den 1920er-Jahren entsteht in Lichtenberg Deutschlands bedeutendstes Kraftwerk – das Kraftwerk Klingenberg. Neben der Knorr-Bremse AG siedeln sich um die Jahrhundertwende zahlreiche weitere Unternehmen in Lichtenberg an. Viele alltägliche Produkte wie Kunstseide, Zement und Nagellack entstehen in Lichtenberger Fabriken. Die Besucher:innen des Museums lernen beispielsweise Willy Abel kennen, einen Tüftler und Unternehmer, der mit Haushaltshilfen wie Eierschneider und Brotschneidemaschine zu Wohlstand kam. Seine Erfindungen sind bis heute in fast jedem Haushalt zu finden.

    Neben den Geschichten der großen Fabriken und dem Weg des Bezirks in die Moderne thematisiert die Ausstellung auch das alltägliche Leben der Arbeiter:innen. Dabei erleben die Besucher:innen die Geschichte des Bezirks mit allen Sinnen: Sie können vergessene Gerüche erschnuppern, die Geräuschkulisse Lichtenbergs von vor 100 Jahren wiederentdecken und Objekte ertasten.

  • Bergmann Elektrizitätswerke
    Bergmann Elektrizitätswerke
    Bergmann Elektrizitätswerke Pankow Wilhelmsruh
    Bergmann Elektrizitätswerke Pankow Wilhelmsruh
    Bergmann Elektrizitätswerke Pankow Wilhelmsruh Kesselhaus
    Die historischen Gebäude der Bergmann Elektrizitätswerke bilden heute den PankowPark. | © visitBerlin, Foto: Wolfgang Scholvien

    Bergmann Elektrizitätswerke

    Was hat eine deutsche Band mit einer alten Industriehalle zu tun? 2013 übernimmt Rammstein drei Hallen der ehemaligen Bergmann Elektrizitätswerke. In den nächsten Jahren lassen sie die Hallen sanieren und moderne Einbauten aus Sichtbeton und Stahl einsetzen. Das Ergebnis kann sich nicht nur sehen lassen, sondern wird 2018 sogar mit dem Berliner Denkmalpreis ausgezeichnet. Die Rammsteinhallen dienen der Band als Lager für Bühnenequipment, aber auch als Büroräume mit Industriekultur-Flair.

    Neben Siemens und AEG gehört die Bergmann Elektrizitätswerke AG um 1900 zu den großen Akteuren der Berliner Elektroindustrie. Zur breiten Produktpalette gehören Dampfturbinen, Elektrolokomotiven und LKW mit Elektroantrieb. 1906 hat das Stammwerk im Wedding seine Kapazitätsgrenze erreicht. Außerhalb der Stadtgrenze findet sich im heutigen Wilhelmsruh ein perfektes Grundstück: ausreichend Platz und ein Anschluss an die Berliner Nordbahn bieten beste Voraussetzungen.

    Im Zweiten Weltkrieg unterliegen die Werke der Rüstungsproduktion und beschäftigen Hunderte Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Nach dem Krieg liegt das Werksgelände im sowjetischen Sektor. Als VEB Bergmann-Borsig nimmt die verstaatliche Firma den Betrieb auf. Der Mauerbau stellt das Unternehmen vor eine neue Herausforderung. An zwei Seiten ist das Betriebsgelände von der Mauer umschlossen und von Verkehrswegen abgeschnitten. Alle Fenster und Türöffnungen in Richtung Westen werden vermauert und gesichert.

    Nach der Wiedervereinigung übernimmt die Treuhand die Firma und verkauft an Asea Brown Boveri AG (ABB). Zu den weiteren Nachbarn der Rammsteinhallen zählt heute der Schienenfahrzeugbauer Stadler, der beispielsweise die neuen Berliner S-Bahnen produziert. Das ehemalige Bergmann-Gelände ist inzwischen als Pankow-Park bekannt.

    Nicht alle historischen Hallen der ehemaligen Bergmann Elektrizitätswerke sind so vorbildlich saniert wie die Rammsteinhallen. Ein Kesselhaus aus dem Jahr 1928 verfällt seit Jahren. Daher ist es auf der Roten Liste der Berliner Kulturgüter seit 2022 als gefährdet eingestuft.


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  • Flughafen Tegel
    Flughafen Tegel
    Flughafen Tegel Luftaufnahme um 1975
    Flughafen Tegel Innen im Terminal 1979
    Flughafen Tegel Pan Am Flugzeuge 1985
    Das besondere am Flughafen Tegel ist seine Form, die kurze Wege bis ins Flugzeug ermöglicht. | © akg-images, Luftaufnahme (Postkarte), um 1975.

    Flughafen Tegel

    Die Geschichte des Flughafen Tegel beginnt in einer schicksalhaften Stunde der Stadt: Im Juni 1948 blockiert die Rote Armee alle Landwege nach West-Berlin. Die Westalliierten stemmen sich mit einer Luftbrücke dagegen. Sie bringen Lebensmittel, Medikamente, Heizmaterial und alles, was eine Großstadt sonst zum Überleben braucht. Doch die Kapazität an den Flughäfen Tempelhof und Gatow reichen bald nicht mehr aus. Im französischen Sektor beginnen daher die Arbeiten für ein neues Flugfeld. Rund 19.000 Berliner:innen arbeiten rund um die Uhr, um einen neuen Flughafen aus dem Boden zu stampfen. Nur drei Monate später setzt das erste Flugzeug in Tegel auf.

    1960 nimmt Air France in „Tegel Nord“, wie der Flughafen Tegel nun offiziell heißt, den zivilen Luftverkehr auf. 1965 gewinnen die jungen Architekten Meinhard von Gerkan, Volkwin Marg und Klaus Nickels den Wettbewerb für einen modernen Airport „Tegel Süd“. Für Aufsehen sorgt ihr „Drive-in-Prinzip“. Die Fluggäste fahren direkt mit Bus, Auto oder Taxi an ihren Schalter zum Check-in und passieren die Sicherheitskontrollen. Vom Wartebereich dahinter geht es über eine Gangway direkt ins Flugzeug. Die sechseckige Form des Flughafens macht diese kurzen Wege möglich. Im November 1974 laufen die ersten Passagiere in weniger als 50 Metern vom Auto zum Flugzeug.

    Mit der deutschen Wiedervereinigung enden 1990 die alliierten Sonderrechte für den Berliner Flugverkehr. Tegel darf nun von deutschen Fluggesellschaften angeflogen werden. Doch auch immer mehr ausländische Airlines beantragen Flugrechte für die Hauptstadt. Eigentlich soll 2011 der neue Großflughafen Berlin-Brandenburg (BER) den überlasteten Flughafen Tegel ablösen. Doch dieser kann wegen Baumängeln jahrelang nicht eröffnen. Währenddessen steigen die Passagierzahlen am Flughafen Tegel weit über die Kapazitätsgrenze hinaus. Ein drittes Terminal C, provisorisch errichtet und zweimal erweitert, rettet den Flughafen über die Zeit. Ursprünglich für zweieinhalb Millionen Passagiere geplant, fertigt Tegel letztendlich mehr als 20 Millionen Fluggäste pro Jahr ab.

    Seit 2019 steht der Flughafen Tegel „Otto Lilienthal“ unter Denkmalschutz. Ein Jahr später endet schließlich der Flugverkehr. Bis 2040 soll unter dem Namen „Berlin TXL – The Urban Tech Republic“ ein Forschungs- und Industriepark auf dem Areal entstehen.


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  • Kabelwerk Dr. Cassirer / Poelzig-Halle
    Kabelwerk Dr. Cassirer / Poelzig-Halle
    Kabelwerk Dr. Cassirer und Co Poelzig-Halle aus dunklem Backstein
    Kabelwerk Dr. Cassirer und Co Poelzig-Halle aus dunklem Backstein
    Kabelwerk Dr. Cassirer und Co Poelzig-Halle aus dunklem Backstein historisch
    Kabelwerk Dr. Cassirer und Co Poelzig-Halle Zeichnung Ansicht Schnitt
    Das ehemalige Kabelwerk Dr. Cassirer beherbergt seit 2003 das Depot des Stadtmuseums. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021

    Kabelwerk Dr. Cassirer / Poelzig-Halle

    Der Name der jüdischen Familie Cassirer steht für Kunst, Kultur und Philosophie. Weniger bekannt sind jedoch die Cassirers als Berliner Unternehmer: Die Brüder Louis und Julius Cassirer ziehen aus Breslau in die boomende Reichshauptstadt. 1896 gründen sie eine Fabrik zur Herstellung von Kabeln und Gummifäden. Bis 1914 entwickelt sich das Cassirer‘schen Kabelwerk zu einem weltweit führenden Hersteller elektrischer Kabel und Leitungen, insgesamt sind 630 Personen dort beschäftigt.

    Mitte der 1920er-Jahre sind die Produktionskapazitäten am Standort in Charlottenburg erschöpft. Die Firma erwirbt daher in Hakenfelde ein Industrieareal mit Eisenbahnanschluss und Zugang zur Havel. Der Berliner Architekt Hans Poelzig liefert die Pläne für ein neues Kabelwerk. Dabei orientiert er sich konsequent an den Arbeitsabläufen. Ins Zentrum der Anlage stellt er einen großen Hallenkomplex, ein reiner Stahlskelettbau. Lager- und Bürotrakte schließen sich an, ebenso ein Kesselhaus. Im Februar 1930, nach zwei Jahren Bauzeit, läuft die Produktion im sogenannten Havelwerk an.

    Währenddessen verschärft sich die schwelende Weltwirtschaftskrise. Im Geschäftsjahr 1932/33 sinkt der Bleikabelabsatz auf rund 20 Prozent. Die Fertigung im Havelwerk kommt daraufhin fast zum Erliegen. Im Oktober 1935 veräußern die Cassirers ihr Unternehmen schließlich an die Elektrische Licht- und Kraftanlagen AG, eine Finanzierungsgesellschaft getragen u. a. von der Deutschen Bank und Siemens. Inwieweit der innerhalb von nur einem Monat abgewickelte Verkauf durch die kurze Zeit später verabschiedeten „Nürnberger Gesetze“ beeinflusst war, lässt sich aus heutiger Perspektive nicht mit abschließender Sicherheit bewerten. Mit der Umfirmierung in Märkische Kabelwerke AG 1941 ist der Name der jüdischen Gründerfamilie getilgt.

    Schon ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkriegs kann die Produktion im Kabelwerk wieder beginnen – sie läuft noch bis 1993. Anfang der 2000er-Jahre erhält das nun Poelzig-Halle genannte Gebäude eine denkmalgerechte Sanierung. Kurze Zeit später zieht das Zentraldepot der Stiftung Stadtmuseum Berlin ein. Der Hallenkomplex beherbergt heute mehr als 4,5 Millionen historische Objekte. Im umgebenden Park finden Besucher:innen außerdem noch das ehemalige Pförtnerhaus und Mauerreste des ehemaligen Kabelwerks Dr. Cassirer und Co.

    Das Kabelwerk ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Flaschenkellerturm Engelhardt-Brauerei
    Flaschenkellerturm Engelhardt-Brauerei
    Flaschenkellerturm der ehemaligen Engelhardt-Brauerei
    Flaschenkellerturm vor der Sanierung
    Wohnungen mit Balkon im Flaschenkellerturm der Engelhardt Brauerei
    Wohnungen im Flaschenkellerturm der Engelhardt Brauerei
    Der Flaschenkellerturm der ehemaligen Engelhardt-Brauerei beherbergt mittlerweile Wohnungen. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020
    Adresse

    Krachtstraße 9
    10245 Berlin-Alt-Stralau

    Best of

    Bier und Brot

    Flaschenkellerturm Engelhardt-Brauerei

    Fast wie ein Hochbunker ragt der massive Flaschenkellerturm über die Halbinsel Stralau. Das Gebäude ist Teil der hier seit 1917 ansässigen Engelhardt-Brauerei. Es dient einerseits der Flaschenabfüllung, aber auch als Kühl- und Lagerhaus. Traditionell lagert Bier in kühlen Kellern unter der Erde. Der Flaschenkellerturm hingegen ragt in die Höhe. Er kombiniert die Funktion eines gekühlten Flaschenkellers mit einem auffälligen Turm. Ein Kühlkreislauf versorgt die mit Kork gedämmten Geschosse mit kühlen Temperaturen.

    Die Pläne für das Gebäude in Stahlbetonskelettbauweise entwirft Bruno Buch, Baubeginn ist 1929. In den folgenden Jahren werden täglich 300.000 Flaschen im Turm abgefüllt. Bis 1990 ist das VEB Engelhardt Ausbildungsbrauerei und produziert auch das alkoholfreie Bier AUBI. Nach der Schließung der Fabrik steht das denkmalgeschützte Gebäude leer und zerfällt.

    Ab 2009 kommt neues Leben in den Flaschenkellerturm. Er wird denkmalgerecht saniert und dient seither mit fast 100 Wohnungen, zahlreichen Familien als attraktives Zuhause. Das Bauwerk ist heute der letzte Überrest der Brauerei und eines der wenigen auf Stralau erhaltenen Industriedenkmale. Auf der anderen Seite der Glasbläserallee erinnert ein weiteres Gebäude an die Industrievergangenheit der Halbinsel: die Stralauer Glaswerke. Sie nehmen 1890 den Betrieb auf, als Flaschenbier zum neusten Trend wird und beliefern auch die nahe gelegene Brauerei.

  • Ziehl-Abegg Elektrizitäts-Gesellschaft / Motorwerk
    Ziehl-Abegg Elektrizitäts-Gesellschaft / Motorwerk
    Ziehl-Abegg Motorwerk Kopfbau an der Straße
    Ziehl-Abegg Motorwerk leere Produktionshalle
    Ziehl-Abegg Motorwerk Außenbereich
    Das ehemalige Gelände der Firma Ziehl-Abegg ist heute als Motorwerk bekannt. | © Motorwerk, 2022

    Ziehl-Abegg Elektrizitäts-Gesellschaft / Motorwerk

    Fahrraddynamo, Deckenventilator und der Nabenmotor, der moderne Elektrofahrzeuge direkt über die Räder antreibt: Sie alle sind Außenläufermotoren. Anders als bei normalen Elektromotoren dreht sich hier die äußere Hülse um einen festen Kern. Das erzeugt ein viel größeres Drehmoment. Die revolutionäre Idee dazu hat Ingenieur Emil Ziehl im Jahr 1897. Ziehl ist damals leitender Konstrukteur u.a. bei der AEG. Mit eigenen elektrotechnischen Patenten sammelt er nebenher Geld. Mit diesem Kapital gründen er und der Schweizer Eduard Abegg 1910 ein eigenes Unternehmen. Abegg scheidet zwar im selben Jahr schon wieder aus der „Ziehl-Abegg Elektrizitäts-Gesellschaft m.b.H.“ aus, weil aber Logo und Firmenname bereits vielfach gedruckt sind, behält Ziehl den Firmennamen bei.

    Ziehl-Abegg-Elektromotoren bewegen in den folgenden Jahren beispielsweise Industriemaschinen, Unterwasserpumpen und Zeppeline. Ein Jahr nach Gründung sucht die Firma bereits größere Produktionsräume und findet sie im damals noch eigenständigen Weißensee bei Berlin. Als eines der ersten Unternehmen legt sich Ziehl-Abegg einen Gleisanschluss an die 1908 fertiggestellte Industriebahn Tegel-Friedrichsfelde. Das Unternehmen profitiert von der Kriegswirtschaft im Ersten Weltkrieg und boomt erneut mit der Berliner Elektroindustrie der 1920er-Jahre. 1921 entwirft Architekt Bruno Buch die bis heute erhaltene Produktionshalle mit dem markanten mehreckigen Kopfbau.

    Das Unternehmen trotzt den wechselnden Konjunkturen dieser Jahre nicht nur wegen der anerkannten Qualität seiner Motoren und Generatoren. Industrialisierung meint damals vor allem auch die maximale Rationalisierung der betrieblichen Abläufe: Als einer der Ersten spezialisiert Emil Ziehl seine Firma ausschließlich auf kleinere Elektromotoren. Konsequent standardisieren seine Ingenieure die verbauten Teile. Sie können so einfacher gelagert, für unterschiedliche Motorvarianten eingesetzt und – vor allem – massenweise produziert werden. Die niedrigen Produktionskosten gibt „ZA“ an Abertausende kleine und mittlere Industriekunden weiter.

    Emil Ziehl stirbt schließlich im Sommer 1939. In einem Bombenangriff bei Kriegsende retten seine Söhne wertvolle Konstruktionszeichnungen vor der Vernichtung und schmuggeln sie aus der sowjetischen Besatzungszone. Im baden-württembergischen Künzelsau produziert Ziehl-Abegg bis heute Ventilatoren, Motoren und Steuerungstechnik. Die historische Fertigungshalle in Berlin-Weißensee lädt seit einigen Jahren als eindrucksvoller Eventort „Motorwerk“ zu unterschiedlichsten Veranstaltungen ein.

  • Argus Motoren Gesellschaft mbH
    Argus Motoren Gesellschaft mbH
    Argus Motoren historisch Vergleich
    Argus Motoren Aviatic Flugzeug 1909
    Argus Motoren Plan Gelände 1938
    Äußerlich hat sich der Verwaltungskomplex der Argus Motoren GmbH kaum verändert, Foto links 2020, rechts um 1938. | © bzi, Nathalie Scholl; Argus Konvolut
    Adresse

    Flottenstraße 28-42
    13407 Berlin-Reinickendorf

    Best of

    Krieg und FriedenTransport und Verkehr

    Argus Motoren Gesellschaft mbH

    Die Flottenstraße und Kopenhagener Straße sind gesäumt von alten Fabrikbauten. Die Backsteingebäude stehen dort teilweise seit 100 Jahren. Doch ihre Geschichte ist fast vergessen. Sie geht zurück auf die Pionierjahre der motorisierten Luftfahrt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Argus Motoren Gesellschaft mbH ist inzwischen nur noch wenigen bekannt.

    Im November 1906 gründet Henri Jeannin die Argus Motoren Gesellschaft mbH, Berlin. Der Fokus der jungen Firma liegt auf der Produktion von Automobil- und Bootsmotoren. Das Unternehmen bezieht die Werksanlage der ehemaligen Maschinenfabrik Ziegler in der Flottenstraße, die aus Halle, Bürogebäude und Kesselhaus besteht. Inspiriert von den Flugpionieren in Berlin, beschließt Jeannin auf den Bau von Flugmotoren umzusteigen.

    Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs geraten Flugzeuge als Kriegsgeräte in den Fokus des Militärs. Das junge Unternehmen zählt deshalb schnell 300 Beschäftigte. 1916 übernimmt Moritz Straus die Geschäftsleitung. Er etabliert die industrielle Serienfertigung im nun vergrößerten Werk mit beinahe 1.000 Arbeiter:innen im Jahr 1918.

    Auf die Expansion im Ersten Weltkrieg folgt die durch den Versailler Vertrag erzwungene Neuorientierung: Automobilmotoren und Fahrgestelle statt Flugzeugmotoren und Propeller. Eine großzügige Förderung der nationalsozialistischen Regierung führt 1933 zurück zur Luftfahrt und ermöglicht ein rasantes Wachstum der Firma. Doch das neue Regime stellte auch ideologische Ansprüche an den Betrieb. 1938 wird der jüdische Geschäftsführer Straus abgesetzt und ins Exil gezwungen.

    Das Unternehmen konzentriert sich nun vollends auf die kriegsvorbereitende Rüstung. Zu den Produkten der Argus Motoren GmbH zählen zu dieser Zeit Motoren, Halterungen für Maschinengewehre und der Antrieb der sogenannten „Vergeltungswaffe V1“. Auf dem Areal der Firma entstehen bis 1944 nicht nur riesige Montagehallen und modernste Prüfstände sondern auch Barackenlager für tausende Zwangsarbeiter:innen.  

    Nach Kriegszerstörungen und der restlosen Demontage der Maschinenanlagen durch die Besatzer bleiben lediglich einige Hallen stehen. Sie werden an Moritz Straus restituiert, der 1948 bei Karlsruhe eine neue Firma gründet. Das Westberliner Werk in Reinickendorf spielt von nun an eine untergeordnete Rolle. Gewerbe mietet sich in den Hallen ein, die Erben von Straus verkaufen schließlich 2018 an die Immobiliengesellschaft GSG Berlin.  

    Das Berliner Zentrum Industriekultur (bzi) erforscht Industriegeschichten in der Stadt. Entsprechend beschäftigte sich 2020 eine Bachelorarbeit mit der Erforschung und Vermittlung der Geschichte der Argus Motoren Gesellschaft mbH in Reinickendorf.

  • Garde-Dragoner-Kaserne / Translag
    Garde-Dragoner-Kaserne / Translag
    Garde-Dragoner-Kaserne heute Finanzamt
    Garde-Dragoner-Kaserne Translag Tankstelle
    Garde-Dragoner-Kaserne Translag Waschhalle
    Garde-Dragoner-Kaserne Translag Auto in der Waschhalle
    In der ehemaligen Garde-Dragoner-Kaserne sitzt das Finanzamt Friedrichshain-Kreuzberg. | Jörg Zägel, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons, 2011

    Garde-Dragoner-Kaserne / Translag

    Im Sommer 1929 wird das Translag-Gelände zum Filmset: Mühsam schiebt sich Taxifahrer Erwin unter seinem Wagen hervor, Schraubenschlüssel in der Hand, Schiebermütze auf dem Kopf. Über ihm lehnt ein Kollege am Kotflügel. Die Annie sei am Telefon, ob Erwin heute Abend mit ins Kino wolle? Der berlinert zurück: „Sie soll nicht so angeben! Die Greta Jarbo läuft noch bis Dienstag!“ Telefon, Kino, Automobil – der Film „Menschen am Sonntag“ feiert die technische Moderne und inszeniert dabei seinen ikonischen Drehort, die Translag in Berlin-Kreuzberg.

    Transport und Lagerhaus GmbH, kurz „Translag“, nennt der Kohlenhändler Hans Engels seine Firma. Auf dem Gelände der aufgelösten Garde-Dragoner-Kaserne in Kreuzberg bietet sie etwas völlig Neues: automobile Dienstleistungen. In den 1920er-Jahren bewegen sich die allermeisten Menschen noch in Stadtbahnen, Bussen und auf Fahrrädern durch die Stadt. Aber das ändert sich jetzt. Automobile, bisher ein elitäres Hobby, werden zum Transportmittel für Handwerker und Ärzte.

    Die sogenannte Garagenwirtschaft antwortet auf die neuen Bedürfnisse. In „Heimatgaragen“ parken Bewohnerinnen und Bewohner ihre Fahrzeuge. „Zeitgaragen“ reservieren Autoreisende telefonisch, um hier auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Für die störanfälligen Fahrzeuge baut die Translag die Kasernenställe beheizbar um. Das eigentliche Geschäft aber sind Betriebsstoffe und Dienstleistungen rund ums Tanken. Das erledigen die Fahrer:innen anfangs noch an Zapfsäulen direkt am Fahrbahnrand. 1930 errichtet der Architekt Heinrich Kosina eine Tankstelle nach amerikanischem Vorbild: Eine überdachte Tankinsel neben der Straße mit beheiztem Verkaufsraum. Die angrenzende Waschhalle reinigt 2.200 Fahrzeuge täglich. Zwei Kantinen verpflegen die Kundschaft, für Chauffeure stehen Unterkünfte bereit. Die Translag ist größter Automobilstandort Berlins.

    In der früheren Reithalle der Garde-Dragoner-Kaserne entstehen 1927 Ladeanlagen für Elektrofahrzeuge. Das Rennen um den Antrieb der Zukunft ist zu diesem Zeitpunkt noch offen. Immer wieder beweist das Unternehmen seine Innovationskraft – und stellt diese bereitwillig in den Dienst der NS-Rüstungswirtschaft. Bis zu 100 Zwangsarbeiter:innen leben zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf dem Gelände und reparieren währenddessen im größten Instandsetzungswerk der Region Militärfahrzeuge.

    In West-Berlin erhält der Komplex früh Denkmalschutz, zugleich bleibt er bis ins neue Jahrtausend Automobilstandort. 2010 geht die Translag GmbH schließlich in die Insolvenz. Seit 2016 plant der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die Umnutzung und teilweise Neubebauung des einstigen Geländes. Nach wie vor ist unklar, inwieweit die bedeutenden Bau- und Technikdenkmale der Garde-Dragoner-Kaserne sowie der Translag erhalten werden.

    Ein Meilenstein der Berliner Industriegeschichte widmet sich der »Entstehung des Nahverkehrs«.

  • Rundlokschuppen Pankow
    Rundlokschuppen Pankow
    Rundlokschuppen Pankow
    Rundlokschuppen Pankow
    Rundlokschuppen Pankow 2015
    Rundlokschuppen Pankow eingerüstet
    Der Rundlokschuppen Pankow liegt direkt neben dem S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf. | © Foto: Matilda Riebe, 2018

    Rundlokschuppen Pankow

    2007: In Pankow rücken Abrissfahrzeuge an, um die letzten Gleisanlagen, Gebäude und Überführungen abzureißen. Von dem einstigen Güter- und Rangierbahnhofs Pankow-Heinersdorf bleibt nur wenig übrig. Einige verfallene und denkmalgeschützte Gebäude bleiben stehen. Eines von ihnen ist der Rundlokschuppen Pankow.

    1893 lässt die Königliche Eisenbahndirektion den runden Lokschuppen am Bahnbetriebswerk Berlin-Pankow errichten. 24 Abstell- und Reparaturgleise reihen sich um eine Drehscheibe in der Mitte. Darüber erhebt sich eine eindrucksvolle Kuppel in filigraner Stahlkonstruktion. Gemeinsam mit dem ebenfalls verfallenden Rundlokschuppen Berlin-Rummelsburg ist er der Letzte seiner Art in ganz Deutschland. Das Ensemble aus Rundlokschuppen und halbrunden Ringlokschuppen daneben ist einzigartig.

    Der Güter- und Rangierbahnhof Pankow ist bis zur Wiedervereinigung wichtiger Umschlagplatz für Lebensmittel und Baustoffe. Auch eine Müllumschlaganlage der Stadtreinigung findet hier Platz. 1997 endet der Güterverkehr mit der Stilllegung des Bahnhofs.

    Investor Kurt Krieger kauft 2009 das Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs inklusive Rundlokschuppen. Zunächst plant er den Bau eines Einkaufszentrums mit Parkgelände, mittlerweile wirbt er stattdessen für das neue Stadtviertel „Pankower Tor“ mit 2.000 Wohnungen. Der stark beschädigte Rundlokschuppen Pankow soll hierfür weichen. 2019 fordert das Verwaltungsgericht Berlin den Eigentümer des denkmalgeschützten Gebäudes zu sofortigen Erhaltungsmaßnahmen auf. Diese beginnen 2021 am maroden Dach. Mittlerweile ist der Rundlokschuppen vollständig eingerüstet. Die Restaurierungsmaßnahmen erfolgen in enger Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde Pankow.

    Ein Meilenstein der Berliner Industriegeschichte widmet sich dem »Aufstieg zum Eisenbahnzentrum«.

  • Flugplatz Staaken
    Flugplatz Staaken
    Flugplatz Staaken
    Flugplatz Staaken Luftschiff Graf Zeppelin
    Flugplatz Staaken Schaufliegen 1925
    Ein Potenzial der Industriekultur, Rundbogenhalle in Berlin Staaken von Innen
    Der Zeppelin-Tower am Flugplatz Staaken stammt aus den 1920er-Jahren. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021

    Flugplatz Staaken

    Ab 1915 bietet der Flugplatz Staaken Platz für Großes: Zeppeline, Riesenflugzeuge und Monumentalfilme. Den Auftakt macht die Luftschiffbau Zeppelin GmbH, die in der Nähe des damaligen Dorfes Staaken bei Spandau eine Werft errichtet.

    Während des Ersten Weltkriegs wandeln sich die Zeppeline vom Passagierschiff zur Kriegsmaschine. Wirklich geeignet sind die empfindlichen Luftschiffe für den Kriegseinsatz jedoch nicht. In Staaken beginnt daher parallel die Entwicklung von „Riesenflugzeugen“ vom Typ Staaken R VI, welche die Zeppeline in ihrer Rolle als strategische Bomber ablösen sollen. Die Auflagen des Versailler Vertrags verbieten nach Kriegsende den Bau von Flugzeugen. Damit endet die Luftschiff-Produktion am Standort Staaken 1918.

    Die gigantischen Hallen stehen jedoch nicht lange leer. Luftschiffhallen werden zu Großfilmstudios und ehemalige Zeppelin-Beschäftigte finden neue Jobs im Kulissenbau. 1923 gründet sich die Filmwerke Staaken AG, die Stummfilmklassiker wie „Metropolis“ von Fritz Lang aus dem Jahr 1927 produziert.

    Schnell kehrt auch die zivile Luftfahrt nach Staaken zurück. Ab 1923 schmälert jedoch der neue zentrale Flughafen Tempelhof die Bedeutung des eher abgelegenen Flugplatzes Staaken. Stattdessen findet der Ort mit der Gründung der Deutsche Verkehrsfliegerschule (DVS) eine neue Rolle als Ausbildungsstätte.

    Getarnt als Schule für Kunstfliegerinnen und zivile Piloten ist die DVS Teil der verdeckten Aufrüstung der Luftfahrt in der Weimarer Republik. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten nutzt die neu gegründete Luftwaffe den Flugplatz Staaken ab 1935 auch offiziell. Während des Zweiten Weltkriegs arbeiten tausende Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, darunter viele Kinder und Jugendliche, in der Lufthansa Werft in Staaken. Neben einem Barackenlager für die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter errichtet das Regime 1941 eine Bogendachhalle für die Produktion von Junkers-Flugmotoren.

    Im April 1945 besetzen sowjetische Truppen den Flugplatz Staaken und nutzen ihn noch bis 1953. Danach siedeln sich Betriebe aus den Bereichen Baustoffe, Metall- und Kunststoffverarbeitung an. Eine ehemalige Kaserne auf dem Gelände ist bis zur Wiedervereinigung ein Krankenhaus. Nach langem Leerstand wird dieser Komplex 2018 für neuen Wohnraum saniert. Der Zustand weiterer denkmalgeschützter Gebäude des Flugplatzes reicht vom „lost place“ wie dem ehemaligen Gaswerk bis hin zu gut erhaltenen und weiterhin genutzten Bauten.

    Der Flugplatz Staaken ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“, Band 1. Mehr zur Geschichte der Luftfahrt erfahren Sie in den Meilensteinen der Industriegeschichte Berlins.


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  • Flugplatz Johannisthal
    Flugplatz Johannisthal
    Verfallenes Gebäude am Flugplatz Johannisthal, der Ort gehört zur Roten Liste
    Flugplatz Johannisthal verfallen
    Flugplatz Johannisthal Flugzeug Start 1911
    Melli Beese auf dem Flugplatz Johannisthal um 1912
    Die großen Hallen am ehemaligen Flugplatz Johannisthal stehen seit drei Jahrzehnten leer. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021
    Adresse

    Segelfliegerdamm 1–45, Groß-Berliner Damm, Hermann-
    Dorner-Allee, 12487 Berlin-Johannisthal und -Adlershof

    Best of

    Krieg und FriedenTransport und Verkehr

    Flugplatz Johannisthal

    Mit einem spektakulären Flugwettbewerb eröffnet am 26. September 1909 der Flugplatz Johannisthal-Adlershof. Die ersten Pioniere der deutschen und internationalen Luftfahrt erproben auf diesem Motorflugplatz ihre aufsehenerregenden neuen Erfindungen. Dank skurriler Flugzeugkonstruktionen, waghalsiger Kunststücke und oftmals spektakulärer Unfälle entwickelt sich der Flugplatz damals zu einem Besuchermagneten. Eigentlich ist der Flugplatz Johannisthal nur ein Ausweichquartier, weil die Deutsche Flugplatzgesellschaft keine Zulassung für den Motorflug auf dem Tempelhofer Feld erhalten hat. Dort hatte sich zuvor bereits die Luftschifffahrt mit Zeppelinen angesiedelt.

    Mehrere Flugzeughersteller siedeln sich an dem neuen Flugplatz Johannisthal an. Dazu gehören beispielsweise die Albatros-Werke und die Rumpler-Luftfahrzeugbau GmbH. Experimente und Prüfung von Motoren führt die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) durch. Entwicklung, Bau und Erprobung von Flugzeugen können so gebündelt an einem Ort stattfinden. Die erste deutsche Frau, die eine Ausbildung zur Motorfliegerin absolviert, ist Melli Beese. Wider alle Vorurteile und Benachteiligungen legt sie 1911 bei den Rumpler-Werken erfolgreich die Prüfung für die Flugzeugführerlizenz ab.

    Während des Ersten Weltkrieges wird der Flugplatz nur noch für militärische Zwecke genutzt. Rund ein Viertel der im Deutschen Reich genutzten Flugzeuge wird dort hergestellt. Nach Kriegsende beginnt die zivile Luftpost mit Flügen zwischen Weimar und Johannisthal. Kurze Zeit später finden erste Passagierflüge statt. Als 1923 der Zentralflughafen Tempelhof eröffnet, verliert der Flugplatz Johannisthal allerdings an Bedeutung.

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    In den Produktionshallen entstehen in den 1920er-Jahren unter anderem Autos, da der Versailler Friedensvertrag den Flugzeugbau in Deutschland stark einschränkt. In andere Bereiche der Hallen ziehen sogar Tageslicht-Filmstudios ein. Die Johannisthaler Filmanstalt GmbH entwickelt sich zu einem der erfolgreichsten Filmstudios Deutschlands.

    Während des Nationalsozialismus beginnen geheime Aufrüstungsprojekte auf dem Areal. Diese finden teilweise in Zusammenarbeit mit der benachbarten Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt e.V. (DVL) in Adlershof statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg produzieren unter anderem der VEB Motorenwerk Johannisthal und der VEB Kühlautomat Berlin-Johannisthal auf dem Gelände des Flugplatzes.

    1952 endet der reguläre Flugverkehr in Johannisthal. Die endgültige Schließung erfolgt allerdings erst 1995 nach einem tödlichen Unfall bei einer Flugshow mit historischen Flugzeugen.

    Das ehemalige Rollfeld wird fortan der Natur überlassen und in den Landschaftspark Adlershof integriert. Die erhaltenen Gebäude und eindrucksvollen Hallen der früheren Flugzeugfabrik der Luftverkehrsgesellschaft verfallen.

    Nach einem 2021 vorgelegten Bebauungsplan sollen – bezogen auf die Bruttogrundfläche – 85 % der denkmalgeschützten Gebäude zugunsten von neuen Wohnkomplexen weichen. Obwohl die Denkmalbehörden die „Bauten als bedeutende städtebauliche Erinnerungsträger“ einschätzen, halten sie eine denkmalgerechte Sanierung der jahrzehntelang vernachlässigten Hallen für nicht mehr zumutbar.

    Der Flugplatz Johannisthal ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“, Band 2. Mehr zur Geschichte der Luftfahrt erfahren Sie in den Meilensteinen der Industriegeschichte Berlins.

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  • Königliche Pulverfabrik
    Königliche Pulverfabrik
    Königliche Pulverfabrik, Wasserturm
    Königlichen Pulverfabrik, ehemalige Fabrikhalle an der Havel mit Booten im Vordergrund
    Königliche Pulverfabrik, Backsteingebäude mit Oldtimer-Werkstatt
    Königliche Pulverfabrik, Eingang zu den CCC-Filmstudios
    Der denkmalgeschützte Wassertrum aus den 1890er-Jahren verfällt seit Jahrzehnten. | © Foto: Max Braun, 2020

    Königliche Pulverfabrik

    Die Königliche Pulverfabrik, erbaut in den 1830er-Jahren, liegt direkt an der Havel in Spandau. Der Standort am Fluss bietet zwei Vorteile. Einerseits erzeugt die Wasserkraft den nötigen Antrieb für die Produktion. Andererseits gelangt das in Fässern gelagerte Schießpulver über die Havel gefahrenarm zu den Artilleriedepots der preußischen Monarchie.

    Nicht nur der Transport der explosiven Ware spielt beim Bau der Fabrik eine Rolle. Wegen der hohen Explosionsgefahr sind die weitläufigen Fabrikanlagen von Erdwällen und Bäumen umgeben, in östlicher Richtung schützt außerdem ein Wassergraben die umliegenden Bauten.

    Der Pulververbrauch der preußischen Armee steigt kontinuierlich, dafür sorgen die Deutschen Einigungskriege und die Weiterentwicklung der Wehrtechnik. Deswegen wird die Fabrik ab den 1870er-Jahren ausgebaut und erweitert. Die „Neue Pulverfabrik“ ergänzt die „Alte Pulverfabrik“ und produziert ab 1890 ein rauchschwaches Pulver. Die „Schießbaumwolle“ verdrängt nach und nach das traditionelle Schwarzpulver.

    Ihren Höhepunkt erreicht die Produktion während des Ersten Weltkriegs. Sind 1914 noch 1.450 Personen beschäftigt, die jeden Monat 520 Tonnen Pulver herstellen. So steigen die Zahlen nur ein Jahr später auf 5.600 Arbeitskräfte, die monatliche 1.900 Tonnen produzieren. Ein Lageplan aus der dieser Zeit umfasst 500 Betriebsgebäude auf dem Fabrikgelände. Allerdings sind nur wenige dieser Bauten heute noch erhalten. Denn die Pulverproduktion in Spandau endet 1919 nach dem Ersten Weltkrieg.

    Das älteste erhaltene Gebäude der Alten Pulverfabrik ist eine Werkhalle aus dem Jahr 1887. Inzwischen befindet sich in dem Backsteinbau eine Oldtimer-Werkstatt. Diese bildet das Zentrum des heutigen Gewerbeparks und Freizeitareals „Havelwerke“. In der Daumstraße befinden sich weitere Spuren der einstigen Pulverfabrik. Unter anderem ein zweigeschossiges Fachwerkhaus aus den 1890er-Jahren, das den Beschäftigten damals als Speisesaal dient. In unmittelbarer Nähe der Insel Eiswerder sind ebenfalls Gebäude der Neuen Pulverfabrik erhalten. Ein besonders markantes Relikt ist der Wasserturm aus den 1890er-Jahren, der damals die umliegenden Kesselhäuser der Neuen Pulverfabrik mit Wasser versorgt.

    Rund um die denkmalgeschützten Bauten entstehen in den nächsten Jahren neue Wohnungen. Zur „Wasserstadt Berlin-Oberhavel“ gehört bereits das Wohnquartier zwischen Kleiner Eiswerderstraße, Daumstraße und Telegrafenweg, errichtet in den 2000er-Jahren.

    Mehr zur Königlichen Pulverfabrik erfahren Sie in Band 1 der Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“.


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  • Ladestraße des Anhalter Güterbahnhofs
    Ladestraße des Anhalter Güterbahnhofs
    Ladestraße mit Ausstellungsräumen Deutsches Technikmuseum
    Ladestraße Anhalter Bahnhof historisch
    Ladestraße Science Center
    Beleuchtete Buchstaben vor Technik Museum
    In der Ladestraße des ehemaligen Anhalter Güterbahnhofs sind heute Ausstellungsräume des Deutschen Technikmuseums. | © SDTB, Foto: Malte Scherf, 2021

    Ladestraße des Anhalter Güterbahnhofs

    Der Bauch von Berlin

    Ende des 19. Jahrhunderts boomt der Verkehr auf der Schiene. Die schnelle Eisenbahn fährt nicht nur Reisende zu ihrem Ziel, sondern auch Waren und Güter von A nach B. Von A wie Anhalt nach B wie Berlin verläuft ab 1841 eine Eisenbahnlinie. Ihr nördlicher Endpunkt ist der Anhalter Bahnhof am Askanischen Platz. Bis in die 1870er-Jahre erstreckt sich das Gelände des Personen- und Güterbahnhofs bis zum Landwehrkanal. Passagiere und Post bevölkern ab 1880 die monumentalen Gebäude des Anhalter Bahnhofs. Auf dem Areal südlich des Kanals entstehen währenddessen ein zusätzlicher Güterbahnhof und ein Bahnbetriebswerk für die Wartung der Dampflokomotiven. Architekt Franz Schwechten entwirft sowohl den Personen- als auch den Güterbahnhof.

    Zwei Verwaltungsgebäude umrahmen 1880 den Eingang zur Ladestraße des Anhalter Güterbahnhofs. Dahinter erstrecken sich lange Ladeschuppen entlang der Schienen. Außen verlaufen Gleise, über die die Eisenbahn Waren liefert. Arbeiter entladen die Waggons im Akkord und stapeln die Frachtkisten in die Schuppen. Auf der innen liegenden Seite fahren Pferdefuhrwerke, später auch LKWs, um die Waren schließlich zu ihrem Ziel zu kutschieren. Der linke Ladeschuppen ist für den Empfang von Waren zuständig. Vom rechten Ladeschuppen aus tritt die Berliner Fracht ihren Weg in die weite Welt an.

    Eine separate Milchrampe sorgt für die tägliche reibungslose Verladung des frischen Produkts. Denn vor den Zeiten pasteurisierter Milch ist eine schnelle Abfertigung des verderblichen Lebensmittels besonders wichtig.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg verliert der Anhalter Güterbahnhof und dadurch auch die Ladestraße an Bedeutung. Obwohl auf West-Berliner Gebiet liegend, ist das Schienennetz der Reichsbahn der DDR unterstellt. Die Natur erobert sich mit der Zeit die verlassene Bahnanlage zurück, die Gebäude verfallen.

    1988 zieht das Deutsche Technikmuseum in die sanierten Lokschuppen des ehemaligen Betriebswerks. Zwei Jahre später eröffnet das Science Center Spectrum im erhaltenen Verwaltungsgebäude am Eingang der Ladestraße. Inzwischen befindet sich auch in dem anschließenden Ladeschuppen eine Ausstellung des Deutschen Technikmuseums. Der gegenüberliegende Versandschuppen beherbergt außerdem den Juniorcampus des Museums und die Probebühne des Theaters Berliner Ensemble.

    Das Areal rund um Anhalter Bahnhof und Gleisdreieck ist Thema eines Forschungsprojektes des Berliner Zentrum Industriekultur (bzi). Gleisdreieck Online verknüpft Geodaten und historisches Material zu einer umfangreichen Karte: Eine Spurensuche durch zwei Jahrhunderte Eisenbahngeschichte.

    Der Storywalk Gleisdreieck führt mit 27 Hörstationen durch den Park am Gleisdreieck. Expertinnen und Experten erzählen Stories aus der Geschichte des Areals, darunter auch Industriearchäologe Nico Kupfer (bzi).


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  • Yorckbrücken
    Yorckbrücken
    Yorckbrücken S-Bahn Yorckstraße
    Yorckbrücken Yorckstraße
    Yorckbrücken Museumsbahn Technikmuseum
    Die Brücken überqueren die Yorckstraße und schaffen so eine zweite Ebene für den Verkehr. | © Foto: Andreas Muhs, 2014

    Yorckbrücken

    Berlins historische Lebensadern

    Berlins Entwicklung zur Metropole verläuft nicht ohne Konflikte. Ein Beispiel dafür sind die Yorckbrücken. 1862 legt Stadtplaner James Hobrecht seinen Bebauungsplan für das künftige Berlin vor. Darin enthalten ist der „Generalszug“, ein Boulevard, dessen Straßen und Plätze nach Feldherren benannt sind. Allerdings durchkreuzt eine Prachtstraße die Erweiterungspläne des Potsdamer und Anhalter Bahnhofs. Die Expansion des Schienennetzes ist wichtig, da auf diesem Weg lebensnotwendige Güter in die wachsende Stadt gelangen. Der Streit geht über mehrere Jahrzehnte.

    Wie so häufig entsteht ein Kompromiss, der nur teilweise zufriedene Parteien zurücklässt. Der Generalszug wird im Bereich der Bahnhöfe nach Süden verschoben und verschmälert. Der imposante Charakter des Boulevards geht in diesem Abschnitt verloren. Die Bahngesellschaften müssen im Gegenzug für das riesige Bahngelände eine neue Ebene oberhalb der Straßen schaffen. Deswegen wird beim Neubau des Anhalter Bahnhofs das gesamte Areal um 3 bis 4 Meter aufgeschüttet. Nach und nach entstehen über 40 Eisenbahnbrücken, die über die Yorckstraße führen. Diese Lebensadern führen zum Anhalter Güterbahnhof und versorgen die Metropole mit landwirtschaftlichen Produkten und Waren aller Art.

    Von den historischen Brücken sind 24 erhalten und stehen inzwischen unter Denkmalschutz. Vier Brückenneubauten sind nach 1995 dazugekommen. Die heutige Nutzung der Brücken ist vielseitig: die S-Bahn, die Fernbahn und die Museumsbahn des Deutschen Technikmuseums rollen über einige der Yorckbrücken. Eine weitere Brücke kann zu Fuß sowie per Rad überquert werden. Viele der „Kompromiss-Brücken“ liegen jedoch brach.

    Der Storywalk Gleisdreieck führt mit 27 Hörstationen durch den Park am Gleisdreieck. Expertinnen und Experten erzählen Stories aus der Geschichte des Areals, darunter auch Industriearchäologe Nico Kupfer (bzi).


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  • Monumentenhallen
    Monumentenhallen
    Monumentenhallen Technikmuseum
    Monumentenhallen
    Monumentenhallen Zug Abteil
    Jedes Jahr im September ist das Depot des Deutschen Technikmuseums in den Monumentenhallen geöffnet. | © SDTB, Foto: Henning Hattendorf

    Monumentenhallen

    Depot für fliegende Züge

    In Berlin-Kreuzberg, am südlichen Eingang zum Park am Gleisdreieck, liegen die Monumentenhallen. Von außen ist nicht zu erahnen, welche Schätze sich im Inneren verbergen.

    In den 1930er-Jahren dominieren Züge mit Dampfantrieb das deutsche Schienennetz. Doch die Welt verändert sich. Telefonie, Rundfunk und Presse beschleunigen gemeinsam mit U-Bahnen, Autos und Bussen den Takt der Gesellschaft. Auch das Reisen soll schneller werden. Ende 1932 startet ein Schnelltriebwagen auf der Strecke Berlin – Hamburg. Der sogenannte „fliegende Hamburger“ legt die Distanz mit einem Geschwindigkeitsrekord zurück. Nach nur 142 Minuten erreicht er sein Ziel. Ein Jahr später, im Regelbetrieb, schafft der Zug die Strecke sogar in 138 Minuten. Es dauert ganze 64 Jahre, bis ein ICE 1 der Deutschen Bahn diesen Rekord um 6 Minuten unterbieten kann.

    Mehrere Bauarten der stromlinienförmigen Züge mit Diesel- oder Elektrotriebwagen kommen in den folgenden Jahren zum Einsatz. Wenn sie nicht über das Schienennetz der Reichsbahn „fliegen“, befinden sich die Züge in Depots. Eines davon befindet sich an der Monumentenstraße. Hier wartet und repariert das Personal der Reichsbahn die Triebwagen.

    In den Monumentenhallen stehen noch immer viele Fahrzeuge, doch „fliegende Züge“ sind nicht mehr darunter. Das Deutsche Technikmuseum nutzt heutzutage die Hallen für das „Depot für Kommunalverkehr“. Großobjekte wie Omnibusse, S-Bahnen und Straßenbahnen reihen sich hier aneinander. Regelmäßig öffnen die Hallen im September an Sonntagen ihre Tore für Besucherinnen und Besucher. Die Museumsbahn und historische Busse pendeln an diesen Tagen zwischen Museum und Halle.

  • Kaufhaus des Autos / Opelhalle
    Kaufhaus des Autos / Opelhalle
    Opel KADEA Kaufhaus des Autos
    Opel Kadea Schöneberg Kaufhaus des Autos
    Opel Kadea Einfahrt Pförtnerloge Kaufhaus des Autos
    1918 eröffnet die Fahrräder- und Motorwagenfabrik Adam Opel in Schöneberg. | © KADEA Berlin GmbH
    Adresse

    Bessemerstraße 28–36
    12103 Berlin-Schöneberg

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Eisenbahn und Landebahn

    Kaufhaus des Autos / Opelhalle

    Repräsentationsbau der Automobilindustrie

    Im Opel auf Streife durch Berlin: Wie die meisten Berliner Behörden fährt auch die Polizei mit Autos von Opel durch die Stadt. Das Opel-Flottenzentrum mit Verkaufsraum und Werkstatt befindet sich im Kaufhaus des Autos (KADEA) in Tempelhof. Hinter der denkmalgeschützten Opel-Halle ragt ein Schornstein empor, dessen Aufschrift den Bauherren von damals verrät: Opel.

    Mitten im Ersten Weltkrieg beauftragt die Adam Opel KG aus Rüsselsheim den Industriearchitekten Bruno Buch mit dem Bau einer imposanten Werkhalle in Berlin. 1917 beginnen die Bauarbeiten an der Hauptwerkstatt für Kraftfahrzeuge und Flugmotoren. Opel fertigt während des Krieges nicht nur Autos, sondern im Lizenzbau auch Flugmotoren von BMW und Argus. Im letzten Kriegsjahr 1918 nimmt Opel den Betrieb in Tempelhof auf. Seit 1919 ist die Opel-Halle eine Reparaturwerkstatt für PKWs, bis heute. Die riesige ehemals fünfschiffige Halle zeugt von einer aufstrebenden Firma in der jungen Automobilbranche.

    1961 kommen ein Ausstellungs- und Verwaltungsgebäude hinzu. Ihre funktionale Architektur repräsentiert den wirtschaftlichen Aufschwung und die steigende Motorisierung der Zeit. Besonders die ovale Pförtnerloge spiegelt den Zeitgeist der 1960er-Jahre wider.

    1993 übernimmt die AVAG Holding SE die Opel Niederlassung und führt sie weiter. Seit 2006 agiert sie als Kaufhaus des Autos (KADEA) mit mehreren Standorten in Berlin.

  • Bahnhof Papestraße / Südkreuz
    Bahnhof Papestraße / Südkreuz
    Südkreuz Bahnhofsgebäude Papestrasse
    Südkreuz Zugang Papestraße 1983
    Bahnhof Südkreuz Eingang Glas
    Der Bahnhof Südkreuz steht an der Stelle des ehemaligen Bahnhofs Papestraße. Nur der Uhrenturm ist noch erhalten. | Micharl_foto, CC BY NC ND, via flickr, 2018
    Adresse

    General-Pape-Straße 1–4
    12101 Berlin-Schöneberg

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Eisenbahn und Landebahn

    Bahnhof Papestraße / Südkreuz

    Verkehrsknoten und Bahnhof der Zukunft

    Der Bahnhof Südkreuz liegt zwischen Tempelhof und Schöneberg, strategisch günstig für Einkäufe im Möbelhaus oder für die nächste Verbindung nach Leipzig. Große Glasflächen dominieren den modernen Bahnhof, nur ein alter Uhrenturm aus Backstein fällt auf. Er ist letztes Überbleibsel des S-Bahnhofs Papestraße, der an gleicher Stelle 1901 eröffnet.

    An ihm kreuzt sich der Fernverkehr der Dresdner und Anhalter Bahn mit dem Nahverkehr der 1877 fertiggestellten Ringbahn. Der Bahnhof Papestraße soll ein praktischer Umsteigebahnhof zwischen Ringbahn und Vorortbahn sein. Doch die Gleise liegen so weit auseinander, dass die Fahrgäste umständlich mehrere Tunnel, Treppen und Brücken durchqueren müssen, um den anderen Bahnsteig zu erreichen.

    Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 sinkt das Fahrgastaufkommen. Die West-Berliner:innen boykottieren die gelb-roten Züge. Denn die Deutsche Reichsbahn der DDR betreibt nicht nur die S-Bahn im Ostteil der Stadt, sondern auch im Westteil. Nach der deutschen Wiedervereinigung erlebt die S-Bahn ein Comeback.

    Schnell wird klar, dass eine Neuordnung des Berliner Bahnnetzes nötig ist. Um die Verkehrsadern des wiedervereinten Berlins besser zu vernetzen, beschließt der Berliner Senat im Jahr 1992 ein neues Konzept für die Eisenbahn- und S-Bahnstrecken. Das sogenannte „Pilzkonzept“ ordnet den Streckenverlauf des Bahnnetzes neu. Der neue Hauptbahnhof wird zum Zentrum, das Südkreuz ist das Tor nach Süden und Gesundbrunnen das Tor nach Norden. Der Spandauer Bahnhof und der Ostbahnhof bilden schließlich die Ränder des Pilzes.

    Der Bahnhof Südkreuz steigt nach seiner Eröffnung im Jahr 2006 zum zweitwichtigsten Bahnhof der Stadt auf. Die Bahnsteige verlaufen auf verschiedenen Ebenen und garantieren dadurch deutlich schnellere Umstiege als auf dem alten Bahnhof Papestraße.

  • Kasernen General-Pape-Straße
    Kasernen General-Pape-Straße
    Kasernen Gedenkort SA-Gefängnis Papestrasse
    Geschichtsparcour Papestraße Kasernen
    Kasernen Gedenkort SA-Gefängnis Papestrasse
    In den ehemaligen Kasernen befindet sich der Gedenkort zum SA-Gefängnis Papestraße. | © Axel von Blomberg, 2021

    Kasernen General-Pape-Straße

    Militär, Eisenbahn und Gefängnis

    In der General-Pape-Straße in Berlin-Schöneberg befinden sich ehemalige Kasernen. Der Bau des Kasernenkomplexes der preußischen Eisenbahnregimenter beginnt bereits 1892, in Nähe des damaligen Militärbahnhofs Schöneberg.

    Ab 1835 beschleunigt die Eisenbahn nicht nur Reisen, Handel und Nachrichten, sondern auch das Militär erkennt schnell die Bedeutung des neuen Verkehrsmittels. Entlang von Eisenbahnstrecken siedeln sich Truppen an, wie zum Beispiel die preußischen Eisenbahnregimenter in Schöneberg. Zu den Aufgaben des Regiments zählt der Bau von Feldbahnen in Kriegsgebieten, um Soldaten sowie Material zügig an die Front zu befördern. 1875 öffnet eine Militäreisenbahn, die unter anderem der Ausbildung der Eisenbahntruppen dient. Die Bahntrasse beginnt am Militärbahnhof Schöneberg und führt zum Schießplatz bei Kummersdorf und zum Flugplatz Sperenberg. Auf dem Kasernengelände an der General-Pape-Straße entstehen bis 1907 Kasernen, Mannschafts- und Wirtschaftsgebäude, ein Exerzierplatz und ein Wohnhaus für Offiziere.

    Nach dem Ersten Weltkrieg führt der Versailler Vertrag schließlich zur Auflösung der Eisenbahnregimenter. Die Militäreisenbahn und die Kasernen werden fortan zivil genutzt. 1933 dient das Wirtschaftsgebäude für kurze Zeit als Gefängnis der nationalsozialistischen SA-Feldpolizei. Zwischen März und Dezember 1933 verhört und foltert die SA mindestens 500 Personen in diesem frühen Konzentrationslager.

    Seit 2011 ist das Gebäude als Gedenkort SA-Gefängnis öffentlich zugänglich. Im Keller sind die Haftzellen in ihrem Zustand von 1933 erhalten. An ihren Wänden sind noch Kritzeleien, Zeichnungen und Datumsangaben zu erkennen. Die übrigen Gebäude der Kaserne beherbergen inzwischen Werkstätten, Gewerbe und Teile des Robert Koch-Institut.

  • Schwerbelastungskörper
    Schwerbelastungskörper
    Schwerbelastungskörper Beton Plattform
    Schwerbelastungskörper seitlich rund
    Zwischen April und Oktober kann die Plattform des Schwerbelastungskörpers bestiegen werden. | Paul Horsefield CC BY-SA via flickr, 2015

    Schwerbelastungskörper

    Größenwahn in Beton gegossen

    Mitte der 1930er-Jahre plant das NS-Regime den radikalen Umbau Berlins. Die „Welthauptstadt Germania“ soll den NS-Staat monumental repräsentieren. Als Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt ist Architekt Albert Speer mit dem Projekt beauftragt. Zusammen mit seinen Mitarbeitenden, beauftragten externen Architekten, den Bauämtern Berlins und sogar Unternehmen wie der Reichsbahn entwirft Speer gigantische Bauwerke. Für diese geplanten Bauten müssen auf einer neuen Nord-Süd-Achse zahlreiche bestehende Gebäude weichen. Bis zur Einstellung des Vorhabens 1943 lässt der Generalbauinspektor tausende Wohnungen abreißen. Trotz der umfangreichen Pläne und Modelle bleibt eine essenzielle Frage ungeklärt: Kann der Berliner Boden das Gewicht der riesigen Bauwerke überhaupt tragen? Um dies zu testen, lässt Speer 1942 einen Schwerbelastungskörper aufstellen.

    13.000 Tonnen Beton türmen sich 14 Meter über dem Boden. In die Tiefe ragt er sogar 18 Meter. Damit soll er das Gewicht des hier geplanten Triumphbogens simulieren. Bis 1944 werden Messungen am Schwerbelastungskörper vorgenommen. Doch bis Berechnungen zur Belastung des weichen Sandbodens möglich sind, ist der Krieg und damit die NS-Herrschaft schon längst vorbei. 1948 steht fest: Der Berliner Boden hält dem Gewicht nicht stand. Germania wäre ohne Verdichtung bis zu 19 Zentimeter tief im Berliner Boden versunken.

    Die umliegenden Wohngebäude verhindern eine Sprengung des Kolosses. Bis Mitte der 1980er-Jahre dient er weiterhin zur Analyse des Bodens. Die Deutsche Gesellschaft für Bodenmechanik führt hier Messungen durch. 1995 erhält der Klotz den Status eines Denkmals. Er ist das letzte Zeugnis der NS-Stadtplanung zur Nord-Süd-Achse.

    Als Informationsort erzählt das Bauwerk seit 2009 seine Geschichte. Zwischen April und Oktober ist der Koloss öffentlich zugänglich. Eintritt und Aufstieg zur Plattform sind ebenso wie Führungen kostenlos. Der Schwerbelastungskörper ist Teil des Geschichtsparcours Papestraße.

  • Natur Park Schöneberger Südgelände
    Natur Park Schöneberger Südgelände
    Naturpark Schöneberger Südgelände
    Schöneberger Südgelände historisch Schienen
    Dampflok Südgelände Schöneberg
    Schöneberger Südgelände Rangierbahnhof
    Der Natur Park Schöneberger Südgelände befindet sich auf einem ehemaligen Eisenbahnareal. | © bzi, Foto: Anja Liebau, 2021

    Natur Park Schöneberger Südgelände

    Vom Bahnhof zur Stadtwildnis

    Heutzutage ist der Natur Park Schöneberger Südgelände ein Ort der Erholung. Ende des 19. Jahrhunderts ist das Areal jedoch geprägt von Gleisen und Zügen. 1891 errichtet die Reichsbahn den Rangierbahnhof Tempelhof, um den nahegelegenen Anhalter Güterbahnhof zu entlasten. Bis zu 130 Güterzüge werden hier täglich zusammengestellt oder aufgelöst. Teil des Rangierbahnhofs ist außerdem ein Bahnbetriebswerk von dem einzelne Bauwerke bis heute erhalten sind.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg betreibt die DDR-Reichsbahn das im Westteil der Stadt gelegene Areal. 1952 stellt sie den Betrieb am Südgelände ein. Die Natur erobert Stück für Stück das Areal zurück. Anfang der 1980er-Jahre soll ein neuer Güterbahnhof entstehen, eine Bürgerinitiative verhindert allerdings den Bau. Stattdessen entwickelt sie die Idee für einen Park. Die Bahnnutzung endet schließlich 1993. Zwei Jahre später überlässt die Deutsche Bahn AG das Gelände dem Berliner Senat.

    Als Ausgleich für Eingriffe in die Stadtnatur anderenorts, ist im Südgelände ein Raum für Naturschutz entstanden. Große Teile des Parks dürfen nicht betreten werden, andere sind nur über Stege zugänglich, Radfahren ist untersagt. 70 Jahre nach der schrittweisen Stilllegung des Bahnbetriebswerks sind hier 130 Wildbienenarten, 30 Vogelarten und über 350 Pflanzenarten heimisch. Während des Bahnbetriebs reisten Samen und Insekten als blinde Passagiere per Zug an oder gelangten entlang der Bahntrassen ins Stadtzentrum. Der Natur Park Schöneberger Südgelände ist heute Teil einer Kette von Grünanlagen, die bis zum Park am Gleisdreieck führt.  

    Besucherinnen und Besucher finden zwischen dem Grün des Natur Parks Schöneberger Südgelände zahlreiche Spuren des einstiegen Rangierbahnhofs. Die Brückenmeisterei, die Lokschuppen und der Wasserturm erinnern bis heute an die Bahngeschichte. Sogar eine Dampflok versteckt sich im Grünen. Im südwestlichen Bereich des Parks dürfen sich Street-Art-Künstler:innen an den alten Mauern von zwei großen „Überwerfungsbauwerken“ austoben.

  • Postpaketbahnhof / STATION Berlin
    Postpaketbahnhof / STATION Berlin
    Postpaketbahnhof STATION Berlin
    Postpaketbahnhof STATION U-Bahn
    Postpaketbahnhof STATION Luckenwalder Straße
    Die Gebäude des Postpaketbahnhofs in Kreuzberg sind heute als die Eventlocation STATION bekannt. | Nasir Khan Saikat, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons, 2012
    Adresse

    Luckenwalder Straße 4–6
    10963 Berlin-Kreuzberg

    Kontakt

    www.station-berlin.de/
    info@station-berlin.de
    Tel.: 030 88 000 719

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Eisenbahn und Landebahn

    Postpaketbahnhof / STATION Berlin

    Drehscheibe für Pakete

    Über 90 Jahre lang versorgt der Postpaketbahnhof die Hauptstadt mit Paketen und anderen Gütern aus der ganzen Welt. Um 1900 nimmt der Paketverkehr solche Ausmaße an, dass die Personenbahnhöfe, wie der Anhalter Bahnhof diesem Ansturm nicht mehr gewachsen sind. Daher baut die Oberpostdirektion Berlin 1913 den Postpaketbahnhof in günstiger Lage zwischen dem U-Bahnhof Gleisdreieck und dem Anhalter Güterbahnhof. Ein weiterer Postbahnhof entsteht zeitgleich in Friedrichshain am heutigen Ostbahnhof.

    Die Architektur des neuen Bahnhofs orientiert sich an den kurz zuvor erbauten beiden Kühlhäusern direkt nebenan. Märkische Backsteingotik trifft hier auf Formen aus der Renaissance.

    Die in den 1930er-Jahren installierte Paketförder- und Verteilanlage bewältigt bis zu 400.000 Sendungen pro Tag. Gut die Hälfte aller in Berlin ankommenden und abgehenden Pakete wird hier bearbeitet. Für den Betrieb auf dem großen Bahnhofsgelände setzt die Post elektrische Lokomotiven von AEG und Siemens ein. Diese rangieren die Postwagen und stellen ganze Postzüge zusammen. Einige dieser Lokomotiven sind inzwischen im Deutschen Technikmuseum ausgestellt. Eine Diesellokomotive von Orenstein & Koppel zieht im Sommer die Museumsbahn des Deutschen Technikmuseums.

    Während der deutschen Teilung behält der Bahnhof seine Bedeutung, jetzt als zentrale Paketumschlagstelle für West-Berlin. Die Paketverteilung wandert 1997 vermehrt auf die Straße, die Post gibt den Bahnhof auf. Seit 2005 gehört der Postpaketbahnhof als STATION Berlin zu den festen Größen unter den Berliner Event-Locations.

    Das Areal rund um das Gleisdreieck, Anhalter Bahnhof und Postbahnhof ist Thema eines Forschungsprojektes des Berliner Zentrum Industriekultur. Gleisdreieck Online verknüpft Geodaten und historisches Material zu einer umfangreichen Karte: Eine Spurensuche durch zwei Jahrhunderte Eisenbahngeschichte.

  • Gleisdreieck
    Gleisdreieck
    Park am Gleisdreieck mit U-Bahn
    Gleisdreieck historisch Postkarte
    Gleisdreieck von oben
    Gleisdreieck Unglück 1908
    Der Park am Gleisdreieck eröffnet 2011. | © bzi, Foto: Florian Rizek, 2016

    Gleisdreieck

    Kreuzungspunkt für U-Bahnen

    Der Name Gleisdreieck beschreibt die ursprüngliche Anordnung der Schienen in einem Dreieck. Verschiedene U-Bahnlinien nutzen es zum Richtungswechsel. Doch diese Anordnung der Schienen erweist sich als fatal. 1908 verunglücken hier mehr als 17 Personen, als ein Wagen der U-Bahn von der Hochbahn stürzt. Zwei Züge waren in das Dreieck aus Schienen und Weichen eingefahren und gleichzeitig abgebogen. Ein Wagen rammte den anderen und stürzte in die Tiefe.

    Nach einem zweiten Unglück werden die Schienen 1912/13 auf mehrere Ebenen verlegt. So können sich die Züge der verschiedenen Linien gefahrlos kreuzen. Obwohl das eigentliche Dreieck aus Schienen nun nicht mehr befahren wird und an seiner Stelle ein Turmbahnhof steht, bleibt der Name erhalten: U-Bahnhof Gleisdreieck. Auch das benachbarte Umformerwerk führt diesen Namen, obwohl zu seinem Bau das eigentliche Dreieck aus Gleisen schon Geschichte ist.

    Auf dem früheren Gelände des Anhalter und des Potsdamer Güterbahnhofs liegt inzwischen der Park am Gleisdreieck. Nach der Teilung Berlins werden die Bahnhöfe von ihren Fernverbindungen abgeschnitten. Im Westen gelegen, aber von der Reichsbahn der DDR betrieben, verfallen die Bahnanlagen. Von 2011 bis 2013 eröffnet hier Berlins modernster Park mit Freizeitangeboten und baulichen Spuren der Vergangenheit. Inzwischen durchqueren nur noch eine Fernbahn-Trasse und das Gleis der Museumsbahn des Deutschen Technikmuseums das Gelände.

    Das Areal rund um das Gleisdreieck ist Thema eines Forschungsprojektes des Berliner Zentrum Industriekultur (bzi). Gleisdreieck Online verknüpft Geodaten und historisches Material zu einer umfangreichen Karte: Eine Spurensuche durch zwei Jahrhunderte Eisenbahngeschichte.

    Der Storywalk Gleisdreieck führt mit 27 Hörstationen durch den Park am Gleisdreieck. Expertinnen und Experten erzählen Stories aus der Geschichte des Areals, darunter auch Industriearchäologe Nico Kupfer (bzi).


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  • Telefunken-Hochhaus
    Telefunken-Hochhaus
    Das Telefunken-Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz
    Ausblick vom Telefunken-Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz, 1960
    Ernst‐Reuter‐Platz Blaue Stunde
    Das Telefunken-Hochhaus teilen sich die TU Berlin und die Telekom Innovation Laboratories. | © bzi/Foto: Max Braun, 2022
    Adresse

    Ernst-Reuter-Platz 7
    10587 Berlin-Charlottenburg

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Telefunken-Hochhaus

    Ein Hauch von New York in West-Berlin

    Am Ernst-Reuter-Platz ragt das Telefunken-Hochhaus in den Berliner Himmel. Als „Haus der Elektrizität“ entwerfen Paul Schwebes und Hans Schoszberger den Firmensitz, im Jahr 1960 kann Telefunken einziehen. Das elegante Gebäude hat ein amerikanisches Vorbild – den Wolkenkratzer der ehemaligen Fluggesellschaft Pan Am in New York. Doch die Dimensionen unterscheiden sich. Während der New Yorker Wolkenkratzer 59 Stockwerke umfasst, ist die Berliner Variante nur 22 Stockwerke hoch. Dennoch ist das Telefunken-Hochhaus bis 1965 das höchste Gebäude in Berlin.

    Das Berliner Traditionsunternehmen Telefunken entsteht bereits 1903 auf Drängen von Kaiser Wilhelm II. Zu dieser Zeit streiten sich die Großkonzerne AEG und Siemens & Halske um Patente. Deswegen initiiert Wilhelm II. die Gründung der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH, System Telefunken. AEG und Siemens sind zu gleichen Teilen an der neuen Firma beteiligt.

    In den 1950er-Jahren ist Telefunken vor allem in der Nachrichten- und Datentechnik erfolgreich. Das Telefunken-Hochhaus soll daher modern und weltgewandt wirken. 1967 fusioniert das Unternehmen mit seiner Muttergesellschaft zur AEG-Telefunken. Nur 8 Jahre später zieht die Firmenzentrale allerdings nach Frankfurt am Main.

    Der Berliner Senat kauft das Hochhaus 1975 und stellt es der Technischen Universität Berlin zur Verfügung. Inzwischen teilen sich die TU Berlin und die Telekom Innovation Laboratories das Gebäude.

  • Technische Universität Berlin (TU Berlin)
    Technische Universität Berlin (TU Berlin)
    Blick auf die Technische Universität Berlin (TU Berlin)
    Königlich Technische Hochschule zu Berlin, um 1885. Später Technische Universität Berlin.
    Technische Universität Berlin Hauptgebäude
    Technische Universität Berlin Hauptgebäude
    Das Hauptgebäude der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) liegt an der Straße des 17. Juni. | TU Berlin, Pressestelle, Foto: Ulrich Dahl, gemeinfrei
    Adresse

    Straße des 17. Juni 135
    10623 Berlin-Charlottenburg

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Best of

    Forschung und Innovation

    Technische Universität Berlin (TU Berlin)

    Ideenschmiede der schlauen Köpfe

    Die TU Berlin gehört zu den größten Hochschulen Deutschlands. Ihre Anfänge reichen zurück ans Ende des 19. Jahrhunderts. Damals entwickelt sich Berlin zu einer Industriemetropole. Die expandierenden Unternehmen brauchen nicht nur Arbeitskräfte zur Herstellung von Eisenbahnen, Telegraphen und Gaslampen, sondern auch schlaue Köpfe für die Entwicklung neuer Technologien.

    1879 schließen sich die „Berliner Bauakademie“ und die „Königliche Gewerbeakademie“ zur „Königlich Technischen Hochschule zu Berlin“ zusammen. Dafür ist ein Hochschulneubau notwendig. Für das Gebäude entsteht in der eigenständigen Stadt Charlottenburg sogar ein eigenes Fernheizwerk. Als 1920 Charlottenburg ein Teil von Groß-Berlin wird, ändert sich der Name der Bildungsanstalt. Fortan heißt es schlicht: Technische Hochschule zu Berlin.

    In den 1930er-Jahren richtet sich das Vorlesungsverzeichnis vermehrt auf militärisch relevante Lehrveranstaltungen aus. Im Regime der Nationalsozialisten gründet sich 1936 eine „Wehrtechnische Fakultät“. Der NS-Staat fördert Forschungsaktivitäten zu beispielsweise Rüstung, Militär und Autarkie.

    Nach Kriegsende sind die Gebäude der Hochschule weitestgehend zerstört. Doch nicht nur die Gebäude müssen neu aufgebaut werden. 1946 gründen die Alliierten die neue Technische Universität Berlin. Im Sinne einer universalen Bildung sind die Geisteswissenschaften fortan integraler Bestandteil der technik- und forschungsorientierten Universität. Eine humanistische Ausbildung soll verhindern, dass Studierende der Ingenieur- und Technikwissenschaften erneut für den militaristischen Missbrauch ihrer Disziplinen empfänglich sind.

    In den 1960er- und 1970er-Jahren ist die TU Berlin häufig Ausgangspunkt für Aktivitäten der damaligen Studentenbewegung. Über die Jahre entstehen weitere Standorte der TU Berlin fernab der Straße des 17. Juni. Dazu gehören der ehemalige AEG Standort Humboldthain in Berlin-Wedding, der EUREF Campus am Gasometer in Berlin-Schöneberg und der Campus in Berlin-Dahlem. Auch interessant: der Garten der TU Berlin.

    Die TU Berlin ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.

  • Mosse-Haus
    Mosse-Haus
    Das Mosse-Haus mit historischer Fassade
    Barrikade während des Spartakusaufstandes in Berlin
    Mosse-Palais am Leipziger Platz in den 1920er-Jahren
    Das Mosse-Haus wurde von 1900 bis 1903 erbaut, die historische Fassade 1995 rekonstruiert. | Jörg Zägel, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons, 2009

    Mosse-Haus

    Imposantes Herz der Pressemetropole

    Als Pazifist, Demokrat und Kunstsammler leitet der jüdische Verleger Rudolf Mosse zwischen 1871 und 1920 sein Unternehmen. Zu Höchstzeiten bringt der Verlag 130 Druckerzeugnisse heraus. Mosse gilt als Mitbegründer des historischen Berliner Zeitungsviertels, von dem jedoch heute nur noch das Mosse-Haus steht.

    Das Mosse-Haus erlebt in seiner Geschichte mehrere bauliche Veränderungen. Das Sandsteingebäude von 1903 kommt bei den Spartakusaufständen im Jahr 1919 zu Schäden. Anhänger der „Linken“ besetzten damals das Verlagshaus. Der Großstadtarchitekt Erich Mendelsohn modernisiert das Gebäude 1923 und ergänzt es im Stil der Neuen Sachlichkeit um 3 Etagen. Die baulich-dominante Straßenfront aus Eisen und Keramik symbolisiert die Dynamik der damals modernen Zeit.

    Mosses linksliberale Veröffentlichungen im legendären Berliner Tageblatt, der ersten Berliner Zeitung, nehmen Einfluss auf die demokratische Meinung der Öffentlichkeit. Er ist das Sprachrohr des nicht kaisertreuen Bürgertums und setzt sich beispielsweise für Gleichberechtigung, interreligiösen Dialog, soziale und kulturelle Zwecke ein. Außerdem macht er seine künstlerische und literarische Sammlung im Mosse-Palais am Leipziger Platz öffentlich zugänglich.

    Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 ist der Verlag das erste Großunternehmen, das arisiert und politisch gleichgeschaltet wird. Die Nationalsozialisten versteigern anschließend Mosses Sammlungen und treiben die Familie ins Exil. Der Name Mosse verschwindet aus dem Stadtbild.

    Im Zweiten Weltkrieg erleidet das Gebäude erneut starke Schäden. Die verbliebene arbeitsfähige Druckerei ist anschließend der Sowjetischen Militäradministration unterstellt und bringt ab Mai 1945 die erste Nachkriegszeitung heraus.

    In der DDR hat in dem sehr schlicht wiederaufgebauten Haus das Druckkombinat Berlin seinen Sitz. 1995 wird die historische Fassade rekonstruiert und das Gebäude zum heutigen Mosse-Zentrum entwickelt, in dem inzwischen verschiedene Unternehmen ihren Sitz haben.

  • Rausch Schokoladenhaus
    Rausch Schokoladenhaus
    Rausch Schokoladenhaus mit reich verzierter Fassade
    Rausch Schokoladenhaus, Mitarbeiterin bei der Arbeit
    Das repräsentative Haus lässt 1907 die Berlinische Bodengesellschaft errichten. Die reich verzierte Fassade ist bis heute erhalten. | © Rausch GmbH
    Adresse

    Charlottenstraße 60
    10117 Berlin-Mitte

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Best of

    Bier und Brot

    Rausch Schokoladenhaus

    Traditionsprodukt des feinen Lebens

    Seit 1890 produziert die Familie Rausch in der fünften Generation Schokolade, zunächst in der familieneigenen Konditorei. Wilhelm Rausch junior, Sohn des ersten Konditormeisters und Chocolatiers, führt die Herstellung von Pralinen, Schokoladen und Honigkuchen fort. 1918 eröffnet er die Rausch-Privat-Confiserie und betreibt sieben Geschäfte in Berlin. 1968 eröffnet Rausch in Tempelhof eine neue Schokoladenfabrik.

    Rausch-Schokolade steht bis Ende der 1990er-Jahre in den Regalen von über 5.000 Süßwarenläden. Als diese immer weniger werden, richtet das Unternehmen sein Sortiment neu aus und bringt Rausch-Produkte in die Supermärkte. 2016 endet der Vertrieb im Supermarkt. Schokolade und Pralinen von Rausch gibt es fortan nur noch Online oder im Rausch Schokoladenhaus.

    Das repräsentative Gebäude am Gendarmenmarkt lässt 1907 die Berlinische Bodengesellschaft errichten. Die reich verzierte Fassade ist bis heute erhalten. Das ist nur bei wenigen Bauten in Nähe des Gendarmenmarktes der Fall. Die meisten Fassaden wurden ab 1935 „entdekoriert“ und im Zuge der „Bereinigung des Berliner Stadtbildes“ im Sinne der NS-Architektur überformt.

    1999 eröffnet das Rausch Schokoladenhaus als größtes der Welt mit Schokoladen-Café, Geschäft und Manufaktur. Das Café in der zweiten Etage überblickt den Gendarmenmarkt mit Konzerthaus, Deutschem und Französischem Dom.

  • Humboldthafen und Hauptbahnhof
    Humboldthafen und Hauptbahnhof
    Berliner Hauptbahnhof mit Blick von der Spree
    Lehrter Bahnhof und der Humboldthafen an der rechten Bildseite, um 1910
    Bild vom Humboldthafen um 1910
    Rund um den Humboldthafen und den Berliner Hauptbahnhof entsteht mit der Europacity ein neues Stadtviertel. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2022
    Adresse

    Humboldthafen
    Hilda-Geiringer-Weg 4
    10557 Berlin-Moabit

    Berlin Hauptbahnhof
    Europaplatz 1
    10557 Berlin-Moabit

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Best of

    Transport und Verkehr

    Humboldthafen und Hauptbahnhof

    Repräsentativer Verkehrsknotenpunkt

    Der Humboldthafen entsteht 1848 nach Plänen von Peter Joseph Lenné, der als Landschaftsarchitekt nicht nur die Gartenkunst in Preußen, sondern auch viele Berliner Stadträume prägt. Benannt nach dem Naturforscher Alexander von Humboldt nimmt der Hafen 1850 für fast 100 Jahre seinen Betrieb auf. Er verbindet die Spree mit dem ebenfalls von Lenné entworfenen Spandauer Schifffahrtskanal.

    Obwohl das Hafenbecken technischen Anforderungen entspricht, ist es wie ein Schmuckbassin gestaltet, das bis heute den städtischen Raum aufwertet. Das Hafenbecken liegt in direkter Nachbarschaft zweier Bahnhöfe, dem Hamburger und Lehrter Bahnhof. Sowohl Güter als auch Reisende können hier vom Wasser auf die Schiene wechseln.

    Als 1913 der Osthafen und 1923 der Westhafen eröffnen, lösen sie den Humboldthafen ab. Nach dem Zweiten Weltkrieg liegt der Hafen im Schatten der nahe gelegenen Berliner Mauer und fällt für Jahre in einen Dornröschenschlaf.

    Erst mit dem neuen Berliner Hauptbahnhof erwacht die Gegend zu neuem Leben. Der Neubau des Hauptbahnhofs zu Beginn des neuen Jahrtausends benötigt Platz. Dafür muss der historische Lehrter Stadtbahnhof von 1882 weichen. Das monumentale Gebäude des Lehrter Fernbahnhofs wird bereits 1958 abgerissen.

    Die Architekten des Flughafens Tegel – Gerkan, Marg & Partner – entwerfen auch den lichtdurchfluteten Berliner Hauptbahnhof. Auf mehreren Gleisebenen kreuzen sich S-Bahn, U-Bahn sowie Regional- und Fernverkehrszüge. Rund um das Becken des Humboldthafens und den Hauptbahnhof entsteht mit der Europacity ein neues Stadtviertel.

    Hauptbahnhof und Humboldthafen sind Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.


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  • Kornversuchsspeicher
    Kornversuchsspeicher
    Kornversuchsspeicher in Berlin Moabit
    Konversuchsspeicher fertig saniert
    Auf dem Gelände des Hamburg-Lehrter Güterbahnhofs in Berlin-Moabit eröffnet 1898 der Kornversuchsspeicher. | Norhei via Wikimedia Commons, 2013, CC BY-SA 3.0
    Adresse

    Heidestraße 20C
    10557 Berlin-Moabit

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Best of

    Bier und BrotForschung und Innovation

    Kornversuchsspeicher

    Hygienisches Getreidelager

    Ende des 19. Jahrhunderts wächst die Bevölkerung der Industriemetropole Berlin rasant. Die täglich steigende Zahl hungriger Mäuler erfordert neue Wege, um große Mengen an Lebensmitteln zu lagern. Auf dem Gelände des Hamburg-Lehrter Güterbahnhofs in Berlin-Moabit eröffnet 1898 daher der Kornversuchsspeicher. Das Gebäude entspricht damals dem modernen industriellen Speicherbau.

    Mit wissenschaftlichen Methoden erprobt die Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung neue Ideen zur Lagerung von Getreide. Ziel ist es, große Getreidemengen ohne Schädigung der Keim- und Backfähigkeit zu trocknen und zu lagern. Fünf Schüttböden und vier Silos fassen 1.130 Tonnen Getreide.

    Die Versuche münden in eine neue Technik: die Schüttbodenspeicherung. Dabei wird das Getreide flach geschüttet und anschließend mit Bretterwänden separiert. 1915 ergänzt ein Erweiterungsbau den Kornversuchsspeicher. Die Anstrengungen lohnen sich. Dank der neuen Technik halbiert sich in den folgenden Jahren die Sterberate bei Menschen, die sich an schlechtem Brot vergiftet haben.

    2019 beginnen Entkernungsarbeiten am Kornversuchsspeicher. Nur die äußere Hülle bleibt erhalten, um Büros, Gastronomie und Begegnungsorte einzubauen. Das Speichergebäude soll sich zum Wahrzeichen der modernen Europacity und der Wasserstadt Mitte wandeln.

  • Robert Koch-Institut
    Robert Koch-Institut
    Robert Koch-Institut, Gebäude von 1900 mit Kirschbäumen im Vordergrund
    Robert Koch-Institut, Gebäude von 1900
    Robert Koch-Institut, Gebäude von 1900
    1900 erhält das Robert Koch-Institut (RKI) ein eigenes Gebäude am Nordufer in Berlin-Wedding. Seit 2017 befindet sich hier ein Museum. | © Robert Koch Institut RKI
    Adresse

    Nordufer 20
    13353 Berlin-Wedding

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Best of

    Forschung und InnovationSauber und Gesund

    Robert Koch-Institut

    Forschung für menschliche Gesundheit

    Robert Koch gilt gemeinsam mit Louis Pasteur als Begründer der Bakteriologie. 1876 entdeckt Koch, dass Mikroorganismen für Infektionskrankheiten verantwortlich sind. Sechs Jahre später identifiziert er den Erreger der Tuberkulose. Auf Basis von Kochs bahnbrechenden Leistungen in der medizinischen Forschung gründet die Preußische Regierung 1891 das Königliche Preußische Institut für Infektionskrankheiten. Robert Koch ist bis 1904 Leiter der Einrichtung. 1900 erhält das Institut ein eigenes Gebäude am Nordufer in Berlin-Wedding. Koch stirbt zehn Jahre später und wird in einem Mausoleum im Institut beigesetzt, das seit 1912 seinen Namen trägt: Robert-Koch-Institut.

    Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 müssen alle jüdischen Wissenschaftler:innen das Institut verlassen. Während des NS-Regimes ist die Einrichtung zudem an Menschenversuchen in Konzentrationslagern und Heilstätten beteiligt. Nach vielen Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg kann das Robert Koch-Institut (RKI) mit Hilfe der Alliierten seine Forschungsarbeit bereits 1945 wiederaufnehmen.

    1978 bezieht das Robert Koch-Institut ein neues Laborgebäude, das ebenfalls am Nordufer liegt. Heutzutage hat das RKI mehrere Standorte, an denen Expertinnen und Experten Krankheiten erforschen, Risiken bewerten und Empfehlungen für den Gesundheitsschutz geben.

    In das RKI-Gebäude von 1900 ist mittlerweile ein Museum eingezogen. Seit 2017 präsentiert das Museum nicht nur die Forschungsarbeit von Robert Koch. Als Public-Health-Besucherzentrum bietet es Einblicke in aktuelle Fragen der Gesundheits- und Präventionsforschung. Für viele überraschend: Besucherinnen und Besucher können auch einen Blick in das Mausoleum von Robert Koch werfen.

    Das Robert-Koch-Institut ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.


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  • Kraftwerk Moabit
    Kraftwerk Moabit
    Blick über den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal auf das Kraftwerk Moabit
    Kraftwerk Moabit von 1900, historischer Backsteinbau
    Kraftwerk Moabit Centrale
    Blick über den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal auf das Kraftwerk Moabit. In der Turbinenhalle befindet sich eine Eventlocation. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2022

    Kraftwerk Moabit

    Pionier der industriellen Stromerzeugung

    Wo ist der beste Standort für ein neues Kraftwerk? Weit von der dicht bebauten Innenstadt für spätere Erweiterungen, aber zugleich gut angeschlossen: So kommt die Kohle für den Betrieb per Schiff und Bahn, das Kühlwasser aus dem Schifffahrtskanal und die Innenstadt bleibt von rauchenden Schloten verschont. Das Kraftwerk Moabit erfüllt im Jahr 1900 mit seiner Lage am Spandauer Schifffahrtskanal all diese Anforderungen.

    Dank der neuen Drehstromtechnik Ende des 19. Jahrhunderts ist der Bau eines Kraftwerks außerhalb der Innenstadt möglich. Denn erstmals kann Drehstrom mit hoher Spannung verlustarm über lange Strecken in verschiedene Bezirke geleitet werden. Dort wandeln Umspannwerke den Strom in niedrigere Spannung für Haushalte und Fabriken um. Das Kraftwerk Moabit, drei Jahre nach dem Kraftwerk Oberspree in Oberschöneweide erbaut, ist damals das zweite Drehstromkraftwerk in Berlin.

    Um die wachsende Bedeutung der Stromerzeugung hervorzuheben, entwirft Franz Schwechten, Hofarchitekt von Kaiser Wilhelm II, für das Kraftwerk eine repräsentative Fassade im Stil der Neo-Renaissance. 1930 erweitern die Architekten Walter Klingenberg und Werner Issel das Kraftwerk Moabit. Kurz zuvor hatten sie bereits mit dem Kraftwerk Klingenberg neue Maßstäbe im Kraftwerksbau gesetzt.

    Inzwischen betreibt Vattenfall das Kraftwerk und setzt seit Ende 2013 auch Biomasse als Energieträger ein. In der denkmalgeschützten Turbinenhalle befindet sich mittlerweile eine Eventlocation.

    Das Kraftwerk Moabit ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.


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  • Kraftwerk Charlottenburg
    Kraftwerk Charlottenburg
    Kraftwerk Charlottenburg an der Spree
    Kraftwerk Charlottenburg im Jahr 1951, Blick von der Spree
    Kraftwerk Charlottenburg
    Kraftwerk Charlottenburg Schalthaus
    Das Kraftwerk Charlottenburg liegt am Ufer der Spree. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2022

    Kraftwerk Charlottenburg

    Perlenkette von Kraftwerksbauten

    Das Kraftwerk Charlottenburg beansprucht heute ein großes Areal am Ufer der Spree. Seit über 120 Jahren wächst es stetig. Auftraggeber für den Bau ist 1900 die wohlhabende Stadt Charlottenburg, die mit dem benachbarten Berlin wetteifert. Das neue Kraftwerk soll die Stromversorgung der elektrischen Straßenbahn sichern. Außerdem erhofft sich die einstige Großstadt Charlottenburg den Zuzug industrieller Betriebe sowie wohlhabender Berlinerinnen und Berliner.

    Konzeption und Bau des ersten Kohlekraftwerks übernimmt der damals 28-jährige Ingenieur Georg Klingenberg. Klingenberg entwickelt sich in den folgenden Jahren zum regelrechten Kraftwerksexperten. Nach seinen Plänen entstehen über 70 dieser Bauten, rund ein Drittel davon im Ausland.

    Zeitgleich mit dem Kraftwerk eröffnet der Siemenssteg: Eine Brücke, die die elektrischen Leitungen über die Spree nach Charlottenburg führt und der Arbeiterschaft als Fußgängerbrücke dient.

    Lastkähne versorgen das Kraftwerk über die Spree mit Kohle. Ein fahrbarer Kran entlädt ab 1911 die Schiffe. Eine Hängebahn transportiert den Brennstoff anschließend weiter zu einem Lagerplatz. Das für die Dampferzeugung benötigte Wasser kommt aus der Spree.

    Mit seiner märkischen Backsteingotik demonstriert das Kraftwerk Charlottenburg das Selbstbewusstsein der Stadt. Nach der Eingemeindung Charlottenburgs nach Groß-Berlin 1920 betreiben die Berliner Städtischen Elektrizitätswerke (Bewag) das Kraftwerk weiter. Ab 1926 versorgt das Kraftwerk neben dem Rathaus beispielsweise auch die Deutsche Oper, das Schillertheater, das Stadtbad Krumme Straße und 70 weitere Gebäude mit Fernwärme.

    In den folgenden Jahrzehnten kommen zahlreiche Erweiterungen hinzu. Dazu gehören ein Schalthaus im Stil der neuen Sachlichkeit (1925), ein Kesselhaus als vertikal gegliederter Kubus (1953), eine Gasturbinenhalle (1975), eine Rauchgasentschwefelung (1989) und eine Rauchgasentstickung (1994). Vattenfall betreibt die heutige Anlage des Kraftwerk Charlottenburg in einem auffälligen orangefarbenen Gebäude. Seit 2001 wird es nicht mehr mit Kohle, sondern Erdgas betrieben.

    Das Kraftwerk Charlottenburg ist Teil der Digitalen Tour „Remaking Berlin“. Der Virtuelle Rundgang nimmt die kritische Infrastruktur Berlins zwischen 1920 und 2020 unter die Lupe.

    Unsere Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3 blickt näher auf Charlottenburg und Moabit, dabei nimmt sie auch das Kraftwerk in den Fokus.

  • Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt
    Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt
    Physikalisch-Technische Bundesanstalt, ehemalige Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt
    In diesen Gebäude entsteht 1903 die „Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt“. | © Physikalisch-Technische Bundesanstalt
    Adresse

    Fraunhoferstraße 11-12
    10587 Berlin-Charlottenburg

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Best of

    Sauber und Gesund

    Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt

    Lernort für Arbeitsschutz

    Ende des 19. Jahrhunderts gründen sich erste Berufsgenossenschaften. Sie kämpfen unter anderem für Unfallverhütung und Arbeitsschutz. Im Zuge dieser Bewegung findet 1883 in Berlin eine erste Ausstellung mit dem Titel „Allgemeine Deutsche Ausstellung auf dem Gebiet der Hygiene und des Rettungswesens“ statt. Sie widmet sich den Themen Stadthygiene, Arbeitsschutz und Armenpflege.

    Die Ausstellung ist ein Publikumsmagnet, in fünf Monaten kommen rund 870.000 Besucher:innen. Nach weiteren erfolgreichen Wechselausstellungen entsteht 1903 schließlich ein fester Ort für die „Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt“. Die Dauerausstellung informiert in den folgenden Jahren mit Hilfe von Modellen, Lehrgängen, Vorträgen und sogar ersten Filmen über Arbeitsschutz. 1927 erfolgt die Umbenennung in Deutsches Arbeitsschutzmuseum.

    Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten folgen düstere Zeiten. Das Regime benennt das Museum um in „Reichsstelle für Arbeitsschutz“. Zwei Mitarbeiterinnen werden Anfang der 1940er-Jahre hingerichtet, weil sie einer Widerstandsgruppe angehören. Das Museum wird bei Luftangriffen 1943 schwer beschädigt, die Ausstellungsbestände verlassen die Stadt. Damit endet der Museumsbetrieb in Berlin.

    1951 beginnt das neue Bundesinstitut für Arbeitsschutz in Koblenz mit dem Aufbau einer neuen Wanderausstellung. Parallel dazu entsteht in der DDR 1967 eine Dauerausstellung zu Arbeitsschutz im Dresdner Hygiene-Museum. Schließlich eröffnet 1993 die Deutsche Arbeitsschutzausstellung (DASA) in Dortmund und informiert bis heute über aktuelle Entwicklungen zum Thema.

    Das historische Gebäude der „Ständigen Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt“ in Berlin nutzt heute die Physikalisch-Technische Bundesanstalt.

  • Altes Nivea-Haus
    Altes Nivea-Haus
    Gebäude von 1956 mit dem Logo von NIVEA
    Die Firma „Alfred Heyn, Parfüm und Kosmetik Großhandlung“ errichtet 1956 das Gebäude, auf dem heute das Logo von NIVEA prangt. | © Axel von Blomberg
    Adresse

    Franklinstraße 1
    10587 Berlin-Charlottenburg

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Best of

    Produktion damals und heute

    Altes Nivea-Haus

    Kosmetische Fabrik Alfred Heyn

    An der Gebäudeseite prangt das weltbekannte Logo. Dunkelblau, kreisrund und in der Mitte der Schriftzug: NIVEA. Weit weniger bekannt ist der Bauherr des Gebäudes. 1956 errichtet die Firma „Alfred Heyn, Parfüm und Kosmetik Großhandlung“ das Verwaltungsgebäude an der Franklinstraße in Berlin-Charlottenburg. Direkt daneben entstehen Fabriken für Kosmetikprodukte.

    1981 übernimmt die Firma Guhl die Fabrikanlage und produziert Haarpflegemittel. Kurze Zeit später zieht die Beiersdorf AG ein. Unter der Marke NIVEA produziert sie bis heute Spülungen, Shampoos und Duschbäder für den europäischen Markt. Täglich befüllt das Unternehmen am Salzufer rund eine Millionen Flaschen.

  • Garten der TU Berlin
    Garten der TU Berlin
    Ruine einer Bogenhalle im Garten der TU Berlin
    Borsigs Maschinenbauanstalt an der Chausseestraße beim Oranienburger Tor, 1875
    Garten TU Borsig Arkaden
    Ruine einer Bogenhalle im Garten der TU Berlin
    Die Ruine dieser Bogenhalle war 1860 der Eingangsbereich der Borsig-Werke. | © bzi/Foto: Max Braun, 2022
    Adresse

    Fasanenstraße 1, Eingang D
    10623 Berlin-Charlottenburg

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Garten der TU Berlin

    Begehbares Lehrbuch

    Ein Garten für die praxisorientierte Lehre: Was für eine Revolution an den Universitäten um 1900. In einem kleinen Garten der TU Berlin, hinter dem Hauptgebäude, können Studierende seit mehr als 100 Jahren drei Relikte der Berliner Stadtgeschichte unter die Lupe nehmen.

    Da ist zum einen die Ruine einer ehemaligen Bogenhalle. Diese ist zwischen 1860 und 1887 der Eingangsbereich zu den Borsig-Werken an der Chausseestraße. Die Bogenhalle soll den Blick auf den Hof versperren, damit Passanten sich nicht vom Anblick der unfeinen Arbeiterschaft gestört fühlen. Nach dem Abriss der gesamten Fabrik 1887 wird ein Teil der Bogenhalle 1901 im Garten der Technischen Hochschule Berlin aufgestellt.

    Ein weiteres Relikt in diesem Garten der TU Berlin ist ein dorisches Säulenpaar. Es stammt von den 1907 abgerissenen Steuerhäusern an der nahe gelegenen Charlottenburger Brücke. Das dritte Relikt ist hier eine ionische Säule, die einst im Eingangsportal des Schinkel-Doms von 1821 am Lustgarten stand. Die Hohenzollern lassen den Dom 1893 für den Neubau abreißen, weil der kleine Dom für sie zu bescheiden wirkt.

    Hinter der Bogen-Halle liegen zum anderen Schienen und Teile einer Signalanlage für Züge. Dieses historische Versuchsstellwerk dient als Eisenbahnlehranlage für das Fachgebiet Bahnbetrieb und Infrastruktur der TU Berlin.

  • Umlauftank 2
    Umlauftank 2
    Umlauftank 2 der ehemaligen Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau
    Umlauftank 2 pink blau
    Umlauftank historisch Versuchsanstalt Rinne
    Umlauftank Schleiseninsel 1952
    Der Umlauftank 2 der ehemaligen Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau. | © bzi, Foto: Dorothee Haffner, 2020

    Umlauftank 2

    Ikone der Pop-Art-Architektur

    Ein Industriedenkmal in Pink und Blau. Selbst im bunten Berlin fällt der futuristische Umlauftank 2 der ehemaligen Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau auf. Seit 1974 durchdringt das 120 Meter lange pinkfarbene Umlaufrohr die blaue Laborhalle.

    Im Rohrkreislauf befindet sich eine Turbine, die den Wasserstrom in das Laborgebäude lenkt. In diesem weltweit größten Umlauftank werden bis zu neun Meter lange Schiffsmodelle der Strömung ausgesetzt und verschiedene Versuche durchgeführt. Heute ist die Versuchsanstalt mit dem Umlauftank 2 eine Zentraleinrichtung der TU Berlin. Internationale Fachleute forschen hier im Bereich der Nautik.

    In unmittelbarer Nachbarschaft zur Versuchsanstalt liegt die von Albert Speer für die „Welthauptstadt Germania“ verbreiterte Straße des 17. Juni. Architekt Ludwig Leo schafft mit seiner „Rosa Röhre“ 1974 bewusst einen Kontrast zur größenwahnsinnigen Architektur der Nationalsozialisten. Sein Bau in Pop-Art-Architektur erweitert die historische Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau.

    Was die wenigsten wissen: Die Geschichte der Experimentieranstalt beginnt bereits unter Kaiser Wilhelm II. 1903 eröffnet die Königliche Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau auf der kleinen Schleuseninsel. Auf Initiative des marinebegeisterten Kaisers testen Forscher in einer langen Strömungsrinne verschiedene Schiffsformen und -antriebe für damals neue Kriegsschiffe. Damit beeinflussen sie die Schiffstechnik Anfang des 20. Jahrhunderts weltweit.

    Der Umlauftank 2 ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.


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  • Maggi-Haus
    Maggi-Haus
    Maggi-Haus mit reich verzierter Fassade
    Maggi Haus Hinterhöfe
    Das Maggi-Haus mit verzierter Fassade. | © bzi, Foto: Max Braun, 2021
    Adresse

    Lützowstraße 102-104
    10785 Berlin-Tiergarten

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Maggi-Haus

    Flüssigwürze mit geheimem Rezept

    1911 zieht die Maggi GmbH aus Singen in ihren neuen Firmensitz in Berlin-Tiergarten. Der Bau wirkt zu dieser Zeit riesig. Doch um in der Reichshauptstadt Präsenz zu zeigen, muss das Gebäude von Architekt R. Schubring schließlich etwas hermachen. In das repräsentative Vorderhaus zieht die Hauptverwaltung, die Lager befinden sich in vier Hinterhöfen. Das reich verzierte Maggi-Haus strahlt das Selbstverständnis einer erfolgreichen Firma aus.

    Bereits 1886 erfindet Julius Maggi die flüssige Suppenwürze. Sein Ziel ist es, durch nahrhafte, schmackhafte und preiswerte Lebensmittel die schlechte Ernährung der Arbeiterschaft zu verbessern. Zu seinen Pionierleistungen in der industriellen Lebensmittelproduktion zählen beispielsweise der Brühwürfel, die Tütensuppe und natürlich das „Maggi“ in der braunen Flasche.

    Das Rezept für die Flüssigwürze, die die Firma in Singen produziert und weltweit verkauft, ist streng geheim. Damit die Beschäftigten dem Unternehmen dauerhaft treu bleiben und auch aus Sorge vor Betriebsspionage, führt die Firma Sozialleistungen ein. Dazu gehören beispielsweise Wohnungen und Firmenkantinen, ab 1895 eine eigene Renten- und Krankenkasse sowie ab 1911 eine Kinderzulage für Beschäftigte.

    Pioniergeist beweist das Unternehmen auch in der Vermarktung seiner Produkte. Sammelbilder, Punktesammeln mit Prämien und die Verkostung der Produkte gehören beispielsweise bereits Ende des 19. Jahrhunderts zum Marketing-Konzept des Konzerns.

    Schließlich fusioniert im Jahr 1947 Maggi mit der Firma Nestlé. Der Name bleibt in den Produkten erhalten. Das Maggi-Haus in Berlin nutzen heute verschiedene Gewerbebetriebe.

  • ExRotaprint
    ExRotaprint
    Betonbau von ExRotaprint in Berlin-Wedding
    Der markante Turmbau aus Betonkuben ist heute Sitz der ExRotaprint GmbH. | © Foto: Andreas Muhs, 2016
    Adresse

    Gottschedstraße 4, Wiesenstraße 29
    13357 Berlin-Mitte

    Kontakt

    www.exrotaprint.de/
    info@exrotaprint.de
    Tel.: 030 4404 5124

    ExRotaprint

    Die ExRotaprint GmbH hat ihren Sitz an einem historischen Ort. 1906 stellt die „Deutsche Maschinen Vertriebsgesellschaft“ in Berlin ihre Kopiermaschine „Victoria“ vor. Das Gerät zur Vervielfältigung von Kleinserien setzt sich schnell durch. Das Unternehmen braucht nun Flächen, um Produktion und Entwicklung auszuweiten. Es findet sie im Rückraum eines Grundstücksblocks in Gesundbrunnen zwischen Gottsched- und Wiesenstraße. Der Einsatz zahlt sich aus: Eine erste elektrisch betriebene Offsetdruckmaschine für Kleinformate beginnt ab 1922 ihren Siegeszug durch Verwaltungen und Unternehmen. Mit dem Erfolg firmiert das Unternehmen 1926 in „Rotaprint“ um, die einprägsame Marke ist im In- und Ausland gut zu bewerben.

    Als Lieferant „kriegswichtiger“ Maschinen produziert Rotaprint im Zweiten Weltkrieg mit Zwangsarbeiter:innen, bis Bomben der Alliierten die Fabrik in Trümmer legen. Nachdem die gründerzeitlichen Mietshäuser am Blockrand verloren sind, rückt das Unternehmen Anfang der 1950er-Jahre mit neuen Fabrikgebäuden bis an die Straße vor. Mehr als die Hälfte der Maschinen geht in den Export, die Belegschaft verdoppelt sich. Rotaprint gilt deswegen als Musterbetrieb des West-Berliner Wiederaufbaus.

    Das Selbstbewusstsein ist groß, der Baugrund in Gesundbrunnen aber zusehends knapp. Beides zeigt sich in den markanten Turmbauten, die der junge Architekt Klaus Kirsten 1957 bis -59 auf dem Betriebsgelände realisiert. Zur Reinickendorfer Straße stapelt er einerseits großzügig befensterte Betonkuben zu einem fünfgeschossigen Werkstattgebäude. An der Wiesenstraße entsteht andererseits nach Plänen von Otto Block ein zweites Verwaltungsgebäude mit Montagehalle.

    In den 1970er-Jahren verdrängen erste Computer und neue Kopierer die Offsetdrucker aus den Büros. Rotaprint kann mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten. Erst versucht das Land Berlin noch Investoren für den angeschlagenen Betrieb zu finden, 1989 aber kommt der Konkurs. Die Neubauten von Klaus Kirsten und Otto Block erhalten Denkmalstatus.

    Schließlich übernimmt im Jahr 2007 die gemeinnützige ExRotaprint GmbH den nördlichen Denkmalbereich von den Bodeneigentümern des Areals, zwei Stiftungen. 2009 sichert sich eine Künstlergenossenschaft den südlichen Denkmalbereich. Gemeinsam realisieren sie seitdem Nutzungskonzepte, um den Standort aus immobilienwirtschaftlichen Verwertungsmechanismen zu lösen. Die kooperativen Projekte und die sensiblen Erhaltungsarbeiten von ExRotaprint gelten heute als vorbildlich in der Weiterentwicklung des industriellen Erbes in Berlin.


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  • Wernerwerk-Hochbau
    Wernerwerk-Hochbau
    Wernerwerk-Hochbau Siemensstadt
    Wernerwerk-Hochbau bei Nach historisch 1932
    Siemensstadt Spreegelände Wernerwerk-Hochbau
    Wernerwerk und Großssiedlung Siemensstadt historisch
    Der Wernerwerk-Hochbau wird 1928-1930 errichtet. | © Christian Fessel | Mann mit Hut Touren

    Wernerwerk-Hochbau

    Symbol der Elektropolis

    Der Wernerwerk-Hochbau, auch Wernerwerk-Hochhaus oder Wernerwerk X genannt, steht in der Siemensstadt in Spandau. Sein Name geht zurück auf den Firmengründer des Weltkonzerns Werner von Siemens. Kaum zu glauben, aber auch Siemens hat einmal klein angefangen. Die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“ startet 1847 als Zehn-Mann-Werkstatt in einem Kreuzberger Hinterhof.

    Durch die dynamische Entwicklung der Elektrotechnik erweitert sich die Produktpalette ständig. Die Zahl der Beschäftigten steigt ebenso rasch wie der Bedarf an Produktionsflächen. Siemens errichtet daher neue Fabrikbauten zunehmend vor den Toren Berlins. Zuerst in Charlottenburg und ab 1897 in der eigenständigen Gemeinde Spandau, die erst 1920 Teil von Groß-Berlin wird. Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet Siemens hier mit seinen Fabrikbauten und Wohnsiedlungen einen eigenen Stadtteil: die Siemensstadt.

    Um Verwechslungen zu vermeiden, beginnt Siemens in den 1920er-Jahren die Gebäude nach dem Firmengründer Werner von Siemens als „Wernerwerke“ zu nummerieren. Architekt des Wernerwerks X ist Hans Hertlein. Mit seinen sachlich-funktionalen Gebäuden in Stahlskelett-Bauweise setzt er neue Maßstäbe und kreiert außerdem den unverkennbaren Siemens-Stil.

    Im Wernerwerk-Hochbau von 1930 befinden sich damals die Verwaltung von Siemens, eine Werksbibliothek und auf Höhe des 10. Stockwerks ein Vortragssaal. Inzwischen haben in diesem Hochhaus mehrere Unternehmen ihren Sitz. Das Kongress Center im 10. Stockwerk bietet einen weiten Blick über die Siemensstadt bis ins Berliner Zentrum.

    Der Wernerwerk-Hochbau ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Heizkraftwerk Reuter-West
    Heizkraftwerk Reuter-West
    Heizkraftwerk Reuter-West Kühlturm
    Das Heizkraftwerk Reuter-West ist nach dem ehemaligen Bürgermeister Ernst Reuter benannt. | Muck via Wikimedia Commons, CC BY-SA, 2018
    Adresse

    Großer Spreering
    13599 Berlin-Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

    Heizkraftwerk Reuter-West

    Autarke Stromversorgung West-Berlins

    Die politische Teilung der Stadt trennt 1952 auch das städtische Stromnetz. Ost-Berlin bezieht Strom und Wärme aus dem Netz der DDR. West-Berlin ist vom Versorgungsnetz abgeschnitten und muss sich als „Strom-Insel“ autark machen. Etwa die Hälfte der Stromversorgung West-Berlins beruht auf dem Kraftwerk West von 1931/49, das später in Heizkraftwerk Reuter umbenannt wird. Ständige Erweiterungen des Kraftwerks sichern die Strom- und die Wärmeversorgung der West-Berliner Bevölkerung.

    Ende der 1960er-Jahre steigt der Energiebedarf der Stadt so stark an, dass die Bewag eine Erweiterung zum historischen Heizkraftwerk Reuter beschließt. 1982 beginnt der Bau des neuen Heizkraftwerk Reuter-West. Zwei baugleiche Kraftwerksblöcke gehen 1987 und 1989 in Betrieb. Nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugen sie gleichzeitig Strom und Wärme. Steinkohle befeuert die Dampfkessel, ausgestattet sind sie mit Anlagen zur Rauchgasreinigung.

    Nach dem Fall der Mauer gelingt 1994 die Anbindung West-Berlins an das überregionale Hochspannungsverbundnetz. Und das moderne Heizkraftwerk Reuter-West ersetzt sukzessive das historische Heizkraftwerk Reuter von 1931/1949.

    Mehr zur Teilung Berlins und zur Strominsel West-Berlin erzählen unsere Meilensteine.

    Das Heizkraftwerk Reuter-West ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Motorworld Manufaktur Berlin
    Motorworld Manufaktur Berlin
    MOTORWORLD Spandau alte Fabrikhalle
    MOTORWORLD Spandau Lamborghini
    Motorworld Historisch Auto Union Werk Spandau
    Motorworld Historisch Auto Union Werk Spandau
    Die MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN befindet sich in historischen Fabrikhallen. | © MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN

    Motorworld Manufaktur Berlin

    Areal mit Autogeschichte

    Die MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN hat sich Autos verschrieben. Damit knüpft sie an die Geschichte des historischen Areals an. Sie befindet sich in einer alten Härterei, in der einst Getriebe produziert wurden. Diese ist an ihrem charakteristischen Sheddach mit den schrägen Flächen gut zu erkennen. Seit 2019 reiht sich hier ein Sportwagen an den nächsten.

    1926 zieht Konstrukteur Dr. Rudolf Slaby in die ehemalige Munitionsfabrik des preußischen Militärs. Wenige Jahre zuvor hat er mit dem Slaby-Behringer Elektro-Kleinwagen auf sich aufmerksam gemacht. Das Konzept eines günstigen und leichten Autos für eine Person überzeugt auch Jørgen Skafte Rasmussen. Er ist Inhaber der Zschopauer Motorenwerke, die Motorräder der Marke DKW herstellen. Doch trotz Rasmussens Investitionen geht die Firma pleite und verschmilzt mit dem DKW-Konzern. In den Hallen entstehen bis 1940 Autos der Marke DKW im Zusammenschluss mit der Auto Union. Slaby kann seinen Schreibtisch in der Fabrik behalten, denn er wird Technischer Leiter der Produktion in Spandau.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg liegen alle Produktionsstätten der Auto-Union in der sowjetischen Besatzungszone – bis auf das Werk in Spandau. Erst nach der Übernahme der Auto Union durch Volkswagen schließt das DKW-Werk Spandau in den 1960er-Jahren. Neue Produzenten ziehen in die Fabrikhallen. Bis 2002 werden unter anderem Antennen gefertigt.

    Seit 2019 revitalisiert die MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN das Gelände und ergänzt es um Neubauten für Showrooms, Werkstätten und Handelsflächen rund um das Thema Automobilität. Geplant sind außerdem ein Containerhotel mit Blick auf die Zitadelle, Eventflächen und ein Biergarten.

  • OSRAM Glaswerk
    OSRAM Glaswerk
    Osram Glaswerk Spandau
    Osram Glaswerk Spandau
    Osram Glaswerk Spandau
    Das OSRAM Glaswerk ist seit 1927 in Betrieb. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021
    Adresse

    Nonnendammallee 44
    13629 Berlin-Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

    Best of

    Produktion damals und heute

    OSRAM Glaswerk

    Spandauer Glasschmelze

    Feuer, Sand und Quarz: In der Glashütte mit acht Brennöfen zieht OSRAM seit 1927 rund um die Uhr Glasrohre für verschiedene Leuchten. Die Produktion erfolgt heute sowohl in den denkmalgeschützten Glaswerken von Architekt Waldemar Pattri als auch in den zahlreichen Erweiterungsbauten aus den 1970er-Jahren.

    1927 ist die maschinelle Massenproduktion von Glühlampenkolben die erste ihrer Art auf dem europäischen Kontinent. Denn zur selben Zeit ist es noch üblich, dass Glasbläser die dünnwandigen Kolben mit dem Mund blasen.

    1928 arbeiten in der OSRAM-Maschinenglasfabrik lediglich 130 Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellte. Denn jede der rund 45 Tonnen schweren Maschinen kann innerhalb von 24 Stunden rund 50.000 Glaskolben herstellen. Ohne die maschinelle Produktion hätte die Firma 500 Personen, darunter 300 Glasbläser, beschäftigen müssen.

    Die Produktion von Glühlampen steigt vor dem Ersten Weltkrieg rasant an. Die führenden deutschen Hersteller der Branche sind AEG, Siemens & Halske und die Deutsche Gasglühlicht AG (Auer-Gesellschaft). 1919 bündeln diese drei Berliner Firmen, die bereits in einer Patent-Gemeinschaft zusammenarbeiten, ihr Glühlampengeschäft in der OSRAM GmbH KG. Nun können sich die ehemaligen Konkurrenten nicht nur auf die technische Verbesserung der Glühlampe, sondern auch Herstellungswege konzentrieren. Der Name OSRAM ist eine Wortschöpfung aus Osmium und Wolfram, zwei Materialien für Glühdrähte.

    Die neuen Produktionswege sind schließlich erfolgreich. Der Standort in Siemensstadt wächst stetig. In den 1930er-Jahren gehört die Firma zu den weltweit größten Leuchtmittelherstellern. Allein in Deutschland beläuft sich der Marktanteil auf 70 Prozent. Zwischen 1978 und 2013 ist OSRAM ein hundertprozentiges Tochterunternehmen von Siemens. 2020 wird die Firma mit ams zu ams OSRAM verschmolzen und bringt Technologien in den Bereichen Licht und Sensorik zusammen.

    Das OSRAM Glaswerk ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Schaltwerk-Hochhaus
    Schaltwerk-Hochhaus
    Siemens Schaltwerk Hochhaus
    Schaltwerk-Hochhaus Siemens Hauptverwaltung Luftbild
    Siemens Schaltwerk Hochhaus
    Das Siemens Schaltwerk-Hochhaus ist das erste Fabrik-Hochhaus der Welt. | © Siemens AG, 2011

    Schaltwerk-Hochhaus

    Europas erstes Fabrikhochhaus

    Das Schaltwerk-Hochhaus von Siemens ist 1928 ein gigantischer Bau: Auf 45 Metern Höhe verteilen sich elf Etagen. Damit ist das Hochhaus doppelt so hoch wie Berliner Mietshäuser. Für diese regelt der städtebauliche „Hobrecht-Plan“ seit 1862 eine Traufhöhe von 22 Metern. Das hatte nicht nur städtebauliche Gründe, sondern diente auch der Sicherheit. Mit den damals gängigen Leitern war die Feuerwehr so in der Lage, Menschen auch aus den obersten Stockwerken zu retten.

    Bei seiner Eröffnung ist das Schaltwerk-Hochhaus 1928 das erste Fabrikhochhaus Europas. Architekt Hans Hertlein setzt mit dem Bau neue Maßstäbe in der Industriearchitektur. Die reduzierte Formensprache wird das architektonische Markenzeichen von Siemens und zum Prototyp nachfolgender Industriebauten.

    Der Stahlskelettbau mit einer Fassade aus Klinkerbacksteinen beeindruckt bereits von außen. Besonders spektakulär sind die 175 m langen, flexibel nutzbaren Innenräume. Sie lassen sich sowohl als Produktionsstätte, Lager oder auch als Büro nutzen. Damit diese großflächigen Räume möglich sind, befinden sich die Treppenhäuser, Aufzüge und Sanitäranlagen an den Gebäudeseiten in vier Türmen. Außerdem gibt es außen liegende Pfeiler in den unteren Geschossen, die an der Fensterfront perfekt mit Tageslicht beleuchtete Arbeitstische ermöglichen.

    In diesem spektakulären Gebäude fertigt Siemens von 1928 bis 2002 Schaltanlagen. Heute beherbergt das Schaltwerk-Hochhaus Büros und ein Aus- und Fortbildungszentrum. Seit 1994 steht dieses „Symbol der Moderne“ unter Denkmalschutz. Es ist außerdem Teil des Zukunftsprojekts Siemensstadt².

    Weitere Informationen zum Schaltwerk-Hochhaus finden Sie in unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Wernerwerk II mit Uhrenturm
    Wernerwerk II mit Uhrenturm
    Wernerwerk II Uhrenturm Siemensstadt
    Wernerwerk II Uhrenturm Siemensstadt
    Der Uhrenturm des Wernerwerk II gilt als Wahrzeichen der Siemensstadt. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021
    Adresse

    Wohlrabedamm 32
    13629 Berlin-Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

    Best of

    Produktion damals und heute

    Wernerwerk II mit Uhrenturm

    Wahrzeichen der Siemensstadt

    Der Uhrenturm des Hochhauses Wernerwerk II überblickt seit 1922 die Siemensstadt im Nordwesten Berlins. 75 Jahre zuvor gründen zwei Erfinder und Unternehmer in einem Kreuzberger Hinterhof die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“.  Werner von Siemens ist nicht nur Namenspate seines Unternehmens, sondern später sogar eines ganzen Ortsteils mit moderner Fabrikstadt: Das Wernerwerk in Siemensstadt.

    Entwickelt und gefertigt werden nicht mehr nur Telegraphen und Signalanlagen für die Eisenbahn, sondern auch Elektromotoren, Generatoren und Starkstromanlagen. Siemens gehört um 1900 längst zu einem vorherrschenden Unternehmen der Elektroindustrie.

    1914 beginnt der Bau am Wernerwerk II, das Messgeräte produziert und zeitweilig die elektromedizinische Abteilung beherbergt. Während des Ersten Weltkriegs pausieren die Arbeiten am Gebäude weitestgehend, Siemens & Halske widmet sich der Rüstungsproduktion. 1918 ist der Turm fertiggestellt, der auch als Schornstein und Wasserbehälter dient. Im Schatten seiner erleuchteten Uhr dauert es noch weitere vier Jahre bis das Wernerwerk II in Betrieb geht.

    Heute ist das von Karl Janisch errichtete und von Hans Hertlein erweiterte Wernerwerk II Teil des Thelen Technoparks. Der denkmalgeschützte Uhrenturm ist inzwischen das Wahrzeichen der Siemensstadt.


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  • Großsiedlung Siemensstadt
    Großsiedlung Siemensstadt
    Großsiedlung Siemensstadt Ringsiedlung
    Großsiedlung Siemensstadt Ringsiedlung Häring
    Wernerwerk und Großssiedlung Siemensstadt historisch
    Der Wohnblock von Hans Scharoun ist wie die ganze Großsiedlung Siemensstadt als UNESCO Welterbe ausgezeichnet. | © Christian Fessel | Mann mit Hut Touren

    Großsiedlung Siemensstadt

    UNESCO-Welterbe

    Siemensstadt ist nicht nur als Industriestandort weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannt, sondern auch als Synonym für fortschrittlichen Wohnungsbau. Hier entstehen in den 1930er-Jahren drei wegweisende Werkssiedlungen: Die Großsiedlung Siemensstadt (1934), die Reichsforschungssiedlung Haselhorst (1935) und die Siedlung Siemensstadt (1930). Gemeinsam stehen sie für den Wandel im Berliner Wohnungswesen, der sich nach dem Ersten Weltkrieg vollzieht. Moderne, bezahlbare Wohnungen im Grünen treten an die Stelle der engen Mietskasernen und sind Vorbild für den sozialen Wohnungsbau.

    Sechs Architekten mit sechs unterschiedlichen Baustilen, beauftragt vom Berliner Stadtbaurat Martin Wagner, verwirklichen ab 1929 in der Großsiedlung Siemensstadt ihre Ideale von modernem Städtebau: Gropius, Scharoun, Bartning, Forbát, Häring und Henning. Vier dieser Architekten gehören der innovativen Architektenvereinigung „Der Ring“ an. Deswegen trägt die Siedlung bis heute den Spitznamen „Ringsiedlung“.

    Die Kleinstwohnungen sind für Siemens-Mitarbeitende mit geringem Einkommen gedacht. Licht, Luft und Sonne sind das Credo, nach dem die Siedlung errichtet ist. Die Großsiedlung Siemensstadt verfügt als eine der ersten Wohnanlagen Berlins über ein eigenes Fernheizwerk. Daher haben alle Wohnungen Zentralheizung und Warmwasser. Außerdem verfügen sie über eine Einbauküche und ein Bad mit Toilette, was zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit ist. Zwischen 1929 und 1934 entstehen 1.379 Wohnungen, die von großzügigen Grünflächen umgeben sind.

    In der gesamten Siedlung geben Info-Säulen Auskunft über die Bauwerke und ihre Architekten. Seit 2008 zählt die Großsiedlung Siemensstadt zum UNESCO-Welterbe.

    Die Großsiedlung Siemensstadt ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Siedlung Siemensstadt
    Siedlung Siemensstadt
    Siedlung Siemensstadt
    Siedlung Siemensstadt blaue Tür
    Siedlung Siemensstadt Statue
    Die Architektur der Siedlung Siemensstadt orientiert sich an der Gartenstadtbewegung. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021
    Adresse

    Rapsstraße, Rieppelstraße, Harriesstraße
    13629 Berlin-Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

    Siedlung Siemensstadt

    Befreiung von den Fesseln der Großstadt

    Die Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg ist immens. 1919 erklärt Carl Friedrich von Siemens daher das Schaffen von Wohnraum zum Kern seiner betrieblichen Sozialpolitik. Um möglichst viele qualifizierte Arbeitskräfte fest an das Unternehmen zu binden, lässt er Werkswohnungen bauen. Siemens-Beschäftigte können diese zu vergleichsweise günstigen Konditionen mieten. Mit dem Bau der Siedlung Siemensstadt tritt Siemens ab 1921 schließlich als Bauherr, Eigentümer und Vermieter in Erscheinung. Absage an die Tristesse der Mietskasernen ist das erklärte Motto der Siedlung und all ihrer Nachfolger.

    Der Siemens-Hausarchitekt Hans Hertlein errichtet hier Mietwohnungen und Reihenhäuser für höher gestellte Arbeitskräfte. Für damalige Verhältnisse durchaus Luxus: Alle Wohnungen haben ein Bad. Auch Heizung, Licht und Warmwasserversorgung entsprechen damals modernen Anforderungen.

    Dass Hertlein sich an der Gartenstadtbewegung und Reformarchitektur orientiert, ist auch an der Gestaltung der Freiräume gut erkennbar. Die Straßen und Plätze der Siedlung sind übrigens nach Ingenieuren, Erfindern und Physikern benannt, auf deren Leistungen der Erfolg von Siemens gründet.

    Die gut 10.000 Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung Siemensstadt genießen heute noch immer die vielen Grünflächen und die hohe Lebensqualität der ehemaligen Arbeiterwohnungen.

    Die Siedlung Siemensstadt ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Volkspark Jungfernheide
    Volkspark Jungfernheide
    Volkspark Jungfernheide, Wasserturm, Bärenskulpturen
    Volkspark Jungfernheide Einfahrt
    Zwei Bärenskulpturen säumen den Weg zum Wasserturm in der Mitte des Volksparks Jungfernheide. | Rolf Dietrich Brecher, CC BY 2.0 via flickr, 2017
    Adresse

    Jungfernheideweg, Heckerdamm, Saatwinkler Damm
    13629 Berlin-Charlottenburg-Nord

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

    Volkspark Jungfernheide

    Ehemaliger Exerzier- und Schießplatz

    Der Name Volkspark Jungfernheide erinnert bei seiner Eröffnung 1923 an die Nonnen des ehemaligen Spandauer Benediktinerinnenklosters. Die „Jungfern“ des Spandauer Klosters waren seit dem Mittelalter in Besitz des Areals. Bevor der Volkspark zum beliebten Erholungsgebiet wird, dient das Gelände vor allem militärischen Zwecken. 1824 üben sich preußische Soldaten hier im Exerzieren und Schießen. Ab 1896 ist das Waldgebiet Standort des ersten Luftschiffer-Bataillons. Doch der Versailler Friedensvertrag verbietet nach dem Ersten Weltkrieg die militärische Luftfahrt. Die Hangars der Luftschiffe werden daraufhin abgerissen.

    Ein Notstandsprogramm des Deutschen Reiches finanziert 1920 auf dem frei gewordenen Areal den neuen Volkspark Jungfernheide. Die ersten Bauarbeiten führen Erwerbslose aus, die durch den Krieg ihre Beschäftigung verloren haben. Viele der heutigen Volksparks in Berlin gehen ebenfalls auf solche Arbeitsmaßnahmen zurück. Auf diese Weise entstehen dringend benötigte Erholungsräume für die wachsende Bevölkerung.

    Im Volkspark Jungfernheide baut die Stadt bis 1927 Sport- und Spielplätze, ein Kinderfreizeitheim, einen Wasserturm, ein Strandbad und eine Freilichtbühne, auf deren Gelände sich heute der Kulturbiergarten befindet.

  • Sogenannte Belgienhalle
    Sogenannte Belgienhalle
    Belgienhalle Kabelwerk Gartenfeld
    Belgienhalle Kabelwerk Gartenfeld
    Belgienhalle Kabelwerk Gartenfeld
    Belgienhalle Gartenfeld
    Die sogenannte „Belgienhalle“ war Teil der Metallfabrik der Siemens Kabelwerke. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020
    Adresse

    Gartenfelder Straße 28
    13599 Berlin-Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

    Sogenannte Belgienhalle

    Großformatige Kriegsbeute

    Während des Ersten Weltkriegs herrscht großer Eisenmangel. Um kriegswichtige Betriebe zu stärken, demontieren deutsche Streitkräfte daher in besetzten Gebieten Industriehallen und bauen sie im Deutschen Reich wieder auf. Der Architekt Hans Hertlein wählt für die Siemens-Schuckert Werke eine Eisenskeletthalle im nordfranzösischen Valenciennes aus, nahe der belgischen Grenze. Die erbeutete Halle ist ab 1918 der Kern des neuen Metallwerks für die Kabelproduktion von Siemens auf der Insel Gartenfeld. Irreführend wird die Kriegsbeute aus Frankreich als „Belgienhalle“ bezeichnet. Für Frachtschiffe ist das Werk über den Hohenzollernkanal bestens angebunden. Die Arbeitskräfte fahren ab 1930 mit der Siemensbahn bis zur Station Gartenfeld.

    Bis 2002 produziert Siemens in der 1928/29 erweiterten Halle Kabel für Strom-, Nachrichten- und Hochfrequenzübertragungen. Danach dient das Gebäude als Lager und kurzzeitig als Location für die Modemesse Bread & Butter. Auf der künftig autofreien Insel Gartenfeld entstehen derzeit 3.700 Wohnungen und ein Freizeithafen. Die denkmalgeschützte „Belgienhalle“ bietet Raum für gewerbliche, soziale und kulturelle Angebote.

    Die sog. Belgienhalle gehört zum Gelände des Kabelwerks Gartenfeld, das Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1 ist.


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  • Reichsforschungssiedlung Haselhorst
    Reichsforschungssiedlung Haselhorst
    Reichsforschungssiedlung Haselhorst
    Reichsforschungssiedlung Haselhorst
    Reichsforschungssiedlung Haselhorst Museumswohnung
    Reichsforschungssiedlung Haselhorst Balkone
    Die Reichsforschungssiedlung Haselhorst entsteht zwischen 1930 und 1935. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020

    Reichsforschungssiedlung Haselhorst

    Unterschätzte Siedlung der Moderne

    „Erst die Küche – dann die Fassade!” fordert die Reichstagsabgeordnete Marie-Elisabeth Lüders 1931 in der Weimarer Republik. Denn Ende der 1920er-Jahre herrscht in Berlin große Wohnungsnot. Tausende leben in Lauben, Baracken oder abbruchreifen Altbauten. Es fehlen etwa 200.000 Wohnungen, auch in Haselhorst, Spandau.

    Lüders initiiert 1928 den Bau der Siedlung Haselhorst durch die “Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen”. Ziel der Forschung ist es, erschwingliche Kleinwohnungen mit funktionalen Grundrissen in unterschiedlichen Gebäudetypen zu bauen. Dabei stehen effektive Baumethoden und günstige Materialien im Fokus. So entsteht die größte vom Staat in Auftrag gegebene Siedlung der Weimarer Republik.

    Der preiswerte Wohnungsbau gelingt: 37 % der Mieter sind Arbeiterinnen und Arbeiter, 42 % Angestellte. Die meisten von ihnen arbeiten in den nahe gelegenen Siemens-Werken. Zwischen 1930 und 1935 entstehen rund 3.500 Wohnungen, knapp 40 Läden, ein Kino, ein modernes Waschhaus, eine Grundschule sowie eine Kirche. Die meisten Wohnungen messen rund 40 bis 55 Quadratmeter und haben ein, zwei oder zweieinhalb Zimmer inklusive Wohnküche und Badezimmer.

    Die Reichsforschungsgesellschaft muss sich jedoch bereits 1931 auf politischen Druck auflösen. Die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag kann die Siedlung dennoch bis 1935 weiterbauen. 1954 erweitert die Gewobag die Siedlung um weitere 1.000 Wohneinheiten. Sie ist bis heute Eigentümerin der denkmalgeschützten Reichsforschungssiedlung Haselhorst. Eine der Wohnungen ist im Stil der 1930er-Jahre rekonstruiert und kann als Museumswohnung Haselhorst besichtigt werden.

    Die Reichsforschungssiedlung Haselhorst ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Königliche Feuerwerkslaboratorien
    Königliche Feuerwerkslaboratorien
    Gebäude aus Backstein der Feuerwerkslaboratorien und Pulverfabrik Eiswerder
    Backsteingebäude der Feuerwerkslaboratorien Eiswerder
    Backsteingebäude der Feuerwerkslaboratorien Eiswerder
    Die ehemalige Königliche Pulverfabrik und das Feuerwerkslaboratorium liegen auf der Insel Eiswerder in Spandau. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020
    Adresse

    Eiswerderstraße 14–19
    13585 Berlin-Hakenfelde

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

    Best of

    Forschung und InnovationKrieg und Frieden

    Königliche Feuerwerkslaboratorien

    Feuerwerk und Filmzauber

    Feuerwerkskörper für vergnügliche Anlässe spielen hier nur eine Nebenrolle. In den Königlichen Feuerwerkslaboratorien erforscht, erprobt und produziert das Militär ab 1870 Brand-, Granat- und Signalraketen.

    Alles beginnt 1817 mit einem geheimen Brandraketen-Laboratorium auf der Zitadelle Spandau. Schnell sind die Kapazitäten vor Ort erschöpft und das Laboratorium zieht etwas nördlich auf die Insel Eiswerder. Der abgelegene, von Wasser umgebene Standort ist ideal, um explosive Rüstungsgüter unter großer Geheimhaltung herzustellen. Ab Anfang der 1870er-Jahre expandiert das Feuerwerkslaboratorium sprunghaft. Insgesamt steigt die Zahl der Bauten von 21 auf 103 Objekte in rund dreißig Jahren. Während des Ersten Weltkriegs erreicht die Rüstungsproduktion bis dahin ungekannte Ausmaße.

    Die Beschäftigten sowie alle Materialien und Rohstoffe gelangen anfangs wegen der strengen Geheimhaltung nur per Fähre auf die Insel. Die industrielle Massenfertigung erfordert allerdings eine verbesserte Materialversorgung. 1898 entsteht die Kleine Eiswerderbrücke im Osten der Insel. Dank der Brücke besteht nun ein direkter Anschluss an das preußische Eisenbahnnetz. Die knapp 2.000 Beschäftigten, die um 1900 auf Eiswerder tätig sind, gelangen jedoch nach wie vor mit dem Dampfer zur Arbeit. Dies ändert sich erst 1903 mit der (Großen) Eiswerderbrücke. Die 1945 von deutschen Truppen gesprengte und 1958 wiederaufgebaute stählerne Bogenbrücke steht heute unter Denkmalschutz.

    Ab 1949 nutzt der Produzent Artur Brauner einen Teil der leerstehenden Fabrikhallen der Pulverfabrik auf Eiswerder als Filmstudios für seine Produktionsfirma Central Cinema Company GmbH (CCC). In den 1960er-Jahren entstehen hier u. a. die legendären Edgar-Wallace-Filme. Im Zusammenhang mit den Plänen des Berliner Senats für eine „Wasserstadt Berlin-Oberhavel“ rückt Eiswerder in den 1990er-Jahren erneut ins Rampenlicht.

    Inzwischen ist Eiswerder mit seinen denkmalgeschützten Bauten ein attraktiver Standort für Kunst, Medien und Design. Wo einst Raketen in den Feuerwerkslaboratorien produziert wurden, sind in den letzten Jahren exklusive Eigentumswohnungen entstanden.


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  • Garnison-Waschanstalt
    Garnison-Waschanstalt
    Garnison-Waschanstalt Brauhaus Spandau
    Garnison-Waschanstalt Brauhaus Spandau
    In der ehemaligen Garnison-Waschanstalt befindet sich heute das Brauhaus Spandau. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020
    Adresse

    Neuendorfer Str. 1
    13585 Berlin-Hakenfelde

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

    Garnison-Waschanstalt

    Von der Dampfwäscherei zur Brauerei

    Die preußischen Soldaten, die Ende des 19. Jahrhunderts in Spandau wohnen, müssen mit Kleidung und Nahrung gut versorgt werden. In der Neuendorfer Straße entsteht daher 1880 die Garnison-Waschanstalt. Auf dem Gelände befindet sich neben der Heeresdampfwäscherei mit Kesselhaus und Wasserturm auch die Garnison-Bäckerei und das Heeresproviantamt.

    Nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg dient das Areal noch einige Jahre als Großwäscherei. Danach ziehen verschiedene Gewerbe in die Backsteinbauten. 1993 beginnen umfangreiche Sanierungsarbeiten. Ende 1994 öffnet das Brauhaus Spandau. Ein hoher Schornstein und ein gewaltiger Dampfkessel erinnern bis heute an die Garnison-Waschanstalt. Doch statt um Dampf und Seife dreht sich heute alles um Malz und Gerste für das Spandauer Bier.

  • Gaswerksiedlung
    Gaswerksiedlung
    Gaswerksiedlung Lichtenberg
    Gaswerksiedlung Wasserturm Lichtenberg
    Die Architektur der Gaswerksiedlung erinnert an Backsteinbauten aus Hansestädten. | © Foto: Andreas Muhs, 2014
    Adresse

    Köpenicker Chaussee 24–39
    10317 Berlin-Rummelsburg

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Wasser und Strom

    Gaswerksiedlung

    Hotspot für Kleinkunst und Kulturszene

    Von der Größe und Bedeutung des einstigen Gaswerks Lichtenberg am Blockdammweg zeugen nur noch ein Wasserturm und die Häuser der Gaswerksiedlung. Ab 1925 entstehen die 17 Häuser der Gaswerksiedlung, die wie ein 250 Meter langes Wohngebäude wirken. Die Architekten Ernst Engelmann und Emil Fangmeyer greifen mit den Backsteinbauten den Stil der Hansestädte auf. Die Siedlung bietet sozialen Wohnraum für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der benachbarten Gaskokerei.

    Im Jahr 2015 wird das Gebiet als Industriegebiet ausgewiesen. Dies erlaubt keine weitere Wohnnutzung. Für die Brachfläche hinter der Siedlung sind stattdessen der Bau eines Heizkraftwerkes und neuer Gewerbebauten geplant. Die Wohngebäude der Gaswerksiedlung sind in die Entwicklungen integriert.

    Seit 2018 vermietet der Eigentümer Vattenfall die Gaswerksiedlung mit Ateliers und Workshops an rund 350 Kreative und einen Co-Working-Space. Hinter dem Gebäude ist Raum für Partys und Events. Das benachbarte Funkhaus, der in einer ehemaligen Hundekuchenfabrik gelegene Club Sisyphos und das nah gelegene Spreeufer wirken wie Magnete. Künftig soll auch das gegenüberliegende Kraftwerk Rummelsburg in das Event-Location-Konzept des Funkhaus Berlin einbezogen werden.

  • Palmkernölspeicher
    Palmkernölspeicher
    Palmkernölspeicher Rummelsburger Bucht
    Palmkernölspeicher Rummelsburger Bucht
    Palmkernölspeicher historisch 1890
    Palmkernölspeicher Lofts
    Der Palmkernölspeicher liegt an der Rummelsburger Bucht auf der Halbinsel Stralau. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020

    Palmkernölspeicher

    Repräsentant der Kolonialzeit

    „Maisonette Lofts in beeindruckenden Raumgrößen, hochwertig ausgebaut mit Fahrstuhl, Fußbodenheizung und Designerbad, alle Einheiten mit Balkon, Wasserterrasse und Bootsanleger“. Seit der denkmalgerechten Sanierung 2016 ist der frühere Palmkernölspeicher auf der Stralauer Halbinsel eine ausgesprochen exklusive Immobilie. Heute wie auch zur Erbauung des Speichers im Jahr 1881 ist es die Wasserlage, die das Grundstück so wertvoll macht: Für den Rohstoff- und Warentransport per Schiff eignet sich die Stralauer Halbinsel am Ende des 19. Jahrhunderts bestens.

    Hier, in der Rummelsburger Bucht, wo die Loft-Bewohner:innen von heute ihre Sportboote festmachen, löschen vor 138 Jahren Transportschiffe ihre Ladung aus den deutschen Kolonien in Westafrika. Es sind Palm- sowie andere Ölkerne, aus denen die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Palmkernöl- und Schwefelkohlenstoff-Fabrik Rengert und Co. Pflanzenöle gewinnen. Als Margarine landen sie dann auf den Butterbroten und in den Kochtöpfen des Kaiserreichs. Das kombinierte Geschäftsmodell ist zweckmäßig: Was die Firma vom selbst produzierten Schwefelkohlenstoff nicht zur Ausscheidung der Öle braucht, verkauft sie an den Handel.

    In der Gestaltung des Speichers folgt der Architekt Albert Biebendt 1881 ganz dem damals beliebten Stil des Historismus. Im Inneren trägt ein modernes Stahlskelett die sechs Geschosse, die hohlen Stahlstützen dienen zugleich als Leitungsschächte. Außen aber formen unterschiedliche Gesimse, Pilaster und Zwerchgiebel an den Längsseiten eine Fassade im Stil der Neorenaissance.

    Nur 19 Jahre nach der Errichtung machen neue Verfahren die Produktion auf Stralau unrentabel. 1899 meldet Rengert und Co. schließlich Konkurs an. Nach mehrfachem Eigentümerwechsel gehört das Werk ab 1921 zur Viktoriamühle.

    Der Speicher übersteht den Zweiten Weltkrieg als einziges Gebäude des Werks. 1945 fällt er an die Berliner Osthafenmühlen. Bis 1989/90 lagern hier Getreide und Tierfutter. Anschließend steht das Gebäude 17 Jahre leer. Seit der Sanierung 2016 zeigt der Palmkernölspeicher wieder sein historisches Äußeres. Lediglich die Fassade zur Wasserseite ist um einige Balkone ergänzt.

  • Kraftwerk Klingenberg
    Kraftwerk Klingenberg
    Kraftwerk Klingenberg Rummelsburg
    Kraftwerk Klingenberg Heizkraftwerk
    Kraftwerk Klingenberg Backsteine
    Das Kraftwerk Klingenberg wurde 1925-1926 in Rummelsburg errichtet. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020

    Kraftwerk Klingenberg

    Symbol für Modernität und Wirtschaftskraft

    Entlang der Köpenicker Chaussee im Bezirk Lichtenberg türmen sich dunkle Backsteine zu einem expressionistischen Klinkerbau. Das Kraftwerk Klingenberg beeindruckt heute wie zu seiner Eröffnung im Jahr 1927. Damals ist es der modernste Stromlieferant Europas und Modell einer neuen Generation von Kraftwerken. Dieses erste Berliner Großkraftwerk deckt in den 1920er-Jahren 65% des Berliner Strombedarfs. Brandneu ist, dass die Kohle vor der Verfeuerung staubfein zermahlen wird. Drei große Dampfturbinen produzieren den Strom.

    Das 190 Meter lange Schalthaus ist über eine Kabelbrücke mit dem 11-geschossigen Verwaltungsbau verbunden. Schiffe liefern die Kohle von der Spree über einen Stichkanal direkt ans Kraftwerk. Das für die Dampferzeugung benötigte Wasser kommt direkt aus der Spree. Beliebt ist das Kraftwerk Klingenberg außerdem als Lieferant von Warmwasser für das nahegelegene Flussbad.

    Als letztes Werk des bekannten Kraftwerksplaners Georg Klingenberg trägt es den Namen des Ingenieurs, der für die AEG damals weltweit Kraftwerke konzipiert. Sein Bruder Walter übernimmt mit Werner Issel die architektonische Gestaltung. Auf der Weltausstellung 1929 in Barcelona präsentieren sie das hochmoderne Kraftwerk, das in den 1930er-Jahren sogar Teil der Berliner Stadtwerbung wird.

    Im Zweiten Weltkrieg bleibt das monumentale Gebäude beinahe unzerstört. Die 1945 geplante Sprengung durch die SS kann ebenso wie eine spätere Demontage verhindert werden. In DDR-Zeiten gilt das Kraftwerk als Rückgrat der Strom- und Wärmeversorgung im Ostteil der Stadt.

    Im Mai 2017 endet die Braunkohleverfeuerung. Der Energieträger im Kraftwerk ist jetzt Erdgas, das mit rund der Hälfte des CO2-Ausstoßes von Braunkohle das Klima schont. Um das Ziel einer klimaneutralen Stadt bis 2050 zu erreichen, soll ab 2026 ein Mix aus fossilfreien Energieträgern den Brennstoff Gas zumindest teilweise ersetzen.

    Das Kraftwerk Klingenberg ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2.


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  • Siedlung Oberschöneweide
    Siedlung Oberschöneweide
    Siedlung Oberschöneweide Peter Behrens
    Siedlung Oberschöneweide Schule Zeppelinstraße
    Ein Teil der Siedlung Oberschöneweide ist von Peter Behrens gestaltet, dem Chef-Designer der AEG. | © Foto: Andreas Muhs, 2013
    Adresse

    Zeppelinstraße, Fontanestraße, Roedernstraße
    12459 Berlin-Oberschöneweide

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Wasser und Strom

    Siedlung Oberschöneweide

    Wohnen mit kurzen Wegen

    Mit der Industrie kommen die Menschen. Zwischen den Industrieflächen entlang der Spree und dem Grün der Wuhlheide entstehen auf der ehemaligen „Schönen Weyde“ ab Mitte der 1890er-Jahre groß angelegte Siedlungen. Zusammen mit der Industrie wächst die Siedlung Oberschöneweide bis in die 1980er-Jahre hinein weiter. Von anfangs nur 159 Einwohnerinnen und Einwohnern im Jahr 1890 erhöht sich die Zahl innerhalb von nur zehn Jahren um mehr als das 30-fache. 1920 leben bereits 25.600 Menschen in Oberschöneweide.

    Die AEG beauftragt Ende des 19. Jahrhunderts renommierte Architekten mit dem Bau der Wohnsiedlungen. Die älteste Siedlung aus dem Jahr 1919 ist geplant von Peter Behrens und Gemeindebaurat J. Th. Hamacher. Küche, Bad und Innentoilette sorgen in jedem Haus für eine moderne Ausstattung. Angeschlossene Nutzgärten sollen zur Erholung und Selbstversorgung beitragen.

    Mit dem Abbau der Arbeitsplätze an der Oberspree in den 1990er-Jahren steht damals auch die Zukunft des Wohnquartiers infrage. Inzwischen ist die geschichtsreiche Siedlung zu großen Teilen vorbildlich saniert und wieder gefragt: bei jungen Familien und Hochschulangehörigen der HTW Berlin. Wer mit offenen Augen durch die Siedlung läuft, erkennt heute noch die unterschiedlichen Wohnkonzepte und architektonischen Details: Ein- und Mehrfamilienhäuser, farbige Fensterläden und verzierte Türen. In ganz Oberschöneweide leben inzwischen wieder knapp 24.000 Menschen.

    Die Siedlung Oberschöneweide ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2.


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  • Grabstätte Familie Rathenau
    Grabstätte Familie Rathenau
    Grabstätte Familie Rathenau
    Grabstätte Familie Rathenau
    Grabstätte Rathenau Friedhofskapelle
    Die Grabstätte der Familie Rathenau liegt im Waldfriedhof Oberschöneweide. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020

    Grabstätte Familie Rathenau

    Zeugnis der Verbundenheit

    Der wachsende Industriestandort Oberschöneweide wird um 1900 zur Heimat vieler Menschen. Der Gründer der AEG, Emil Rathenau, stiftet der jungen Gemeinde einen Waldfriedhof mitten in der Wuhlheide. Statt wie für jüdische Familien typisch, lassen sich die Rathenaus nicht auf einem jüdischen Friedhof beerdigen, sondern wählen genau diesen Waldfriedhof als ihre letzte Ruhestätte. Das Grab der Familie Rathenau ist bereits vom Eingangstor sichtbar. Gestaltet hat die Grabstätte 1903 ein Architekt mit sozialer Ader: Alfred Messel. Er errichtet damals unter anderem vorbildliche Wohnanlagen für „kleine Leute“. Der Bau des Wertheim-Warenhauses unweit des Potsdamer Platzes macht ihn 1897 berühmt.

    Beerdigt sind in der Grabstätte: Emil Rathenau (†1915), seine Frau Mathilde (†1926) und ihr Sohn Erich (†1903). Erich, der schon in jungen Jahren das AEG-Kabelwerk leitet, ist die große Hoffnung des Vaters. Jedoch verstirbt er auf einer Reise nach Ägypten und wird als einer der ersten auf dem Friedhof beerdigt. Auch Sohn Walther Rathenau (†1922), der deutsche Außenminister, ist hier begraben. Er stirbt durch ein Attentat vor seiner Villa in Berlin-Grunewald, nachdem die nationalistische Presse mehr oder weniger unverblümt zum Mord an dem jüdischen Politiker aufruft.

    Nachdem die Grabanlage lange vernachlässigt wurde, startet 2011 eine umfangreiche Restaurierung. Die schweren Beschädigungen an der Mauer aus weißem Muschelkalkstein und an den Särgen der Familie sind inzwischen behoben.

  • Kraftwerk Oberspree
    Kraftwerk Oberspree
    Kraftwerk Oberspree
    Kraftwerk Oberspree Detail in der Klinkerfassade
    Industriegeschichte in Schöneweide am Beispiel Kraftwerk Oberspree, historische Aufnahme
    Kraftwerk Oberspree Wilhelminenhofstraße
    Das Kraftwerk Oberspree ist das erste Drehstromkraftwerk Europas. | © Foto: Andreas Muhs, 2013
    Adresse

    Wilhelminenhofstraße 78
    12459 Berlin-Oberschöneweide

    Führungen

    Industriesalon Schöneweide
    Fr. 14:00, So. 12:00 Uhr
    und auf Anfrage.
    Bitte Website beachten
    (Anmeldung erbeten)!

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Wasser und Strom

    Kraftwerk Oberspree

    Palast der Energie

    Ende des 19. Jahrhunderts errichtet die AEG am neuen Industriestandort im Südosten Berlins zunächst das Kraftwerk Oberspree. 1897 ist das erste Drehstromkraftwerk Europas eine technische Sensation. Dank der modernen Technik kann Strom verlustarm über längere Distanzen übertragen werden. Architekt Paul Tropp lässt sich für die Gestaltung des Kraftwerks vom Palais des Beaux Arts inspirieren. Dieser Palast der Schönen Künste ist 1855 auf der Pariser Weltausstellung zu sehen.

    Das Kraftwerk macht Oberschöneweide unter Ingenieuren und Stadtplanern bekannt. Von nah und fern reisen sie an, um das Wunderwerk der „Elektropolis“ zu bestaunen. Die Kraft der Elektrizität ist schon von außen zu sehen: Die Fassade der Turbinenhalle schmücken Ornamente mit Blitzen, Zahnrädern sowie Überlandleitungen. Das Kühlwasser kommt übrigens direkt aus der Spree.

    Das Kraftwerk Oberspree versorgt die Vororte Berlins mit Strom und erleuchtet damit die Stadt über ihre Grenzen hinaus. Außerdem hat es eine Sogwirkung für die Ansiedlung neuer Betriebe. Erster Großabnehmer sind die nahe gelegenen AEG-Kabelwerke. Rund 35 Jahre danach geht 1933 das Kraftwerk vom Netz. Mit dieser Entscheidung wird allerdings der Bau eines neuen Umspannwerks für Oberschöneweide nötig, um den hochgespannten Strom vor Ort auf niedrige Voltzahlen umzuspannen.

    In das Umspannwerk von 1933 zieht 2013 die renommierte Skulpturengießerei Knaak ein. Das Kraftwerk Oberspree steht jedoch lange Zeit weitgehend leer. Im Frühjahr 2022 eröffnet in der Turbinen- und Maschinenhalle die „MaHalla“, ein riesiger internationaler Kreativ-Freiraum.

    Das Kraftwerk Oberspree ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2.


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  • Evangelische Friedenskirche
    Evangelische Friedenskirche
    Evangelische Friedenskirche Niederschöneweide
    Evangelische Friedenskirche Niederschöneweide
    Evangelische Friedenskirche Niederschöneweide
    Die Architektur der Evangelischen Friedenskirche in Niederschöneweide erinnert an ein Industriegebäude. | © bzi, Foto: Max Braun, 2021

    Evangelische Friedenskirche

    Kirche im Industriedesign

    Neben der vielbefahrenen Schnellerstraße in Niederschöneweide liegt die Evangelische Friedenskirche. Ihr Westturm erinnert an den Förderturm eines Bergwerks und weniger an einen klassischen Kirchturm. Tatsächlich haben die Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer 1930 auch die berühmte Schachtanlage der Zeche Zollverein in Essen gestaltet. Dieses technische und ästhetische Meisterwerk der Moderne gilt heute als das Wahrzeichen des Ruhrgebiets.

    Pläne für eine evangelische Kirche gab es im wachsenden Industriestandort Niederschöneweide bereits vor dem Ersten Weltkrieg. Doch die finanziellen Mittel erlauben erst 1929 den Bau der Friedenskirche. Das Gebäude aus dunklen Klinkern vereint Industrie- und Kirchenarchitektur der Moderne. Im Inneren sind das Gebäude und der Altar aus hellem Kalkstein im Stil der Neuen Sachlichkeit gestaltet. 1944 brennt nach einem Kurzschluss das Dach der Kirche inklusive der Orgel aus. Der Wiederaufbau erfolgt 1952.

  • Lampenfabrik Frister
    Lampenfabrik Frister
    Lampenfabrik Leuchtenfabrik
    Lampenfabrik Leuchtenfabrik
    Die Lampenfabrik Frister liegt an der Ecke Wilhelminenhofstraße und Edisonstraße. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020
    Adresse

    Wilhelminenhofstraße 87
    12459 Berlin-Oberschöneweide

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Wasser und Strom

    Lampenfabrik Frister

    Von der Lampenfabrik zur Leuchtenfabrik

    Zwei beeindruckende gelbe Klinkerbauten markieren die Ortseinfahrt nach Oberschöneweide: die Rathenau-Hallen und die Lampenfabrik Frister. Heutzutage kommen hier täglich Tausende Autos, Dutzende Trams und Hunderte Menschen zu Fuß oder per Rad vorbei. Vor mehr als 120 Jahren ist die Lampenfabrik eines der ersten Gebäude am damaligen Industriestandort Schöneweide.

    Die Frister AG gründet 1897 die Fabrik direkt an der Spree. Bis 1916 füllt die größte Lampenfabrik Europas das Areal zwischen Wilhelminenhofstraße und Spree. Die verschiedenen Bauabschnitte sind an der Fassade sichtbar. Zur Straße hin sind die Fenster abgerundet, die Backsteine farbig gestaltet. Zum Fluss hingegen ist die geradlinige Architektur der Moderne um 1916 erkennbar.

    In den 1920er-Jahren arbeiten 900 Beschäftigte bei Frister. Elektrisch betriebene Beleuchtungskörper sowie Kronleuchter und Tischlampen verlassen täglich die Fabrik. Das Unternehmen ist erfolgreich und nach dem Ersten Weltkrieg einer der größten Lampenhersteller Europas. Die Weltwirtschaftskrise setzt Frister allerdings schwer zu. 1933 übernimmt nach dem Konkurs der Lampenfabrik die Wärmegeräte GmbH das Gebäude.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg zieht das Institut für Nachrichtentechnik ein, eine Forschungseinrichtung der DDR. Eingeweihte sprechen von einem Stasi-Betrieb, der für das Ministerium für Staatssicherheit arbeitet. Für den gesamten Ostblock produziert das Institut Nachrichtensysteme.

    Künstlerinnen und Künstler erobern nach dem Fall der Mauer den Gebäudekomplex. In den Jahren danach wechselt das Areal mehrfach den Eigentümer. Inzwischen heißt das Gelände Leuchtenfabrik in Anlehnung an den historischen Ursprung. Zusammen mit dem angrenzenden Gelände der ehemaligen Gasanstalt, heute Spreehöfe, ist das Areal Heimat für verschiedene Gewerbe-, Freizeit- sowie Kultureinrichtungen.

  • Bullenbahn Oberschöneweide
    Bullenbahn Oberschöneweide
    Bullenbahn Lok verlässt Betriebshof Nalepastraße
    Straßenbahnen Betriebshof Nalepastraße
    Betriebshof Nalepastraße Bullenbahn
    Die massige Gestalt der Loks verschafft der Industriebahn den Spitznamen Bullenbahn. Betriebshof Nalepastraße, 1992. | Wassen, CC BY-SA via Wikimedia Commons

    Bullenbahn Oberschöneweide

    Depot der Industriebahn

    Achtung: Der Bulle kommt! Von 1890 bis 1996 rumpeln Güterzüge langsam durch die geschäftige Wilhelminenhofstraße und weiter über das weit verzweigte Gleisnetz der Bullenbahn. Die Güterbahn bedient die unzähligen Fabriken entlang der Spree. Von Niederschöneweide bis nach Rummelsburg reichen die Gleise. 1957 verbindet die 13 Kilometer lange Bahn etwa 30 Unternehmen.

    Ab 1901 wird die Bahn standesgemäß für die Elektropolis elektrisch betrieben. Woher die Bullenbahn ihren Namen hat, ist nicht ganz sicher. Entweder weil zunächst Pferde und Ochsen die Güterwagen ziehen oder weil Bulle der Spitzname der schweren AEG Elektrolokomotiven ist. Der einstige Betriebsbahnhof der Bullenbahn wird heute von der Straßenbahn genutzt.

    Wo einst die massigen Güterwagen ratterten, verläuft heute ein gut ausgebauter Radweg durch die Wilhelminenhofstraße.

  • Siemens-Hauptverwaltung
    Siemens-Hauptverwaltung
    Siemens Hauptverwaltung
    Siemens Hauptverwaltung Ehrenhalle Historisch 1928
    Siemens Hauptverwaltung Nonnendamm
    Siemens Hauptverwaltung Fassade
    Die Architektur der Siemens-Hauptverwaltung stammt von Karl Janisch. | © Siemens AG

    Siemens-Hauptverwaltung

    Strategiezentrale des Weltkonzerns

    Auch Siemens hat einmal klein angefangen. Die „Telegraphenbauanstalt Siemens & Halske“ gründet sich 1847 in Kreuzberg, in einer kleinen Hinterhof-Werkstatt nahe des Potsdamer Platzes. Die Zahl der Beschäftigten steigt ebenso rasch wie der Bedarf an Produktionsflächen. Ende des Jahrhunderts ist Siemens & Halske ein weltweit erfolgreiches Unternehmen im Bereich der Elektroindustrie mit Produktionsflächen in Charlottenburg, damals noch eine selbstständige Stadt.

    Unweit des Gründungsorts entsteht 1901 der Verwaltungssitz der Firma in direkter Nachbarschaft zu Reichstag, Botschaften und Anhalter Bahnhof. Die eigenen Fabriken rücken allerdings immer weiter in die Ferne. Ende des 19. Jahrhunderts verlagert sich die Produktion von Charlottenburg nach Spandau. Und die Hauptverwaltung?

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    1910 beginnt der Bau eines neuen Verwaltungsbaus in Spandau. Die eigenständige Stadt Spandau legt großen Wert darauf, die Zentrale eines so bedeutenden Unternehmens und Steuerzahlers auf ihrem Gebiet zu wissen. 1914 benennt Spandau den Ortsteil „Nonnendamm“ offiziell in „Siemensstadt“ um.

    Das neue Gebäude im Zentrum der Siemensstadt ist größer als jedes Berliner Rathaus. Entlang der fünf Kilometer langen Korridore haben 5.000 Mitarbeitende in der Siemens-Hauptverwaltung Platz. Die meisten von ihnen arbeiten in sogenannten Bürosälen für maximal 100 Personen. Komfort und Einzelzimmer bleiben Aufsichtsrat und Vorstand sowie den wichtigsten Führungskräften im Ostflügel des Gebäudes vorbehalten.

    Im Ersten Weltkrieg dienen Teile des kurz zuvor fertiggestellten Gebäudes als Lazarett. Erst danach ziehen die Zentralabteilungen des Konzerns ein. „Konstruktions- und Rechnungsbureaus“ befinden sich im Westflügel des schlossähnlichen Gebäudes. Der Bau mit Mosaikhalle, Vortragssaal und Bibliothek stellt den architektonischen Wandel der Siemensarchitektur dar. Außen ist er von Karl Janisch im Stil des Historismus gestaltet. Die Architektur der Innenräume übernimmt hingegen Hans Hertlein in den 1920er-Jahren.

    Im Regime der Nationalsozialisten verschiebt sich der Fokus des Siemens-Konzerns auf Rüstungsproduktion. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 verstärkt Rohstoffengpässe und Arbeitskräftemangel. Um genug Rüstungsgüter zu liefern, errichtet Siemens bis 1945 beinahe 400 Fabriken in besetzten Gebieten. Sowohl in den Fabriken auf besetztem Boden als auch in Siemensstadt müssen Frauen und Männer Zwangsarbeit leisten. Davon sind bis Kriegsende insgesamt über 80.000 Menschen betroffen.

    Die unmittelbare Nachkriegszeit bringt dem Gründungsort einschneidende Veränderungen: Angesichts der Teilung Deutschlands und der politisch heiklen Lage verlegt der Konzern seinen Firmensitz zum 1. April 1949 von Berlin nach München. Berlin bleibt jedoch zweiter Firmensitz. Trotz enormer Schäden im Krieg verläuft die Produktion ab 1951 wieder in geregelten Bahnen. Bis Mitte der 1950er-Jahre hat sich das Unternehmen weitgehend von den Nachkriegsjahren erholt.

    In der ehemaligen Siemens-Hauptverwaltung sind heute noch Siemens- Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter beschäftigt. Seit 2016 befindet sich das Siemens Historical Institute in dem Gebäude, das über einen Personentunnel mit dem gegenüberliegenden Dynamowerk verbunden ist. Hier produziert das Unternehmen bis heute Dynamos, einst erfunden von Werner von Siemens.

    Seit März 2019 gibt es in einer umgebauten Lagerhalle auf dem Gelände des Dynamowerks einen Event- und Co-Working Space. Bis 2030 soll sich die neue Siemensstadt² zu einem Ort entwickeln, der Arbeiten, Forschen, Wohnen und Lernen neu denkt.

    Die Siemens-Hauptverwaltung ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.

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  • Spreepark Plänterwald
    Spreepark Plänterwald
    Außenansicht Riesenrad und Toilettenhäuschen
    Innenansicht Zelt mit Tassenkarusell Spreepark Plaenterwald
    Außenansicht Kuppel Spreepark Plaenterwald
    Das bunte Riesenrad ist das Wahrzeichen des Spreeparks. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020
    Adresse

    Kiehnwerderallee 1-3
    12437 Berlin-Plänterwald

    Spreepark Plänterwald

    Eine wilde Tierfratze, einst die Einfahrt in einen Achterbahntunnel, verschwindet in dem Blätterdschungel, aus dem sie zu stammen scheint. Dinosauriermodelle aus Kunststoff zerfallen zwischen hohem Wiesengras. Ein rostiges Riesenrad knirscht im Wind. Der stillgelegte Spreepark im Plänterwald ist Berlins wohl bekanntester Lost Place. Immer neue Geschichten scheint dieser versunkene Ort an der Spree zu produzieren. Zigfach porträtiert in DDR-Fernsehserien oder investigativen Dokumentationen, selbst in Theaterproduktionen. Auch zwanzig Jahre nach Stilllegung noch vermarktet in Büchern, DVDs und Fanartikeln.

    Zum 20. Jahrestag der Gründung der DDR 1969 soll es etwas Besonderes sein. In weniger als einem Jahr entsteht daher der erste und einzige Freizeitpark im sozialistischen Deutschland. Allerdings gibt es keine inländische Produktion von Fahrgeschäften. Deshalb kauft ein niederländischer Zwischenhändler die Anlagen für den VEB Kulturpark Berlin auf der ganzen Welt ein. Das Team vor Ort gestaltet sie anschließend „systemkonform“ um: BMW-Motorräder verlieren ihre Logos, Sputnik-Darstellungen ersetzen NASA-Raketen, der Astrojet wird zum Kosmosjäger.

    1991 übernimmt der westdeutsche Schausteller Norbert Witte den Park und modernisiert ihn nach dem Muster westlicher Themenparks. Die ehrgeizigen Pläne der Spreepark Berlin GmbH scheinen aufzugehen, Ende der 1990er Jahre aber brechen die Besucherzahlen ein. Im November 2001 dreht sich das Riesenrad zum letzten Mal. Betreiber Witte schifft sich anschließend mit einem Großteil der Fahrgeschäfte nach Peru ein, verwickelt sich in Drogenschäfte, wird verurteilt. Der Spreepark versinkt im Dornröschenschlaf und lockt Abenteurer magisch an. Dutzende Internetvideos dokumentieren ihre Streifzüge durch die einsturzgefährdeten Anlagen. 2014, nach einem gelegten Großbrand, kauft schließlich das Land Berlin den Park lastenfrei zurück.

    Inzwischen entwickelt die landeseigene Grün Berlin GmbH einen Freizeitpark neuer Art, in dem Kunst, Kultur und Natur zusammenkommen sollen. Das Konzept bezieht einige historische Anlagen mit ein, das alte Riesenrad soll sich schon 2024 wieder drehen. Es scheint, als sei die Geschichte des Spreeparks im Plänterwald noch lange nicht zu Ende erzählt.

  • VAUBEKA Portalkran
    VAUBEKA Portalkran
    Außenansicht Verladekran
    Außenansicht Vaubeka Verladekran mit Spree
    Außenansicht Vaubekakran Detail Führerhaus
    Außenansicht Vaubeka Verladekran
    Der Vaubeka-Kran wurde von den Vereinigten Berliner Kohlenhändlern (VAUBEKA) genutzt. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020
    Adresse

    Teilestraße 3-8
    12099 Berlin-Tempelhof

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Eisenbahn und Landebahn

    VAUBEKA Portalkran

    Größte historische Krananlage in Berlin

    Schmucklose Hallen, Betriebshöfe, kleine Bürocontainer: Hier am Teltowkanal wächst der VAUBEKA Portalkran als monumentale Eisenfachwerk-Konstruktion in die Höhe. Nichts an der heutigen Szenerie lässt erahnen, welche Rolle die größte historische Krananlage Berlins einmal in der Geschichte der Stadt gespielt hat.

    Im Winter 1948/49 wird hier fieberhaft Kohle umgeschlagen. Denn ohne Kohle wird die West-Berliner Bevölkerung diesen Nachkriegswinter nicht überstehen. Der Brennstoff kommt vom nahe gelegenen Tempelhofer Feld. Dort landen Flugzeuge der Alliierten im Minutentakt und fliegen über die sogenannte „Berliner Luftbrücke“ alles ein, was der Westen der geteilten Stadt während der „Berlin-Blockade“ zum Überleben braucht. Bereits im Juni 1948 hat die Rote Armee die Enklave West-Berlin von der Versorgung auf dem Land- und Wasserweg abgeriegelt. West-Berlin soll dadurch in die sowjetische Besatzungszone gezwungen werden.

    Der Portalkran am Teltowkanal kann in acht Stunden 500 Tonnen Kohle auf Kanalschiffe, Güterwaggons und Lkws verladen. Er steht in dieser Zeit nur selten still. Die Hälfte der über die Luftbrücke eingeflogenen Kohlenmenge wird hier schnell und effizient in der Stadt verteilt. Der Portalkran ist somit ein wichtiges Scharnier der Berliner Luftbrücke. Er trägt mit dazu bei, dass die Sowjets die Berlin-Blockade im Mai 1949 ergebnislos abbrechen müssen.

    1935 hatten die Vereinigten Berliner Kohlenhändler (VAUBEKA) den Verladekran errichten lassen. Die filigrane Ingenieurskonstruktion verbindet eine 122 Meter lange Verladebrücke mit zwei 22 Meter hohen Portalrahmen. Auf Schienen kann sich das gesamte Bauwerk 233 Meter parallel zum Kanal bewegen. Auf diese Weise gelangt sein Greifer an jede Stelle des Umschlagplatzes. Noch bis 1991 ist der VAUBEKA Portalkran im Dienst. Inzwischen ist er ein Denkmal für die frühe wirtschaftliche Bedeutung des Teltowkanals als Wasserstraße – und erinnert gleichzeitig an den schicksalhaften Berliner Winter 1948/49.

  • BEHALA Viktoriaspeicher
    BEHALA Viktoriaspeicher
    Außenansicht BEHALA Viktoriaspeicher
    Außenansicht des Speichergebäudes mit Beschriftung BEHALA Viktoriaspeicher
    Fassade BEHALA-Viktoriaspeicher
    Das Gelände des Viktoriaspeichers liegt direkt an der Spree. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020
    Adresse

    Köpenicker Str. 22
    10997 Berlin-Kreuzberg

    BEHALA Viktoriaspeicher

    „BEHALA Viktoriaspeicher“ verkünden große Lettern an dem sechsgeschossigen Lagergebäude am Kreuzberger Spreeufer und verweisen damit auf seine wechselvolle Geschichte. 1878/80 entstehen dort mehrere Lagergebäude für die Victoria-Speicher Actien-Gesellschaft. 1905 zieht die ABOAG, die Allgemeine Berliner Omnibus-Aktien-Gesellschaft, mit ihrem Omnibusdepot auf das Gelände. Der Berliner Nahverkehr ist damals noch großenteils pferdegetrieben. Der Speicher wird also zu Garagen und Stallungen für über 500 Pferde umgebaut. Doch nur zwei Jahre später vernichtet ein Feuer die Gebäude fast vollständig.

    Die Katastrophe prägt den Wiederaufbau des Architekten Franz Ahrens 1910-11. Ein moderner Skelettbau aus Eisenbetonteilen soll den Neubau brandsicher machen. Dort lagern nun wieder loses Getreide und Hülsenfrüchte in Säcken. Im Jahr 1928 übernimmt die städtische BEHALA als Eigentümerin. Sie vermietet den Speicher bis heute als Lagerfläche an Gemüsehändler und Altpapierverwerter.

    Zuletzt scheiterte 2014 der Versuch, das Areal durch Verkauf an Investoren grundlegend neu zu entwickeln. So kann man bis heute an dem Fassadenraster aus Eisenbetonelementen und ausgemauerten Segmenten ablesen, wo im Inneren früher Getreidesilos und Sacklager untergebracht waren. Auch die typischen Lamellenfenster zur Dauerbelüftung sind bis heute erhalten. Ein anderes, dunkles Kapitel Geschichte hat jedoch keine Spuren am Gebäude hinterlassen: Von 1937-39 nutzt die nationalsozialistische Aktion „entartete Kunst“ das Areal um den BEHALA Viktoriaspeicher als Depot.

  • Berliner Velvet AG
    Berliner Velvet AG
    Außenansicht Fabrikgebäude Berliner Velvet AG
    Außenansicht Fabrikgebäude Berliner Velvet
    Außenansicht Fabrikgebäude Berliner Velvet
    In der ehemaligen Textilfabrik ist heute unter anderem ein Möbelgeschäft angesiedelt. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020

    Berliner Velvet AG

    Am 31. Juli 1883 muss die Berliner Feuerwehr zu einem Brand in die Köpenicker Straße 18 in Berlin-Kreuzberg ausrücken. Hier steht die Textilfabrik „Berliner Velvet-Fabrik, Mengers & Söhne“ lichterloh in Flammen. Die Löscharbeiten enden schließlich tragisch: Zwei Feuerwehrmänner sterben beim Sprung aus dem brennenden Gebäude. Ein herabstürzendes Gesims tötet anschließend einen dritten Kameraden.

    Kattunfabriken, Bleichen und Färbereien belegen damals weite Flächen entlang der Köpenicker Straße. Die Textilindustrie floriert in Europa. 1873 übernimmt Martin Mengers die existierende Färberei am Standort für seine neu gegründete Berliner Velvet-Fabrik AG. Mengers bringt ein erfolgreiches Geschäftsfeld mit nach Berlin: Mit weiterentwickelten Webstühlen lässt sich nun auch aus Baumwollfäden Samtstoff produzieren – Baumwollsamt. Samte und Plüsche, bisher Luxusartikel, werden allgemeine Bedarfsartikel.

    Noch im Jahr des Brandes ist das Fabrikgebäude wiederaufgebaut. Rote Ziegelbänder schmücken inzwischen wieder die gelbe Klinkerfassade wie im Originalentwurf von Maurermeister Carl Lüdecke. Auch das ungewöhnlich über dem Erdgeschoss platzierte Zwischengeschoss entsteht wieder original, bis heute außen zu erkennen an den kleinen Schmuckarkaden. Seit dem Brand kommen neue Gebäude zur Berliner Velvet Fabrik hinzu: eine Färberei, Schererei, Bürsterei und Stopferei. Mit durchschnittlich 1400 Arbeitern produziert die Fabrik hier bis in die 1920er Jahre weiter Baumwollsamt. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist die ehemalige Velvet-Fabrik Sitz unterschiedlicher Firmen. Seit 2009 teilen sich ein Möbelkontor, ein Bekleidungs-Outlet sowie ein Restaurant die sanierten und denkmalgeschützten Bauten.

  • Museumspark Rüdersdorf
    Museumspark Rüdersdorf
    Außenansich Detail der Schachtofenbatterie
    Außenansicht Seilscheibenpfeiler
    Außenansicht Kalkmagazingebäude mit Glockenturm
    Ein Highlight im Museumspark Rüdersdorf ist die Schachtofenbatterie. | © bzi, Foto: Max Braun, 2021

    Museumspark Rüdersdorf

    Düster und etwas unheimlich ragen die merkwürdig geformten Schornsteine der „Kathedrale des Kalks“ in den Himmel. Was aussieht wie eine Filmkulisse, wird auch oft als solche genutzt. In erster Linie ist es aber ein bedeutendes Industriedenkmal im Herzen eines Freilichtmuseums. Der Museumspark Rüdersdorf ist ein historisches Kalk- und Bergwerk mit beeindruckenden Baudenkmälern.

    Kalkstein aus Rüdersdorf gehörte jahrhundertelang zu den Grundbaustoffen Berlins. Das Brandenburger Tor, das Olympiastadion und die Berliner Mauer bestehen aus Rüdersdorfer Kalkstein. Bereits vor über 750 Jahren begannen Mönche des Zisterzienserordens den 240 Millionen Jahre alten Kalkstein zu brechen. Im 16. Jahrhundert entstanden die ersten Kalkbrennöfen. Ab 1885 wurde Zement hergestellt. Ende des 19. Jahrhunderts war der Hunger der boomenden Metropole nach Kalkstein so groß, dass eine riesige Schachtofenbatterie mit 18 Öfen hinzukam.

    1967 ging die betagte Anlage außer Dienst. Heute erhalten Besucherinnen und Besucher im Museumspark Rüdersdorf Einblicke in eine Vielzahl historischer Bauwerke. Neben Führungen werden auch geologische Exkursionen mit Fossiliensuche sowie Land-Rover-Touren in den aktiven Tagebau angeboten.

  • Berlin-Brandenburgisches Wirtschaftsarchiv (BBWA)
    Berlin-Brandenburgisches Wirtschaftsarchiv (BBWA)
    BBWA Eichborndamm
    Das Areal der ehemaligen Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik liegt am Eichborndamm in Berlin-Reinickendorf. | © BBWA, Björn Berghausen
    Adresse

    Eichborndamm 167, Haus 42
    13403 Berlin-Borsigwalde

    Kontakt

    Tel. 030 411 90 698
    mail@bbwa.de
    www.bb-wa.de/

    Führungen

    nach Vereinbarung

    Berlin-Brandenburgisches Wirtschaftsarchiv (BBWA)

    Akten in historischen Fabrikgebäuden

    Im Stadtteil Reinickendorf kann man „Hinter die Fassade“ blicken und die großen Themen der Berliner Wirtschaftsgeschichte und Industriekultur entdecken – neben Industrialisierung und Randwanderung sind dies kriegsbedingte Sonderkonjunkturen, Zwangsarbeit und Kriegszerstörung, Folgen der Teilung und kulturelle Nachnutzung ehemals industrieller Objekte. In einem ehemaligen Werksgebäude der Deutschen Waffen-­ und Munitionsfabriken hat heute das Berlin-­Brandenburgi­sche Wirtschaftsarchiv (BBWA) seinen Sitz.

    Akten, Fotos, Karten und Pläne von Unternehmen, aber auch Verbänden, werden hier als historische Quellen bewahrt. Ausstellungen, Archivführungen und geführte Spaziergänge laden zur vertiefenden Auseinandersetzung mit Berliner Wirtschafts­geschichte ein. Für eine spannende Spurensuche bietet das BBWA fünf thematische Industriespaziergänge zur Selbsterkundung an. Dazu stehen Faltblätter, mobile Angebote oder für die ersten drei Touren auch Audioguides zur Verfügung.

  • Pumpstation VII des Radialsystems
    Pumpstation VII des Radialsystems
    Turm des ehemaligen Pumpwerks VII
    Pumpwerk VII, Außenansicht, Gebäude aus rotem Backstein
    Jugendzentrum in der Pumpstation VII mit Graffiti
    Inmitten des Wohngebiets ragt der Turm des ehemaligen Pumpwerks in die Höhe. | © bzi, Foto: Nathalie Scholl, 2019
    Adresse

    Lützowstraße 42
    10785 Berlin-Tiergarten

    Kontakt

    www.pumpeberlin.de/
    vermietung@pumpeberlin.de
    Tel.: 030 26 39 17 00

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Best of

    Sauber und Gesund

    Pumpstation VII des Radialsystems

    Hygienische Höchstleistungen

    Inmitten eines berlintypischen, eng bebauten Blocks aus Mietskasernen und Gewerbehöfen geht 1883 die Pumpstation VII in Betrieb. Sie ist Teil eines innovativen Systems von Radialsystemen, die der Stadtplaner James Hobrecht zur Verbesserung der Stadtentwässerung konzipiert hat.

    Zwischen 1873 und 1909 entstehen in ganz Berlin zwölf Radialsysteme mit Pumpwerken. Sie reinigen Regen- und Abwässer. Anschließend pumpen sie das Wasser über Druckrohre auf die Rieselfelder an den Stadtrand, beispielsweise nach Hobrechtsfelde. Hier versickert das Wasser im Boden, wird gefiltert und gelangt zurück ins Grundwasser. Das Berliner Radialsystem verbessert die Hygieneverhältnisse der damals rasant wachsenden Stadt. Zusammen mit einer modernen Trinkwasserversorgung trägt dieses Entwässerungssystem Ende des 19. Jahrhunderts zur Senkung der Sterblichkeit in der Bevölkerung bei.

    Nach knapp 100 Jahren im Dienst und einigen Jahren Stillstand folgt die Umnutzung. Die technisch gestalteten Bauten bleiben dabei äußerlich fast unverändert. 1989 eröffnet in der ehemaligen Pumpstation VII das Jugendzentrum „Die Pumpe“ mit kulturellen Einrichtungen und einer Event-Gastronomie. In den historischen Betriebsgebäuden erinnert heute noch eine Doppelkolbenpumpe an die Geschichte der Radialsysteme.


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  • AEG-Turbinenhalle
    AEG-Turbinenhalle
    AEG-Turbinenhalle von Peter Behrens
    AEG Turbinenhalle historisch Peter Behrens
    AEG-Turbinenhalle Pfeiler
    AEG-Turbinenhalle von Peter Behrens
    Die AEG-Turbinenhalle ist im Corporate Design der AEG von Peter Behrens gestaltet. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2022
    Adresse

    Huttenstr. 12-16
    10553 Berlin-Moabit

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Innovation und Eleganz

    Best of

    Produktion damals und heute

    AEG-Turbinenhalle

    Die Berliner Architektur-Ikone

    Die AEG-Turbinenhalle von 1909 ist eine Ikone der Berliner Architektur und fehlt in keinem Architekturlexikon. Architekt Peter Behrens und Bauingenieur Karl Bernhard konzipieren dieses lichtdurchflutete Industriegebäude aus Stahl, Beton und Glas. Erstmals ist die Konstruktion einer Halle an der Fassade ablesbar: Stahlbinder und ihre Gelenke sind von außen zu sehen. Die lange Fensterfront nennt ein Zeitzeuge „ein einziges riesiges Glasfenster“. Auch das Dach ist fast vollkommen aus Glas. Von allen Seiten kann dadurch Licht in die Halle dringen.

    Lediglich der mächtige Giebel zeugt vom damaligen Zeitgeschmack der Kaiserzeit. Die Betonelemente erinnern hingegen an einen ägyptischen Tempel. Obwohl wuchtig ausgeprägt, haben sie keine tragende Funktion. Sie sind pure Außenverkleidung und damit nur ein Schmuckelement. Mitten im Giebel prangt das Logo des Auftraggebers: AEG.

    Die AEG baut damals leistungsstarke Dampfturbinen, die sich um 1900 gegen die klassischen Dampfmaschinen durchsetzen. Die Produktion der immer größer und schwerer werdenden Turbinen erfordert Platz sowie Kranbahnen, die enorme Lasten transportieren können. Beides erfüllt die zweckmäßige Montagehalle damals wie heute.

    In den 1930er-Jahren lässt das Unternehmen die AEG-Turbinenhalle nach Norden hin erweitern. Den Zweiten Weltkrieg übersteht die Halle unbeschadet und seit 1956 steht sie als erster Industriebau Berlins unter Denkmalschutz.

    1977 übernimmt die Siemens AG das Gelände, die hier bis heute Gasturbinen produziert. Über eine spezielle Rampe gelangen die Turbinen auf den Charlottenburger Verbindungskanal und treten schließlich per Schiff ihren Weg in die weite Welt an.

    Die AEG-Turbinenhalle ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.


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  • Computermuseum
    Computermuseum
    Mädchen spielt Packman an einem Commodore 1802 im Computermuseum zur JuniorRoute.
    Im Computermuseum können Besucherinnen und Besucher eine Runde Packman spielen. | © bzi, Foto: Lea Gleisberg
    Adresse

    HTW Berlin
    Wilhelminenhofstraße 75A
    Raum C 610
    12459 Berlin-Oberschöneweide

    Computermuseum

    Als die Monitore noch Grün waren

    Die Geschichte des Rechnens ist so alt wie die Menschheit selbst. Seit jeher ist der Mensch versucht, sich die Arbeit mit Zahlen und Daten durch Hilfsmittel zu vereinfachen. Im Computermuseum der HTW Berlin können Besucherinnen und Besucher Rechenhelfer und Rechner ansehen, anfassen und ausprobieren. Ein Besuch bei Atari, Commodore und Kleincomputer (KC) ist nach Anmeldung möglich.

  • Deutsche Waffen- u. Munitionsfabrik
    Deutsche Waffen- u. Munitionsfabrik
    Deutsche Waffen- und Munitionsfabrik, Haupfront
    Messingherstellung in einer Halle
    Die charakteristische Hauptfront der DWM-Fabriken enstand 1912. | © Foto: Andreas Muhs
    Adresse

    Eichborndamm 105-177,
    Miraustraße 10-42
    13403 Berlin-Reinickendorf

    Industriekultur erleben

    JuniorRoute: Sek 1
    JuniorRoute: Sek 2

    Best of

    Krieg und Frieden

    Deutsche Waffen- u. Munitionsfabrik

    Der ausgedehnte Industriestandort in Borsigwalde ist in seiner Entwicklung und Nutzung eng mit der deutschen Militär- und Politikgeschichte verbunden. In beiden Weltkriegen versorgten die hier angesiedelte Munitionsfabrik deutsche Soldaten mit Waffen und Munition. Für die Kriegsproduktion im zweiten Weltkrieg enstehen um das Gelände herum mehrere Zwangsarbeiterlager.

    Jeweils nach Kriegsende müssen die Betriebe ihre Produktion auf zivile Güter umzustellen.

    Heute wird ein Teil der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude der Munitionsfabrik von Archiven wie dem Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchiv genutzt, die der Geschichte und der Erinnerung verpflichtet sind. Im Zentrum des Areals ist die aktive industrielle Produktion mit einem Hersteller von Messingstangen, Profilen und Drähten weiter vertreten.


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  • AEG-Apparatefabrik
    AEG-Apparatefabrik