Blick auf den S-Bahnhof Westkreuz
Historischer Blick auf den Bahnsteig des S-Bahnhofs Westkreuz in 1929
Blick von oben auf den Bahnsteig des S-Bahnhofs Westkreuz | © Axel von Blomberg
Adresse

S-Bahnhof Westkreuz
Am Messedamm
Halenseestraße 28
14057 Berlin-Charlottenburg

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S-Bahnhof Westkreuz

Der Messebahnhof

Richard Brademann ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Es sind die Jahre der „Großen Elektrisierung“ der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen. Zwischen 1924 und 1933 benötigen die städtischen Eisenbahnen Dutzende neue Bahnhöfe, Gleichrichter- und Schaltwerke. Brademann, Oberbaurat und Leiter eines Hochbaudezernats der Reichsbahn, lässt diese Gebäude errichten, die bis heute das Berliner Stadtbild prägen.

Auch der Bahnhof Westkreuz zeigt Brademanns sachlich-funktionalen Stil. Im Dezember 1928 als S-Bahnhof „Ausstellung“ eröffnet, soll er ein repräsentativer Zugang zum neuen Messegelände am Funkturm sein: Die Empfangshalle mit Oberlichtaufsatz ist großzügig bemessen, der hervortretende Stellwerkturm ist der damals höchste in Berlin. Rolltreppen verbinden die Gleisebenen von Ring- und Stadtbahn, die sich hier auf zwei Ebenen kreuzen.

Das Messegelände richtet sich nach Norden aus, weg vom Bahnhof „Ausstellung“. 1932 erfolgt deshalb die Umbenennung in „Westkreuz“ als Pendant zum Ostkreuz. Der neue Name betont die eigentliche Bedeutung der Station als Kreuzungsbahnhof, der lange gefehlt hatte. Bis 1928 mussten Fahrgäste der Ringbahn einen komplizierten Doppelumstieg über den Bahnhof Charlottenburg absolvieren.

Im März 1933 übermittelt Richard Brademann ein Schreiben an die Reichskanzlei. In der Hochphase der nationalsozialistischen Machtergreifung denunzieren er und weitere Mitverfasser darin Jüdinnen und Juden, Demokratinnen und Marxisten – Menschen, die in der gesamten Reichsbahn-Verwaltung beschäftigt sind. Brademann wird nach dem Krieg vom deutschen Staatsdienst ausgeschlossen. Er findet Beschäftigung beim Wiederaufbau in Jugoslawien und stirbt 1965 in West-Berlin.

Das S-Bahn-Netz ist nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1947 wieder befahrbar. Der Betrieb der Ringbahn wird 1980 aus politischen Gründen eingestellt, der Bahnhof Westkreuz stillgelegt. Erst nach dem Fall der Berliner Mauer kann der Berliner Senat mit dem Wiederaufbau der Ringbahn beginnen. Der Bahnhof Westkreuz geht nach umfassender Sanierung 1993 wieder ans Netz. Für zwei der historischen Bauten aber kommt die Maßnahme zu spät: Empfangshalle und Stellwerkturm sind zu tief in den sandigen Boden gesackt und müssen abgerissen werden.

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