Route 6

»Natur und Infrastruktur«

Tagesausflug: 23 km, 19 Sehenswürdigkeiten
Von S-Bhf. Westkreuz bis S-Bhf. Wannsee
Strecke: Uferwege, Nebenstraßen und Radwege

Die Fahrradroute »Natur und Infrastruktur« startet am S-Bahnhof Westkreuz. Sie führt am Messegelände vorbei in den Grunewald und entlang der Havel bis nach Wannsee.

Mit der Industrialisierung wächst Berlin rasant – und damit der Bedarf an Wohnraum, Wasser und Freizeitangeboten. Auf gerodeten Flächen des Grunewalds entstehen neue Wohngebiete und großflächige Infrastrukturen. Highlights dieser Radroute sind neben dem Messegelände samt Funkturm auch das Haus des Rundfunks und das Strandbad Wannsee.

Die Ausbauten am Rande der Stadt spiegeln auch das Zukunftsdenken der 1920er-Jahren wider. Alle sind sich damals sicher: Berlin wird weiterhin wachsen. Besonders förderlich ist, dass die Stadt auf einem riesigen Schatz liegt: einer gigantischen unterirdischen Wasserschicht. Das älteste erhaltene Wasserwerk Berlins ist Teil dieser Route.

Auch der Grunewald und die Havel selbst gehören zur Industriegeschichte Berlins. Während der Luftbrücke 1948/49 ist die Havel die längste Landebahn Berlins. Im Teufelsberg, der aus Trümmern des zerstörten Berlins aufgeschüttet ist, liegt ein Bauwerk der Nazis begraben. Und während des Kalten Kriegs errichten US-Amerikaner auf dem Gipfel des Teufelsberg eine Abhörstation.

Wegebeschaffenheit

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  • S-Bahnhof Wannsee

    Verkehrstempel für Sonnenhungrige 

    Das Empfangsgebäude des S-Bahmhofs Wannsee.
    Das Empfangsgebäude des S-Bahnhofs Wannsee stammt aus den späten 1920er-Jahren. | © A. Savin, via Wikimedia Commons

    Stadtbahn, Wannseebahn, Friedhofsbahn und Wetzlarer Bahn: Die Betriebsabläufe am alten Bahnhof Wannsee sind über die Jahre immer komplizierter geworden. Deswegen ordnet der 1928 errichtete Fern- und S-Bahnhof Wannsee die Vorort- und Fernbahnverkehre neu. Im selben Jahr fertiggestellt wie der Bahnhof Westkreuz, ist auch dieser Bahnhof Teil der „Großen Elektrifizierung“ der Berliner S-Bahn. Sie befreit die Bevölkerung nicht nur vom Rauch vieler Dampflokomotiven, sondern erweitert auch die Trassen, auf denen die Bewohnerinnen und Bewohner der Innenstadt an die grünen Ränder der Stadt strömen.

    Gut 50 Jahre zuvor hat sich Prinz Friedrich Karl von Preußen für einen Verkehrsanschluss der neuen Villenkolonie am Wannsee stark gemacht. 1874 eröffnet zusammen mit der Wannseebahn das erste – heute nicht mehr erhaltene – Bahnhofsgebäude am Wannsee. Als Empfangsgebäude wird der hölzerne „Kaiserpavillon“ der Wiener Weltausstellung (1873) für einige Jahre wieder aufgebaut.

    Mit dem neuen S-Bahnhof Wannsee kommt 1928 die Moderne nach Wannsee. Der Oberbaurat der Reichsbahn Richard Brademann errichtet das Bahnhofsgebäude zusammen mit einem Verwaltungs- und einem Servicetrakt samt Hotel und Restaurant. Die Kuppel der achteckigen Schalterhalle verjüngt sich in zwei Stufen nach oben. Die Halle mit ihren spitzbogigen Eingängen und Fenstern erinnert an einen Sakralbau: Ein Bahnhof als expressionistischer „Verkehrstempel“.

    Mit dem Bau der Berliner Mauer wird der S-Bahnhof Wannsee 1961 zum Endbahnhof. Erst nach dem Transitabkommen zwischen beiden deutschen Staaten halten hier ab 1976 wieder Transitzüge auf ihrem Weg von und nach West-Berlin. Heute ist der Bahnhofsvorplatz wieder Treffpunkt, Verkehrsknotenpunkt und Geschäftszentrum. Von hier strömen Sonnenhungrige an heißen Sommertagen zur Fähranlegestelle und zum Strandbad Wannsee.

    Wer in den Eingangsarkaden des Bahnhofs nach oben blickt, entdeckt die originalen Leuchten und Bronzereliefs aus dem Jahr 1928. Vom früheren Ausbau der 1880er- und 1890er-Jahre zeugen noch die gusseisernen Bahnsteigüberdachungen.

  • Wasserwerk Beelitzhof

    Wasseraufbereitung heute 

    Das Backsteingebäude des Wasserwerks Beelitzhof von außen.
    Außenansicht des Wasserwerks Beelitzhof.
    Außenansicht eines Backsteingebäudes des Wasserwerks Beelitzhof, erbaut 1888.
    Das Wasserwerk Beelitzhof versorgt Berlin seit 1888 mit frischem Wasser. © bzi/Foto: Max Braun

    Das Berliner Trinkwasser enthält viel Calcium und Magnesium, deshalb ist es eher hart. Aber, das betont der Leiter des Wasserwerks Beelitzhof: „Es hat Mineralwasserqualität, mindestens!“. Zusammen mit dem älteren Wasserwerk Teufelssee versorgt das doppelt so große Wasserwerk Beelitzhof seit 1888 die Stadt Charlottenburg und weite Teile der westlichen und südlichen Berliner Vororte. Damals entsteht das Werk als Teil der Charlottenburger Wasserwerke AG, einst gegründet, um die Villenkolonie Westend mit Trinkwasser zu versorgen. Im Gegensatz zum Wasserwerk Teufelssee ist Beelitzhof heute noch in Betrieb.

    Das Wasserwerk Beelitzhof ist das drittgrößte der Berliner Wasserbetriebe (BWB). Pro Jahr liefert es 35 Millionen Kubikmeter Trinkwasser ins Netz. Wenn es in den Haushalten ankommt, hat es bereits einen weiten Weg zurückgelegt: Aus den über 80 Grundwasserbrunnen fließt es durch große Rohre in die Belüftungsanlage des Werks. Wie in einer Dusche wird es dort versprüht, um Sauerstoff aufzunehmen. Das führt dazu, dass es im anschließenden Reaktionsbecken Eisen- und Manganverbindungen bindet. In einer zwei Meter dicken Sandfilterschicht bleiben die Metallflocken hängen und das saubere Filtrat fließt anschließend in riesige Reinwasserbehälter.

    Die BWB betreiben heute neun Wasser- und sechs Klärwerke. Das Wasserwerk Beelitzhof ist ein Knoten in diesem Verbund. Aus der hier untergebrachten Schaltzentrale steuern die Mitarbeiter:innen auch das Wasserwerk Tiefwerder sowie die Pumpwerke Westend, Marienfelde und Johannisthal – und überwachen überall die Wasserqualität.

    Mit einer umfangreichen Resilienzstrategie reagieren Senat und BWB seit 2021 auf den sinkenden Grundwasserspiegel. Grund dafür sind die Folgen des Klimawandels, weswegen immer weniger Regen in Berlin fällt. Ein Ziel ist es beispielsweise, mit dem Wasser aus den Wasserwerken jenes Sickerwasser zu ersetzen, das durch den seltener werdenden Regen fehlt. Dazu zählt auch, Moore als Wasserspeicher gezielt zu bewässern. Im Wasserwerk Beelitzhof verbessert außerdem eine Aufbereitungsanlage für Havelwasser schon seit 1981 die Qualität der Grunewaldseen. Und auch stillgelegte Wasserwerke spielen in der Resilienzstrategie eine Rolle. In Beelitzhof planen sie bereits eine neue Leitung zu dem 1995 stillgelegten Werk Riemeisterfenn.

    Adresse

    Kronprinzessinnenweg 150
    14129 Berlin-Zehlendorf

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

  • Strandbad Wannsee

    Ostseestrand am Stadtrand 

    Blick auf das Eingangsgebäude des Strandbads Wannsee.
    Luftansicht des Strandbads Wannsee aus den 1960er-Jahren.
    Das Eingangsgebäude wurde 1928 im konservativen Heimatschutzstil gebaut. | © H.Helmlechner, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

    Einmal zur „Sommerfrische“ in eines der mondänen Ostseebäder – am Beginn des 20. Jahrhunderts bleibt das für die allermeisten Berlinerinnen und Berliner ein unbezahlbarer Traum. Daher entwickelt der Stadtbaurat Martin Wagner als Mitglied des Berliner Magistrats ein sozialpolitisches Programm. Damit die arbeitende Bevölkerung „Licht, Luft und Sonne tanken“ kann, baut Berlin nach dem Ersten Weltkrieg Volksparks, Sportstadien und Freibäder. Mit dem Strandbad Wannsee kommen 1930 tatsächlich 1,2 Kilometer Ostseestrand an die Havel.

    Das im konservativen Heimatschutzstil entworfene Eingangsgebäude von Franz Fedler aus dem Jahr 1928 verrät die Modernität des weiter unten in der Bucht gelegenen Strandbades noch nicht. Martin Wagner und Richard Ermisch planen das Strandbad Wannsee als umfassende Freizeitlandschaft. Dafür schmiegen sie einen 1.000 Meter langen, klinkerverblendeten Stahlskelettbau in den Uferhang. Der in neun Hallen gegliederte Bau im Stil der Neuen Sachlichkeit soll neben Garderoben und Duschen auch Heilbäder und ein Freilichttheater aufnehmen. Oben bieten die Dächer Platz für Sonnenliegen und Sportanlagen, unten führt ein Wandelgang an Geschäften vorbei. Auch eine Seebrücke und ein Hafen sind geplant.

    Bis 1930 können nur vier Hallen und das als Mittelpunkt gedachte Strandrestaurant „Lido“ realisiert werden. Dennoch ist das Strandbad Wannsee bei seiner Eröffnung das größte und modernste Binnenfreibad Europas. Und in der Hauptstadt fraglos das beliebteste: „Mit Kind und Kegel“ strömen die Berlinerinnen und Berliner an den Wannsee, während konservative Villenbesitzer gegen das „proletarische“ Freibad protestieren. Zum Weiterbau kommt es auch deswegen nicht, weil dem NS-Regime der „undeutsche Baustil“ des Strandbads missfällt.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg bleibt das Strandbad Wannsee zunächst ein Sehnsuchtsort der West-Berliner. Ab den 1960er-Jahren verfällt es zusehends. Seit den 1980er-Jahren gibt es immer wieder Sanierungen. Trotz aller baulichen Herausforderungen lädt der 80 Meter breite und 1,2 Kilometer lange Strand aus feinem Ostseesand bis heute zum Sonnentanken ein.

    Adresse

    Wannseebadweg 25
    14129 Berlin-Zehlendorf

    Anfahrt

    S-Bahnhof Nikolassee (S1, S7)

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

  • Insel Schwanenwerder

    Großbürgerliche Idyllen 

    Gedenktafeln auf der Inselstraße Schwanenwerder.
    Blick vom gegenüberliegenden Ufer auf Boote, die vor der Insel Schwanenwerder ankern.
    Gedenktafeln auf Schwanenwerder machen auf die Vergangenheit der Insel aufmerksam. | © Fridolin Freudenfett (Peter Kuley), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

    Mit der Erfindung des Petroleum-Rundbrenners kommt Friedrich Wilhelm Wessel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu Geld. Er investiert es unter anderem 1882 in den Kauf des unbewohnten „Sandwerder“ am östlichen Havelufer. Wessel lässt das Gelände aufschütten und für den Bau von Landhäusern aufteilen. Im Zentrum inszeniert er einen romantischen Landschaftspark. Hartnäckig drängt Wessel darauf, die Insel in „Schwanenwerder“ umbenennen zu dürfen: Ein bürgerliches Gegenstück zur nahegelegenen kaiserlichen Pfaueninsel.

    Wessels Villa „Schwanenhof“ bleibt allerdings lange Zeit das einzige Bauwerk, weil der Insel die Anbindung an moderne Infrastrukturen fehlt. Das ändert sich mit dem Bau des Bahnhof Nikolassee 1902 und dem Anschluss ans Wasser- und Stromnetz. Infolgedessen lassen der Warenhausbesitzer Rudolph Karstadt, die Bankdirektoren Oscar Schlitter und Samuel Goldschmidt, der Schokoladenfabrikant Richard Monheim und andere Anwesen auf der Insel errichten. Auf Schwanenwerder ist die Berliner Oberschicht unter sich. Diskret empfängt sie hier Gäste aus Politik und Wirtschaft.

    Nach 1933 werden alle jüdischen Eigentümer zum Verkauf ihrer Grundstücke auf Schwanenwerder gezwungen. In einem der Landsitze bereitet die „Reichsbräuteschule“ nun die Verlobten von SS- und NSDAP-Funktionären auf ihre ehelichen Pflichten vor. Persönliche Nutznießer der Enteignungen sind hochrangige Nazis wie beispielsweise Albert Speer, Hitlers Leibarzt Theodor Morell und Propagandaminister Joseph Goebbels. 1935 kauft er Oscar Schlitters Anwesen weit unter Wert und baut es pompös aus.

    Nach Kriegsende nutzen die US-Alliierten die Gebäude auf Schwanenwerder. Die amerikanische Militärführung um General Eisenhower bereitet von hier aus die Potsdamer Konferenz vor. Während der Berlin-Blockade plant Lucius D. Clay in einer der Villen die Hilfsflüge für die Berliner Luftbrücke.
    Die meisten der rechtmäßigen jüdischen Eigentümer möchten nicht mehr nach Deutschland zurückkehren und verkaufen deswegen ihre Grundstücke an das Land. Der West-Berliner Senat stellt sie für das Programm „Kinder in Luft und Sonne“ zur Verfügung. Die Seegrundstücke verwandeln sich daraufhin in Jugenderholungsstätten.

    Erst seit den 1960er-Jahren erwerben auch Privatleute wieder Land auf Schwanenwerder. Prominentester Neuankömmling ist beispielsweise der Verleger Axel Springer. Heute ist der von Friedrich Wilhelm Wessel gestaltete Landschaftspark kaum noch zu erahnen. Von den historischen Landhäusern sind sechs erhalten, darunter der Wesselsche Schwanenhof in der Inselstraße 37.

    Adresse

    Inselstraße
    14129 Berlin-Nikolassee

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

  • Insel Lindwerder

    Fährbetrieb auf dem Wannsee 

    Das Foto zeigt die Fähre, die Kurs auf die Insel Lindwerder nimmt.
    Die Insel Lindwerder vom gegenseitigen Ufer aus gesehen.
    Ein Radfahrer, der in der Nähe des Stegs zur Fähre zur Insel Lindwerder auf einer Bank sitzt.
    Die Insel lässt sich seit jeher nur per Fähre erreichen. | © bzi, Foto: Max Braun

    Nur 300 Meter lang und kaum halb so breit, ist die Insel Lindwerder. Sie ist ein Überrest einer einst viel größeren Eiszeitmoräne, umflossen von der Havel. 1888 erwirbt ein Gutsbesitzer das abgeschiedene Idyll. Elf Jahre später errichtet er ein Wohnhaus. Linden säumen den Uferweg und der Blick reicht über die Havel bis nach Gatow.

    Der Fährbetrieb zum Festland, ursprünglich für den Hausbau eingerichtet, bleibt auch danach erhalten. 1905 entsteht auf der Westseite eine Anlegestelle für Ausflugsdampfer. Immer mehr Berlinerinnen und Berliner suchen am Stadtrand Erholung vom schnellen Rhythmus der Metropole. Die Insel Lindwerder entwickelt sich zu einem beliebten Ausflugsziel. Und das nicht nur in der warmen Jahreszeit. Im Winter lockt die damals noch regelmäßig zugefrorene Havel zum Schlittschuhlaufen aufs Eis.

    Nach 1945 wird an der Ostseite der Insel Trümmerschutt verkippt. Lindwerder wächst so um 3.000 Quadratmeter ans Festland heran. Das heutige Gaststättengebäude stammt aus dem Jahr 1971. Wer das in den Sommermonaten geöffnete Inselrestaurant besuchen möchte, ruft mit der Glocke am Anleger nach der Fähre. Die Überfahrt nach Lindwerder dauert nur wenige Minuten.

    Adresse

    Havelchaussee 43
    14193 Berlin-Steglitz-Zehlendorf

    Anfahrt

    Für den Betrieb der heutigen Gaststätte auf der Insel verkehren eine Personen- und eine Lastfähre.
    Gäste des Restaurants können die Privatfähre per Glocke rufen.

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

  • Die Havel

    Geschichtsträchtige Wasserstraße 

    Aussicht vom Ufer auf die Havel, auf der ein Schiff fährt
    Blick von oben auf dem Grunewaldturm auf die Havel
    Schwarz-weiß-Foto eines Wasserflugzeugs der Berliner Luftbrücke auf der Havel.
    Bis heute hat die Havel als Bundeswasserstraße eine wichtige Bedeutung für den Personen- und Güterverkehr. | © bzi, Foto: Max Braun

    Im Sommer 1948 – während der Berlin-Blockade – wird die Havel zur längsten Landebahn Berlins. Britische „Short Sunderland“-Wasserflugzeuge starten auf der Hamburger Elbe und landen auf der Havel, um die Flughäfen zu entlasten. Der nahe gelegene Militärflugplatz Gatow wird eine Art Logistikzentrum. Von hier verteilen die West-Alliierten Tonnen lebensrettender Güter in das abgeriegelte West-Berlin. Im Juni 1948 hat die Rote Armee alle Land- und Wasserwege gesperrt, denn West-Berlin soll in die sowjetische Besatzungszone gezwungen werden. Die Wasserlandungen auf der Havel sind ein Pfeiler der alliierten „Luftbrücke“ und tragen dazu bei, dass die Sowjets ihre Blockade im darauffolgenden Jahr ergebnislos abbrechen müssen.

    Doch die Geschichte der Havel beginnt bereits im Mittelalter. Die Bevölkerung der Mark Brandenburg macht die Flüsse Havel, Spree und Dahme durch Aufstauen schiffbar. Seit dem 16. Jahrhundert vernetzen die Kurfürste der Hohenzollern die märkischen Wasserstraßen mit Kanälen. Mit 800 Kilometern entsteht das zweitlängste Wasserstraßennetz des Kontinents, seit 1821 betreut von der Preußischen Wasserbauverwaltung. Bis ans Ende des 19. Jahrhunderts ist es die Güterschifffahrt – und noch nicht die Eisenbahn –, die das boomende Berlin hauptsächlich mit Massengütern aus Sachsen, Böhmen und Schlesien versorgt.

    Auf die Blüte dieses „Zweistromlandes zwischen Elbe und Oder“ in den 1930er-Jahren folgt sein Niedergang nach dem Zweiten Weltkrieg. Die meisten wassertechnischen Anlagen sind zerstört, mehr als die Hälfte der Wasserstraßen für den Verkehr gesperrt. Die deutsche Teilung und eine Bestimmung des Potsdamer Abkommens 1945 erweisen sich als fatal. Die sowjetische Militäradministration soll alle Wasserstraßen der Hauptstadt verwalten, auch jene in West-Berlin. Schon bald kommt es zum Zerwürfnis: Die DDR riegelt den Teltowkanal, eine der Hauptschlagadern des Wasserstraßennetzes, bis 1981 ab.

    Heute sind die Bundeswasserstraßen in und um Berlin wieder ein wesentlicher Teil des Verkehrssystems, allen voran die Havel. Der Elbe-Havel-Kanal, die Untere Havel-Wasserstraße und der Havelkanal schaffen die zentrale West-Ost-Verbindung für Güterschiffe in Richtung Oder und Ostsee. Nicht zuletzt steuern auch immer mehr Sport- und Freizeitschiffer auf der Havel ins Berliner Stadtgebiet.

    Über die Geschichte der Berliner Wasserstraßen mehr in den Meilensteinen der Industriekultur.

  • Grundwasserbrunnen des Wasserwerk Beelitzhof

    Brunnengalerie 

    Ein Grundwasserbrunnen am Havelufer
    Wandgemälde am Wasserwerk, das zwei Arbeiter zeigt, von denen einer in einen Grundwasserbrunnen hinabsteigt.
    Einer der 80 Grundwasserbrunnen entlang des Havelufers, die Berlin mit Trinkwasser versorgen. | © bzi, Foto: Max Braun

    223 Millionen Kubikmeter Trinkwasser verbrauchen die Berlinerinnen und Berliner im Jahr. Das ist beinahe ein volles Olympiastadion jeden Tag. Das Wasser kommt fast ausschließlich aus Wasserschutzgebieten innerhalb der Stadtgrenzen. Die Schutzgebiete machen etwa ein Viertel der Stadtfläche aus. Über 650 Grundwasserbrunnen holen das Wasser an die Oberfläche. In riesigen Rohren fließt es dann in eines der insgesamt neun Wasserwerke. Die Brunnen sind das Rückgrat der Berliner Wasserversorgung.

    Die über 80 Grundwasserbrunnen des Wasserwerks Beelitzhof erstrecken sich entlang des Havelufers von der Halbinsel Schildhorn bis zum Strandbad Wannsee, das sich in der Nähe des Wasserwerks befindet. Einige Exemplare der Brunnen reichen bis 170 Meter in die Erde und zählen damit zu den tiefsten Brunnen in der Stadt.

    Die Brunnen entlang des Havelufers stehen auch für eine Besonderheit des Berliner Trinkwassers: Es wird zu 30 % aus Tiefengrundwasser und zu 70 % aus sogenannten Uferfiltrat gewonnen. Uferfiltrat entsteht, wenn Oberflächenwasser, zum Beispiel aus der Havel oder Spree, über Monate hinweg durch viele Sandschichten ins Grundwasser sickert.

    Unter den massiven Stahldeckeln der Brunnengalerie verbergen sich, tief unten in den Schächten, meterhohe Filter. Erst nachdem das Wasser die Filter passiert hat, wird es über Rohre zum Wasserwerk Beelitzhof gepumpt. Mit der Zeit verstopfen allerdings Sand, Eisen und Mangan die Filter. Deswegen müssen Teams der Berliner Wasserbetriebe die Grundwasserbrunnen dann im sogenannten Impulsverfahren wieder Instand setzen. Dies gelingt mit kontrollierten Unterwasser-Sprengungen und kleinen Gasexplosionen. Dadurch bewegt sich das Wasser im Schacht etwa eine Woche lang, bis auch die kleinsten Schmutzpartikel aus den Filtern gelöst sind.

    Adresse

    Entlang des Havelufers

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

  • Restaurant-Schiff Alte Liebe

    Vom Lastkahn zum Kaffeekahn 

    Frontaler Blick auf das Restaurant-Schiff Alte Liebe, das am Havelufer ankert.
    Blick vom Havelufer auf das Restaurant-Schiff Alte Liebe
    Das Restaurant-Schiff wurde 1911 gebaut und ersetzt 1970 das vorige, in die Jahre gekommene Schiff. | © bzi, Foto: Max Braun

    Ausgediente Lastenkähne verwandeln sich seit 1900 in schwimmende Gaststätten an der Havel. Wie in den Strandbädern genießen die Berlinerinnen und Berliner auch hier das maritime Flair und suchen Zerstreuung vom grauen Alltag – sei es bei Kaffee und Kuchen, oder bei einer Molle Bier und Korn.

    Hier, am Eingang zum Stößensee, liegt seit Anfang der 1950er-Jahre ein Restaurant-Schiff. Nach 20 Jahren ist der ausgemusterte Lastenkahn marode, Ersatz findet sich in Hamburg. Die 1911 in Dienst gestellte „Godeffroy“ hat als Hafenfähre bereits Millionen Passagiere befördert. Seit 1970 ist sie ein schwimmendes Restaurant-Schiff am Berliner Havelufer. Bis heute fühlt sich der Besuch an „wie’n kleener Urlaub“, so verspricht es jedenfalls das Team der „Alten Liebe“.

    Adresse

    Havelchaussee 107
    14055 Berlin-Grunewald

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

  • Berliner Erdgasspeicher

    Energie-Reserve 

    Das Foto zeigt, wie Rohre aus dem Erdboden kommen, die zum unterirdischen Erdgasspeicher führen.
    Außenansicht des zum Erdgasspeicher gehörenden Gebäudes mit Rohren, die davor aus der Erde kommen.
    Der Erdgasspeicher liegt in 850 Metern Tiefe. Überirdisch lassen sich nur die Rohre besichtigen, die zum Speicher führen. | © bzi, Foto: Max Braun

    Es ist in etwa wie bei einem Eisberg: Von dem drei mal vier Kilometer großen Erdgasspeicher unter dem Grunewald macht man sich oben kein Bild. Bis auf die wenigen streng bewachten Einfüllstationen deutet nichts darauf hin, dass hier in 850 Metern Tiefe einmal über eine Milliarde Kubikmeter Erdgas lagerten. Unter einer Deckschicht aus Ton, Salz und Kalk lagert hier ein idealer Sandstein: Wie ein Schwamm saugt sich das poröse Gestein mit Wasser voll, das unter Druck durch Erdgas ersetzt werden kann.

    Bis 2016 holen Stationswärter aus dem Gestein täglich genau die Menge Gas, die die GASAG-Leitwarte für die Energieversorgung Berlins kalkuliert: Je kälter, desto mehr. Über 13 Zuleitungen gibt es dafür. Rentabel ist die Anlage allerdings nicht, weshalb die Berliner Erdgasspeicher GmbH 2017 die Stilllegung bekannt gibt.

    Nach dem ersten russischen Angriff auf die Ukraine 2014 ist der stillgelegte Gasspeicher nicht ohne Ironie. Denn entstanden war die Anlage einst auf Drängen des Alliierten Kontrollrats, der West-Berlin in den 1980er-Jahren unabhängiger von sowjetischen Gaslieferungen machen wollte. Der Erdgasspeicher geht jedoch erst 1992 in Betrieb – der Kalte Krieg ist da schon vorbei und es gibt Zugang zu anderen Gasquellen. Immerhin hilft der Erdgasspeicher Berlin in den Folgejahren, schwankende Preise auszugleichen: Steigt der Gaspreis im Winter, kann die Stadt das im Sommer preiswert eingelagerte Gas nutzen.

    Die Stilllegung des Speichers dauert bis heute an, 28 Mitarbeitende sind damit beschäftigt. Sie ist bergrechtlich und technisch komplex, weil das Gas im Gestein nicht auf einmal entnommen werden kann. Parallel prüft der Betreiber mögliche Nachnutzungen der Anlage: Am aussichtsreichsten scheint die Umnutzung für Tiefengeothermie (Erdwärme) zu sein. So würde der alte Erdgasspeicher Berlin noch einmal unabhängig machen – diesmal von fossiler Energie.

    Adresse

    Am Postfenn 22
    14055 Berlin-Grunewald

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    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

  • US-Amerikanische Abhörstation

    Spionagezentrum des Kalten Kriegs 

    Blick auf einen der langsam verfallenden Türme der Abhörstation mit weißer Antennenkuppel.
    Historisches Luftbild der Abhörstation auf dem Teufelsberg.
    Buntes Graffiti an der ehemaligen US-amerikanischen Abhörstation.
    Der Eingang zur US-amerikanischen Abhörstation auf dem Teufelsberg.
    Die Abhörstation auf dem Teufelsberg wurde 1992 aufgegeben. | © Boris Gänsicke

    Dass „Amerikas großes Ohr bis in russische Telefone“ reicht, ist im Kalten Krieg kein Geheimnis. Wie die US-amerikanische Abhörstation auf dem Berliner Teufelsberg den Funkverkehr von DDR-Behörden und Roter Armee aber damals genau überwacht, darüber ist bis heute kaum etwas bekannt. Diskretion ist hier angesagt.

    Ab 1957 experimentieren die Amerikaner mit mobilen Antennenwagen auf dem künstlichen Plateau des Teufelsbergs, im Sektor der Briten. Die machen ihre Beteiligung zur Bedingung für einen weiteren Ausbau der Abhörstation. 1962 errichten die Alliierten die fünf markanten Antennen- und Radarkuppeln aus weißem Kunststoff. Diese sogenannte Radome schützen die empfindlichen Anlagen vor Witterung. Unter Federführung der amerikanischen National Security Agency (NSA) arbeiten hier rund 1.000 amerikanische und 500 britische Soldaten rund um die Uhr an den Abhörgeräten. Im Umkreis von 500 km, bis weit hinein in das Gebiet des Warschauer Paktes, können sie damit alle ungeschützten Funk- und Fernmeldeverbindungen erfassen, mitschneiden und auch stören.

    Nach dem Ende des Kalten Krieges verliert die Abhörstation 1992 ihre Funktion. Bis 1999 überwacht die Deutsche Flugsicherung mit den Radaranlagen noch den zivilen Flugverkehr. Ein Investor kauft das Gelände, doch seine Pläne scheitern an Baukosten und an Umweltprotesten im Landschaftsschutzgebiet Grunewald. Die Anlagen fallen schließlich Vandalismus zum Opfer.

    2005 definiert ein neuer Flächennutzungsplan den Teufelsberg als nicht mehr bebaubar. Während der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf die ehemalige Abhörstation als Zeugnis des Kalten Kriegs dauerhaft erhalten möchte, fordern Umweltschützer den Abriss und die Renaturierung des Areals. Letzteres ist jedoch unwahrscheinlich. Die verfallenden Antennenkuppeln auf dem Teufelsberg haben sich inzwischen zum prominentesten Berliner Lost Place entwickelt. Eine der größten Street-Art-Galerien Europas begeistert mit Werken von Künstler:innen aus aller Welt, regelmäßigen Festivals und Events. Eine Ausstellung informiert über den geschichtsträchtigen Ort.

    Adresse

    Teufelsseechaussee 10
    14193 Berlin-Grunewald

    Anfahrt

    Die S-Bahn-Station Heerstraße ist ca. 30 Gehminuten vom Gelände entfernt.

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

  • Teufelsberg und Drachenberg

    Trümmerschutt mit Ausblick 

    Aus weiterer Entfernung aufgenommenes Bild des Teufelsbergs mit der US-amerikanischen Abhörstation.
    Schwarz-weiß-Foto, das zeigt, wie die Trümmer des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Berlins zu einem Berg aufgeschüttet werden.
    Schon von weitem ist die US-amerikanische Abhörstation auf dem Teufelsberg sichtbar. | © LeJC, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

    Im Inneren die Reste eines monumentalen Nazi-Baus, darüber die Trümmer des kriegszerstörten Berlins, obendrauf eine verlassene US-Abhöranlage, die heute eine der größten Street Art Galerien Europas ist. Das ist der Teufelsberg, daneben der Drachenberg. Die 120 Meter hohe künstliche Aufschüttung im Grunewald ist ein Querschnitt durch die jüngere Berliner Stadtgeschichte.

    Wo heute Touristen aus aller Welt im Sonnenuntergang auf Berlin blicken, erfolgt 1937 der erste Spatenstich für den Neubau der Wehrtechnischen Fakultät. Mit diesem Festakt feiern die Nationalsozialisten den beginnenden Umbau von Berlin zur künftigen „Welthauptstadt Germania“. Schon 1940 stellt das NS-Regime das Bauvorhaben kriegsbedingt wieder ein.

    Nach Kriegsende suchen die Alliierten überall Flächen für die Trümmer der schwer zerstörten Stadt. Der gesprengte Rohbau der Wehrtechnischen Fakultät bietet dafür ein stabiles Fundament. Ab 1950 karren Lastwagen über 22 Jahre lang ein Drittel des zerbombten Berlins hierher. So wächst bis 1972 ein veritabler Berg mit zwei Gipfelplateaus heran, bald Teufelsberg und Drachenberg genannt.

    Anschließend beginnt eine detaillierte Landschaftsplanung: Mit Sand, Mutterboden und einer Million neuer Bäume entsteht bis 1976 ein Naherholungsgebiet für West-Berlin. Die größten Attraktionen: Drei Rodelbahnen sowie ein Skihang samt Schlepplift, Schneekanonen und Flutlicht. Der Skilift muss zwar schon bald wieder abgebaut werden, weil er die US-amerikanische Abhörstation auf dem Teufelsberg stört. Die begeisterte Bevölkerung in West-Berlin reist dennoch weiterhin zum neuen Ausflugsziel Teufelsberg und Drachenberg. Zur 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987 darf die Stadt sogar ein Weltcup-Skislalom auf dem Teufelsberg austragen.

    Mit seinen verfallenden Antennenkuppeln avanciert der Teufelsberg inzwischen zu einem international bekannten Lost Place. Bis heute bieten beide Berge einen grandiosen Panoramablick auf Berlin und viel Platz zum Wandern, Joggen und Mountainbiken, Drachensteigen und Gleitschirmfliegen.

    Adresse

    Teufelsberg und Drachenberg
    Teufelsseechaussee
    14193 Berlin-Grunewald

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

  • Sender Scholzplatz

    Ersatz für den Funkturm 

    Der hoch in den Himmel aufragende Sendemast des Senders Scholzplatz vor blauem Himmel.
    Der 230 Meter hohe Mast des Senders Scholzplatz sollte eigentlich nur vorübergehend genutzt werden. | © Arne Wiechern

    Im Frühjahr 1963 montieren Techniker von Siemens ganz oben, über der letzten Abspannung, die UKW- und Fernseh-Sendeantennen. Dann kann der Sender Scholzplatz in Betrieb gehen – und den alten Funkturm von 1926 als Antennenträger ablösen. Von seinem ikonischen Vorgänger unterscheidet sich der neue Funktionsbau allerdings in jeder Hinsicht: Ein rot-weiß gestreifter Stahlrohrmast, kaum 1,60 Meter dick, 230 Meter hoch, in Position gehalten von Abspannseilen.

    Die auf schnelle Demontage ausgelegte Konstruktion und der Standort zwischen zwei Friedhöfen verraten den provisorischen Charakter des Bauwerks. Mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 mitten im Kalten Krieg verschärfen sich die politischen Spannungen zwischen den Westmächten und dem sogenannten Ostblock. Ost wie West setzen auf die Massenmedien Rundfunk und Fernsehen, um die Menschen von der eigenen Weltsicht zu überzeugen. Als die DDR ihre Pläne für einen Ost-Berliner Fernsehturm (1969 eröffnet) vorantreibt, investiert die Bundesrepublik Deutschland in die Modernisierung ihrer Sendeanlagen in West-Berlin.

    Ursprünglich sollte ein eigener West-Berliner Fernsehturm im Norden der Stadt errichtet werden. Als sich die Blockkonfrontation 1961 zuspitzt, beginnen in West-Berlin allerdings die Planungen für eine Übergangslösung. Zwei Jahre nach dem Mauerbau nimmt der Sender Scholzplatz den Betrieb auf. Die Programme des Senders Freies Berlin (SFB) sind jetzt bis weit in die DDR hinein zu empfangen.
    Da der geplante West-Berliner Fernsehturm nie gebaut wird, kommt es auch nie zur Demontage des Senders Scholzplatz. Das zweithöchste Bauwerk Berlins strahlt bis heute für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) Radio- und Fernsehprogramme aus.

    Adresse

    Heerstraße 139
    14055 Berlin-Westend

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Natur und Infrastruktur

  • Theodor-Heuss-Platz

    Schmuckplatz eines neuen Wohnviertels 

    Die ewige Flamme auf dem Theodor-Heuss-Platz mit der Aufschrift Freiheit, Recht, Friede
    Der Theodor-Heuss-Platz, damals noch Reichskanzlerplatz, in einem schwarz-weißen Foto von 1907
    Seit 1955 brennt auf dem Theodor-Heuss-Platz eine Ewige Flamme für die Opfer von Flucht und Vertreibung. | © bzi, Foto: Max Braun

    Mitte der 1860er-Jahre kehrt der risikofreudige Kaufmann Heinrich Quistorp aus Glasgow zurück. Dort hat er gesehen, wie sich die britische Oberschicht in Wohnlagen im Westen der Industriestädte ansiedelt, denn der Westwind bringt saubere Luft! Erst der Kohlerauch der Fabriken und Wohnhäuser verunreinigt die Luft. Quistorp gründet die „Westend-Gesellschaft Quistorp & Co.“ und gewinnt den Architekten Martin Gropius für sein Projekt. Auf dem sandigen Ödland westlich von Charlottenburg soll nach Londoner Vorbild die Villenkolonie „Westend“ entstehen.

    Quistorp und Gropius errichten das Wasserwerk Teufelssee zur Versorgung und profitieren vom Spekulationsfieber der Gründerzeit. Nach Streitigkeiten mit der Stadt Charlottenburg und der Börsenkrise 1872 ist die Westend-Gesellschaft allerdings bankrott, deswegen enden die Bauarbeiten in der Villenkolonie. Erst Ende des Jahrhunderts werden die 30 Jahre zuvor geplanten Grundstücke verkauft und bebaut. Dieses Mal reißt die Nachfrage nicht ab.

    1903 gründet die Stadt Charlottenburg die „Neu-Westend-Gesellschaft“ und geht mit aufwändigen Infrastrukturprojekten voran. Dazu gehört beispielsweise der heutige Theodor-Heuss-Platz, der 1906 als „Reichskanzlerplatz“ in beinahe unbebauter Umgebung entsteht. In zwei weiteren Jahren wird die U-Bahn-Strecke bis hierher verlängert. Den gleichnamigen neuen Bahnhof unter dem Platz gestaltet der Architekt Alfred Grenander. Statt der ursprünglich geplanten Villen wird Neu-Westend jetzt überwiegend mit gutbürgerlichen Miets- und Reihenhäusern bebaut.

    Ende der 1920er-Jahre entwickelt sich Westend weiter mit markanten Bauprojekten. Dazu gehört beispielsweise der Funkturm (1926), das Amerikahaus (1930) am Theodor-Heuss-Platz, das Haus des Rundfunks (1931) in der Masurenallee und das Messegelände (1930). 1933 erhält der Reichskanzlerplatz vom NS-Regime den Namen „Adolf-Hitler-Platz“. Der Platz soll das Ende der Ost-West-Achse der von Hitler und Speer geplanten Welthauptstadt Germania bilden. Für die Olympischen Spiele eröffnet 1936 das monumentale Olympiagelände.

    Ein auf dem Adolf-Hitler-Platz geplantes Heldendenkmal für den italienischen Diktator Benito Mussolini wird nicht mehr errichtet. Seit 1955 brennt hier stattdessen eine Ewige Flamme für die Opfer von Flucht und Vertreibung, initiiert von den deutschen Heimatvertriebenen. Bundespräsident Theodor Heuss weiht das Denkmal damals ein. Nach seinem Tod 1963 benennt das Land Berlin den Platz in „Theodor-Heuss-Platz“ um.

    Adresse

    Theodor-Heuss-Platz
    14052 Berlin-Westend

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  • Messegelände

    Treffpunkt der Welt in Berlin 

    Die Eingangshalle des Messegeländes in Berlin bei untergehender Sonne.
    Außenansicht der Messe Berlin bei blauem Himmel mit dem Funkturm im Hintergrund.
    Die von Richard Ermisch entworfene Eingangshalle zum Messegelände. | © Messe Berlin

    Die Berliner Messetradition reicht zurück bis in das Jahr 1822, als die preußische Regierung Märkte und Messen zu einer übergreifenden „‚Preußischen Gewerbeausstellung“‘ in der Innenstadt zusammenfasst. Ein festes Messegelände gibt es allerdings nicht, Ausstellungsbauten werden auf- und wieder abgebaut. Auf dem Gelände der heutigen Messe, damals mitten im Grunewald, exerziert und schießt die Garnison Charlottenburg.

    Der neu erbaute S-Bahnhof Witzleben (heute S-Bahnhof Messe-Nord/ICC) verbindet 1913 den westlichen Stadtrand mit Berlin. Schon im nächsten Jahr entstehen erste Hallen, bleiben kriegsbedingt aber ungenutzt. 1923 gründet die Stadt Berlin mit sieben jüdischen Kaufleuten und Fabrikanten die „Gemeinnützige Berliner Messe-Aufbaugesellschaft mbH“. Zur ersten „Großen Deutschen Funkausstellung“ im darauffolgenden Jahr strömen hunderttausende Besucherinnen und Besucher in das eigens errichtete hölzerne „Haus der Funkindustrie“. Die Holzbauweise sichert technisch störungsfreie Funkvorführungen. Der Standort etabliert sich von da an als Berliner Messe.

    Das erste architektonische Gesamtkonzept von Martin Wagner und Hans Poelzig von 1930 kann wegen der Machtergreifung des Nationalsozialisten nur teilweise realisiert werden. Unter dem NS-Regime verändert der Architekt Richard Ermisch das Konzept ab 1935 tiefgreifend. Die ovale Anordnung von Wagner/Poelzig überformt er in eine rechtwinklige Anlage mit dominanter Mittelachse. Diese Achse führt die Besucherinnen und Besucher von der Ehrenhalle am nördlichen Haupteingang durch den stadionartig angelegten Sommergarten zur Deutschlandhalle im Süden. Die Nationalsozialisten nutzen die Hallen allerdings nicht für internationale Messen, sondern bereits ab 1939 als Getreidelager.

    Nach dem Zweiten Krieg ist das Messegelände weitgehend verwüstet, der Wiederaufbau beginnt ab 1946. Bald darauf kehren die etablierten Berliner Messeformate zurück. In den weiteren Nutzungen spiegelt sich die vielfältige Nachkriegsrealität, beispielsweise spielen Britische Besatzungstruppen in den Hallen Tennis. Währenddessen trifft sich in der „Ostpreußenhalle“ (heute Halle 18) von 1954 bis 1969 die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten. Bis heute wird das Gelände kontinuierlich erweitert. Dies auch, um bei voller Messekapazität die denkmalgeschützten Hallen aus den 1930er- und 50er-Jahren sanieren zu können.

    Adresse

    Messe Berlin
    Messedamm 22
    14055 Berlin-Westend

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  • Internationales Congress Centrum (ICC)

    Einzigartige Kongressmaschine 

    Ansicht des Internationalen Congress Centrums von der Straße aus
    Der Innenraum des ICC mit roten Leuchtröhren als Wegeleitsystem.
    Luftbild, auf dem man das ICC, den Funkturm und das Messegelände sieht.
    Das an ein Raumschiff erinnernde ICC von der Straße aus gesehen. | © Wladyslaw Sojka, www.sojka.photo, Free Art License via Wikimedia Commons

    Mitte der 1960er-Jahre sagen Tourismusexperten eine Zunahme von Tagungen und Kongressen voraus. Die Politik im isolierten West-Berlin glaubt an die Chance, mit dem Internationalen Congress Centrum (ICC) die Inselstadt als Kongressmetropole neu definieren zu können. Was bei einem Wettbewerb 1965 als „nüchterne Multifunktionshalle“‘ beginnt, entwickelt sich zu einem wirtschaftspolitischen Symbolprojekt im Kalten Krieg. Das ICC wird das bis dahin teuerste Bauvorhaben der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Vielen gilt die „Kongressmaschine“ bis heute als Prototyp des modernen Tagungszentrums.

    Das ICC soll als Erweiterung des Messegeländes am Funkturm fungieren. Für den Bau zwischen Autobahn und Messedamm ist allerdings wenig Platz. Das inspiriert das junge Architektenpaar Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte: Sie entwickeln „ein futuristisches Schiff in den Verkehrsströmen“, mit mehreren Decks und einer gläsernen Brücke, eingehüllt in eine silberne Wand-Dach-Konstruktion. Die „Hightech-Architektur“ der 1970er-Jahre ist ein Echo auf die erste Mondlandung 1969 und Ausdruck einer Epoche, die sich für Technik begeistert. Im geteilten Berlin ist das ICC außerdem die ultimative Antwort auf den gleichzeitig von der DDR fertiggestellten Palast der Republik.

    Das ICC beeindruckt durch seine Größe: Zwei Konferenzsäle lassen sich zu einem Auditorium mit 9.000 Sitzen verbinden. Weitere 80 Tagungsräume stehen für unterschiedliche Nutzungen bereit. Auch im Tagungsbetrieb definiert die „Kongressmaschine“ neue Maßstäbe. Die Sessel in den Konferenzsälen verfügen über eine Dolmetsch-Funktion für bis zu acht Sprachen. Von jedem Platz aus können sich die Teilnehmenden per Mikrofon zu Wort melden. Über Rolltreppen schweben sie auf die nächste Etage. Alles ist futuristisch gestaltet. Rote und blaue Leuchtstoffröhren navigieren die Gäste durch das Gebäude.

    Über 30 Jahre lang betreibt die Berliner Messegesellschaft das ICC mit hoher Auslastung. Mehrfach wird es zum „weltweit beliebtesten Tagungsort“ gewählt. Aber die einst innovative Haustechnik veraltet, ihr Betrieb ist für das Land Berlin zu teuer. Das ICC muss 2014 schließen.

    Seitdem steht das denkmalgeschützte Gebäude leer. Die Berliner Politik hat sich 2019 gegen einen Abriss entschieden. Die zukünftige Nutzung ist allerdings noch offen.

    Adresse

    Messedamm 22
    14055 Berlin-Westend

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  • S-Bahnhof Westkreuz

    Der Messebahnhof 

    Blick auf den S-Bahnhof Westkreuz
    Historischer Blick auf den Bahnsteig des S-Bahnhofs Westkreuz in 1929
    Blick von oben auf den Bahnsteig des S-Bahnhofs Westkreuz | © Axel von Blomberg

    Richard Brademann ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Es sind die Jahre der „Großen Elektrisierung“ der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen. Zwischen 1924 und 1933 benötigen die städtischen Eisenbahnen Dutzende neue Bahnhöfe, Gleichrichter- und Schaltwerke. Brademann, Oberbaurat und Leiter eines Hochbaudezernats der Reichsbahn, lässt diese Gebäude errichten, die bis heute das Berliner Stadtbild prägen.

    Auch der Bahnhof Westkreuz zeigt Brademanns sachlich-funktionalen Stil. Im Dezember 1928 als S-Bahnhof „Ausstellung“ eröffnet, soll er ein repräsentativer Zugang zum neuen Messegelände am Funkturm sein: Die Empfangshalle mit Oberlichtaufsatz ist großzügig bemessen, der hervortretende Stellwerkturm ist der damals höchste in Berlin. Rolltreppen verbinden die Gleisebenen von Ring- und Stadtbahn, die sich hier auf zwei Ebenen kreuzen.

    Das Messegelände richtet sich nach Norden aus, weg vom Bahnhof „Ausstellung“. 1932 erfolgt deshalb die Umbenennung in „Westkreuz“ als Pendant zum Ostkreuz. Der neue Name betont die eigentliche Bedeutung der Station als Kreuzungsbahnhof, der lange gefehlt hatte. Bis 1928 mussten Fahrgäste der Ringbahn einen komplizierten Doppelumstieg über den Bahnhof Charlottenburg absolvieren.

    Im März 1933 übermittelt Richard Brademann ein Schreiben an die Reichskanzlei. In der Hochphase der nationalsozialistischen Machtergreifung denunzieren er und weitere Mitverfasser darin Jüdinnen und Juden, Demokratinnen und Marxisten – Menschen, die in der gesamten Reichsbahn-Verwaltung beschäftigt sind. Brademann wird nach dem Krieg vom deutschen Staatsdienst ausgeschlossen. Er findet Beschäftigung beim Wiederaufbau in Jugoslawien und stirbt 1965 in West-Berlin.

    Das S-Bahn-Netz ist nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1947 wieder befahrbar. Der Betrieb der Ringbahn wird 1980 aus politischen Gründen eingestellt, der Bahnhof Westkreuz stillgelegt. Erst nach dem Fall der Berliner Mauer kann der Berliner Senat mit dem Wiederaufbau der Ringbahn beginnen. Der Bahnhof Westkreuz geht nach umfassender Sanierung 1993 wieder ans Netz. Für zwei der historischen Bauten aber kommt die Maßnahme zu spät: Empfangshalle und Stellwerkturm sind zu tief in den sandigen Boden gesackt und müssen abgerissen werden.

    Adresse

    S-Bahnhof Westkreuz
    Am Messedamm
    Halenseestraße 28
    14057 Berlin-Charlottenburg

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  • Funkturm

    Pionierort der Radiogeschichte 

    Funkturm Berlin auf Wiese
    Funkturm Aussicht Berlin
    Messe mit Funkturm 1932
    Der Funkturm ist heute ein Wahrzeichen Berlins. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2016

    Der neue stählerne Funkturm ist bei seiner Fertigstellung 1926 der höchste Turm Deutschlands und das Highlight der dritten Deutschen Funkausstellung. Er ist das Ergebnis einer Abmachung: Das Berliner Messeamt baut den Funkturm, dafür verpflichtet sich die Radioindustrie zu einer jährlichen Branchenschau auf dem neuen Messegelände.

    Anfang der 1920er-Jahre ist Berlin im Rundfunkfieber: Auf die erste Live-Funkübertragung aus Königs Wusterhausen folgt mit der „Funkstunde“ 1923 das erste reguläre Radioprogramm. 1924 erleben hunderttausende Besucher:innen auf der ersten „Großen Deutschen Funkausstellung“ die neuen Empfangsgeräte. Der Verband der Radioindustrie errichtet für diese Ausstellung auf dem Messegelände das „Haus der Funkindustrie“ – eine hölzerne Halle – sowie einen ersten hölzernen Sendemast. Diesen Mast soll der neue Funkturm 1926 ersetzen.

    Sein Architekt Heinrich Straumer lässt sich vom Pariser Eiffelturm inspirieren: Das sich nach oben verjüngende Stahlfachwerk trägt ein Restaurant und eine noch höher gelegene Aussichtsplattform. Ein Fahrstuhl bringt die Besucherinnen und Besucher in der transparenten Stahl-Konstruktion in die Höhe. Ein geradezu schwindelerregendes Erlebnis. Die eigentliche Funktion allerdings, das Senden, übernehmen an der Turmspitze angehängte Antennen. Am Boden lagert das gesamte Bauwerk auf vier großen Porzellanisolatoren, um es als Antennenträger gegen die Erde zu isolieren. Das Restaurant in 48 Metern Höhe avanciert zum Ausflugsziel. Die Holzvertäfelungen mit filigranen Intarsien im Jugendstil sind wunderschön.

    Mit der Eröffnung des Haus des Rundfunk 1931 erhöht sich der Sendebetrieb stark. 1935 brennt die hölzerne Funkhalle allerdings vollständig ab, auch die Sendetechnik des Funkturms fällt für einige Zeit aus. Als am Ende des Zweiten Weltkriegs Granaten einen der vier Hauptträger zerfetzen, bleibt der 600 Tonnen schwere Turm dennoch stehen. Der Abriss wird diskutiert, aber schließlich verworfen. 1963 löst der Sender Scholzplatz den inzwischen denkmalgeschützten Funkturm als Sendeanlage für den Rundfunk ab.

    Im Besitz des Landes Berlin sendet der Funkturm heute nur noch für den regionalen Polizei- und Mobilfunk. Als ein Wahrzeichen der Stadt und des Messegeländes zu seinen Füßen erstrahlt der Turm zu allen Berliner Leitmessen in einer anderen Signalfarbe, so auch jährlich zur Internationalen Funkausstellung (IFA).

    Übrigens: Die Eröffnungsrede der Funkausstellung im Jahr 1930 hält Albert Einstein höchstpersönlich. Die Bedeutung, die das neue Kommunikationsmedium Rundfunk zur damaligen Zeit hat, ist heute kaum mehr vorstellbar.


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    Adresse

    Hammarskjöldplatz
    14055 Berlin-Charlottenburg

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    Kommunikation und Medien

  • Naturschutzzentrum Ökowerk

    Ein Wasserwerk im Grunewald 

    Ökowerk im historischen Wasserwerk in Grunewald
    Dampfmaschine im Ökowerk Berlin
    Kinder bestaunen Modell einer Dampfmaschine im Ökowerk Berlin zur JuniorRoute
    Historisches Kesselhaus im Ökowerk Berlin 1920
    i

    Erbaut
    1872 - 1873, 1892

    Bauherr
    Charlottenburger Wasserwerke GmbH

    Architekt
    Martin Gropius, Hanshent und F. Schmetzer

    Früher
    Wasserwerk Teufelssee

    Heute
    Naturschutzzentrum

    Das historische Wasserwerk Teufelssee, heute Ökowerk, liegt mitten im Grunewald. | © Naturschutzzentrum Ökowerk, Foto: Andreas Schmidt

    Mitten im Grunewald liegt das älteste erhaltene Wasserwerk Berlins. Das idyllisch am Teufelssee gelegene Industriedenkmal ist heute das Zuhause des Naturschutzzentrum Ökowerk. Die Bedeutung von sauberem Wasser ist ein zentrales Thema der vielfältigen Bildungsangebote.

    Mitte des 19. Jahrhunderts ist die westlich von Berlin gelegene und finanzstärkste Stadt Charlottenburg Sommerresidenz des Königs von Preußen und zudem Ausflugsziel für viele Berlinerinnen und Berliner. Mehr und mehr wohlhabende Bürger lassen ihre Villen hier errichten, wozu 1866 Johannes Werckmeister, Johannes Quistorp und Martin Gropius die Baugesellschaft Westend & Co AG gründen. Der Anschluss an eine zentrale Wasserversorgung ist ein wichtiges Verkaufsargument. Werkmeister beginnt mit der Planung und dem Bau eines Wasserwerkes am Teufelssee. Doch 1868 geht die Baugesellschaft in die Insolvenz. Quistorp steigt aus und sein Bruder Heinrich übernimmt als Großinvestor das Management der neuen Westend-Gesellschaft Quistorp & Co. Fertiggestellt wird das Wasserwerk 1872. Im Laufe der Zeit werden von hier aus weitere Haushalte außerhalb Berlins bis nach Rixdorf mit Wasser versorgt.

    1920 wird Charlottenburg Teil der neu gegründeten Stadtgemeinde Groß-Berlin. Das Wasserwerk am Teufelssee wird deshalb fortan durch die neu gegründete Berliner Städtischen Wasserwerke AG verwaltet. Rund 100 Jahren ist es in Betrieb. Dann genügt es den hygienischen und technischen Ansprüchen nicht mehr. 1969 droht schließlich der Abriss, den öffentlicher Protest verhindert. Naturschutzvereine und Einzelpersonen schließen sich Anfang der 1980er-Jahre zusammen und gründen den Verein Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin. , Der anerkannte Naturschutzverband ist seitdem hier im Bereich Umweltbildung aktiv. Das Gebäudeensemble wurde restauriert und enthält noch heute wesentliche Teile der historischen Technik.

    Zwischen Teufelssee, Streuobstwiesen und Erlebnisgärten bietet das Ökowerk ein vielfältiges Programm. Geheimnisvolle Orte wie den unterirdischen Reinwasserspeicher erleben Besucherinnen und Besucher bei einer Führung. Eine GPS-Rallye lädt kleine Gruppen dazu ein, dass Gelände auf eigene Faust zu erkunden.

    Der Wasserversorgung Berlins ist ein Meilenstein der Berliner Industriegeschichte gewidmet.

    Adresse

    Teufelsseechaussee 22
    14193 Berlin-Grunewald

    Kontakt

    Tel.: 030/3 00 00 50
    info@oekowerk.de
    www.oekowerk.de

    Anfahrt

    S-Bahn: S3, S9 (Haltestelle Heerstraße), S7 (Haltestelle Grunewald).
    Bus: M19, 186, 349 (Haltestelle Grunewald).
    Achtung: von dort je 20 Minuten Fußweg

    Öffnungszeiten

    Sommer:
    Mi. bis Fr.: 10.00 bis 18.00 Uhr
    Sa., So., Feiertag: 12:00 bis 18:00 Uhr

    Winter:
    Mi. bis Fr.: 10.00 bis 16.00 Uhr
    Sa., So., Feiertag: 11:00 bis 16:00 Uhr

    Eintritt

    Gelände frei zugänglich

    Führungen

    Zum Wasserwerk und weiteren Themen, Termine siehe Website und nach Vereinbarung

    Barrierefreiheit

    Eingeschränkt

    Best of

    Sauber und Gesund

  • Haus des Rundfunks des rbb

    Vollkommener Klang in moderner Architektur 

    Treppenhaus mit Lampe im Haus des Rundfunks rbb
    Eingang mit Schriftzug Haus des Rundfunks rbb
    Großer Sendesaal im Haus des Rundfunks rbb
    Historisches Luftbild Haus des Rundfunks 1957
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    Erbaut
    1929 - 1931

    Bauherr
    Reichsrundfunk-GmbH

    Architekt
    Hans Poelzig

    Früher
    Produktions- und Sendehaus

    Heute
    Medienzentrum

    Der beeindruckende Lichthof im Haus des Rundfunks verbindet die Sendesäle miteinander. | © rbb, Foto: Hanna Lippmann

    Markante Klinkerfassade außen, vollkommener Klang im Inneren. Das Haus des Rundfunks des rbb in Berlin-Charlottenburg gehört zu Europas ältesten Rundfunkhäusern. Nach der ersten experimentellen Funkwellenübertragung 1897 entwickelt sich das Medium „Rundfunk“ zu einem Meilenstein der Berliner Industriegeschichte. 1923 ist das erste reguläre Radioprogramm „Funkstunde“ eine Revolution für die Berlinerinnen und Berliner. 1926 führt die dritte Deutsche Funkausstellung auf dem nahegelegenen Messegelände mit dem eigens erbauten Funkturm die neuesten Radioempfangsgeräte vor.

    Mit dem Haus des Rundfunks plant Architekt Hans Poelzig 1929-31 erstmals ein Produktionsgebäude, das speziell auf die Bedürfnisse des neuen Mediums zugeschnitten ist. Der ungewöhnliche dreieckige Grundriss nimmt in den Außenflügeln Büros, Redaktionsräume und kleinere Studios auf. Dank versetzbarer Zwischenwände variiert die Raumanordnung ständig und ist bis heute ideal für die dynamische Medienarbeit. Die Sendesäle positioniert Poelzig im Inneren des Dreiecks – abgeschirmt vom Verkehrslärm. Der mit 900 Sitzplätzen größte Saal ruht auf einem separaten Fundament, um Schwingungen aus dem restlichen Gebäude nicht zu übertragen.

    Zwei Jahre lang wird hier frei und unabhängig gesendet. Dann übernimmt das NS-Regime, das die Möglichkeiten des Rundfunks für seine Zwecke nutzt. Ab 1933 im Programm: Musik, Anleitungen zum Sport und nationalsozialistische Propaganda. Etwa die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entspricht damals nicht der Ideologie des neuen „Reichssender Berlin“, wird entlassen oder sogar inhaftiert.

    Ab Mai 1945 kontrollieren die sowjetischen Alliierten das Haus des Rundfunks, das jedoch im britischen Sektor liegt. Nach und nach berauben sie das Haus seiner technischen Anlagen und statten damit das neue Funkhaus an der Nalepastraße im sowjetischen Sektor aus. Die Briten finden 1952 schließlich ein weitgehend leeres Gebäude vor. Nach aufwändiger Sanierung und technischer Neuausstattung sendet ab 1957 der „Frontstadtsender“ Sender Freies Berlin (SFB) aus der Masurenallee. Erst 1970 eröffnet das Fernsehzentrum, das über eine Fußgängerbrücke mit dem Haus des Rundfunks verbunden ist.

    Seit 2003 produziert der Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) hier seine Fernseh- und Radioprogramme. Ambitionierte Pläne, das Haus des Rundfunks zu einem Digitalen Campus auszubauen, werden 2022 aufgegeben. Der hervorragenden Akustik im Großen Sendesaal tut das keinen Abbruch: Regelmäßig begeistert hier zum Beispiel das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin mit seinem vielfältigen Programm.


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    Adresse

    Masurenallee 8-14
    14057 Berlin-Charlottenburg

    Anfahrt

    U-Bahn: U2 (Haltestelle Theodor-Heuss-Platz)
    S-Bahn: S41, S42
    (Haltestelle Messe Nord/ZOB)
    Bus: M49 (Haltestelle Haus des Rundfunks)

    Öffnungszeiten

    Nur im Rahmen einer Führung zugänglich

    Eintritt

    Führung kostenfrei

    Führungen

    Termine virtuell und vor Ort, Anmeldung online über die Website

    Barrierefreiheit

    Ja, mit Anmeldung

    Best of

    Kommunikation und Medien