Adresse
Flughafen Tempelhof
Ehrenhof
Platz d. Luftbrücke 2
12101 Berlin-Tempelhof
Industriekultur erleben
Ehrenhof mit Adlerkopf
Selbstdarstellung des NS-Regimes
Die Eisengussteile sind zu mächtig für die Schneidbrenner. Im Frühjahr 1962 mühen sich die Mitarbeiter der Firma Böttcher & Klapper mehr als zwei Wochen, bis die gewaltige Eisenplastik eines Reichsadlers über dem Ehrenhof am Flughafen Tempelhof abgetragen ist. Das 1941 aufgestellte, über sieben Tonnen schwere Hoheitssymbol des NS-Staates verschwindet aber nicht aus politischen Gründen. Die Mitarbeiter entfernen es, um Platz für eine moderne Radaranlage auf dem Dach der Eingangshalle zu schaffen.
„Entnazifiziert“ hatten die US-amerikanischen Alliierten den Adler bereits zuvor auf kreative Weise. Kurz nach Kriegsende überdecken sie das Hakenkreuz unter den Adlerkrallen mit einem eigenen Flaggenemblem. Vor dem amerikanischen Unabhängigkeitstag am 4. Juli 1947 erhält der Adler dann einen hellen Anstrich an Kopf und Krallen. Damalige Farbaufnahmen zeigen den amerikanischen Weißkopfseeadler über dem „Eagle Square“, wie die US-Truppen den Ehrenhof nennen.
In Entwürfen aus den 1930er-Jahren bilden der 1936 errichtete Ehrenhof und die abschließende Eingangshalle den Höhepunkt der repräsentativen Stadtseite des neuen Flughafens. Der von Hitler proklamierte „Weltflughafen“ soll hier mit monumentalen Formen und teuren Materialien die Macht des NS-Reichs zur Schau stellen. Der Flughafen ist auch Teil von Hitlers Planungen für eine „Welthauptstadt Germania“. Der Architekt des Flughafens, Ernst Sagebiel, gestaltet den Flughafen als Endpunkt einer gigantischen Sichtachse. Diese soll vom Eingang des Flughafens über einen 250 Meter großen kreisförmigen Platz bis zum Kreuzberg führen. Am höchsten Punkt des Kreuzbergs erinnert Schinkels Nationaldenkmal von 1821 an die Befreiungskriege gegen Napoleon; im Nationalsozialismus auch ein Schauplatz für völkische Sonnenwendfeiern.
Um die Sichtachse an ihrem Endpunkt über der Eingangshalle zu betonen, fertigt der Bildhauer Walter Lemcke 1939 das Modell einer martialischen Adlerfigur. Die Eisengussteile für die 5,20 Meter mal 4,60 Meter große Tierplastik liefert die Kunstgussgießerei Lauchhammer. Das meiste der Skulptur wird nach dem Abbau 1962 verschrottet. Der Adlerkopf bleibt allerdings erhalten und verschwindet im Magazin des West Point Militärmuseums in den USA. Auf Initiative der in Tempelhof stationierten US-Truppen kehrt der Adlerkopf aber 1985 nach Berlin zurück. Bis heute ist er auf einem kleinen Sockel vor dem Ehrenhof zu sehen.