Heizkraftwerk Reuter-West Kühlturm
Das Heizkraftwerk Reuter-West ist nach dem ehemaligen Bürgermeister Ernst Reuter benannt. | Muck via Wikimedia Commons, CC BY-SA, 2018
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Großer Spreering
13599 Berlin-Siemensstadt

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Heizkraftwerk Reuter-West

Autarke Stromversorgung West-Berlins

Die politische Teilung der Stadt trennt 1952 auch das städtische Stromnetz. Ost-Berlin bezieht Strom und Wärme aus dem Netz der DDR. West-Berlin ist vom Versorgungsnetz abgeschnitten und muss sich als „Strom-Insel“ autark machen. Etwa die Hälfte der Stromversorgung West-Berlins beruht auf dem Kraftwerk West von 1931/49, das später in Heizkraftwerk Reuter umbenannt wird. Ständige Erweiterungen des Kraftwerks sichern die Strom- und die Wärmeversorgung der West-Berliner Bevölkerung.

Ende der 1960er-Jahre steigt der Energiebedarf der Stadt so stark an, dass die Bewag eine Erweiterung zum historischen Heizkraftwerk Reuter beschließt. 1982 beginnt der Bau des neuen Heizkraftwerk Reuter-West. Zwei baugleiche Kraftwerksblöcke gehen 1987 und 1989 in Betrieb. Nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugen sie gleichzeitig Strom und Wärme. Steinkohle befeuert die Dampfkessel, ausgestattet sind sie mit Anlagen zur Rauchgasreinigung.

Nach dem Fall der Mauer gelingt 1994 die Anbindung West-Berlins an das überregionale Hochspannungsverbundnetz. Und das moderne Heizkraftwerk Reuter-West ersetzt sukzessive das historische Heizkraftwerk Reuter von 1931/1949.

Mehr zur Teilung Berlins und zur Strominsel West-Berlin erzählen unsere Meilensteine.

Das Heizkraftwerk Reuter-West ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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MOTORWORLD Spandau alte Fabrikhalle
MOTORWORLD Spandau Lamborghini
Motorworld Historisch Auto Union Werk Spandau
Motorworld Historisch Auto Union Werk Spandau
Die MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN befindet sich in historischen Fabrikhallen. | © MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN

Motorworld Manufaktur Berlin

Areal mit Autogeschichte

Die MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN hat sich Autos verschrieben. Damit knüpft sie an die Geschichte des historischen Areals an. Sie befindet sich in einer alten Härterei, in der einst Getriebe produziert wurden. Diese ist an ihrem charakteristischen Sheddach mit den schrägen Flächen gut zu erkennen. Seit 2019 reiht sich hier ein Sportwagen an den nächsten.

1926 zieht Konstrukteur Dr. Rudolf Slaby in die ehemalige Munitionsfabrik des preußischen Militärs. Wenige Jahre zuvor hat er mit dem Slaby-Behringer Elektro-Kleinwagen auf sich aufmerksam gemacht. Das Konzept eines günstigen und leichten Autos für eine Person überzeugt auch Jørgen Skafte Rasmussen. Er ist Inhaber der Zschopauer Motorenwerke, die Motorräder der Marke DKW herstellen. Doch trotz Rasmussens Investitionen geht die Firma pleite und verschmilzt mit dem DKW-Konzern. In den Hallen entstehen bis 1940 Autos der Marke DKW im Zusammenschluss mit der Auto Union. Slaby kann seinen Schreibtisch in der Fabrik behalten, denn er wird Technischer Leiter der Produktion in Spandau.

Nach dem Zweiten Weltkrieg liegen alle Produktionsstätten der Auto-Union in der sowjetischen Besatzungszone – bis auf das Werk in Spandau. Erst nach der Übernahme der Auto Union durch Volkswagen schließt das DKW-Werk Spandau in den 1960er-Jahren. Neue Produzenten ziehen in die Fabrikhallen. Bis 2002 werden unter anderem Antennen gefertigt.

Seit 2019 revitalisiert die MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN das Gelände und ergänzt es um Neubauten für Showrooms, Werkstätten und Handelsflächen rund um das Thema Automobilität. Geplant sind außerdem ein Containerhotel mit Blick auf die Zitadelle, Eventflächen und ein Biergarten.

Osram Glaswerk Spandau
Osram Glaswerk Spandau
Osram Glaswerk Spandau
Das OSRAM Glaswerk ist seit 1927 in Betrieb. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021
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Nonnendammallee 44
13629 Berlin-Siemensstadt

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OSRAM Glaswerk

Spandauer Glasschmelze

Feuer, Sand und Quarz: In der Glashütte mit acht Brennöfen zieht OSRAM seit 1927 rund um die Uhr Glasrohre für verschiedene Leuchten. Die Produktion erfolgt heute sowohl in den denkmalgeschützten Glaswerken von Architekt Waldemar Pattri als auch in den zahlreichen Erweiterungsbauten aus den 1970er-Jahren.

1927 ist die maschinelle Massenproduktion von Glühlampenkolben die erste ihrer Art auf dem europäischen Kontinent. Denn zur selben Zeit ist es noch üblich, dass Glasbläser die dünnwandigen Kolben mit dem Mund blasen.

1928 arbeiten in der OSRAM-Maschinenglasfabrik lediglich 130 Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellte. Denn jede der rund 45 Tonnen schweren Maschinen kann innerhalb von 24 Stunden rund 50.000 Glaskolben herstellen. Ohne die maschinelle Produktion hätte die Firma 500 Personen, darunter 300 Glasbläser, beschäftigen müssen.

Die Produktion von Glühlampen steigt vor dem Ersten Weltkrieg rasant an. Die führenden deutschen Hersteller der Branche sind AEG, Siemens & Halske und die Deutsche Gasglühlicht AG (Auer-Gesellschaft). 1919 bündeln diese drei Berliner Firmen, die bereits in einer Patent-Gemeinschaft zusammenarbeiten, ihr Glühlampengeschäft in der OSRAM GmbH KG. Nun können sich die ehemaligen Konkurrenten nicht nur auf die technische Verbesserung der Glühlampe, sondern auch Herstellungswege konzentrieren. Der Name OSRAM ist eine Wortschöpfung aus Osmium und Wolfram, zwei Materialien für Glühdrähte.

Die neuen Produktionswege sind schließlich erfolgreich. Der Standort in Siemensstadt wächst stetig. In den 1930er-Jahren gehört die Firma zu den weltweit größten Leuchtmittelherstellern. Allein in Deutschland beläuft sich der Marktanteil auf 70 Prozent. Zwischen 1978 und 2013 ist OSRAM ein hundertprozentiges Tochterunternehmen von Siemens. 2020 wird die Firma mit ams zu ams OSRAM verschmolzen und bringt Technologien in den Bereichen Licht und Sensorik zusammen.

Das OSRAM Glaswerk ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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Siemens Schaltwerk Hochhaus
Schaltwerk-Hochhaus Siemens Hauptverwaltung Luftbild
Siemens Schaltwerk Hochhaus
Das Siemens Schaltwerk-Hochhaus ist das erste Fabrik-Hochhaus der Welt. | © Siemens AG, 2011

Schaltwerk-Hochhaus

Europas erstes Fabrikhochhaus

Das Schaltwerk-Hochhaus von Siemens ist 1928 ein gigantischer Bau: Auf 45 Metern Höhe verteilen sich elf Etagen. Damit ist das Hochhaus doppelt so hoch wie Berliner Mietshäuser. Für diese regelt der städtebauliche „Hobrecht-Plan“ seit 1862 eine Traufhöhe von 22 Metern. Das hatte nicht nur städtebauliche Gründe, sondern diente auch der Sicherheit. Mit den damals gängigen Leitern war die Feuerwehr so in der Lage, Menschen auch aus den obersten Stockwerken zu retten.

Bei seiner Eröffnung ist das Schaltwerk-Hochhaus 1928 das erste Fabrikhochhaus Europas. Architekt Hans Hertlein setzt mit dem Bau neue Maßstäbe in der Industriearchitektur. Die reduzierte Formensprache wird das architektonische Markenzeichen von Siemens und zum Prototyp nachfolgender Industriebauten.

Der Stahlskelettbau mit einer Fassade aus Klinkerbacksteinen beeindruckt bereits von außen. Besonders spektakulär sind die 175 m langen, flexibel nutzbaren Innenräume. Sie lassen sich sowohl als Produktionsstätte, Lager oder auch als Büro nutzen. Damit diese großflächigen Räume möglich sind, befinden sich die Treppenhäuser, Aufzüge und Sanitäranlagen an den Gebäudeseiten in vier Türmen. Außerdem gibt es außen liegende Pfeiler in den unteren Geschossen, die an der Fensterfront perfekt mit Tageslicht beleuchtete Arbeitstische ermöglichen.

In diesem spektakulären Gebäude fertigt Siemens von 1928 bis 2002 Schaltanlagen. Heute beherbergt das Schaltwerk-Hochhaus Büros und ein Aus- und Fortbildungszentrum. Seit 1994 steht dieses „Symbol der Moderne“ unter Denkmalschutz. Es ist außerdem Teil des Zukunftsprojekts Siemensstadt².

Weitere Informationen zum Schaltwerk-Hochhaus finden Sie in unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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Wernerwerk II Uhrenturm Siemensstadt
Wernerwerk II Uhrenturm Siemensstadt
Der Uhrenturm des Wernerwerk II gilt als Wahrzeichen der Siemensstadt. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021
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Wohlrabedamm 32
13629 Berlin-Siemensstadt

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Wernerwerk II mit Uhrenturm

Wahrzeichen der Siemensstadt

Der Uhrenturm des Hochhauses Wernerwerk II überblickt seit 1922 die Siemensstadt im Nordwesten Berlins. 75 Jahre zuvor gründen zwei Erfinder und Unternehmer in einem Kreuzberger Hinterhof die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“.  Werner von Siemens ist nicht nur Namenspate seines Unternehmens, sondern später sogar eines ganzen Ortsteils mit moderner Fabrikstadt: Das Wernerwerk in Siemensstadt.

Entwickelt und gefertigt werden nicht mehr nur Telegraphen und Signalanlagen für die Eisenbahn, sondern auch Elektromotoren, Generatoren und Starkstromanlagen. Siemens gehört um 1900 längst zu einem vorherrschenden Unternehmen der Elektroindustrie.

1914 beginnt der Bau am Wernerwerk II, das Messgeräte produziert und zeitweilig die elektromedizinische Abteilung beherbergt. Während des Ersten Weltkriegs pausieren die Arbeiten am Gebäude weitestgehend, Siemens & Halske widmet sich der Rüstungsproduktion. 1918 ist der Turm fertiggestellt, der auch als Schornstein und Wasserbehälter dient. Im Schatten seiner erleuchteten Uhr dauert es noch weitere vier Jahre bis das Wernerwerk II in Betrieb geht.

Heute ist das von Karl Janisch errichtete und von Hans Hertlein erweiterte Wernerwerk II Teil des Thelen Technoparks. Der denkmalgeschützte Uhrenturm ist inzwischen das Wahrzeichen der Siemensstadt.


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Großsiedlung Siemensstadt Ringsiedlung
Großsiedlung Siemensstadt Ringsiedlung Häring
Wernerwerk und Großssiedlung Siemensstadt historisch
Der Wohnblock von Hans Scharoun ist wie die ganze Großsiedlung Siemensstadt als UNESCO Welterbe ausgezeichnet. | © Christian Fessel | Mann mit Hut Touren

Großsiedlung Siemensstadt

UNESCO-Welterbe

Siemensstadt ist nicht nur als Industriestandort weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannt, sondern auch als Synonym für fortschrittlichen Wohnungsbau. Hier entstehen in den 1930er-Jahren drei wegweisende Werkssiedlungen: Die Großsiedlung Siemensstadt (1934), die Reichsforschungssiedlung Haselhorst (1935) und die Siedlung Siemensstadt (1930). Gemeinsam stehen sie für den Wandel im Berliner Wohnungswesen, der sich nach dem Ersten Weltkrieg vollzieht. Moderne, bezahlbare Wohnungen im Grünen treten an die Stelle der engen Mietskasernen und sind Vorbild für den sozialen Wohnungsbau.

Sechs Architekten mit sechs unterschiedlichen Baustilen, beauftragt vom Berliner Stadtbaurat Martin Wagner, verwirklichen ab 1929 in der Großsiedlung Siemensstadt ihre Ideale von modernem Städtebau: Gropius, Scharoun, Bartning, Forbát, Häring und Henning. Vier dieser Architekten gehören der innovativen Architektenvereinigung „Der Ring“ an. Deswegen trägt die Siedlung bis heute den Spitznamen „Ringsiedlung“.

Die Kleinstwohnungen sind für Siemens-Mitarbeitende mit geringem Einkommen gedacht. Licht, Luft und Sonne sind das Credo, nach dem die Siedlung errichtet ist. Die Großsiedlung Siemensstadt verfügt als eine der ersten Wohnanlagen Berlins über ein eigenes Fernheizwerk. Daher haben alle Wohnungen Zentralheizung und Warmwasser. Außerdem verfügen sie über eine Einbauküche und ein Bad mit Toilette, was zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit ist. Zwischen 1929 und 1934 entstehen 1.379 Wohnungen, die von großzügigen Grünflächen umgeben sind.

In der gesamten Siedlung geben Info-Säulen Auskunft über die Bauwerke und ihre Architekten. Seit 2008 zählt die Großsiedlung Siemensstadt zum UNESCO-Welterbe.

Die Großsiedlung Siemensstadt ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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Siedlung Siemensstadt
Siedlung Siemensstadt blaue Tür
Siedlung Siemensstadt Statue
Die Architektur der Siedlung Siemensstadt orientiert sich an der Gartenstadtbewegung. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021
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Rapsstraße, Rieppelstraße, Harriesstraße
13629 Berlin-Siemensstadt

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Siedlung Siemensstadt

Befreiung von den Fesseln der Großstadt

Die Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg ist immens. 1919 erklärt Carl Friedrich von Siemens daher das Schaffen von Wohnraum zum Kern seiner betrieblichen Sozialpolitik. Um möglichst viele qualifizierte Arbeitskräfte fest an das Unternehmen zu binden, lässt er Werkswohnungen bauen. Siemens-Beschäftigte können diese zu vergleichsweise günstigen Konditionen mieten. Mit dem Bau der Siedlung Siemensstadt tritt Siemens ab 1921 schließlich als Bauherr, Eigentümer und Vermieter in Erscheinung. Absage an die Tristesse der Mietskasernen ist das erklärte Motto der Siedlung und all ihrer Nachfolger.

Der Siemens-Hausarchitekt Hans Hertlein errichtet hier Mietwohnungen und Reihenhäuser für höher gestellte Arbeitskräfte. Für damalige Verhältnisse durchaus Luxus: Alle Wohnungen haben ein Bad. Auch Heizung, Licht und Warmwasserversorgung entsprechen damals modernen Anforderungen.

Dass Hertlein sich an der Gartenstadtbewegung und Reformarchitektur orientiert, ist auch an der Gestaltung der Freiräume gut erkennbar. Die Straßen und Plätze der Siedlung sind übrigens nach Ingenieuren, Erfindern und Physikern benannt, auf deren Leistungen der Erfolg von Siemens gründet.

Die gut 10.000 Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung Siemensstadt genießen heute noch immer die vielen Grünflächen und die hohe Lebensqualität der ehemaligen Arbeiterwohnungen.

Die Siedlung Siemensstadt ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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Volkspark Jungfernheide, Wasserturm, Bärenskulpturen
Volkspark Jungfernheide Einfahrt
Zwei Bärenskulpturen säumen den Weg zum Wasserturm in der Mitte des Volksparks Jungfernheide. | Rolf Dietrich Brecher, CC BY 2.0 via flickr, 2017
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Jungfernheideweg, Heckerdamm, Saatwinkler Damm
13629 Berlin-Charlottenburg-Nord

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Volkspark Jungfernheide

Ehemaliger Exerzier- und Schießplatz

Der Name Volkspark Jungfernheide erinnert bei seiner Eröffnung 1923 an die Nonnen des ehemaligen Spandauer Benediktinerinnenklosters. Die „Jungfern“ des Spandauer Klosters waren seit dem Mittelalter in Besitz des Areals. Bevor der Volkspark zum beliebten Erholungsgebiet wird, dient das Gelände vor allem militärischen Zwecken. 1824 üben sich preußische Soldaten hier im Exerzieren und Schießen. Ab 1896 ist das Waldgebiet Standort des ersten Luftschiffer-Bataillons. Doch der Versailler Friedensvertrag verbietet nach dem Ersten Weltkrieg die militärische Luftfahrt. Die Hangars der Luftschiffe werden daraufhin abgerissen.

Ein Notstandsprogramm des Deutschen Reiches finanziert 1920 auf dem frei gewordenen Areal den neuen Volkspark Jungfernheide. Die ersten Bauarbeiten führen Erwerbslose aus, die durch den Krieg ihre Beschäftigung verloren haben. Viele der heutigen Volksparks in Berlin gehen ebenfalls auf solche Arbeitsmaßnahmen zurück. Auf diese Weise entstehen dringend benötigte Erholungsräume für die wachsende Bevölkerung.

Im Volkspark Jungfernheide baut die Stadt bis 1927 Sport- und Spielplätze, ein Kinderfreizeitheim, einen Wasserturm, ein Strandbad und eine Freilichtbühne, auf deren Gelände sich heute der Kulturbiergarten befindet.

Belgienhalle Kabelwerk Gartenfeld
Belgienhalle Kabelwerk Gartenfeld
Belgienhalle Kabelwerk Gartenfeld
Belgienhalle Gartenfeld
Die sogenannte „Belgienhalle“ war Teil der Metallfabrik der Siemens Kabelwerke. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020
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Gartenfelder Straße 28
13599 Berlin-Siemensstadt

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Sogenannte Belgienhalle

Großformatige Kriegsbeute

Während des Ersten Weltkriegs herrscht großer Eisenmangel. Um kriegswichtige Betriebe zu stärken, demontieren deutsche Streitkräfte daher in besetzten Gebieten Industriehallen und bauen sie im Deutschen Reich wieder auf. Der Architekt Hans Hertlein wählt für die Siemens-Schuckert Werke eine Eisenskeletthalle im nordfranzösischen Valenciennes aus, nahe der belgischen Grenze. Die erbeutete Halle ist ab 1918 der Kern des neuen Metallwerks für die Kabelproduktion von Siemens auf der Insel Gartenfeld. Irreführend wird die Kriegsbeute aus Frankreich als „Belgienhalle“ bezeichnet. Für Frachtschiffe ist das Werk über den Hohenzollernkanal bestens angebunden. Die Arbeitskräfte fahren ab 1930 mit der Siemensbahn bis zur Station Gartenfeld.

Bis 2002 produziert Siemens in der 1928/29 erweiterten Halle Kabel für Strom-, Nachrichten- und Hochfrequenzübertragungen. Danach dient das Gebäude als Lager und kurzzeitig als Location für die Modemesse Bread & Butter. Auf der künftig autofreien Insel Gartenfeld entstehen derzeit 3.700 Wohnungen und ein Freizeithafen. Die denkmalgeschützte „Belgienhalle“ bietet Raum für gewerbliche, soziale und kulturelle Angebote.

Die sog. Belgienhalle gehört zum Gelände des Kabelwerks Gartenfeld, das Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1 ist.


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Reichsforschungssiedlung Haselhorst
Reichsforschungssiedlung Haselhorst
Reichsforschungssiedlung Haselhorst Museumswohnung
Reichsforschungssiedlung Haselhorst Balkone
Die Reichsforschungssiedlung Haselhorst entsteht zwischen 1930 und 1935. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020

Reichsforschungssiedlung Haselhorst

Unterschätzte Siedlung der Moderne

„Erst die Küche – dann die Fassade!” fordert die Reichstagsabgeordnete Marie-Elisabeth Lüders 1931 in der Weimarer Republik. Denn Ende der 1920er-Jahre herrscht in Berlin große Wohnungsnot. Tausende leben in Lauben, Baracken oder abbruchreifen Altbauten. Es fehlen etwa 200.000 Wohnungen, auch in Haselhorst, Spandau.

Lüders initiiert 1928 den Bau der Siedlung Haselhorst durch die “Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen”. Ziel der Forschung ist es, erschwingliche Kleinwohnungen mit funktionalen Grundrissen in unterschiedlichen Gebäudetypen zu bauen. Dabei stehen effektive Baumethoden und günstige Materialien im Fokus. So entsteht die größte vom Staat in Auftrag gegebene Siedlung der Weimarer Republik.

Der preiswerte Wohnungsbau gelingt: 37 % der Mieter sind Arbeiterinnen und Arbeiter, 42 % Angestellte. Die meisten von ihnen arbeiten in den nahe gelegenen Siemens-Werken. Zwischen 1930 und 1935 entstehen rund 3.500 Wohnungen, knapp 40 Läden, ein Kino, ein modernes Waschhaus, eine Grundschule sowie eine Kirche. Die meisten Wohnungen messen rund 40 bis 55 Quadratmeter und haben ein, zwei oder zweieinhalb Zimmer inklusive Wohnküche und Badezimmer.

Die Reichsforschungsgesellschaft muss sich jedoch bereits 1931 auf politischen Druck auflösen. Die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag kann die Siedlung dennoch bis 1935 weiterbauen. 1954 erweitert die Gewobag die Siedlung um weitere 1.000 Wohneinheiten. Sie ist bis heute Eigentümerin der denkmalgeschützten Reichsforschungssiedlung Haselhorst. Eine der Wohnungen ist im Stil der 1930er-Jahre rekonstruiert und kann als Museumswohnung Haselhorst besichtigt werden.

Die Reichsforschungssiedlung Haselhorst ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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