Adresse
Theodor-Heuss-Platz
14052 Berlin-Westend
Industriekultur erleben
Wissenswertes
Theodor-Heuss-Platz
Schmuckplatz eines neuen Wohnviertels
Mitte der 1860er-Jahre kehrt der risikofreudige Kaufmann Heinrich Quistorp aus Glasgow zurück. Dort hat er gesehen, wie sich die britische Oberschicht in Wohnlagen im Westen der Industriestädte ansiedelt, denn der Westwind bringt saubere Luft! Erst der Kohlerauch der Fabriken und Wohnhäuser verunreinigt die Luft. Quistorp gründet die „Westend-Gesellschaft Quistorp & Co.“ und gewinnt den Architekten Martin Gropius für sein Projekt. Auf dem sandigen Ödland westlich von Charlottenburg soll nach Londoner Vorbild die Villenkolonie „Westend“ entstehen.
Quistorp und Gropius errichten das Wasserwerk Teufelssee zur Versorgung und profitieren vom Spekulationsfieber der Gründerzeit. Nach Streitigkeiten mit der Stadt Charlottenburg und der Börsenkrise 1872 ist die Westend-Gesellschaft allerdings bankrott, deswegen enden die Bauarbeiten in der Villenkolonie. Erst Ende des Jahrhunderts werden die 30 Jahre zuvor geplanten Grundstücke verkauft und bebaut. Dieses Mal reißt die Nachfrage nicht ab.
1903 gründet die Stadt Charlottenburg die „Neu-Westend-Gesellschaft“ und geht mit aufwändigen Infrastrukturprojekten voran. Dazu gehört beispielsweise der heutige Theodor-Heuss-Platz, der 1906 als „Reichskanzlerplatz“ in beinahe unbebauter Umgebung entsteht. In zwei weiteren Jahren wird die U-Bahn-Strecke bis hierher verlängert. Den gleichnamigen neuen Bahnhof unter dem Platz gestaltet der Architekt Alfred Grenander. Statt der ursprünglich geplanten Villen wird Neu-Westend jetzt überwiegend mit gutbürgerlichen Miets- und Reihenhäusern bebaut.
Ende der 1920er-Jahre entwickelt sich Westend weiter mit markanten Bauprojekten. Dazu gehört beispielsweise der Funkturm (1926), das Amerikahaus (1930) am Theodor-Heuss-Platz, das Haus des Rundfunks (1931) in der Masurenallee und das Messegelände (1930). 1933 erhält der Reichskanzlerplatz vom NS-Regime den Namen „Adolf-Hitler-Platz“. Der Platz soll das Ende der Ost-West-Achse der von Hitler und Speer geplanten Welthauptstadt Germania bilden. Für die Olympischen Spiele eröffnet 1936 das monumentale Olympiagelände.
Ein auf dem Adolf-Hitler-Platz geplantes Heldendenkmal für den italienischen Diktator Benito Mussolini wird nicht mehr errichtet. Seit 1955 brennt hier stattdessen eine Ewige Flamme für die Opfer von Flucht und Vertreibung, initiiert von den deutschen Heimatvertriebenen. Bundespräsident Theodor Heuss weiht das Denkmal damals ein. Nach seinem Tod 1963 benennt das Land Berlin den Platz in „Theodor-Heuss-Platz“ um.