Route 2

»Produktion und Munition«

Tagesausflug: 22 km, 17 Sehenswürdigkeiten
Rundweg: ab/an Bahnhof Spandau
Strecke: Uferwege, Nebenstraßen und Radwege

Die Fahrradroute »Produktion und Munition« führt in den Nordwesten Berlins. Spandau zählt zu den wichtigsten Industriebezirken der Stadt. Weite Bereiche des Bezirks sind von zwei starken industriellen Entwicklungen geprägt: von den Bauwerken der Militär- und Festungsstadt und von den Fabrik- und Wohnbauten der Siemensstadt.

Startschuss für die militärische Entwicklung gibt 1722 die erste Gewehrfabrik. Die Zitadelle mit ihren Befestigungsanlagen bietet Schutz für die geheime Produktion von Wehrtechnik. Nach und nach entwickelt sich Spandau zum Zentrum der preußischen Rüstungsindustrie. Ende des 18. Jahrhunderts arbeitet fast die Hälfte der Bevölkerung beim Militär.

Anfang des 20. Jahrhunderts zieht es Großkonzerne in die damals noch eigenständige Stadt Spandau, die erst 1920 ein Teil von Groß-Berlin wird. Mit der zunehmenden Industrialisierung benötigen die Industriebetriebe immer neue und größere Produktionsstandorte. Im Innenstadtbereich sind die Flächen begrenzt, weshalb viele Unternehmen an den Stadtrand Berlins und weit darüber hinaus wandern. Eines dieser Unternehmen ist Siemens.

Mit den Fabriken kommen die Arbeiterinnen und Arbeiter. So entsteht mit der Zeit rund um die Fabriken von Siemens ein neuer Stadtteil: die Siemensstadt. Dort lässt der Konzern moderne Wohnsiedlungen mit kulturellen und sozialen Angeboten errichten. Genau wie die AEG im Osten von Berlin setzt auch Siemens im Westen der Stadt neue architektonische Maßstäbe.

Wenn Sie noch mehr über Spandau wissen möchten, empfehlen wir Ihnen ergänzend zum Radroutenflyer unsere Berliner Schriften zur Industriekultur. In Band 1: Spandau-Siemensstadt finden Sie vertiefende Texte, historische und aktuelle Fotos, Übersichtskarten und viele Tipps für Neugierige.

Wegebeschaffenheit

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  • Wernerwerk-Hochbau

    Symbol der Elektropolis 

    Wernerwerk-Hochbau Siemensstadt
    Wernerwerk-Hochbau bei Nach historisch 1932
    Siemensstadt Spreegelände Wernerwerk-Hochbau
    Wernerwerk und Großssiedlung Siemensstadt historisch
    Der Wernerwerk-Hochbau wird 1928-1930 errichtet. | © Christian Fessel | Mann mit Hut Touren

    Der Wernerwerk-Hochbau, auch Wernerwerk-Hochhaus oder Wernerwerk X genannt, steht in der Siemensstadt in Spandau. Sein Name geht zurück auf den Firmengründer des Weltkonzerns Werner von Siemens. Kaum zu glauben, aber auch Siemens hat einmal klein angefangen. Die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“ startet 1847 als Zehn-Mann-Werkstatt in einem Kreuzberger Hinterhof.

    Durch die dynamische Entwicklung der Elektrotechnik erweitert sich die Produktpalette ständig. Die Zahl der Beschäftigten steigt ebenso rasch wie der Bedarf an Produktionsflächen. Siemens errichtet daher neue Fabrikbauten zunehmend vor den Toren Berlins. Zuerst in Charlottenburg und ab 1897 in der eigenständigen Gemeinde Spandau, die erst 1920 Teil von Groß-Berlin wird. Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet Siemens hier mit seinen Fabrikbauten und Wohnsiedlungen einen eigenen Stadtteil: die Siemensstadt.

    Um Verwechslungen zu vermeiden, beginnt Siemens in den 1920er-Jahren die Gebäude nach dem Firmengründer Werner von Siemens als „Wernerwerke“ zu nummerieren. Architekt des Wernerwerks X ist Hans Hertlein. Mit seinen sachlich-funktionalen Gebäuden in Stahlskelett-Bauweise setzt er neue Maßstäbe und kreiert außerdem den unverkennbaren Siemens-Stil.

    Im Wernerwerk-Hochbau von 1930 befinden sich damals die Verwaltung von Siemens, eine Werksbibliothek und auf Höhe des 10. Stockwerks ein Vortragssaal. Inzwischen haben in diesem Hochhaus mehrere Unternehmen ihren Sitz. Das Kongress Center im 10. Stockwerk bietet einen weiten Blick über die Siemensstadt bis ins Berliner Zentrum.

    Der Wernerwerk-Hochbau ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Heizkraftwerk Reuter-West

    Autarke Stromversorgung West-Berlins 

    Heizkraftwerk Reuter-West Kühlturm
    Das Heizkraftwerk Reuter-West ist nach dem ehemaligen Bürgermeister Ernst Reuter benannt. | Muck via Wikimedia Commons, CC BY-SA, 2018

    Die politische Teilung der Stadt trennt 1952 auch das städtische Stromnetz. Ost-Berlin bezieht Strom und Wärme aus dem Netz der DDR. West-Berlin ist vom Versorgungsnetz abgeschnitten und muss sich als „Strom-Insel“ autark machen. Etwa die Hälfte der Stromversorgung West-Berlins beruht auf dem Kraftwerk West von 1931/49, das später in Heizkraftwerk Reuter umbenannt wird. Ständige Erweiterungen des Kraftwerks sichern die Strom- und die Wärmeversorgung der West-Berliner Bevölkerung.

    Ende der 1960er-Jahre steigt der Energiebedarf der Stadt so stark an, dass die Bewag eine Erweiterung zum historischen Heizkraftwerk Reuter beschließt. 1982 beginnt der Bau des neuen Heizkraftwerk Reuter-West. Zwei baugleiche Kraftwerksblöcke gehen 1987 und 1989 in Betrieb. Nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugen sie gleichzeitig Strom und Wärme. Steinkohle befeuert die Dampfkessel, ausgestattet sind sie mit Anlagen zur Rauchgasreinigung.

    Nach dem Fall der Mauer gelingt 1994 die Anbindung West-Berlins an das überregionale Hochspannungsverbundnetz. Und das moderne Heizkraftwerk Reuter-West ersetzt sukzessive das historische Heizkraftwerk Reuter von 1931/1949.

    Mehr zur Teilung Berlins und zur Strominsel West-Berlin erzählen unsere Meilensteine.

    Das Heizkraftwerk Reuter-West ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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    Adresse

    Großer Spreering
    13599 Berlin-Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

  • Motorworld Manufaktur Berlin

    Areal mit Autogeschichte 

    MOTORWORLD Spandau alte Fabrikhalle
    MOTORWORLD Spandau Lamborghini
    Motorworld Historisch Auto Union Werk Spandau
    Motorworld Historisch Auto Union Werk Spandau
    Die MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN befindet sich in historischen Fabrikhallen. | © MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN

    Die MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN hat sich Autos verschrieben. Damit knüpft sie an die Geschichte des historischen Areals an. Sie befindet sich in einer alten Härterei, in der einst Getriebe produziert wurden. Diese ist an ihrem charakteristischen Sheddach mit den schrägen Flächen gut zu erkennen. Seit 2019 reiht sich hier ein Sportwagen an den nächsten.

    1926 zieht Konstrukteur Dr. Rudolf Slaby in die ehemalige Munitionsfabrik des preußischen Militärs. Wenige Jahre zuvor hat er mit dem Slaby-Behringer Elektro-Kleinwagen auf sich aufmerksam gemacht. Das Konzept eines günstigen und leichten Autos für eine Person überzeugt auch Jørgen Skafte Rasmussen. Er ist Inhaber der Zschopauer Motorenwerke, die Motorräder der Marke DKW herstellen. Doch trotz Rasmussens Investitionen geht die Firma pleite und verschmilzt mit dem DKW-Konzern. In den Hallen entstehen bis 1940 Autos der Marke DKW im Zusammenschluss mit der Auto Union. Slaby kann seinen Schreibtisch in der Fabrik behalten, denn er wird Technischer Leiter der Produktion in Spandau.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg liegen alle Produktionsstätten der Auto-Union in der sowjetischen Besatzungszone – bis auf das Werk in Spandau. Erst nach der Übernahme der Auto Union durch Volkswagen schließt das DKW-Werk Spandau in den 1960er-Jahren. Neue Produzenten ziehen in die Fabrikhallen. Bis 2002 werden unter anderem Antennen gefertigt.

    Seit 2019 revitalisiert die MOTORWORLD MANUFAKTUR BERLIN das Gelände und ergänzt es um Neubauten für Showrooms, Werkstätten und Handelsflächen rund um das Thema Automobilität. Geplant sind außerdem ein Containerhotel mit Blick auf die Zitadelle, Eventflächen und ein Biergarten.

  • OSRAM Glaswerk

    Spandauer Glasschmelze 

    Osram Glaswerk Spandau
    Osram Glaswerk Spandau
    Osram Glaswerk Spandau
    Das OSRAM Glaswerk ist seit 1927 in Betrieb. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021

    Feuer, Sand und Quarz: In der Glashütte mit acht Brennöfen zieht OSRAM seit 1927 rund um die Uhr Glasrohre für verschiedene Leuchten. Die Produktion erfolgt heute sowohl in den denkmalgeschützten Glaswerken von Architekt Waldemar Pattri als auch in den zahlreichen Erweiterungsbauten aus den 1970er-Jahren.

    1927 ist die maschinelle Massenproduktion von Glühlampenkolben die erste ihrer Art auf dem europäischen Kontinent. Denn zur selben Zeit ist es noch üblich, dass Glasbläser die dünnwandigen Kolben mit dem Mund blasen.

    1928 arbeiten in der OSRAM-Maschinenglasfabrik lediglich 130 Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellte. Denn jede der rund 45 Tonnen schweren Maschinen kann innerhalb von 24 Stunden rund 50.000 Glaskolben herstellen. Ohne die maschinelle Produktion hätte die Firma 500 Personen, darunter 300 Glasbläser, beschäftigen müssen.

    Die Produktion von Glühlampen steigt vor dem Ersten Weltkrieg rasant an. Die führenden deutschen Hersteller der Branche sind AEG, Siemens & Halske und die Deutsche Gasglühlicht AG (Auer-Gesellschaft). 1919 bündeln diese drei Berliner Firmen, die bereits in einer Patent-Gemeinschaft zusammenarbeiten, ihr Glühlampengeschäft in der OSRAM GmbH KG. Nun können sich die ehemaligen Konkurrenten nicht nur auf die technische Verbesserung der Glühlampe, sondern auch Herstellungswege konzentrieren. Der Name OSRAM ist eine Wortschöpfung aus Osmium und Wolfram, zwei Materialien für Glühdrähte.

    Die neuen Produktionswege sind schließlich erfolgreich. Der Standort in Siemensstadt wächst stetig. In den 1930er-Jahren gehört die Firma zu den weltweit größten Leuchtmittelherstellern. Allein in Deutschland beläuft sich der Marktanteil auf 70 Prozent. Zwischen 1978 und 2013 ist OSRAM ein hundertprozentiges Tochterunternehmen von Siemens. 2020 wird die Firma mit ams zu ams OSRAM verschmolzen und bringt Technologien in den Bereichen Licht und Sensorik zusammen.

    Das OSRAM Glaswerk ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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    Adresse

    Nonnendammallee 44
    13629 Berlin-Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

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    Produktion damals und heute

  • Schaltwerk-Hochhaus

    Europas erstes Fabrikhochhaus 

    Siemens Schaltwerk Hochhaus
    Schaltwerk-Hochhaus Siemens Hauptverwaltung Luftbild
    Siemens Schaltwerk Hochhaus
    Das Siemens Schaltwerk-Hochhaus ist das erste Fabrik-Hochhaus der Welt. | © Siemens AG, 2011

    Das Schaltwerk-Hochhaus von Siemens ist 1928 ein gigantischer Bau: Auf 45 Metern Höhe verteilen sich elf Etagen. Damit ist das Hochhaus doppelt so hoch wie Berliner Mietshäuser. Für diese regelt der städtebauliche „Hobrecht-Plan“ seit 1862 eine Traufhöhe von 22 Metern. Das hatte nicht nur städtebauliche Gründe, sondern diente auch der Sicherheit. Mit den damals gängigen Leitern war die Feuerwehr so in der Lage, Menschen auch aus den obersten Stockwerken zu retten.

    Bei seiner Eröffnung ist das Schaltwerk-Hochhaus 1928 das erste Fabrikhochhaus Europas. Architekt Hans Hertlein setzt mit dem Bau neue Maßstäbe in der Industriearchitektur. Die reduzierte Formensprache wird das architektonische Markenzeichen von Siemens und zum Prototyp nachfolgender Industriebauten.

    Der Stahlskelettbau mit einer Fassade aus Klinkerbacksteinen beeindruckt bereits von außen. Besonders spektakulär sind die 175 m langen, flexibel nutzbaren Innenräume. Sie lassen sich sowohl als Produktionsstätte, Lager oder auch als Büro nutzen. Damit diese großflächigen Räume möglich sind, befinden sich die Treppenhäuser, Aufzüge und Sanitäranlagen an den Gebäudeseiten in vier Türmen. Außerdem gibt es außen liegende Pfeiler in den unteren Geschossen, die an der Fensterfront perfekt mit Tageslicht beleuchtete Arbeitstische ermöglichen.

    In diesem spektakulären Gebäude fertigt Siemens von 1928 bis 2002 Schaltanlagen. Heute beherbergt das Schaltwerk-Hochhaus Büros und ein Aus- und Fortbildungszentrum. Seit 1994 steht dieses „Symbol der Moderne“ unter Denkmalschutz. Es ist außerdem Teil des Zukunftsprojekts Siemensstadt².

    Weitere Informationen zum Schaltwerk-Hochhaus finden Sie in unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Wernerwerk II mit Uhrenturm

    Wahrzeichen der Siemensstadt 

    Wernerwerk II Uhrenturm Siemensstadt
    Wernerwerk II Uhrenturm Siemensstadt
    Der Uhrenturm des Wernerwerk II gilt als Wahrzeichen der Siemensstadt. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021

    Der Uhrenturm des Hochhauses Wernerwerk II überblickt seit 1922 die Siemensstadt im Nordwesten Berlins. 75 Jahre zuvor gründen zwei Erfinder und Unternehmer in einem Kreuzberger Hinterhof die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“.  Werner von Siemens ist nicht nur Namenspate seines Unternehmens, sondern später sogar eines ganzen Ortsteils mit moderner Fabrikstadt: Das Wernerwerk in Siemensstadt.

    Entwickelt und gefertigt werden nicht mehr nur Telegraphen und Signalanlagen für die Eisenbahn, sondern auch Elektromotoren, Generatoren und Starkstromanlagen. Siemens gehört um 1900 längst zu einem vorherrschenden Unternehmen der Elektroindustrie.

    1914 beginnt der Bau am Wernerwerk II, das Messgeräte produziert und zeitweilig die elektromedizinische Abteilung beherbergt. Während des Ersten Weltkriegs pausieren die Arbeiten am Gebäude weitestgehend, Siemens & Halske widmet sich der Rüstungsproduktion. 1918 ist der Turm fertiggestellt, der auch als Schornstein und Wasserbehälter dient. Im Schatten seiner erleuchteten Uhr dauert es noch weitere vier Jahre bis das Wernerwerk II in Betrieb geht.

    Heute ist das von Karl Janisch errichtete und von Hans Hertlein erweiterte Wernerwerk II Teil des Thelen Technoparks. Der denkmalgeschützte Uhrenturm ist inzwischen das Wahrzeichen der Siemensstadt.


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    Adresse

    Wohlrabedamm 32
    13629 Berlin-Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

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    Produktion damals und heute

  • Großsiedlung Siemensstadt

    UNESCO-Welterbe 

    Großsiedlung Siemensstadt Ringsiedlung
    Großsiedlung Siemensstadt Ringsiedlung Häring
    Wernerwerk und Großssiedlung Siemensstadt historisch
    Der Wohnblock von Hans Scharoun ist wie die ganze Großsiedlung Siemensstadt als UNESCO Welterbe ausgezeichnet. | © Christian Fessel | Mann mit Hut Touren

    Siemensstadt ist nicht nur als Industriestandort weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannt, sondern auch als Synonym für fortschrittlichen Wohnungsbau. Hier entstehen in den 1930er-Jahren drei wegweisende Werkssiedlungen: Die Großsiedlung Siemensstadt (1934), die Reichsforschungssiedlung Haselhorst (1935) und die Siedlung Siemensstadt (1930). Gemeinsam stehen sie für den Wandel im Berliner Wohnungswesen, der sich nach dem Ersten Weltkrieg vollzieht. Moderne, bezahlbare Wohnungen im Grünen treten an die Stelle der engen Mietskasernen und sind Vorbild für den sozialen Wohnungsbau.

    Sechs Architekten mit sechs unterschiedlichen Baustilen, beauftragt vom Berliner Stadtbaurat Martin Wagner, verwirklichen ab 1929 in der Großsiedlung Siemensstadt ihre Ideale von modernem Städtebau: Gropius, Scharoun, Bartning, Forbát, Häring und Henning. Vier dieser Architekten gehören der innovativen Architektenvereinigung „Der Ring“ an. Deswegen trägt die Siedlung bis heute den Spitznamen „Ringsiedlung“.

    Die Kleinstwohnungen sind für Siemens-Mitarbeitende mit geringem Einkommen gedacht. Licht, Luft und Sonne sind das Credo, nach dem die Siedlung errichtet ist. Die Großsiedlung Siemensstadt verfügt als eine der ersten Wohnanlagen Berlins über ein eigenes Fernheizwerk. Daher haben alle Wohnungen Zentralheizung und Warmwasser. Außerdem verfügen sie über eine Einbauküche und ein Bad mit Toilette, was zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit ist. Zwischen 1929 und 1934 entstehen 1.379 Wohnungen, die von großzügigen Grünflächen umgeben sind.

    In der gesamten Siedlung geben Info-Säulen Auskunft über die Bauwerke und ihre Architekten. Seit 2008 zählt die Großsiedlung Siemensstadt zum UNESCO-Welterbe.

    Die Großsiedlung Siemensstadt ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Siedlung Siemensstadt

    Befreiung von den Fesseln der Großstadt 

    Siedlung Siemensstadt
    Siedlung Siemensstadt blaue Tür
    Siedlung Siemensstadt Statue
    Die Architektur der Siedlung Siemensstadt orientiert sich an der Gartenstadtbewegung. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021

    Die Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg ist immens. 1919 erklärt Carl Friedrich von Siemens daher das Schaffen von Wohnraum zum Kern seiner betrieblichen Sozialpolitik. Um möglichst viele qualifizierte Arbeitskräfte fest an das Unternehmen zu binden, lässt er Werkswohnungen bauen. Siemens-Beschäftigte können diese zu vergleichsweise günstigen Konditionen mieten. Mit dem Bau der Siedlung Siemensstadt tritt Siemens ab 1921 schließlich als Bauherr, Eigentümer und Vermieter in Erscheinung. Absage an die Tristesse der Mietskasernen ist das erklärte Motto der Siedlung und all ihrer Nachfolger.

    Der Siemens-Hausarchitekt Hans Hertlein errichtet hier Mietwohnungen und Reihenhäuser für höher gestellte Arbeitskräfte. Für damalige Verhältnisse durchaus Luxus: Alle Wohnungen haben ein Bad. Auch Heizung, Licht und Warmwasserversorgung entsprechen damals modernen Anforderungen.

    Dass Hertlein sich an der Gartenstadtbewegung und Reformarchitektur orientiert, ist auch an der Gestaltung der Freiräume gut erkennbar. Die Straßen und Plätze der Siedlung sind übrigens nach Ingenieuren, Erfindern und Physikern benannt, auf deren Leistungen der Erfolg von Siemens gründet.

    Die gut 10.000 Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung Siemensstadt genießen heute noch immer die vielen Grünflächen und die hohe Lebensqualität der ehemaligen Arbeiterwohnungen.

    Die Siedlung Siemensstadt ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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    Adresse

    Rapsstraße, Rieppelstraße, Harriesstraße
    13629 Berlin-Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

  • Volkspark Jungfernheide

    Ehemaliger Exerzier- und Schießplatz 

    Volkspark Jungfernheide, Wasserturm, Bärenskulpturen
    Volkspark Jungfernheide Einfahrt
    Zwei Bärenskulpturen säumen den Weg zum Wasserturm in der Mitte des Volksparks Jungfernheide. | Rolf Dietrich Brecher, CC BY 2.0 via flickr, 2017

    Der Name Volkspark Jungfernheide erinnert bei seiner Eröffnung 1923 an die Nonnen des ehemaligen Spandauer Benediktinerinnenklosters. Die „Jungfern“ des Spandauer Klosters waren seit dem Mittelalter in Besitz des Areals. Bevor der Volkspark zum beliebten Erholungsgebiet wird, dient das Gelände vor allem militärischen Zwecken. 1824 üben sich preußische Soldaten hier im Exerzieren und Schießen. Ab 1896 ist das Waldgebiet Standort des ersten Luftschiffer-Bataillons. Doch der Versailler Friedensvertrag verbietet nach dem Ersten Weltkrieg die militärische Luftfahrt. Die Hangars der Luftschiffe werden daraufhin abgerissen.

    Ein Notstandsprogramm des Deutschen Reiches finanziert 1920 auf dem frei gewordenen Areal den neuen Volkspark Jungfernheide. Die ersten Bauarbeiten führen Erwerbslose aus, die durch den Krieg ihre Beschäftigung verloren haben. Viele der heutigen Volksparks in Berlin gehen ebenfalls auf solche Arbeitsmaßnahmen zurück. Auf diese Weise entstehen dringend benötigte Erholungsräume für die wachsende Bevölkerung.

    Im Volkspark Jungfernheide baut die Stadt bis 1927 Sport- und Spielplätze, ein Kinderfreizeitheim, einen Wasserturm, ein Strandbad und eine Freilichtbühne, auf deren Gelände sich heute der Kulturbiergarten befindet.

    Adresse

    Jungfernheideweg, Heckerdamm, Saatwinkler Damm
    13629 Berlin-Charlottenburg-Nord

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

  • Sogenannte Belgienhalle

    Großformatige Kriegsbeute 

    Belgienhalle Kabelwerk Gartenfeld
    Belgienhalle Kabelwerk Gartenfeld
    Belgienhalle Kabelwerk Gartenfeld
    Belgienhalle Gartenfeld
    Die sogenannte „Belgienhalle“ war Teil der Metallfabrik der Siemens Kabelwerke. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020

    Während des Ersten Weltkriegs herrscht großer Eisenmangel. Um kriegswichtige Betriebe zu stärken, demontieren deutsche Streitkräfte daher in besetzten Gebieten Industriehallen und bauen sie im Deutschen Reich wieder auf. Der Architekt Hans Hertlein wählt für die Siemens-Schuckert Werke eine Eisenskeletthalle im nordfranzösischen Valenciennes aus, nahe der belgischen Grenze. Die erbeutete Halle ist ab 1918 der Kern des neuen Metallwerks für die Kabelproduktion von Siemens auf der Insel Gartenfeld. Irreführend wird die Kriegsbeute aus Frankreich als „Belgienhalle“ bezeichnet. Für Frachtschiffe ist das Werk über den Hohenzollernkanal bestens angebunden. Die Arbeitskräfte fahren ab 1930 mit der Siemensbahn bis zur Station Gartenfeld.

    Bis 2002 produziert Siemens in der 1928/29 erweiterten Halle Kabel für Strom-, Nachrichten- und Hochfrequenzübertragungen. Danach dient das Gebäude als Lager und kurzzeitig als Location für die Modemesse Bread & Butter. Auf der künftig autofreien Insel Gartenfeld entstehen derzeit 3.700 Wohnungen und ein Freizeithafen. Die denkmalgeschützte „Belgienhalle“ bietet Raum für gewerbliche, soziale und kulturelle Angebote.

    Die sog. Belgienhalle gehört zum Gelände des Kabelwerks Gartenfeld, das Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1 ist.


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    Adresse

    Gartenfelder Straße 28
    13599 Berlin-Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

  • Reichsforschungssiedlung Haselhorst

    Unterschätzte Siedlung der Moderne 

    Reichsforschungssiedlung Haselhorst
    Reichsforschungssiedlung Haselhorst
    Reichsforschungssiedlung Haselhorst Museumswohnung
    Reichsforschungssiedlung Haselhorst Balkone
    Die Reichsforschungssiedlung Haselhorst entsteht zwischen 1930 und 1935. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020

    „Erst die Küche – dann die Fassade!” fordert die Reichstagsabgeordnete Marie-Elisabeth Lüders 1931 in der Weimarer Republik. Denn Ende der 1920er-Jahre herrscht in Berlin große Wohnungsnot. Tausende leben in Lauben, Baracken oder abbruchreifen Altbauten. Es fehlen etwa 200.000 Wohnungen, auch in Haselhorst, Spandau.

    Lüders initiiert 1928 den Bau der Siedlung Haselhorst durch die “Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen”. Ziel der Forschung ist es, erschwingliche Kleinwohnungen mit funktionalen Grundrissen in unterschiedlichen Gebäudetypen zu bauen. Dabei stehen effektive Baumethoden und günstige Materialien im Fokus. So entsteht die größte vom Staat in Auftrag gegebene Siedlung der Weimarer Republik.

    Der preiswerte Wohnungsbau gelingt: 37 % der Mieter sind Arbeiterinnen und Arbeiter, 42 % Angestellte. Die meisten von ihnen arbeiten in den nahe gelegenen Siemens-Werken. Zwischen 1930 und 1935 entstehen rund 3.500 Wohnungen, knapp 40 Läden, ein Kino, ein modernes Waschhaus, eine Grundschule sowie eine Kirche. Die meisten Wohnungen messen rund 40 bis 55 Quadratmeter und haben ein, zwei oder zweieinhalb Zimmer inklusive Wohnküche und Badezimmer.

    Die Reichsforschungsgesellschaft muss sich jedoch bereits 1931 auf politischen Druck auflösen. Die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag kann die Siedlung dennoch bis 1935 weiterbauen. 1954 erweitert die Gewobag die Siedlung um weitere 1.000 Wohneinheiten. Sie ist bis heute Eigentümerin der denkmalgeschützten Reichsforschungssiedlung Haselhorst. Eine der Wohnungen ist im Stil der 1930er-Jahre rekonstruiert und kann als Museumswohnung Haselhorst besichtigt werden.

    Die Reichsforschungssiedlung Haselhorst ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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  • Königliche Feuerwerkslaboratorien

    Feuerwerk und Filmzauber 

    Gebäude aus Backstein der Feuerwerkslaboratorien und Pulverfabrik Eiswerder
    Backsteingebäude der Feuerwerkslaboratorien Eiswerder
    Backsteingebäude der Feuerwerkslaboratorien Eiswerder
    Die ehemalige Königliche Pulverfabrik und das Feuerwerkslaboratorium liegen auf der Insel Eiswerder in Spandau. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020

    Feuerwerkskörper für vergnügliche Anlässe spielen hier nur eine Nebenrolle. In den Königlichen Feuerwerkslaboratorien erforscht, erprobt und produziert das Militär ab 1870 Brand-, Granat- und Signalraketen.

    Alles beginnt 1817 mit einem geheimen Brandraketen-Laboratorium auf der Zitadelle Spandau. Schnell sind die Kapazitäten vor Ort erschöpft und das Laboratorium zieht etwas nördlich auf die Insel Eiswerder. Der abgelegene, von Wasser umgebene Standort ist ideal, um explosive Rüstungsgüter unter großer Geheimhaltung herzustellen. Ab Anfang der 1870er-Jahre expandiert das Feuerwerkslaboratorium sprunghaft. Insgesamt steigt die Zahl der Bauten von 21 auf 103 Objekte in rund dreißig Jahren. Während des Ersten Weltkriegs erreicht die Rüstungsproduktion bis dahin ungekannte Ausmaße.

    Die Beschäftigten sowie alle Materialien und Rohstoffe gelangen anfangs wegen der strengen Geheimhaltung nur per Fähre auf die Insel. Die industrielle Massenfertigung erfordert allerdings eine verbesserte Materialversorgung. 1898 entsteht die Kleine Eiswerderbrücke im Osten der Insel. Dank der Brücke besteht nun ein direkter Anschluss an das preußische Eisenbahnnetz. Die knapp 2.000 Beschäftigten, die um 1900 auf Eiswerder tätig sind, gelangen jedoch nach wie vor mit dem Dampfer zur Arbeit. Dies ändert sich erst 1903 mit der (Großen) Eiswerderbrücke. Die 1945 von deutschen Truppen gesprengte und 1958 wiederaufgebaute stählerne Bogenbrücke steht heute unter Denkmalschutz.

    Ab 1949 nutzt der Produzent Artur Brauner einen Teil der leerstehenden Fabrikhallen der Pulverfabrik auf Eiswerder als Filmstudios für seine Produktionsfirma Central Cinema Company GmbH (CCC). In den 1960er-Jahren entstehen hier u. a. die legendären Edgar-Wallace-Filme. Im Zusammenhang mit den Plänen des Berliner Senats für eine „Wasserstadt Berlin-Oberhavel“ rückt Eiswerder in den 1990er-Jahren erneut ins Rampenlicht.

    Inzwischen ist Eiswerder mit seinen denkmalgeschützten Bauten ein attraktiver Standort für Kunst, Medien und Design. Wo einst Raketen in den Feuerwerkslaboratorien produziert wurden, sind in den letzten Jahren exklusive Eigentumswohnungen entstanden.


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    Adresse

    Eiswerderstraße 14–19
    13585 Berlin-Hakenfelde

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

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    Forschung und InnovationKrieg und Frieden

  • Garnison-Waschanstalt

    Von der Dampfwäscherei zur Brauerei 

    Garnison-Waschanstalt Brauhaus Spandau
    Garnison-Waschanstalt Brauhaus Spandau
    In der ehemaligen Garnison-Waschanstalt befindet sich heute das Brauhaus Spandau. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020

    Die preußischen Soldaten, die Ende des 19. Jahrhunderts in Spandau wohnen, müssen mit Kleidung und Nahrung gut versorgt werden. In der Neuendorfer Straße entsteht daher 1880 die Garnison-Waschanstalt. Auf dem Gelände befindet sich neben der Heeresdampfwäscherei mit Kesselhaus und Wasserturm auch die Garnison-Bäckerei und das Heeresproviantamt.

    Nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg dient das Areal noch einige Jahre als Großwäscherei. Danach ziehen verschiedene Gewerbe in die Backsteinbauten. 1993 beginnen umfangreiche Sanierungsarbeiten. Ende 1994 öffnet das Brauhaus Spandau. Ein hoher Schornstein und ein gewaltiger Dampfkessel erinnern bis heute an die Garnison-Waschanstalt. Doch statt um Dampf und Seife dreht sich heute alles um Malz und Gerste für das Spandauer Bier.

    Adresse

    Neuendorfer Str. 1
    13585 Berlin-Hakenfelde

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  • Siemens-Hauptverwaltung

    Strategiezentrale des Weltkonzerns 

    Siemens Hauptverwaltung
    Siemens Hauptverwaltung Ehrenhalle Historisch 1928
    Siemens Hauptverwaltung Nonnendamm
    Siemens Hauptverwaltung Fassade
    Die Architektur der Siemens-Hauptverwaltung stammt von Karl Janisch. | © Siemens AG

    Auch Siemens hat einmal klein angefangen. Die „Telegraphenbauanstalt Siemens & Halske“ gründet sich 1847 in Kreuzberg, in einer kleinen Hinterhof-Werkstatt nahe des Potsdamer Platzes. Die Zahl der Beschäftigten steigt ebenso rasch wie der Bedarf an Produktionsflächen. Ende des Jahrhunderts ist Siemens & Halske ein weltweit erfolgreiches Unternehmen im Bereich der Elektroindustrie mit Produktionsflächen in Charlottenburg, damals noch eine selbstständige Stadt.

    Unweit des Gründungsorts entsteht 1901 der Verwaltungssitz der Firma in direkter Nachbarschaft zu Reichstag, Botschaften und Anhalter Bahnhof. Die eigenen Fabriken rücken allerdings immer weiter in die Ferne. Ende des 19. Jahrhunderts verlagert sich die Produktion von Charlottenburg nach Spandau. Und die Hauptverwaltung?

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    1910 beginnt der Bau eines neuen Verwaltungsbaus in Spandau. Die eigenständige Stadt Spandau legt großen Wert darauf, die Zentrale eines so bedeutenden Unternehmens und Steuerzahlers auf ihrem Gebiet zu wissen. 1914 benennt Spandau den Ortsteil „Nonnendamm“ offiziell in „Siemensstadt“ um.

    Das neue Gebäude im Zentrum der Siemensstadt ist größer als jedes Berliner Rathaus. Entlang der fünf Kilometer langen Korridore haben 5.000 Mitarbeitende in der Siemens-Hauptverwaltung Platz. Die meisten von ihnen arbeiten in sogenannten Bürosälen für maximal 100 Personen. Komfort und Einzelzimmer bleiben Aufsichtsrat und Vorstand sowie den wichtigsten Führungskräften im Ostflügel des Gebäudes vorbehalten.

    Im Ersten Weltkrieg dienen Teile des kurz zuvor fertiggestellten Gebäudes als Lazarett. Erst danach ziehen die Zentralabteilungen des Konzerns ein. „Konstruktions- und Rechnungsbureaus“ befinden sich im Westflügel des schlossähnlichen Gebäudes. Der Bau mit Mosaikhalle, Vortragssaal und Bibliothek stellt den architektonischen Wandel der Siemensarchitektur dar. Außen ist er von Karl Janisch im Stil des Historismus gestaltet. Die Architektur der Innenräume übernimmt hingegen Hans Hertlein in den 1920er-Jahren.

    Im Regime der Nationalsozialisten verschiebt sich der Fokus des Siemens-Konzerns auf Rüstungsproduktion. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 verstärkt Rohstoffengpässe und Arbeitskräftemangel. Um genug Rüstungsgüter zu liefern, errichtet Siemens bis 1945 beinahe 400 Fabriken in besetzten Gebieten. Sowohl in den Fabriken auf besetztem Boden als auch in Siemensstadt müssen Frauen und Männer Zwangsarbeit leisten. Davon sind bis Kriegsende insgesamt über 80.000 Menschen betroffen.

    Die unmittelbare Nachkriegszeit bringt dem Gründungsort einschneidende Veränderungen: Angesichts der Teilung Deutschlands und der politisch heiklen Lage verlegt der Konzern seinen Firmensitz zum 1. April 1949 von Berlin nach München. Berlin bleibt jedoch zweiter Firmensitz. Trotz enormer Schäden im Krieg verläuft die Produktion ab 1951 wieder in geregelten Bahnen. Bis Mitte der 1950er-Jahre hat sich das Unternehmen weitgehend von den Nachkriegsjahren erholt.

    In der ehemaligen Siemens-Hauptverwaltung sind heute noch Siemens- Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter beschäftigt. Seit 2016 befindet sich das Siemens Historical Institute in dem Gebäude, das über einen Personentunnel mit dem gegenüberliegenden Dynamowerk verbunden ist. Hier produziert das Unternehmen bis heute Dynamos, einst erfunden von Werner von Siemens.

    Seit März 2019 gibt es in einer umgebauten Lagerhalle auf dem Gelände des Dynamowerks einen Event- und Co-Working Space. Bis 2030 soll sich die neue Siemensstadt² zu einem Ort entwickeln, der Arbeiten, Forschen, Wohnen und Lernen neu denkt.

    Die Siemens-Hauptverwaltung ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.

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  • Kraftwerk West / Heizkraftwerk Reuter

    Kraftwerksbau aus der Luft 

    Kraftwerk Reuter an der Spree
    Kraftwerk-Reuter Schornsteine
    Ein Teil des 1932 errichteten Kraftwerk Reuter ist heute denkmalgeschützt. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021

    1931 übergibt die Siemens-Bauunion ein modernes Steinkohlekraftwerk an die Berliner Städtische Elektrizitätswerke Aktiengesellschaft (Bewag). Zusammen mit dem an der Rummelsburger Bucht gelegenen Kraftwerk Klingenberg deckt das neue Kraftwerk West den Großteil des Stromverbrauchs der wachsenden Metropole Berlin. Das Ziel der beiden Großprojekte ist die Unabhängigkeit von Fremdstrom aus den mitteldeutschen Braunkohlerevieren. Als die Anlage 1931 ans Netz geht, ist sie mit einer Leistung von 228 Megawatt das technisch modernste Kraftwerk Berlins.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg demontiert das sowjetische Militär funktionsnotwendige Teile des weitgehend unbeschädigten Kraftwerk West. Im April 1948 beginnt der dringend benötigte Wiederaufbau, ab Juni 1948 erschwert durch die Berlin-Blockade. Über die Luftbrücke werden daher großformatige Bauteile und Materialien mit 580 Flügen eingeflogen. Diese spektakuläre Aktion macht die Aussichtslosigkeit der Berlin-Blockade deutlich und trägt schließlich zu ihrem Ende im Mai 1949 bei. Ein halbes Jahr später nimmt Oberbürgermeister Ernst Reuter das Kraftwerk in Betrieb, das später nach ihm benannt wird: Kraftwerk Reuter. Seit 1987 versorgt auch der Neubau des Heizkraftwerk Reuter-West die Hauptstadt.

    Heute steht die in den 1960er-Jahren zu einem Heizkraftwerk umgebaute Anlage unter Denkmalschutz. Die drei markanten, allerdings baufälligen Schornsteine werden 2009 zurückgebaut. Mit Stilllegung des Kraftwerksblocks „Reuter C“ geht 2019 schließlich der letzte Steinkohleblock vom Netz.

    Im September 2019 endet die Ära der Kohle am Standort Reuter, dennoch spielt das Kraftwerk weiterhin eine wichtige Rolle beim geplanten Kohleausstieg Berlins bis 2030. Für die Umsetzung gibt es bereits Ideen und einige Entwicklungen befinden sich im Testbetrieb. Fast 100 Millionen Euro investiert Vattenfall Wärme Berlin in das Gesamtprojekt, um den steinkohlegefeuerten Block Reuter C zu ersetzen. Eine benachbarte Müllverbrennungsanlage betreibt die Dampfturbine.

    Mehr zur Teilung Berlins und zur Strominsel West-Berlin erzählen unsere Meilensteine.

    Das Kraftwerk West, heute Heizkraftwerk Reuter, ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1, Spandau/Siemensstadt.


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    Adresse

    Otternbuchtstraße 11–27
    13599 Berlin–Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

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    Strom und Energie

  • Siemensbahn Bahnhof Wernerwerk

    Pendlerstrecke nach Siemensstadt 

    Bahnhof Wernerwerk Siemensbahn
    Siemensbahn Station Siemensstadt Historisch 1929
    Siemensbahn Lost Place
    Siemensbahn S-Bahn Wernerwerk-Hochbau
    Der Bahnhof Wernerwerk liegt auf der historischen Siemensbahn. Bis 2029 soll er wieder reaktiviert werden. | © Christian Fessel | Mann mit Hut Touren

    Die Bahnhöfe der Siemensbahn sind verlassen. Wo die Natur noch freie Flächen zulässt, ziert Graffiti die ehemaligen S-Bahn-Stationen in Spandau. In den 1930er-Jahren geht es hier deutlich geschäftiger zu. Im Berufsverkehr fahren Pendlerzüge im Zehn-Minuten-Takt, zu Stoßzeiten sogar alle fünf Minuten. Täglich nehmen rund 35.000 Menschen die Bahn zu ihrer Arbeit in die Siemensstadt.

    Ab 1897 errichtet Siemens zwischen Spandau und Charlottenburg eine wachsende Fabrikstadt. In Siemensstadt sind mehr als 55.000 Menschen beschäftigt. Trotz der eigens gebauten Arbeitersiedlungen wohnt die überwiegende Mehrheit von ihnen in den nördlichen und nordwestlichen Bezirken Berlins. Zur Hauptverkehrszeit pendeln so viele Menschen von und nach Siemensstadt, dass es wiederholt zu Auseinandersetzungen und Handgreiflichkeiten kommt. Versuche, dieser logistischen Herausforderung durch gestaffelte Arbeitszeiten zu begegnen, scheitern.

    1925 beschließt der Elektrokonzern in Eigenregie eine Schnellbahn quer durch die Siemensstadt zu errichten. 1929 eröffnet die Strecke zwischen den Bahnhöfen Gartenfeld, Siemensstadt und Wernerwerk. Von hier fährt sie weiter zum Bahnhof Jungfernheide, wo sie Anschluss an die Ringbahn hat.

    Die im Zweiten Weltkrieg schwerbeschädigte Strecke geht erst 1956 wieder in Betrieb. Nach der Teilung Berlins verlegt Siemens seinen Hauptsitz nach München. In den folgenden Jahren kommen die Beschäftigten vermehrt mit dem Auto über die Stadtautobahn oder mit der neuen U-Bahnlinie U7 nach Siemensstadt. Im September 1980 stellt die DDR-Reichsbahn schließlich den Verkehr auf der wenig frequentierten Strecke ein. Ein Kuriosum: Während der deutschen Teilung ist die DDR-Reichsbahn für den Betrieb der S-Bahn in West- und Ost-Berlin zuständig.

    Seit 2018 plant das Land Berlin die Strecke zu reaktivieren und zu verlängern. Dies soll den neuen Forschungscampus Siemensstadt² und die Siedlungen im Nordwesten Spandaus besser an die Innenstadt anbinden. Zum 100-jährigen Jubiläum im Jahr 2029 sollen wieder Züge über die historische Strecke rollen.

    Die Siemensbahn ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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    Adresse

    zwischen Tegeler Weg, Gartenfelder Straße und Saatwinkler Damm
    10589 / 14059 / 13629
    Berlin–Charlottenburg, Berlin–Siemensstadt

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

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    Transport und Verkehr

  • BMW-Motorradwerk

    Motorräder aus Spandau 

    BMW-Motorrad am Eingang zum BMW Werk
    Backsteinbauten in Spandau, BMW-Werk
    Fabrikhallen BMW Motorrad Werk 1975
    Arbeiter bei der Montage BMW Motorrad
    i

    Erbaut
    1914, 1928, 1937

    Bauherr
    Preußischer Militärfiskus, Siemens & Halske

    Architekt
    Hans Hertlein u.a.

    Früher
    Produktion von Gewehren, Flugmotoren, Motorrädern

    Heute
    BMW Group Werk Berlin

    Ein ausgestelltes Motorrad weist den Weg zum BMW Group Werk Berlin. | © BMW AG, München (Deutschland)

    BMW Motorräder fahren mit Berliner Luft in den Reifen. 800 Motorräder laufen täglich im Motorradwerk der BMW Group in Berlin-Spandau vom Band. An Werktagen öffnen sich hier die Tore auch für Besucherinnen und Besucher, die bei den Werksführungen die Faszination hochmoderner Fahrzeugproduktion erleben.

    Die Geschichte des Produktionsstandorts beginnt Mitte des 18. Jahrhunderts, als König Friedrich Wilhelm I. nahe der Zitadelle Spandau eine Gewehr- und Munitionsfabrik für die preußische Armee errichten lässt. 1928 entsteht dann auf einem Teil des Geländes das Flugmotorenwerk von Siemens & Halske. Mit der Ausgliederung aus dem Siemenskonzern firmiert das Werk ab 1936 als Brandenburgische Motoren Werke GmbH (Bramo). Die Bayerischen Motoren Werke (BMW) übernehmen schließlich ab 1939 das Gelände und die Produktion. Seit 1949 ist das Werk auf die Produktion von Motorradteilen spezialisiert und zwanzig Jahre später verlässt das erste komplett in Berlin hergestellte BMW Motorrad das Werk. Seitdem werden hier, in teilweise denkmalgeschützten Gebäuden, BMW-Motorräder für den Weltmarkt produziert.

    Lesen Sie mehr zum Industriestandort West-Berlin nach 1945.

    Das BMW-Motoradwerk ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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    Adresse

    Am Juliusturm 14-38
    13599 Berlin-Spandau

    Anfahrt

    U-Bahn: U7 (Haltestelle Haselhorst)

    Öffnungszeiten

    Nur im Rahmen einer Führung zugänglich

    Eintritt

    Führungen kosten 11,90 € für Erwachsene und 9,00 € mit Ermäßigung

    Führungen

    90-minütige Führungen i.d.R. montags bis freitags
    Alle Informationen unter www.visit-bmwgroup.com/erleben/fuehrung-werk-berlin/

    Barrierefreiheit

    ja, mit Anmeldung

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    Produktion damals und heute

  • Stadtgeschichtliches Museum Spandau

    Industriegeschichte auf der Zitadelle 

    Stadtgeschichtliche Museum Spandau in der Zitadelle mit Wassergraben
    Motorrad und Auto im Stadtgeschichtlichen Museum Spandau
    Außenansicht Zitadelle Spandau
    Das Stadtgeschichtliche Museum Spandau befindet sich in der Zitadelle Spandau. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß

    Geschützgießerei, Gewehr-, Patronen- und Munitionsfabriken sowie Pulverfabriken und Feuerwerkslaboratorien: All das zeugt bis heute davon, wie sich die Festungsstadt Spandau als Zentrum der preußischen Rüstungsindustrie Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelt. Dabei hat die Zitadelle Spandau eine wichtige militärische und auch repräsentative Funktion.

    Im Zeughaus der Zitadelle befinden sich heute Museen zur Kultur-, Stadt-, Industrie- und Militärgeschichte Spandaus. Das Stadtgeschichtliche Museum zeigt zum Beispiel neben Objekten zur Rüstungsindustrie weitere vielfältige Spuren der Industriegeschichte Spandaus. Dazu gehören u. a. historische Siemens-Haushaltsgeräte und Filmrequisiten aus den in Spandau ansässigen CCC-Studios.

    Von der Zitadelle Spandau aus lässt sich wunderbar die Industriekultur des Bezirks erkunden.


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    Adresse

    Am Juliusturm 64
    13599 Berlin-Spandau

    Öffnungszeiten

    Mo-Fr. 10:00 bis 17:00 Uhr
    Do 13:00 bis 20:00 Uhr

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    Krieg und Frieden

  • Bohrwerkstatt der Geschützgießerei

    Zeuge der preußischen Militärindustrie 

    Bohrwerkstatt Geschützgießerei Spandau
    Bohrwerkstatt der Geschützgeießerei, Rundbogenarchitektur
    Bohrwerkstatt der Geschützgeießerei, Innenansicht, Betonpfeiler
    Geschützgiesserei, Bohrwerkstatt in Spandau
    Die Bohrwerkstatt der Geschützgießerei (links) und die dazugehörige Werkhalle (rechts) liegen direkt am Wasser. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021

    Am Zusammenfluss von Spree und Havel, gegenüber der historischen Spandauer Altstadt, befindet sich das Gelände der ehemaligen Königlichen Geschützgießerei. Die Bohrwerkstatt mit seiner gelben Backsteinfassade entsteht hier 1874 im Stil der Berliner Rundbogenarchitektur. Sie gilt als einer der bedeutendsten erhaltenen Bauten der Militärindustrie in Spandau.

    Während des Ersten Weltkriegs expandieren die Rüstungsbetriebe. Aus jener Zeit stammt die zweite, ebenfalls noch erhaltene Werkhalle (1914/15). Sie erinnert in ihrer Sachlichkeit an die Fabrikgebäude von Peter Behrens. Das ist ein deutlicher Bruch zur Rundbogenarchitektur der Bohrwerkstatt von 1874, die im Stil der Schinkelschule erbaut ist.

    Im Zuge der Demilitarisierung des Deutschen Reichs nach dem Ersten Weltkrieg werden Bettgestelle, Landmaschinen und für kurze Zeit Autos gefertigt. In der Weimarer Republik finden wieder geheime Vorbereitungen für militärische Produktionen statt. Die Nationalsozialisten bauen die Rüstungsproduktion weiter aus. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wird die industrielle Nutzung am Standort aufgegeben. Anschließend dient das Areal bis 1990 als Getreidelager für die West-Berliner Senatsreserven. Diese Reserven sollen Berlin während des Kalten Krieges für den Fall einer erneuten Blockade durch die Sowjetunion wappnen.

    Seit 1990 stehen die inzwischen denkmalgeschützten Gebäude leer und verwahrlosen zusehends. Überlegungen, die Bauten für Kultur, Handel, Büros oder gar als Mehrzweckhalle zu nutzen, scheitern.

    2018 erwirbt ein Kölner Immobilienunternehmer das Areal der ehemaligen Geschützgießerei. Seitdem wird das Gelände in enger Kooperation mit dem Stadtentwicklungsamt und der Unteren Denkmalschutzbehörde behutsam entwickelt. Die stark beschädigten Fabrikhallen sollen saniert werden. Künftig dienen sie sowohl als Büros als auch für gastronomische Angebote. Darüber hinaus ist geplant, den Uferbereich neu zu gestalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

    Die Bohrwerkstatt der Geschützgießerei ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.


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    Adresse

    Obermeierweg 18
    13597 Berlin-Spandau

    Industriekultur erleben

    Fahrradroute: Produktion und Munition

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    Krieg und Frieden