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Goerzallee 299
14167 Berlin-Lichterfelde
Industriekultur erleben
Goerzwerk
Feine Optik für grobe Geschütze
Die Goerz-Anschütz-Moment-Kamera ist eine Sensation! Zum ersten Mal überhaupt lassen sich bewegte Objekte fotografieren. Die 1890 von Optiker Carl Paul Goerz gegründete „Optische Anstalt C. P. Goerz“ steigt damit zu einem der größten Hersteller von Optik und Feinmechanik im Deutschen Reich auf. In Wien, Paris, London und New York unterhält das Unternehmen deshalb Niederlassungen.
Bald verlegt sich die „Optische Anstalt“ allerdings auf präzise Zieloptiken für das Militär. Das bringt strategische Vorteile. Goerz erhält deswegen beispielsweise bevorzugt Material und expandiert. Als das Unternehmen das Stammwerk in Berlin-Friedenau aus Platzgründen nicht mehr erweitern kann, entsteht mitten im Ersten Weltkrieg dieser großzügige Komplex. Die Verkehrsanbindung ist perfekt. Das Gelände erhält einen eigenen Bahnanschluss und einen Hafen, der über den Zehlendorfer Stichkanal mit dem Teltowkanal verbunden ist.
Im Kontrast zur historistischen Friedenauer Fabrik gestaltet der Architekt E. Emsters für das neue Goerzwerk eine streng funktionale Produktionsstätte. Die moderne Eisenbetonbauweise erlaubt eine flexible Aufteilung der Räume, das Flachdach nutzt Goerz für optische Messungen. Emsters plant von Beginn an weiteres Wachstum ein. Das Gelände wird deswegen mit einem modularen Konzept bebaut. Drei Module baut das Unternehmen, 10 weitere wären möglich gewesen.
Carl Paul Goerz avanciert zum Rüstungsproduzenten. Außerdem ist er ein moderner Firmenchef mit sozialem Bewusstsein. Schon am Friedenauer Standort hatte er den 8-Stunden-Tag sowie bezahlten Urlaub eingeführt. Den 12.000 Beschäftigten des neuen Goerzwerks in Schönow bietet er vergünstigten Wohnraum in einer eigenen Werkssiedlung.
Der Versailler Vertrag erzwingt nach dem Ersten Weltkrieg schließlich eine radikale Neuausrichtung des Unternehmens. Nach dem Tod von Goerz 1923 fusioniert sein Sohn Paul Goerz 1926 mit den Jenaer Zeiss-Werken und anderen Unternehmen zur Zeiss-Ikon AG. So rettet er das Unternehmen vor dem Konkurs. Die Produktpalette entwickelt sich hin zur Feinmechanik von Kameras, Studiotechnik und Schließanlagen. Die Firma gehört heute zum schwedischen Assa-Abloy-Konzern.
Das alte Goerzwerk wandelt sich seit 2015 in ein kreatives Gewerbezentrum für Start-ups, Manufakturen und Kultur. Außerdem engagiert sich der Verein Märkische Kleinbahn e.V. um einen Museumsbetrieb mit historischen Schienenfahrzeugen am stillgelegten Bahnhof Schönow.