
Route 8
Kanal und Industrie
Tagesausflug: 20 km, 17 Sehenswürdigkeiten
Startpunkt: S-Bahnhof Lankwitz
Endpunkt: S-Bahnhof Wannsee
Strecke: Uferwege, Nebenstraßen und Radwege
Die Fahrradroute »Kanal und Industrie« führt vom S-Bahnhof Lankwitz entlang des Teltowkanals über Kleinmachnow bis zum S-Bahnhof Wannsee. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entsteht entlang der Kanalufer eine gemeinsame märkisch-berlinische Industrielandschaft. Im Kalten Krieg trennt der Kanal dagegen 40 Jahre lang die beiden deutschen Staaten. Heute verbindet er wieder historische und moderne Industrielandschaften.
1906 eröffnet Kaiser Wilhelm II. höchstpersönlich den Teltowkanal. Hochinnovativ ist die elektrische Version des uralten Treidelns. Elektroloks ziehen die Dampfschiffe bei ausgeschaltetem Motor durch den Kanal, um die Kanalufer vor Zerstörung durch Wellenschlag zu schützen. Dieses Verfahren wird zur technischen Blaupause für den Schleppverkehr auf dem 1914 eröffneten Panamakanal.
Die Elektrifizierung des Kanals ist Anfang des 20. Jahrhunderts beispiellos. Die größeren der 15 Hafenanlagen sind mit Industriebahnen erschlossen. Moderne Straßenbahnen überqueren viele der 55 Brücken. Kanalkraftwerke versorgen die neuen Gewerbegebiete und schaffen ideale Bedingungen für die Berliner Industrie, die im Stadtzentrum nicht mehr expandieren kann. Unternehmen aus den Bereichen Optik, Feinmechanik, Elektronik, Kommunikationstechnik sowie Chemie und Automatisierungstechnik siedeln sich entlang des Teltowkanals an.
Wegebeschaffenheit
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Grenzübergangsstelle Drewitz / Checkpoint Bravo
Tatort wird Lernort
Der einstige Kommandantenturm ist das letzte Zeugnis der Grenzübergangsstelle Drewitz. | © bzi/Foto: Max Braun Eine kleine Gruppe hat sich im Spätherbst 1989 vor einem strahlend gelben Banner aufgestellt: „10.347 Tage haben wir darauf gewartet – Kleinmachnow grüßt Düppel“. Es ist die Freude über die völlig unerwartete Öffnung der hochgerüsteten innerdeutschen Grenze.
Westdeutsche und alliierte Stellen sprechen bewusst nur von Kontrollpunkten, weil sie das innerdeutsche Grenzregime der DDR nicht völkerrechtlich legitimieren wollen. Die DDR-Führung spricht dagegen von Grenzkontrollpunkten. Rund um West-Berlin errichtet die DDR ab 1948 solch militärisch geführte Grenzübergangsstellen. Der Kommandantenturm ist das letzte Zeugnis des Grenzkontrollpunkts Drewitz.
In Sichtweite in Dreilinden fertigen die West-Alliierten am Kontrollpunkt Checkpoint Bravo ab 1969 Militärtransporte ab. Für diesen Checkpoint entstehen bis 1972 neue Abfertigungsgebäude, ein Zollbrückenhaus sowie Tankstellen und eine Raststätte, die als markante Baudenkmäler allesamt bis heute erhalten sind.
Zwanzig Jahre zuvor befand sich der Checkpoint Bravo etwa drei Kilometer südwestlich in Berlin-Zehlendorf, dort, wo die Reichsautobahn den Teltowkanal kreuzt. Nach dem Mauerbau 1961 wird dieser Kontrollpunkt der Alliierten für die DDR zum Problem. Die Anlage liegt auf einer West-Berliner „Halbinsel“. Die dort einreisenden Fahrzeuge fahren anschließend noch einmal unkontrolliert durch DDR-Gebiet, bevor sie tatsächlich die West-Berliner Stadtgrenze erreichen. Die DDR-Führung scheut keine Kosten und lässt bis 1969 eine neue Autobahntrasse weiter östlich bauen und verlegt den Checkpoint Bravo der West-Alliierten nach Dreilinden.
Die Initiative Checkpoint Bravo e. V. bringt seit 2009 die komplexe Geschichte der Grenzübergänge näher. Eine kostenlose Ausstellung im ehemaligen DDR-Kommandantenturm sowie ein Grenzlernpfad verwandeln den Ort der einstigen DDR-Grenzkontrolle in einen Lernort.Adresse
Albert-Einstein-Ring 45a
14532 KleinmachnowIndustriekultur erleben
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Dreilinden-Maschinenbau GmbH
Geheime Rüstungsindustrie
In der Fabrik mit dem verschleiernden Namen Dreilinden-Maschinenbau GmbH werden im Zweiten Weltkrieg kriegswichtige Motorenteile hergestellt. | © Julius Kühn-Institut (JKI)/Archiv Ohne die Lichtmaschinen, Anlasser und Einspritzpumpen der Firma Bosch kann kaum ein Flugzeug der deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg fliegen. Produziert werden die kriegswichtigen Motorenteile in einer geheimen Fabrik im Wald bei Kleinmachnow, unter dem Tarnnamen „Dreilinden Maschinenbau GmbH“.
Das Tochterunternehmen des Bosch-Konzerns steht beispielhaft für die strategische Aufrüstung der Nationalsozialisten. Da der Stuttgarter Raum im Kriegsfall schwer zu verteidigen erscheint, drängt das Regime den Konzern schon 1934 zu einer Ausweichfabrik weiter östlich im Reichsgebiet. Deswegen beginnt nur ein Jahr später die geheime Produktion bei Kleinmachnow. Die Anlage hier ist dabei nur eine von zwölf solcher „Schattenfabriken“ weiterer Unternehmen um Berlin – die Reichshauptstadt ist damals auch eine der wichtigsten NS-Rüstungsschmieden.
Schon vor Kriegsausbruch sind Arbeitskräfte bei der Dreilinden Maschinenbau GmbH knapp, danach erst recht. Zunächst freiwillig angeworbene „Fremdarbeiter“ aus ganz Europa werden bald als Zwangsarbeiter ausgebeutet. Es folgen Kriegsgefangene und politische Häftlinge, zusammen ca. 1.800 Menschen. Mit etwa 760 aus Warschau verschleppten Polinnen stellen sie bei Kriegsende mehr als die Hälfte der 5.000 Beschäftigten. Währenddessen steigert die Dreilinden Maschinenbau GmbH ihren Geschäftsumsatz um das 47-fache.
Nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet die sowjetische Besatzung alle Bosch-Vermögenswerte in ihrer Zone. Das Fabrikensemble mit seinen Hallen in Klein-Machnow wird großenteils gesprengt und später neu genutzt. Während der deutschen Teilung fertigen hier bis 1991 mehrere Volkseigene Betriebe (VEB) unter anderem Aluminiumgussteile. In das bis heute erhaltene Eingangsgebäude zieht 1952 die Biologische Zentralanstalt der DDR. Nach der Wiedervereinigung übernimmt die entsprechende Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft die Räumlichkeiten – das heutige Julius Kühn-Institut.
Seit 2003 erinnern eine Plakette am Eingangsgebäude sowie die unweit gelegene KZ-Gedenkstätte am Stahnsdorfer Damm an die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter der Dreilinden Maschinenbau GmbH.Adresse
Stahnsdorfer Damm 81
14532 KleinmachnowIndustriekultur erleben
Wissenswertes
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Gedenkstätte Bosch Zwangsarbeiterlager
Erinnerung an Kriegsverbrechen
Seit 2006 erinnert eine Gedenkstätte an das Bosch Zwangsarbeiterlager. | © bzi/Foto: Max Braun Ab 1941 befindet sich in der Nähe des Teltowkanals ein Barackenlager für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter der Dreilinden Maschinenbau GmbH, einem Tochterunternehmen des Bosch-Konzerns. Lichtmaschinen, Anlasser und Einspritzpumpen von Bosch stecken damals in fast allen Maschinen der deutschen Luftwaffe. Insgesamt 2.600 Zwangsarbeitende aus ganz Europa müssen bei der nahe gelegenen Dreilinden Maschinenbau GmbH Flugzeugteile für die deutsche Luftwaffe fertigen.
Im Barackenlager sind anfangs zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter untergebracht. Später kommen politische Häftlinge und Kriegsgefangene aus ganz Europa dazu. Diese Gruppe wächst in den Kriegsjahren auf über 1.800 Personen an. Nach dem Warschauer Aufstand 1944 kommen noch etwa 760 polnische Frauen aus dem KZ Ravensbrück hinzu. Zusammengepfercht in fensterlosen Kellerräumen unter der Halle K 24 am Stahnsdorfer Damm Nr. 81 bilden sie ein Außenlager des KZ Sachsenhausen. Die verschleppten Polinnen arbeiten in wechselnden Zwölfstundenschichten, Tag und Nacht. Abgeschnitten von der Außenwelt wissen sie nicht, dass in dem nahegelegenen Barackenlager noch viele weitere Menschen ausgebeutet werden. Mehr als die Hälfte der insgesamt 5.000 Beschäftigten der Dreilinden Maschinenbau GmbH sind Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Wer nicht mehr arbeiten kann, wird ins KZ Sachsenhausen geschickt, häufig in den Tod.
Nach Kriegsende verschwinden die meisten baulichen Zeugnisse des Barackenlagers. Erst mit engagierten Heimatforschern und der Berliner Geschichtswerkstatt beginnt in den 1990er-Jahren die Aufarbeitung. Zwar scheitert der Versuch, die letzte Lagerbaracke K 34 zu erhalten, 2006 aber kann die Gedenkstätte eingeweiht werden. Bänder aus Cortenstahl zeichnen seitdem die Konturen der letzten beiden Lagerbaracken vor Ort nach.Adresse
Heidefeld
14532 KleinmachnowIndustriekultur erleben
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Schleuse Kleinmachnow
Laufkatzen und Schleusenknechte
Die Schleuse Kleinmachnow gleicht seit 1905 einen Höhenunterschied von ca. 2,70 Metern aus. | © WSA Spree-Havel, www.wsa-spree-havel.wsv.de Am Westausgang des Machnower Sees errichten die Ingenieure des Teltowkanals, Max Contag und Christian Havestadt, bis 1905 das größte wassertechnische Bauwerk des Kanals: die Schleuse Kleinmachnow. Sie trennt die höhere Wasserhaltung der Dahme und der Spree (Oberhaltung) von der 2,74 Meter tiefer liegenden Havel (Unterhaltung). Zwei große Kammern – eine Nord- und eine Südkammer – ermöglichen den Auf- und Abstieg der Schiffe. Eine Auflage in der königlich-preußischen Baugenehmigung beeinflusst allerdings die Technik und Architektur dieser Zwillingsschleuse maßgeblich. Um mit der häufig geringen Wasserführung der Spree so sparsam wie möglich umzugehen, planen die Ingenieure sogenannte Sparbecken und besonders dicht schließende Hubtore. Für die teuren Tore mit ihren Torketten, Gegengewichten und Elektroantrieben entstehen deshalb die markanten Portalbauten am Oberhaupt (Spreeseite) und Unterhaupt (Havelseite).
Nach ihrer Fertigstellung läuft die Schleuse im zehnstündigen Betrieb unter dem Kommando des Schleusenmeisters. Aus der Schleusnerbude überwacht er, wie die Schiffe von den Treidelloks in die Vorhäfen geführt werden. Schleusenknechte machen die Schiffe dort an den sogenannten Laufkatzen, kleinen Elektroschlitten, fest. Nach Öffnung der Hubtore ziehen diese kleinen Elektroschlitten anschließend die Schiffe in die Schleuse. Danach reduzieren die Sparbecken mithilfe von Verbindungskanälen den Wasserverbrauch. Die Verbindungskanäle gleichen den Wasserstand zwischen den Kammern aus, erst dann wird Oberwasser aus der Spree ein- und abgelassen. Ein Schiff talauf, ein zweites talab – nicht länger als 30 Minuten braucht die Mannschaft für eine solche Doppelschleusung.
Ende der 1930er-Jahre gerät die Schleuse Kleinmachnow in den Fokus der nationalsozialistischen Kriegsvorbereitungen. Damit U-Boot-Druckkörper aus Berlin-Tempelhof an die Seehäfen gelangen können, müssen der Schleusengasthof samt Restaurantterrasse bis 1940 einer dritten, größeren Kammer weichen. Die ehemalige Nordkammer wird zur Mittelkammer. Unter großem Zeitdruck in Stahlspundbauweise mit einfachen Stemmtoren errichtet, ist diese neue Nord-Kammer allerdings keine drei Jahre in Betrieb. Aus Angst vor Bombentreffern wird sie wieder mit Kies verfüllt.
Die Nationalsozialisten verlegen die Verwaltung der Teltowkanal AG nach Kleinmachnow in Brandenburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg holen sich die westdeutschen Eigner die Kanalverwaltung wieder zurück nach West-Berlin. Damit provozieren sie das DDR-Regime, dem das Potsdamer Abkommen 1945 den Betrieb aller Berliner Wasserstraßen zugeschlagen hatte. Die DDR-Behörden revanchieren sich 1950 mit der Sperrung des Teltowkanals zwischen dem West-Berliner Stadtteil Rudow und Kleinmachnow. Damit wird auch die Schleuse stillgelegt.
In den 1970er-Jahren führen die Bundesrepublik Deutschland und die DDR Verhandlungen, um die Beziehungen zu normalisieren und praktische Alltagsprobleme zu lösen. Die Wiederöffnung des Kanals im Jahr 1981 kann als Teil dieser Strategie gesehen werden. Zusammen mit der Öffnung des Kanals geht auch die Schleuse Kleinmachnow mit der inzwischen freigelegten größeren Nord- sowie der Mittelkammer wieder in Betrieb. Die Südkammer steht für immer still.
Besuchende können sich die denkmalgeschützte Wassertechnik an Wochenenden und Feiertagen in der historischen Schleusnerbude erklären lassen. Bis heute finden täglich Schleusungen statt: ein interessantes Erlebnis, das viele Schaulustige anzieht.Mehr über »Berlins Wasserwege« erfahren Sie in den Meilensteinen der Berliner Industriegeschichte.
Adresse
Stahnsdorfer Damm 1
14532 KleinmachnowIndustriekultur erleben
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Triebwagen der Linie 96
Nachfahre der ersten elektrischen Straßenbahn der Welt (1881)
Dieser 1929 gebaute Triebwagen der Linie 96 war bis in die 1960er-Jahre in ganz West-Berlin im Einsatz. | © bzi/Foto: Max Braun Max Contag und Christian Havestadt, die Ingenieure des Teltowkanals (1901-1906), haben einen gemeinsamen Wunsch für die Kleinmachnower Schleuse. Das „interessante, in schöner Landschaft aufgebaute Schleusenbauwerk auch weiteren Kreisen zugänglich zu machen (…), denen nebenbei ein Stück modernen Verkehrslebens von Interesse ist“. Schon 1905 erfüllt sich dieser Wunsch, als die private „Dampfstraßenbahn AG Herrmann Bachstein“ ihre Trasse von Lichterfelde nach Teltow bis zur Schleuse in Kleinmachnow verlängert. Mit den dampfbetriebenen Bahnen besuchen Ausflügler nun täglich die Schleuse.
Damals, um 1900, steht Berlin für Innovationen in der Verkehrstechnik. Die AEG experimentiert mit Untergrundbahnen, während Siemens neuartige Hochbahn-Systeme über bestehenden Straßenverläufen erprobt. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist der elektrische Antrieb der städtischen Bahnen. Im 19. Jahrhundert ist der übrige Eisenbahnverkehr nämlich noch dampfbetrieben. Am 15. Mai 1881 ist es soweit. Siemens & Halske eröffnen die erste strombetriebene Straßenbahn zwischen der Kadettenanstalt in Lichterfelde und dem Bahnhof der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn.
Die private Dampfstraßenbahn AG geht 1906 in den Teltower Kreisbahnen auf, einem Eigenbetrieb des Landkreises. Nur ein Jahr später stellen die Kreisbahnen die Trasse zur Machnower Schleuse auf Elektrobetrieb um. Fortan fahren auch hier moderne elektrische Triebwagen von Siemens & Halske. 1914 besteht der Fahrzeugpark der Kreisbahnen aus 34 Triebwagen, 14 Beiwagen und sieben Arbeitswagen. Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 ersetzen die Verkehrsbetriebe in Ost und West die vorherige Straßenbahnlinie allerdings bis 1966 durch Busse.
An den Straßenbahnbetrieb in diesem Teil Berlins erinnert seit 2009 der Triebwagen Nr. 3587 neben der Schleuse. Er steht an der ehemaligen Endhaltestelle der Straßenbahnlinie 96. Dieser sogenannte Mitteleinstieg-Triebwagen (Baujahr 1929) verkehrte bis in die 1960er-Jahre in ganz West-Berlin. Nach seiner Restaurierung betreibt ihn der Heimat- und Kulturverein Kleinmachnow e. V. als Infozentrum zur Geschichte des Verkehrs in der Region.Adresse
Stahnsdorfer Damm 19
14532 KleinmachnowIndustriekultur erleben
Wissenswertes
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Industriemuseum Region Teltow e.V.
Von der Dampfmaschine zur Digitalisierung
Das Industriemuseum Teltow befindet sich in den Räumen des ehemaligen VEB Zähler und Apparatebau Teltow. | © bzi/Foto: Max Braun Das „Industriemuseum Region Teltow“ zeigt die Geschichte der Industrialisierung und des wirtschaftlichen Wachstums nach dem Bau des Teltowkanals von 1871 bis heute. Die Ausstellung umfasst Produkte aus verschiedenen Branchen der Region, von Porzellan bis Kunststoff (Polymerchemie). Zu den Ausstellungsobjekten gehören auch Steuerungsanlagen für Kraftwerke, die der VEB Geräte- und Regler-Werke (GRW) in Teltow jahrzehntelang fertigte.
Die Produktion endet nach der Wiedervereinigung in den 1990er-Jahren. Damit verschwindet auch das damals bekannte und identitätsstiftende GRW-Emblem aus dem Teltower Stadtzentrum. Aus diesem Anlass gründet sich 2003 ein Förderverein für das Industriemuseum. Der heutige Ausstellungsort ist eine frühere Produktionsstätte des VEB Zähler- und Apparatebau Teltow.
Seit 2019 geht es im jüngsten Ausstellungsbereich beispielsweise um Digitalisierung und die intelligente „Fabrik 4.0“. Das Museum gestaltet auch aktiv die Zukunft des Standorts mit. Als „Informationszentrum Berufs- und Studienorientierung“ vernetzt es seit Jahren junge Menschen mit der regionalen Industrie. Es kooperiert mit Schulen, der Industrie- und Handelskammer und über 200 Unternehmen. Diese Zusammenarbeit führt zu Lehrerfortbildungen, Firmenbesuchen und Projekttagen.
Bei regelmäßigen Vorträgen und Veranstaltungen geht es neben der Digitalisierung um weitere aktuelle Herausforderungen der Industriegesellschaft. Dazu gehören beispielsweise die Themen Nachhaltigkeit und Energiewende.Mehr zum Thema »Repräsentieren und Produzieren in Ost-Berlin« erfahren Sie in den Meilensteinen der Industriekultur.
Adresse
Oderstraße 23-25
14513 TeltowIndustriekultur erleben
Wissenswertes
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Goerzbahn
AG Märkische Kleinbahn e.V.
Vieles erinnert noch an die ehemalige Goerzbahn. | © bzi/Foto: Antje Boshold Mit der Gründung der Zehlendorfer Eisenbahn und Hafen AG (ZEUHAG) möchte der Investor Neuburger 1904 seine Gewerbeflächen im neuen Schönower Industriegebiet entwickeln. Ein Jahr später rollen bereits die ersten Züge zwischen dem Zehlendorfer Stichkanal und dem Bahnhof Lichterfelde West – gezogen von Pferden. Die Pferdebahn schafft Bau- und Rohmaterialien zu den Betrieben und nimmt auf dem Rückweg deren Produkte mit, zum Beispiel aus der Elberfelder Papierfabrik. Erst ab 1915 ziehen Dampfloks die Züge der Goerzbahn.
1918 bezieht die Optische Anstalt C. P. Goerz ihr neues Werk in Schönow und übernimmt die ZEUHAG. Neben Bau- und Rohstoffen befördert die 45 km/h schnelle Goerzbahn jetzt auch die eigenen Mitarbeiter. In der Hochzeit um 1922 sind es fast 1 Million Passagiere im Jahr. Nach dem Zweiten Weltkrieg transportiert die Industriebahn Materialien für die US-Armee und Volkswagen. Noch bis 2018 gehen hier Kunststoffteile für die Kölner Ford-Werke auf die Reise. Aus Rücksicht auf die Nachbarschaft fahren die Züge zuletzt nur noch mit einer lärmreduzierten Geschwindigkeit von 10 km/h.
Seit 1981 erhält der Verein AG Märkische Kleinbahn den stillgelegten Bahnhof Schönow und zeigt dort alte Schienenfahrzeuge und historische Bahntechnik. Nach dem Rückzug des letzten Betreibers der Goerzbahn sind die Eigentumsverhältnisse an der Trasse nicht abschließend geklärt. Das zwingt leider auch den Museumsbahnbetrieb des engagierten Vereins zu einer Pause.Adresse
Goerzallee 313
14167 Berlin-LichterfeldeIndustriekultur erleben
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Goerzwerk
Feine Optik für grobe Geschütze
Mitten im Ersten Weltkrieg entsteht der Komplex des Goerzwerks samt Bahnanschluss. | © bzi/Foto: Max Braun Die Goerz-Anschütz-Moment-Kamera ist eine Sensation! Zum ersten Mal überhaupt lassen sich bewegte Objekte fotografieren. Die 1890 von Optiker Carl Paul Goerz gegründete „Optische Anstalt C. P. Goerz“ steigt damit zu einem der größten Hersteller von Optik und Feinmechanik im Deutschen Reich auf. In Wien, Paris, London und New York unterhält das Unternehmen deshalb Niederlassungen.
Bald verlegt sich die „Optische Anstalt“ allerdings auf präzise Zieloptiken für das Militär. Das bringt strategische Vorteile. Goerz erhält deswegen beispielsweise bevorzugt Material und expandiert. Als das Unternehmen das Stammwerk in Berlin-Friedenau aus Platzgründen nicht mehr erweitern kann, entsteht mitten im Ersten Weltkrieg dieser großzügige Komplex. Die Verkehrsanbindung ist perfekt. Das Gelände erhält einen eigenen Bahnanschluss und einen Hafen, der über den Zehlendorfer Stichkanal mit dem Teltowkanal verbunden ist.
Im Kontrast zur historistischen Friedenauer Fabrik gestaltet der Architekt E. Emsters für das neue Goerzwerk eine streng funktionale Produktionsstätte. Die moderne Eisenbetonbauweise erlaubt eine flexible Aufteilung der Räume, das Flachdach nutzt Goerz für optische Messungen. Emsters plant von Beginn an weiteres Wachstum ein. Das Gelände wird deswegen mit einem modularen Konzept bebaut. Drei Module baut das Unternehmen, 10 weitere wären möglich gewesen.
Carl Paul Goerz avanciert zum Rüstungsproduzenten. Außerdem ist er ein moderner Firmenchef mit sozialem Bewusstsein. Schon am Friedenauer Standort hatte er den 8-Stunden-Tag sowie bezahlten Urlaub eingeführt. Den 12.000 Beschäftigten des neuen Goerzwerks in Schönow bietet er vergünstigten Wohnraum in einer eigenen Werkssiedlung.
Der Versailler Vertrag erzwingt nach dem Ersten Weltkrieg schließlich eine radikale Neuausrichtung des Unternehmens. Nach dem Tod von Goerz 1923 fusioniert sein Sohn Paul Goerz 1926 mit den Jenaer Zeiss-Werken und anderen Unternehmen zur Zeiss-Ikon AG. So rettet er das Unternehmen vor dem Konkurs. Die Produktpalette entwickelt sich hin zur Feinmechanik von Kameras, Studiotechnik und Schließanlagen. Die Firma gehört heute zum schwedischen Assa-Abloy-Konzern.
Das alte Goerzwerk wandelt sich seit 2015 in ein kreatives Gewerbezentrum für Start-ups, Manufakturen und Kultur. Außerdem engagiert sich der Verein Märkische Kleinbahn e.V. um einen Museumsbetrieb mit historischen Schienenfahrzeugen am stillgelegten Bahnhof Schönow.Adresse
Goerzallee 299
14167 Berlin-LichterfeldeIndustriekultur erleben
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Telefunken-Werk Zehlendorf
NS-Rüstungsfabrik wird zur Wohnanlage
Das sachlich-moderne Bauensemble des Telefunken-Werks Zehlendorf fasst 6.000 Beschäftigte. | © bzi/Foto: Max Braun In der „Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegrafie m.b.H.“ entwickeln die eigentlichen Konkurrenten AEG und Siemens ab 1903 gemeinsam Funk- und Nachrichtentechnik. Die Produktentwicklungen für den zivilen Bereich haben allerdings auch großen militärischen Wert. Ab den 1920er-Jahren nutzen die deutschen Streitkräfte die neuen Funk- und Navigationsgeräte, Radaranlagen und Nachrichtensender.
Nach der Machtergreifung beziehen die Nationalsozialisten die Telefunken Gesellschaft in ihre strategischen Kriegsvorbereitungen ein. Die Wehrmacht finanziert deshalb zu einem Drittel die Zusammenführung der verstreuten Produktionsstätten. So entsteht ab 1937 ein neues Werksgelände in Zehlendorf.
Der Siemens-Hausarchitekt Hans Hertlein entwirft ein sachlich-modernes Bauensemble in Stahlskelettbauweise. Schlichte Rasterfassaden und flache Dächer kleiden Werkstätten, Warenlager und Büros. Der neungeschossige Uhrenturm an der Hauptverwaltung macht das 240.000 m² große Areal von weitem sichtbar. Die riesige Asphaltfläche davor entsteht als Teil eines Stadtrings für die von Albert Speer geplante „Welthauptstadt Germania“ und wird als Aufmarschplatz genutzt. Im Zweiten Weltkrieg arbeiten in dem Werk statt der ursprünglich vorgesehenen 6.000 Menschen nun 10.000. Darunter auch hunderte von französischen und polnischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die unter elenden Bedingungen ausgebeutet werden.
Nach dem Krieg macht die US-Armee den Komplex zu einem ihrer drei Stützpunkte in West-Berlin. In den „McNair Barracks“ sind bis zu 2.300 Soldaten und Militärangehörige untergebracht. Sie leben in Mannschaftsheimen und Wohnungen. Eine Schule, eine Kirche, eine Bibliothek, Turnhallen, Läden und ein Kino bringen amerikanischen Lebensstil nach Berlin. Auf Speers unvollendetem Stadtring marschieren schließlich amerikanische GIs.Die Firmenzentrale von Telefunken zieht 1960 in ein neugebautes Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz. Die Architektur des „Haus der Elektrizität“ orientiert sich dem Zeitgeist entsprechend an amerikanischen Wolkenkratzern – nur nicht ganz so hoch.
1976 wird die Fläche am ehemaligen Telefunken-Werk nach dem amerikanischen Unabhängigkeitstag benannt und heißt fortan „Platz des 4. Juli“. Derzeit plant das Land Berlin, die Hälfte des Platzes als Klimaausgleichsfläche zu entsiegeln und damit das Stadtklima zu verbessern.
1994, fünf Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, zieht die US-Armee ab. Nach 2000 entstehen in der ehemaligen Kaserne Wohnungen. Einige der Hauptgebäude werden dafür mit Staffelgeschossen aufgestockt.Adresse
Platz d. 4. Juli
14167 Berlin-LichterfeldeIndustriekultur erleben
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Gedenkstätte KZ-Außenlager
Die Säule der Gefangenen
Seit dem Jahr 2000 erinnert die KZ-Gedenkstätte an das Schicksal der Gefangenen im KZ-Außenlager Lichterfelde. | © bzi/Foto: Max Braun Die täglichen Arbeitskommandos aus dem KZ-Außenlager Lichterfelde bewegen sich ab Juni 1942 zu Fuß und per Bahn zu ihren Arbeitseinsätzen in Berlin. Besonders sichtbar sind die Gruppen aus Tschechen, Polen, Ukrainern, Russen sowie Norwegern, Belgiern, Niederländern, Franzosen und Griechen. Sie müssen nach den immer häufigeren Bombenangriffen zum Trümmerräumen ausrücken. Schon der Bau des KZ-Außenlagers Lichterfelde am Teltowkanal findet ganz offen vor den Augen der Bevölkerung statt. Ab Dezember 1941 errichten KZ-Häftlinge mehrere Häftlingsbaracken, Gebäude für die Lagerleitung und Wachmannschaften sowie einen Bauhof mit Materiallager, Garagen und Werkstätten. Dieses neue Außenlager des KZ Sachsenhausen soll Arbeitskräfte bereitstellen für die sogenannte „Bauleitung Groß-Berlin“.
Die 1.000 bis 1.500 inhaftierten Männer aus fast allen besetzten Ländern Europas leisten Zwangsarbeit für Ministerien, Polizei und die Schutzstaffel (SS). Auch „kriegswichtige“ Firmen wie beispielsweise Telefunken beuten die Zwangsarbeiter aus. Essensentzug, Prügelstrafe und willkürliche Tötung durch die SS-Wachmannschaften gehören zum Lageralltag. Die meisten Häftlinge kommen erst im April 1945 bei der Auflösung des KZ-Außenlagers Lichterfelde zu Tode. Nach dem Abtransport ins Stammlager Sachsenhausen werden die Menschen von dort zu Fuß zur Ostsee getrieben. Viele von ihnen sterben während dieses Todesmarsches. Die SS plant, die noch Lebenden auf Schiffen in der Ostsee zu ertränken. Alliierte Truppen können immerhin das verhindern.
Das KZ-Außenlager Lichterfelde gelangt erst Jahrzehnte später wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, als bei Bauarbeiten Zeugnisse aus der Lagerzeit gefunden werden. Seit dem Jahr 2000 erinnert die „Säule der Gefangenen“ des Bildhauers Günter Oeller an das Schicksal der Zwangsarbeiter in Lichterfelde. Die Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde e. V. veranstaltet dort an jedem 8. Mai eine Gedenkfeier und ein Treffen für alle, die sich in der lokalen Erinnerungsarbeit engagieren möchten.Adresse
Wismarer Str.
12207 Berlin-LichterfeldeIndustriekultur erleben
Wissenswertes
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Heizkraftwerk Lichterfelde
Modernisiert für die Energiewende
Die drei markanten Schornsteine des Heizkraftwerks Lichterfelde werden bis 2026 abgerissen. | © Carsten Seehawer/Wikimedia Commons/CC BY-SA 4.0 Auch die Bezirksbürgermeisterin kommt zur Einweihung, als 2020 das neue Heizkraftwerk Lichterfelde ans Netz geht. Mit regionalem Apfelsaft stößt sie mit den Anwohnerinnen und Anwohnern auf eine nachhaltige Zukunft an. Es ist ein klares Signal: Berlin strebt bis 2045 die Klimaneutralität an. Der teilweise Neubau des Kraftwerks durch den Betreiber Vattenfall ist ein wichtiger Baustein der Energiewende. Das neue Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk produziert in Kraft-Wärme-Kopplung vor allem Fernwärme, aber auch Elektrizität für rund 100.000 Haushalte im Berliner Südwesten. Es verfeuert dafür zwar immer noch Erdgas, senkt seinen CO2-Ausstoß aber um 170.000 Tonnen pro Jahr.
Den ersten Kraftwerksbau errichtet die BEWAG hier von 1970 bis 1972. Der Standort am Hafen Lichterfelde, unmittelbar am Teltowkanal gelegen, ist nicht zufällig gewählt. Denn Schiffe liefern das Schweröl, das damals in drei Kraftwerksblöcken verfeuert wird. Anfang der 1970er-Jahre wird der Hafen zum Kraftwerkshafen umgebaut. Die den Stichhafen abtrennende Landzunge verschwindet schließlich. Ohne sie kann das Kühlwasser einfacher ins Kraftwerk geleitet werden.
Die BEWAG modernisiert das Heizkraftwerk Lichterfelde mehrfach. 1983 erhält die Anlage beispielsweise eine erste Rauchgasentschwefelung. Zwischen 1988 und 1998 stellt das Unternehmen alle drei Blöcke von Schweröl auf Erdgas um. Statt der bisherigen Anlieferung des Öls per Schiff strömt das Gas nun über eine Festleitung ins Kraftwerk. Der einstige Kraftwerkshafen verliert somit seine Funktion. Fortan dient er einem Recyclingunternehmen als Verladestelle.
Ab 2012 wird das alte Kraftwerk abgerissen. Der damalige Eigentümer Vattenfall errichtet am Standort ein modernes Heizkraftwerk mit effizienter Kraft-Wärme-Kopplung, das 2020 ans Netz geht. Zwei Kühltürme sowie das Verwaltungs- und Sozialgebäude des historischen Kraftwerks sind in die neue Anlage integriert. Heutiger Betreiber ist die BEW Berliner Energie und Wärme AG. Die hier produzierte Fernwärme speist die BEW durch zwei gut sichtbare Rohre über den Kanal hinweg in das Berliner Wärmenetz ein. Die drei markanten Schornsteine des alten Kraftwerks werden bis 2026 rückgebaut und verschwinden letztlich aus der städtischen Silhouette.Adresse
Ostpreußendamm 61
12207 Berlin-LichterfeldeIndustriekultur erleben
Wissenswertes
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Treidellok
Schiffe im Schlepptau
Eine sogenannte Treidellok, die mit Elektrokraft angetrieben Kähne gegen die Strömung des Teltowkanals zog, kann heute noch besichtigt werden. | © Axel von Blomberg Wie sollen sich die Schiffe im Teltowkanal eigentlich fortbewegen? Das ist keine leichte Frage für die Ingenieure, denn die finanziellen Mittel des Landkreises reichen Anfang des 20. Jahrhunderts nicht aus, um die Kanalufer so auszubauen, dass sie dem Wellenschlag von selbstfahrenden Dampfschiffen standhalten. Alle technischen Anforderungen der Teltowkanal-Bauverwaltung erfüllt schließlich ein Vorschlag der Firma Siemens & Halske: eine elektrische Version des uralten Treidelns.
Schon die Römer treideln auf dem Rhein. Menschen oder Tiere ziehen damals von einem „Leinpfad“ am Ufer aus Schiffe an einer Treidelleine gegen die Strömung. Erst im Jahr 1873 kommt eine dampfgetriebene Treidellokomotive in Frankreich zum Einsatz. Zwischen 1898 und 1901 erprobt die Firma Siemens die erste elektrische Treidellok am Finowkanal. Am Teltowkanal geht im Juni 1906 ein Fuhrpark von 20 Treidelloks an den Start. Der erfolgreiche elektrische Betrieb liefert die technische Blaupause für den Schleppverkehr auf dem 1914 eröffneten Panamakanal.
Damit eine 7,5 Tonnen schwere Treidellok vom Zug des Schleppseils nicht in den Teltowkanal gerissen wird, konzipieren die Siemens-Ingenieure die Bauweise der Lok asymmetrisch. Alle schweren Bauteile befinden sich deshalb auf der Landseite der Lok. Zusätzlich ist das wasserseitige Gleis zwei bis drei Zentimeter höher verlegt. Damit ist die Lok davor geschützt, in den Teltow-Kanal zu kippen.
Mit ihrem 8 PS-Elektromotor bewegt eine Lok zwei Kähne mit 4 km/h durch den Kanal. Kommt ein ankerndes Schiff in den Weg des gespannten Schleppseils, hebt der Lokführer das Seil mit dem Treidelmast darüber hinweg. Einfahrten in Hafenbecken und Zweigkanäle, die die Treidelgleise (den Leinpfad) unterbrechen, überfahren die Loks auf sogenannten Leinpfadbrücken. Über solche Brücken wechseln die Loks am Kanalende außerdem die Uferseite, übernehmen den nächsten Schleppverband oder kehren in ihr Depot auf dem Betriebshof Schönow zurück. In der Hochzeit am Ende der 1930er-Jahre verkehren saisonabhängig drei bis fünf Schleppzüge täglich in beide Richtungen.
Im Frühjahr 1945 sprengen deutsche Truppen im Kampf um Berlin die letzten Kanal- und Leinpfadbrücken. Was von der zerstörten Treidelbahn noch zu gebrauchen ist, demontieren später die Sowjets. Aber nicht alles wird in die Sowjetunion geschafft. Das Mittelteil der Leinpfadbrücke, die einst den Steglitzer Hafen überspannte, führt heute als „Edenkobener Steg“ von Steglitz-Südende hinüber nach Lankwitz.Adresse
Königsberger Str.
12207 Berlin-LichterfeldeIndustriekultur erleben
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Hafen Steglitz
Freizeitkapitäne im Industriehafen
Der Hafen Steglitz ist einer von 15 Hafenanlagen am Teltowkanal. | © Jutta Goedicke Die Abendsonne taucht die kleine Landzunge, die den Hafen Steglitz vom Teltowkanal abschirmt, in warmes Licht. Zwischen Birken und Weiden duckt sich ein Holzschuppen in skandinavischem Rot-Weiß. Der Sport- und Freizeithafen Steglitz vermittelt Urlaubsatmosphäre. Der Motor-Rennboot-Club Berlin e. V. betreibt ihn bereits seit 1994 als seinen Heimathafen. Das kleine Hafenbecken bietet Liegeplätze auch für Gäste. Sie versorgen sich auf dem Gelände mit Strom und Frischwasser, können duschen und waschen.
Ganz anders die Szenerie nach Eröffnung des Teltowkanals 1906: Auf den weitgehend unbebauten Kanalufern stehen vereinzelt Verladekräne. Schüttgut lagert in großen Pyramidenhaufen. Insgesamt entstehen 15 Hafenlagen am Teltowkanal. Zehn davon sind kleinere Verladeanlagen. Ein Gaswerkshafen liegt in Mariendorf. Vier Stichhäfen, die nicht unmittelbar an der Wasserstraße liegen, befinden sich in Britz-Ost, Tempelhof, Lichterfelde – und hier in Steglitz.
Der historische Wasserlauf des Bäkefließ, der weitgehend im Kanalbau aufgeht, hat hier einen weichen Boden. Gute Voraussetzungen, um ein Hafenbecken auszuheben. Mit seinen Häfen und Verladeanlagen lockt der Teltowkanal wie erhofft neue Gewerbegründungen und Umsiedlungen aus der enger werdenden Berliner Innenstadt in den Landkreis Teltow.
Nach dem Kanalbau ist es zunächst die Firma Elbe & Ludwig, die im Steglitzer Hafen ein großes Holzlager betreibt. Baumaterialien sind gefragt für die zunehmenden Bauvorhaben entlang des Kanals, darunter auch zahlreiche Wohnsiedlungen.
Mit dem angrenzenden Bau des Kraftwerks Steglitz 1910-1911 wird der Hafen zur Entladestation der dort verfeuerten Energieträger. Das sind zunächst Steinkohle, später Schweröl. Bis in die 1970er-Jahre prägen Öltanks und eine Pumpstation das Hafenbild. Niemand hätte hier damals einen Urlaubstag verbracht. Erst mit der Stilllegung des Kraftwerks im November 1994 verwandelt sich der Hafen Steglitz in einen einladenden Freizeitort.Adresse
Teltowkanal
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Wissenswertes
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Radio Loewe
Verfolgte Pioniere des Rundfunks
1924 zieht die Produktion der Rundfunkempfänger von Radio Loewe nach Steglitz. | © Axel von Blomberg Am 29. Oktober 1923 wird die erste Radio-Unterhaltungssendung aus dem Berliner Vox-Haus am Potsdamer Platz ausgestrahlt. Es ist die Geburtsstunde des Rundfunks in Deutschland. Bereits im Januar 1923 hatten die Brüder David und Siegmund Loewe die Radiofrequenz GmbH gegründet. Es folgen weitere Loewe-Gründungen im selben Jahr, alle entwickeln Radiotechnik: Elektronenröhren, Widerstände, Lautsprecher.
Siegmund Loewes technisches Genie treibt das Unternehmen an. Zusammen mit dem Physiker Manfred von Ardenne entwickelt er die bahnbrechende Dreifach-Elektronenröhre „3NF“, einen der ersten integrierten Schaltkreise. Sie macht den „Ortsempfänger Loewe OE 333“ ab 1926 zu einem der meistverkauften Radiogeräte im Deutschen Reich.
1924 errichten die Brüder am Teltowkanal im Bezirk Steglitz ein Werk für die Einzelteil- und Empfängerfertigung. Bis zum Ende der 1920er-Jahre entwickelt sich ein Geflecht verschiedener Tochter- und Zweigunternehmen an unterschiedlichen Standorten. 1930 vereinigen die Brüder das entstandene Firmengeflecht unter dem neuen Namen „Radio AG D. S. Loewe“. Fortan produziert das Unternehmen nur noch hier in Steglitz. Bereits 1931 stellt die Firma das erste serienreife Fernsehgerät vor. Kurz zuvor gründen die Loewes zusammen mit weiteren Technologiefirmen die „Fernseh AG“, eine der wenigen Firmen in Deutschland, die sich ganz den Forschungs- und Entwicklungsarbeiten am neuen Medium Fernsehen verschreibt.
Unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wird die jüdisch-christliche Loewe-Familie in Rufmordkampagnen verleumdet. Siegmund Loewe stemmt sich mit der Gründung von Auslandsgesellschaften aktiv gegen die drohende Enteignung. Die erzwungene „Arisierung“ der Radio AG D. S. Loewe erfolgt 1938 während einer Geschäftsreise Loewes in die USA.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erhält Siegmund Loewe zumindest seine Unternehmen in Westdeutschland zurück. Im fränkischen Kronach baut er einen neuen Firmensitz auf und treibt die Entwicklung der Unterhaltungselektronik bis zu seinem Tod 1962 mit dem Farbfernsehen weiter voran. Die Radioproduktion im Steglitzer Stammwerk endet allerdings 1979. Im Ergebnis zweier Insolvenzverfahren existiert „Loewe“ seit 2021 noch als Markenname. Die traditionsreiche Manufaktur ist heute ein weltweit agierendes Unternehmen mit Hauptsitz und Produktionsstandort in Kronach.Adresse
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12247 Berlin-SteglitzIndustriekultur erleben
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Kraftwerk Steglitz
Hochspannung für Berlin und Hollywood
Im 1911 errichteten Kraftwerk Steglitz werden werden in den 1930er-Jahren zugleich Elektrizität und Fernwärme produziert. | © Andreas Muhs Die verschiedenen Funktionsbereiche des Kraftwerks Steglitz sind in unterschiedlich großen Backsteingebäuden um das zentrale Maschinenhaus angeordnet. Die heute leerstehenden Hallen sind aufgrund ihrer Architektur immer wieder Kulisse für internationale Filmproduktionen. Dazu gehört beispielsweise die Matrix-Reihe, die Ende der 1990er-Jahre entsteht. Dabei ist das Kraftwerk Steglitz selbst Teil einer spannungsgeladenen Geschichte: die der Berliner Energieversorgung.
Keine acht Monate benötigen der Architekt Hans Heinrich Müller und der Ingenieur Martin Rehmer, bis das neue Drehstromkraftwerk am 15. März 1911 seinen Betrieb aufnimmt. Wie viele Bezirke Berlins ist Steglitz damals eine eigenständige Gemeinde und auf die Unabhängigkeit seiner Versorgung bedacht. Die technischen Voraussetzungen für einen Kraftwerksbau hatte der Teltowkanal 1906 geschaffen: Steinkohle kommt in Lastkähnen, Kühlwasser direkt aus dem Kanal.
Mit dem Groß-Berlin-Gesetz 1920 wird das Kraftwerk ein Knoten im Netz der BEWAG, der Berliner Städtischen Elektrizitätswerke AG. Umgerüstet zum Heizkraftwerk produziert das Kraftwerk Steglitz in den 1930er-Jahren Fernwärme und Elektrizität mit der ersten konsequenten Kraft-Wärme-Kopplung im Deutschen Reich. 1939-1940 kommt das heute noch erhaltene große Abspannwerk hinzu.
Nach dem Zweiten Weltkrieg folgen technische Modernisierungen der teilzerstörten Anlage. Bis 1963 stellt die BEWAG die Feuerung von Steinkohle auf Schweröl um. Dafür werden am Teltowkanal Öltanks installiert. Auf dem früheren Kohlelagerplatz entsteht die erste West-Berliner Gasturbine. Was die Innovationen im Kraftwerk Steglitz antreibt, ist die unsichere Insellage West-Berlins im Kalten Krieg. Um die von allen umliegenden Netzen abgeschnittene „Strominsel“ im Notfall abzusichern zu können, entsteht hier bis 1986 die damals weltgrößte Batteriespeicheranlage.
Niemand ahnt damals, dass das Kraftwerk samt Batteriespeicheranlage nur vier Jahre später – nach dem Fall der Berliner Mauer – seinen Zweck verlieren wird. Nachdem Berlin ab 1990 Teil des neuen gesamtdeutschen Stromnetzes wird, endet die Energieproduktion in Steglitz im Jahr 1994.
Heute betreibt der Stromanbieter Vattenfall auf dem Gelände noch ein Umspannwerk. Im ehemaligen Batteriespeicher erzählt das ehrenamtlich betriebene Energie-Museum Berlin die Geschichte der stadteigenen Energieversorgung weiter.Mehr über die »Elektropolis Berlin« erfahren Sie in den Meilensteinen der Berliner Industriegeschichte.
Adresse
Birkbuschstraße 41
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Siemensvilla
Ein Herrenhaus, zwei Industrielle
Die Correns- bzw. Siemensvilla wird ab 1919 erbaut. | © bzi/Foto: Max Braun Mit ihren Kleinbatterien befeuert die Akkumulatorenfabrik AG aus Berlin-Oberschöneweide zu Beginn des 20. Jahrhunderts den ersten Boom der Elektromobilität. Die transportablen Batterien der Marke VARTA (Vertrieb, Aufladung, Reparatur transportabler Akkumulatoren) stellt das Unternehmen in Massenproduktion her. Friedrich Christian Correns ist ihr kaufmännischer Direktor und kommt dabei zu viel Geld. Ab 1905 kauft er in der Gartenstadt Lankwitz sechs benachbarte Grundstücke von insgesamt 37.000 m² und beauftragt den Architekten Albert Denzel mit dem Entwurf für ein repräsentatives Herrenhaus.
Das Richtfest im August 1914 fällt bereits in den beginnenden Ersten Weltkrieg. Unterstützt vom Kaiserhof, kann Correns auch in diesen unsicheren Zeiten auf beste Materialien und Handwerker zurückgreifen. Nach der Gestaltung des Gärtner-, Chauffeur- und Pförtnerhauses kommt es zu Unstimmigkeiten mit dem Architekten Denzel. Gemeindebaurat Fritz Freymüller übernimmt anschließend die Planung des Haupthauses. Hinter einer klassizistisch-barocken Fassade verteilt er 3.800 m² auf 73 Räume, davon allein 18 Zimmer fürs Personal. Für die Freizeitgestaltung der Bewohnerinnen und Bewohner stehen ein Billardraum, eine Kegelbahn sowie eine Trinkstube zur Verfügung. Fast alle Räume verfügen über einen Telefonanschluss, damals hochmodern und äußerst selten.
1925 erwirbt Werner Friedrich von Siemens, ein Enkel des Firmengründers Werner von Siemens, das Anwesen samt Parkanlage. Der Musikliebhaber lässt die Gewächshäuser für einen Konzertsaal abreißen. Begleitet von einer Wurlitzer-Orgel und vor 500 Gästen dirigiert er dort auch selbst.
Weite Teile der Innenausstattung sind in der denkmalgeschützten „Siemensvilla“ noch im Originalzustand erhalten. Orchester- und Radioproduktionen nutzen die exzellente Akustik des Musiksaals bis heute für ihre Aufnahmen. Die übrigen Räumlichkeiten teilen sich seit 2012 zwei private Hochschulen. An regelmäßigen „Offenen Campustagen“ sind die Räumlichkeiten für Gäste zugänglich.Adresse
Calandrellistraße 1-9
12247 Berlin-SteglitzÖffnungszeiten
Café Siemensvillla
Öffnungszeiten: Mo bis FrIndustriekultur erleben
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S-Bahnhof Wannsee
Verkehrstempel für Sonnenhungrige
Das Empfangsgebäude des S-Bahnhofs Wannsee stammt aus den späten 1920er-Jahren. | © A. Savin, via Wikimedia Commons Stadtbahn, Wannseebahn, Friedhofsbahn und Wetzlarer Bahn: Die Betriebsabläufe am alten Bahnhof Wannsee sind über die Jahre immer komplizierter geworden. Deswegen ordnet der 1928 errichtete Fern- und S-Bahnhof Wannsee die Vorort- und Fernbahnverkehre neu. Im selben Jahr fertiggestellt wie der Bahnhof Westkreuz, ist auch dieser Bahnhof Teil der „Großen Elektrifizierung“ der Berliner S-Bahn. Sie befreit die Bevölkerung nicht nur vom Rauch vieler Dampflokomotiven, sondern erweitert auch die Trassen, auf denen die Bewohnerinnen und Bewohner der Innenstadt an die grünen Ränder der Stadt strömen.
Gut 50 Jahre zuvor hat sich Prinz Friedrich Karl von Preußen für einen Verkehrsanschluss der neuen Villenkolonie am Wannsee stark gemacht. 1874 eröffnet zusammen mit der Wannseebahn das erste – heute nicht mehr erhaltene – Bahnhofsgebäude am Wannsee. Als Empfangsgebäude wird der hölzerne „Kaiserpavillon“ der Wiener Weltausstellung (1873) für einige Jahre wieder aufgebaut.
Mit dem neuen S-Bahnhof Wannsee kommt 1928 die Moderne nach Wannsee. Der Oberbaurat der Reichsbahn Richard Brademann errichtet das Bahnhofsgebäude zusammen mit einem Verwaltungs- und einem Servicetrakt samt Hotel und Restaurant. Die Kuppel der achteckigen Schalterhalle verjüngt sich in zwei Stufen nach oben. Die Halle mit ihren spitzbogigen Eingängen und Fenstern erinnert an einen Sakralbau: Ein Bahnhof als expressionistischer „Verkehrstempel“.
Mit dem Bau der Berliner Mauer wird der S-Bahnhof Wannsee 1961 zum Endbahnhof. Erst nach dem Transitabkommen zwischen beiden deutschen Staaten halten hier ab 1976 wieder Transitzüge auf ihrem Weg von und nach West-Berlin. Heute ist der Bahnhofsvorplatz wieder Treffpunkt, Verkehrsknotenpunkt und Geschäftszentrum. Von hier strömen Sonnenhungrige an heißen Sommertagen zur Fähranlegestelle und zum Strandbad Wannsee.
Wer in den Eingangsarkaden des Bahnhofs nach oben blickt, entdeckt die originalen Leuchten und Bronzereliefs aus dem Jahr 1928. Vom früheren Ausbau der 1880er- und 1890er-Jahre zeugen noch die gusseisernen Bahnsteigüberdachungen.Adresse
Kronprinzessinnenweg 250/251
14109 Berlin-ZehlendorfIndustriekultur erleben
Fahrradroute: Kanal und Industrie
Fahrradroute: Natur und Infrastruktur -
Energie-Museum Berlin
Jenseits der Steckdose
iErbaut
1909 - 1911, UmbautenBauherr
Gemeinde SteglitzArchitekt
Hans Heinrich Müller u.a.Früher
Batteriespeicheranlage am Kraftwerk SteglitzHeute
MuseumDas Energie-Museum zeigt Objekte der Erzeugung, Versorgung und Nutzung von Energie, wie diese Erregermaschine der AEG. | © Energie-Museum Berlin Wie wird eigentlich Strom gemacht und wer verteilt den Strom im Netz? Welche elektrischen Geräte gab es vor 100 Jahren? Und was ist eine Strominsel? Die Antworten auf diese sowie weitere Fragen finden Sie im Energie-Museum Berlin. Auf vier Etagen zeigt das Museum über 5.000 Exponate aus der Geschichte der „Elektropolis Berlin“. Darunter findet sich allerlei Überraschendes:
- Das seltenste Exponat ist eine 20.000-Watt-Glühlampe. In den 1950er-Jahren beleuchtet diese den gesamten Vorplatz des Berliner Bahnhofs Zoo.
- Das größte Objekt ist eine Litfaßsäule. Mit einer Höhe von fünf Metern bietet sie nicht nur ausreichend Platz für Plakate, sondern auch für eine ganze Umspannstation in ihrem Inneren.
- Ein spezielles Objekt im Museum ist eine schwarze Taste aus dem Jahr 1994. Der Regierende Bürgermeister Eberhardt Diepgen schließt mit diesem Objekt West-Berlin an das westeuropäische Verbundnetz an. Nach 40 Jahren ist West-Berlin seitdem keine Strominsel mehr.
Das Energie-Museum Berlin selbst ist ein Beispiel für die Geschichte der Energieversorgung der Stadt. Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt die Gemeinde Steglitz mit dem Bau von kommunalen Versorgungseinrichtungen wie beispielsweise dem Hafen Steglitz am Teltowkanal und einem eigenen Kraftwerk. Dieses liefert ab 1911 Strom, unter anderem für den Betrieb einer Straßenbahn und einer Eisfabrik. Nachdem Steglitz 1920 zu Groß-Berlin eingemeindet wird, übernehmen die Berliner Städtischen Elektrizitätswerke Aktien-Gesellschaft (BEWAG) das Kraftwerk. Die Teilung der Stadt nach 1945 führt anschließend zum Aufbau einer unabhängigen Stromversorgung in West-Berlin. Auch deshalb entsteht am Standort Steglitz 1987 die damals größte Batteriespeicheranlage der Welt.
Mitten im Kalten Krieg fürchtet die an kein Verbundnetz angeschlossene Strominsel West-Berlin eine erneute sowjetische Blockade – wie die Berlin-Blockade 1948/49, die sich tief ins Gedächtnis der Bevölkerung gegraben hat. Erst im Jahr 1986 – drei Jahre vor dem Fall der Berliner Mauer – installieren BEWAG-Ingenieure in dem dreigeschossigen Beton-Ziegelstein-Bau 1.416 Batterieblöcke. Jeder einzelne Block wiegt fast eine Tonne. Bei einem plötzlichen Leistungsabfall stabilisieren 14,4 MWh aus der Anlage das West-Berliner Inselnetz, bis schnellstartende Gasturbinen die Versorgung übernehmen. Diese neuartige Speicheranlage weckt weltweite Aufmerksamkeit.
Auf die politische Wiedervereinigung 1990 folgt wenige Jahre später die elektrische Vereinigung der west- und ostdeutschen Stromnetze. Das Kraftwerk Steglitz wird 1994 stillgelegt. 2001 öffnet im Gebäude der ehemaligen Batteriespeicheranlage das Energie-Museum Berlin seine Pforten. Einer der Batterieblöcke ist bis heute erhalten. Viele der ausgestellten Exponate sind weiterhin funktionstüchtig. Anfassen und Ausprobieren sind ausdrücklich erwünscht! Feste Öffnungszeiten gibt es nicht. Stattdessen führen Ehrenamtliche regelmäßig durch die Ausstellung. Ungewiss ist allerdings, wie lange noch: Der denkmalgeschützte frühere Energiespeicher soll für einen neuen Netzknotenpunkt abgerissen werden.Die Meilenstein der Berliner Industriegeschichte widmen sich auch der »Elektropolis Berlin« und der »Insel West-Berlin«.
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Teltowkanalstraße 9
12447 Berlin-SteglitzAnfahrt
Bus: 186, 283 (Haltestelle Teltowkanalstr.), 380 (Haltestelle Mozartstr.)
Öffnungszeiten
Im Rahmen von Führungen und an Aktionstagen zugänglich
Eintritt
Eintritt frei, Spenden willkommen
Führungen
Expressführung i.d.R. letzter Sa. im Monat, 11:00 bis 12:00 Uhr
Individuelle Führungen nach Vereinbarung
Barrierefreiheit
Eingeschränkt
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