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Stahnsdorfer Damm 1
14532 Kleinmachnow
Industriekultur erleben
Schleuse Kleinmachnow
Laufkatzen und Schleusenknechte
Am Westausgang des Machnower Sees errichten die Ingenieure des Teltowkanals, Max Contag und Christian Havestadt, bis 1905 das größte wassertechnische Bauwerk des Kanals: die Schleuse Kleinmachnow. Sie trennt die höhere Wasserhaltung der Dahme und der Spree (Oberhaltung) von der 2,74 Meter tiefer liegenden Havel (Unterhaltung). Zwei große Kammern – eine Nord- und eine Südkammer – ermöglichen den Auf- und Abstieg der Schiffe. Eine Auflage in der königlich-preußischen Baugenehmigung beeinflusst allerdings die Technik und Architektur dieser Zwillingsschleuse maßgeblich. Um mit der häufig geringen Wasserführung der Spree so sparsam wie möglich umzugehen, planen die Ingenieure sogenannte Sparbecken und besonders dicht schließende Hubtore. Für die teuren Tore mit ihren Torketten, Gegengewichten und Elektroantrieben entstehen deshalb die markanten Portalbauten am Oberhaupt (Spreeseite) und Unterhaupt (Havelseite).
Nach ihrer Fertigstellung läuft die Schleuse im zehnstündigen Betrieb unter dem Kommando des Schleusenmeisters. Aus der Schleusnerbude überwacht er, wie die Schiffe von den Treidelloks in die Vorhäfen geführt werden. Schleusenknechte machen die Schiffe dort an den sogenannten Laufkatzen, kleinen Elektroschlitten, fest. Nach Öffnung der Hubtore ziehen diese kleinen Elektroschlitten anschließend die Schiffe in die Schleuse. Danach reduzieren die Sparbecken mithilfe von Verbindungskanälen den Wasserverbrauch. Die Verbindungskanäle gleichen den Wasserstand zwischen den Kammern aus, erst dann wird Oberwasser aus der Spree ein- und abgelassen. Ein Schiff talauf, ein zweites talab – nicht länger als 30 Minuten braucht die Mannschaft für eine solche Doppelschleusung.
Ende der 1930er-Jahre gerät die Schleuse Kleinmachnow in den Fokus der nationalsozialistischen Kriegsvorbereitungen. Damit U-Boot-Druckkörper aus Berlin-Tempelhof an die Seehäfen gelangen können, müssen der Schleusengasthof samt Restaurantterrasse bis 1940 einer dritten, größeren Kammer weichen. Die ehemalige Nordkammer wird zur Mittelkammer. Unter großem Zeitdruck in Stahlspundbauweise mit einfachen Stemmtoren errichtet, ist diese neue Nord-Kammer allerdings keine drei Jahre in Betrieb. Aus Angst vor Bombentreffern wird sie wieder mit Kies verfüllt.
Die Nationalsozialisten verlegen die Verwaltung der Teltowkanal AG nach Kleinmachnow in Brandenburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg holen sich die westdeutschen Eigner die Kanalverwaltung wieder zurück nach West-Berlin. Damit provozieren sie das DDR-Regime, dem das Potsdamer Abkommen 1945 den Betrieb aller Berliner Wasserstraßen zugeschlagen hatte. Die DDR-Behörden revanchieren sich 1950 mit der Sperrung des Teltowkanals zwischen dem West-Berliner Stadtteil Rudow und Kleinmachnow. Damit wird auch die Schleuse stillgelegt.
In den 1970er-Jahren führen die Bundesrepublik Deutschland und die DDR Verhandlungen, um die Beziehungen zu normalisieren und praktische Alltagsprobleme zu lösen. Die Wiederöffnung des Kanals im Jahr 1981 kann als Teil dieser Strategie gesehen werden. Zusammen mit der Öffnung des Kanals geht auch die Schleuse Kleinmachnow mit der inzwischen freigelegten größeren Nord- sowie der Mittelkammer wieder in Betrieb. Die Südkammer steht für immer still.
Besuchende können sich die denkmalgeschützte Wassertechnik an Wochenenden und Feiertagen in der historischen Schleusnerbude erklären lassen. Bis heute finden täglich Schleusungen statt: ein interessantes Erlebnis, das viele Schaulustige anzieht.
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