Adresse
Tempelhofer Feld
12049 Berlin-Tempelhof
Industriekultur erleben
Ballonhalle
Aufstieg im Dienst der Wissenschaft
Acht Offiziere, ein ziviler Ballonführer und 29 Soldaten werden 1884 nach Schöneberg abkommandiert. Am Westrand des Tempelhofer Feldes soll das neue „Ballon-Detachement“ das militärische Potenzial der ersten Luftfahrzeuge für die preußische Armee erproben. Die Ballonhalle der Truppe dürfen bald auch Tüftler und Luftfahrtpioniere nutzen – und die Wissenschaft. Deswegen können Professoren des „Königlich Preußischen Meteorologischen Instituts“ bei insgesamt 75 bemannten Ballonaufstiegen Luftdruck, -temperatur und -feuchtigkeit in steigender Höhe messen.
Gut 50 Jahre später, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, ist das Tempelhofer Feld allerdings ein von US-Truppen besetzter Flughafen. Präzise Wetterdaten liefern inzwischen Radiosonden – kleine aerologische Messgeräte, die an unbemannten Wetterballons in die Atmosphäre aufsteigen. Um 1950 baut die U.S. Air Force eine alte Peilanlage im Osten des Tempelhofer Felds dafür zur Flugwetterstation um. In einer hölzernen Ballonhalle werden die Wetterballons für ihren Aufstieg mit Wasserstoff befüllt. 1956 übernimmt das Institut für Meteorologie und Geophysik der Freien Universität Berlin (FU Berlin) die Einrichtung als „Aerologische Station“.
Neue, besonders lange Spezialballons sollen in den 1960er-Jahren bis zu 50 Kilometer in die Atmosphäre aufsteigen – aber in der kleinen Füllhalle sind die teuren Ballons kaum zu befüllen. 1965 lässt die FU Berlin deshalb die heute erhaltene, zehn Meter hohe Ballonhalle mit achteckigem Grundriss errichten. Die leichte Stahlgerüstkonstruktion soll dem Druck einer möglichen Wasserstoffexplosion nachgeben und ist mit feuerhemmenden (asbesthaltigen) Eternitplatten verkleidet. In dem 1974 ergänzten Anbau präparieren Mitarbeiter des Deutschen Wetterdienstes die „Targets“, kleine reflektierende Anhänger, die den Aufstieg der Ballons auf dem Radar anzeigen.
Am 9. Juni 1966 erreicht ein Wetterballon von hier aus die Weltrekordhöhe von 51.388 Metern – ein großer Erfolg für die Erforschung der Stratosphäre. Ein neues aerologisches Messsystem automatisiert ab 1984 die Aufstiege der Radiosonden weitgehend. 1993 endet mit der Schließung der Flugwetterstation auch der Betrieb der Ballonhalle.