Yorckbrücken S-Bahn Yorckstraße
Yorckbrücken Yorckstraße
Yorckbrücken Museumsbahn Technikmuseum
Die Brücken überqueren die Yorckstraße und schaffen so eine zweite Ebene für den Verkehr. | © Foto: Andreas Muhs, 2014

Yorckbrücken

Berlins historische Lebensadern

Berlins Entwicklung zur Metropole verläuft nicht ohne Konflikte. Ein Beispiel dafür sind die Yorckbrücken. 1862 legt Stadtplaner James Hobrecht seinen Bebauungsplan für das künftige Berlin vor. Darin enthalten ist der „Generalszug“, ein Boulevard, dessen Straßen und Plätze nach Feldherren benannt sind. Allerdings durchkreuzt eine Prachtstraße die Erweiterungspläne des Potsdamer und Anhalter Bahnhofs. Die Expansion des Schienennetzes ist wichtig, da auf diesem Weg lebensnotwendige Güter in die wachsende Stadt gelangen. Der Streit geht über mehrere Jahrzehnte.

Wie so häufig entsteht ein Kompromiss, der nur teilweise zufriedene Parteien zurücklässt. Der Generalszug wird im Bereich der Bahnhöfe nach Süden verschoben und verschmälert. Der imposante Charakter des Boulevards geht in diesem Abschnitt verloren. Die Bahngesellschaften müssen im Gegenzug für das riesige Bahngelände eine neue Ebene oberhalb der Straßen schaffen. Deswegen wird beim Neubau des Anhalter Bahnhofs das gesamte Areal um 3 bis 4 Meter aufgeschüttet. Nach und nach entstehen über 40 Eisenbahnbrücken, die über die Yorckstraße führen. Diese Lebensadern führen zum Anhalter Güterbahnhof und versorgen die Metropole mit landwirtschaftlichen Produkten und Waren aller Art.

Von den historischen Brücken sind 24 erhalten und stehen inzwischen unter Denkmalschutz. Vier Brückenneubauten sind nach 1995 dazugekommen. Die heutige Nutzung der Brücken ist vielseitig: die S-Bahn, die Fernbahn und die Museumsbahn des Deutschen Technikmuseums rollen über einige der Yorckbrücken. Eine weitere Brücke kann zu Fuß sowie per Rad überquert werden. Viele der „Kompromiss-Brücken“ liegen jedoch brach.

Der Storywalk Gleisdreieck führt mit 27 Hörstationen durch den Park am Gleisdreieck. Expertinnen und Experten erzählen Stories aus der Geschichte des Areals, darunter auch Industriearchäologe Nico Kupfer (bzi).


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Monumentenhallen Technikmuseum
Monumentenhallen
Monumentenhallen Zug Abteil
Jedes Jahr im September ist das Depot des Deutschen Technikmuseums in den Monumentenhallen geöffnet. | © SDTB, Foto: Henning Hattendorf

Monumentenhallen

Depot für fliegende Züge

In Berlin-Kreuzberg, am südlichen Eingang zum Park am Gleisdreieck, liegen die Monumentenhallen. Von außen ist nicht zu erahnen, welche Schätze sich im Inneren verbergen.

In den 1930er-Jahren dominieren Züge mit Dampfantrieb das deutsche Schienennetz. Doch die Welt verändert sich. Telefonie, Rundfunk und Presse beschleunigen gemeinsam mit U-Bahnen, Autos und Bussen den Takt der Gesellschaft. Auch das Reisen soll schneller werden. Ende 1932 startet ein Schnelltriebwagen auf der Strecke Berlin – Hamburg. Der sogenannte „fliegende Hamburger“ legt die Distanz mit einem Geschwindigkeitsrekord zurück. Nach nur 142 Minuten erreicht er sein Ziel. Ein Jahr später, im Regelbetrieb, schafft der Zug die Strecke sogar in 138 Minuten. Es dauert ganze 64 Jahre, bis ein ICE 1 der Deutschen Bahn diesen Rekord um 6 Minuten unterbieten kann.

Mehrere Bauarten der stromlinienförmigen Züge mit Diesel- oder Elektrotriebwagen kommen in den folgenden Jahren zum Einsatz. Wenn sie nicht über das Schienennetz der Reichsbahn „fliegen“, befinden sich die Züge in Depots. Eines davon befindet sich an der Monumentenstraße. Hier wartet und repariert das Personal der Reichsbahn die Triebwagen.

In den Monumentenhallen stehen noch immer viele Fahrzeuge, doch „fliegende Züge“ sind nicht mehr darunter. Das Deutsche Technikmuseum nutzt heutzutage die Hallen für das „Depot für Kommunalverkehr“. Großobjekte wie Omnibusse, S-Bahnen und Straßenbahnen reihen sich hier aneinander. Regelmäßig öffnen die Hallen im September an Sonntagen ihre Tore für Besucherinnen und Besucher. Die Museumsbahn und historische Busse pendeln an diesen Tagen zwischen Museum und Halle.

Opel KADEA Kaufhaus des Autos
Opel Kadea Schöneberg Kaufhaus des Autos
Opel Kadea Einfahrt Pförtnerloge Kaufhaus des Autos
1918 eröffnet die Fahrräder- und Motorwagenfabrik Adam Opel in Schöneberg. | © KADEA Berlin GmbH
Adresse

Bessemerstraße 28–36
12103 Berlin-Schöneberg

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Fahrradroute: Eisenbahn und Landebahn

Kaufhaus des Autos / Opelhalle

Repräsentationsbau der Automobilindustrie

Im Opel auf Streife durch Berlin: Wie die meisten Berliner Behörden fährt auch die Polizei mit Autos von Opel durch die Stadt. Das Opel-Flottenzentrum mit Verkaufsraum und Werkstatt befindet sich im Kaufhaus des Autos (KADEA) in Tempelhof. Hinter der denkmalgeschützten Opel-Halle ragt ein Schornstein empor, dessen Aufschrift den Bauherren von damals verrät: Opel.

Mitten im Ersten Weltkrieg beauftragt die Adam Opel KG aus Rüsselsheim den Industriearchitekten Bruno Buch mit dem Bau einer imposanten Werkhalle in Berlin. 1917 beginnen die Bauarbeiten an der Hauptwerkstatt für Kraftfahrzeuge und Flugmotoren. Opel fertigt während des Krieges nicht nur Autos, sondern im Lizenzbau auch Flugmotoren von BMW und Argus. Im letzten Kriegsjahr 1918 nimmt Opel den Betrieb in Tempelhof auf. Seit 1919 ist die Opel-Halle eine Reparaturwerkstatt für PKWs, bis heute. Die riesige ehemals fünfschiffige Halle zeugt von einer aufstrebenden Firma in der jungen Automobilbranche.

1961 kommen ein Ausstellungs- und Verwaltungsgebäude hinzu. Ihre funktionale Architektur repräsentiert den wirtschaftlichen Aufschwung und die steigende Motorisierung der Zeit. Besonders die ovale Pförtnerloge spiegelt den Zeitgeist der 1960er-Jahre wider.

1993 übernimmt die AVAG Holding SE die Opel Niederlassung und führt sie weiter. Seit 2006 agiert sie als Kaufhaus des Autos (KADEA) mit mehreren Standorten in Berlin.

Südkreuz Bahnhofsgebäude Papestrasse
Südkreuz Zugang Papestraße 1983
Bahnhof Südkreuz Eingang Glas
Der Bahnhof Südkreuz steht an der Stelle des ehemaligen Bahnhofs Papestraße. Nur der Uhrenturm ist noch erhalten. | Micharl_foto, CC BY NC ND, via flickr, 2018
Adresse

General-Pape-Straße 1–4
12101 Berlin-Schöneberg

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Fahrradroute: Eisenbahn und Landebahn

Bahnhof Papestraße / Südkreuz

Verkehrsknoten und Bahnhof der Zukunft

Der Bahnhof Südkreuz liegt zwischen Tempelhof und Schöneberg, strategisch günstig für Einkäufe im Möbelhaus oder für die nächste Verbindung nach Leipzig. Große Glasflächen dominieren den modernen Bahnhof, nur ein alter Uhrenturm aus Backstein fällt auf. Er ist letztes Überbleibsel des S-Bahnhofs Papestraße, der an gleicher Stelle 1901 eröffnet.

An ihm kreuzt sich der Fernverkehr der Dresdner und Anhalter Bahn mit dem Nahverkehr der 1877 fertiggestellten Ringbahn. Der Bahnhof Papestraße soll ein praktischer Umsteigebahnhof zwischen Ringbahn und Vorortbahn sein. Doch die Gleise liegen so weit auseinander, dass die Fahrgäste umständlich mehrere Tunnel, Treppen und Brücken durchqueren müssen, um den anderen Bahnsteig zu erreichen.

Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 sinkt das Fahrgastaufkommen. Die West-Berliner:innen boykottieren die gelb-roten Züge. Denn die Deutsche Reichsbahn der DDR betreibt nicht nur die S-Bahn im Ostteil der Stadt, sondern auch im Westteil. Nach der deutschen Wiedervereinigung erlebt die S-Bahn ein Comeback.

Schnell wird klar, dass eine Neuordnung des Berliner Bahnnetzes nötig ist. Um die Verkehrsadern des wiedervereinten Berlins besser zu vernetzen, beschließt der Berliner Senat im Jahr 1992 ein neues Konzept für die Eisenbahn- und S-Bahnstrecken. Das sogenannte „Pilzkonzept“ ordnet den Streckenverlauf des Bahnnetzes neu. Der neue Hauptbahnhof wird zum Zentrum, das Südkreuz ist das Tor nach Süden und Gesundbrunnen das Tor nach Norden. Der Spandauer Bahnhof und der Ostbahnhof bilden schließlich die Ränder des Pilzes.

Der Bahnhof Südkreuz steigt nach seiner Eröffnung im Jahr 2006 zum zweitwichtigsten Bahnhof der Stadt auf. Die Bahnsteige verlaufen auf verschiedenen Ebenen und garantieren dadurch deutlich schnellere Umstiege als auf dem alten Bahnhof Papestraße.

Kasernen Gedenkort SA-Gefängnis Papestrasse
Geschichtsparcour Papestraße Kasernen
Kasernen Gedenkort SA-Gefängnis Papestrasse
In den ehemaligen Kasernen befindet sich der Gedenkort zum SA-Gefängnis Papestraße. | © Axel von Blomberg, 2021

Kasernen General-Pape-Straße

Militär, Eisenbahn und Gefängnis

In der General-Pape-Straße in Berlin-Schöneberg befinden sich ehemalige Kasernen. Der Bau des Kasernenkomplexes der preußischen Eisenbahnregimenter beginnt bereits 1892, in Nähe des damaligen Militärbahnhofs Schöneberg.

Ab 1835 beschleunigt die Eisenbahn nicht nur Reisen, Handel und Nachrichten, sondern auch das Militär erkennt schnell die Bedeutung des neuen Verkehrsmittels. Entlang von Eisenbahnstrecken siedeln sich Truppen an, wie zum Beispiel die preußischen Eisenbahnregimenter in Schöneberg. Zu den Aufgaben des Regiments zählt der Bau von Feldbahnen in Kriegsgebieten, um Soldaten sowie Material zügig an die Front zu befördern. 1875 öffnet eine Militäreisenbahn, die unter anderem der Ausbildung der Eisenbahntruppen dient. Die Bahntrasse beginnt am Militärbahnhof Schöneberg und führt zum Schießplatz bei Kummersdorf und zum Flugplatz Sperenberg. Auf dem Kasernengelände an der General-Pape-Straße entstehen bis 1907 Kasernen, Mannschafts- und Wirtschaftsgebäude, ein Exerzierplatz und ein Wohnhaus für Offiziere.

Nach dem Ersten Weltkrieg führt der Versailler Vertrag schließlich zur Auflösung der Eisenbahnregimenter. Die Militäreisenbahn und die Kasernen werden fortan zivil genutzt. 1933 dient das Wirtschaftsgebäude für kurze Zeit als Gefängnis der nationalsozialistischen SA-Feldpolizei. Zwischen März und Dezember 1933 verhört und foltert die SA mindestens 500 Personen in diesem frühen Konzentrationslager.

Seit 2011 ist das Gebäude als Gedenkort SA-Gefängnis öffentlich zugänglich. Im Keller sind die Haftzellen in ihrem Zustand von 1933 erhalten. An ihren Wänden sind noch Kritzeleien, Zeichnungen und Datumsangaben zu erkennen. Die übrigen Gebäude der Kaserne beherbergen inzwischen Werkstätten, Gewerbe und Teile des Robert Koch-Institut.

Schwerbelastungskörper Beton Plattform
Schwerbelastungskörper seitlich rund
Zwischen April und Oktober kann die Plattform des Schwerbelastungskörpers bestiegen werden. | Paul Horsefield CC BY-SA via flickr, 2015

Schwerbelastungskörper

Größenwahn in Beton gegossen

Mitte der 1930er-Jahre plant das NS-Regime den radikalen Umbau Berlins. Die „Welthauptstadt Germania“ soll den NS-Staat monumental repräsentieren. Als Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt ist Architekt Albert Speer mit dem Projekt beauftragt. Er entwirft gigantische Bauwerke, für die auf einer neuen Nord-Süd-Achse zahlreiche bestehende Gebäude weichen müssten. Bis zur Einstellung des Vorhabens 1943 lässt Speer tausende Wohnungen abreißen. Trotz der umfangreichen Pläne und Modelle bleibt eine essenzielle Frage ungeklärt: Kann der Berliner Boden das Gewicht der riesigen Bauwerke überhaupt tragen? Um dies zu testen, lässt Speer 1942 einen Schwerbelastungskörper aufstellen.

13.000 Tonnen Beton türmen sich 14 Meter über dem Boden. In die Tiefe ragt er sogar 18 Meter. Damit soll er das Gewicht des hier geplanten Triumphbogens simulieren. Bis 1944 werden Messungen am Schwerbelastungskörper vorgenommen. Doch bis Berechnungen zur Belastung des weichen Sandbodens möglich sind, ist der Krieg und damit die NS-Herrschaft schon längst vorbei. 1948 steht fest: Der Berliner Boden hält dem Gewicht nicht stand. Germania wäre ohne Verdichtung im Berliner Boden versunken.

Die umliegenden Wohngebäude verhindern eine Sprengung des Kolosses. Bis 1977 dient er weiterhin zur Analyse des Bodens. Die Deutsche Gesellschaft für Bodenmechanik führt hier Messungen durch. 1995 erhält der Klotz den Status eines Denkmals. Er ist das letzte Zeugnis der NS-Stadtplanung zur Nord-Süd-Achse.

Als Informationsort erzählt das Bauwerk seit 2009 seine Geschichte. Zwischen April und Oktober ist der Koloss öffentlich zugänglich. Eintritt und Aufstieg zur Plattform sind ebenso wie Führungen kostenlos. Der Schwerbelastungskörper ist Teil des Geschichtsparcours Papestraße.

Naturpark Schöneberger Südgelände
Schöneberger Südgelände historisch Schienen
Dampflok Südgelände Schöneberg
Schöneberger Südgelände Rangierbahnhof
Der Natur Park Schöneberger Südgelände befindet sich auf einem ehemaligen Eisenbahnareal. | © bzi, Foto: Anja Liebau, 2021

Natur Park Schöneberger Südgelände

Vom Bahnhof zur Stadtwildnis

Heutzutage ist der Natur Park Schöneberger Südgelände ein Ort der Erholung. Ende des 19. Jahrhunderts ist das Areal jedoch geprägt von Gleisen und Zügen. 1891 errichtet die Reichsbahn den Rangierbahnhof Tempelhof, um den nahegelegenen Anhalter Güterbahnhof zu entlasten. Bis zu 130 Güterzüge werden hier täglich zusammengestellt oder aufgelöst. Teil des Rangierbahnhofs ist außerdem ein Bahnbetriebswerk von dem einzelne Bauwerke bis heute erhalten sind.

Nach dem Zweiten Weltkrieg betreibt die DDR-Reichsbahn das im Westteil der Stadt gelegene Areal. 1952 stellt sie den Betrieb am Südgelände ein. Die Natur erobert Stück für Stück das Areal zurück. Anfang der 1980er-Jahre soll ein neuer Güterbahnhof entstehen, eine Bürgerinitiative verhindert allerdings den Bau. Stattdessen entwickelt sie die Idee für einen Park. Die Bahnnutzung endet schließlich 1993. Zwei Jahre später überlässt die Deutsche Bahn AG das Gelände dem Berliner Senat.

Als Ausgleich für Eingriffe in die Stadtnatur anderenorts, ist im Südgelände ein Raum für Naturschutz entstanden. Große Teile des Parks dürfen nicht betreten werden, andere sind nur über Stege zugänglich, Radfahren ist untersagt. 70 Jahre nach der schrittweisen Stilllegung des Bahnbetriebswerks sind hier 130 Wildbienenarten, 30 Vogelarten und über 350 Pflanzenarten heimisch. Während des Bahnbetriebs reisten Samen und Insekten als blinde Passagiere per Zug an oder gelangten entlang der Bahntrassen ins Stadtzentrum. Der Natur Park Schöneberger Südgelände ist heute Teil einer Kette von Grünanlagen, die bis zum Park am Gleisdreieck führt.  

Besucherinnen und Besucher finden zwischen dem Grün des Natur Parks Schöneberger Südgelände zahlreiche Spuren des einstiegen Rangierbahnhofs. Die Brückenmeisterei, die Lokschuppen und der Wasserturm erinnern bis heute an die Bahngeschichte. Sogar eine Dampflok versteckt sich im Grünen. Im südwestlichen Bereich des Parks dürfen sich Street-Art-Künstler:innen an den alten Mauern von zwei großen „Überwerfungsbauwerken“ austoben.

Postpaketbahnhof STATION Berlin
Postpaketbahnhof STATION U-Bahn
Postpaketbahnhof STATION Luckenwalder Straße
Die Gebäude des Postpaketbahnhofs in Kreuzberg sind heute als die Eventlocation STATION bekannt. | Nasir Khan Saikat, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons, 2012
Adresse

Luckenwalder Straße 4–6
10963 Berlin-Kreuzberg

Kontakt

www.station-berlin.de/
info@station-berlin.de
Tel.: 030 88 000 719

Industriekultur erleben

Fahrradroute: Eisenbahn und Landebahn

Postpaketbahnhof / STATION Berlin

Drehscheibe für Pakete

Über 90 Jahre lang versorgt der Postpaketbahnhof die Hauptstadt mit Paketen und anderen Gütern aus der ganzen Welt. Um 1900 nimmt der Paketverkehr solche Ausmaße an, dass die Personenbahnhöfe, wie der Anhalter Bahnhof diesem Ansturm nicht mehr gewachsen sind. Daher baut die Oberpostdirektion Berlin 1913 den Postpaketbahnhof in günstiger Lage zwischen dem U-Bahnhof Gleisdreieck und dem Anhalter Güterbahnhof. Ein weiterer Postbahnhof entsteht zeitgleich in Friedrichshain am heutigen Ostbahnhof.

Die Architektur des neuen Bahnhofs orientiert sich an den kurz zuvor erbauten beiden Kühlhäusern direkt nebenan. Märkische Backsteingotik trifft hier auf Formen aus der Renaissance.

Die in den 1930er-Jahren installierte Paketförder- und Verteilanlage bewältigt bis zu 400.000 Sendungen pro Tag. Gut die Hälfte aller in Berlin ankommenden und abgehenden Pakete wird hier bearbeitet. Für den Betrieb auf dem großen Bahnhofsgelände setzt die Post elektrische Lokomotiven von AEG und Siemens ein. Diese rangieren die Postwagen und stellen ganze Postzüge zusammen. Einige dieser Lokomotiven sind inzwischen im Deutschen Technikmuseum ausgestellt. Eine Diesellokomotive von Orenstein & Koppel zieht im Sommer die Museumsbahn des Deutschen Technikmuseums.

Während der deutschen Teilung behält der Bahnhof seine Bedeutung, jetzt als zentrale Paketumschlagstelle für West-Berlin. Die Paketverteilung wandert 1997 vermehrt auf die Straße, die Post gibt den Bahnhof auf. Seit 2005 gehört der Postpaketbahnhof als STATION Berlin zu den festen Größen unter den Berliner Event-Locations.

Das Areal rund um das Gleisdreieck, Anhalter Bahnhof und Postbahnhof ist Thema eines Forschungsprojektes des Berliner Zentrum Industriekultur. Gleisdreieck Online verknüpft Geodaten und historisches Material zu einer umfangreichen Karte: Eine Spurensuche durch zwei Jahrhunderte Eisenbahngeschichte.

Park am Gleisdreieck mit U-Bahn
Gleisdreieck historisch Postkarte
Gleisdreieck von oben
Gleisdreieck Unglück 1908
Der Park am Gleisdreieck eröffnet 2011. | © bzi, Foto: Florian Rizek, 2016

Gleisdreieck

Kreuzungspunkt für U-Bahnen

Der Name Gleisdreieck beschreibt die ursprüngliche Anordnung der Schienen in einem Dreieck. Verschiedene U-Bahnlinien nutzen es zum Richtungswechsel. Doch diese Anordnung der Schienen erweist sich als fatal. 1908 verunglücken hier mehr als 17 Personen, als ein Wagen der U-Bahn von der Hochbahn stürzt. Zwei Züge waren in das Dreieck aus Schienen und Weichen eingefahren und gleichzeitig abgebogen. Ein Wagen rammte den anderen und stürzte in die Tiefe.

Nach einem zweiten Unglück werden die Schienen 1912/13 auf mehrere Ebenen verlegt. So können sich die Züge der verschiedenen Linien gefahrlos kreuzen. Obwohl das eigentliche Dreieck aus Schienen nun nicht mehr befahren wird und an seiner Stelle ein Turmbahnhof steht, bleibt der Name erhalten: U-Bahnhof Gleisdreieck. Auch das benachbarte Umformerwerk führt diesen Namen, obwohl zu seinem Bau das eigentliche Dreieck aus Gleisen schon Geschichte ist.

Auf dem früheren Gelände des Anhalter und des Potsdamer Güterbahnhofs liegt inzwischen der Park am Gleisdreieck. Nach der Teilung Berlins werden die Bahnhöfe von ihren Fernverbindungen abgeschnitten. Im Westen gelegen, aber von der Reichsbahn der DDR betrieben, verfallen die Bahnanlagen. Von 2011 bis 2013 eröffnet hier Berlins modernster Park mit Freizeitangeboten und baulichen Spuren der Vergangenheit. Inzwischen durchqueren nur noch eine Fernbahn-Trasse und das Gleis der Museumsbahn des Deutschen Technikmuseums das Gelände.

Das Areal rund um das Gleisdreieck ist Thema eines Forschungsprojektes des Berliner Zentrum Industriekultur (bzi). Gleisdreieck Online verknüpft Geodaten und historisches Material zu einer umfangreichen Karte: Eine Spurensuche durch zwei Jahrhunderte Eisenbahngeschichte.

Der Storywalk Gleisdreieck führt mit 27 Hörstationen durch den Park am Gleisdreieck. Expertinnen und Experten erzählen Stories aus der Geschichte des Areals, darunter auch Industriearchäologe Nico Kupfer (bzi).


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Das Telefunken-Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz
Ausblick vom Telefunken-Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz, 1960
Ernst‐Reuter‐Platz Blaue Stunde
Das Telefunken-Hochhaus teilen sich die TU Berlin und die Telekom Innovation Laboratories. | © bzi/Foto: Max Braun, 2022
Adresse

Ernst-Reuter-Platz 7
10587 Berlin-Charlottenburg

Industriekultur erleben

Fahrradroute: Innovation und Eleganz

Telefunken-Hochhaus

Ein Hauch von New York in West-Berlin

Am Ernst-Reuter-Platz ragt das Telefunken-Hochhaus in den Berliner Himmel. Als „Haus der Elektrizität“ entwerfen Paul Schwebes und Hans Schoszberger den Firmensitz, im Jahr 1960 kann Telefunken einziehen. Das elegante Gebäude hat ein amerikanisches Vorbild – den Wolkenkratzer der ehemaligen Fluggesellschaft Pan Am in New York. Doch die Dimensionen unterscheiden sich. Während der New Yorker Wolkenkratzer 59 Stockwerke umfasst, ist die Berliner Variante nur 22 Stockwerke hoch. Dennoch ist das Telefunken-Hochhaus bis 1965 das höchste Gebäude in Berlin.

Das Berliner Traditionsunternehmen Telefunken entsteht bereits 1903 auf Drängen von Kaiser Wilhelm II. Zu dieser Zeit streiten sich die Großkonzerne AEG und Siemens & Halske um Patente. Deswegen initiiert Wilhelm II. die Gründung der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH, System Telefunken. AEG und Siemens sind zu gleichen Teilen an der neuen Firma beteiligt.

In den 1950er-Jahren ist Telefunken vor allem in der Nachrichten- und Datentechnik erfolgreich. Das Telefunken-Hochhaus soll daher modern und weltgewandt wirken. 1967 fusioniert das Unternehmen mit seiner Muttergesellschaft zur AEG-Telefunken. Nur 8 Jahre später zieht die Firmenzentrale allerdings nach Frankfurt am Main.

Der Berliner Senat kauft das Hochhaus 1975 und stellt es der Technischen Universität Berlin zur Verfügung. Inzwischen teilen sich die TU Berlin und die Telekom Innovation Laboratories das Gebäude.