Ortstypen
Architektonische Highlights
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Flaschenkellerturm Engelhardt-Brauerei Der Flaschenkellerturm der ehemaligen Engelhardt-Brauerei beherbergt mittlerweile Wohnungen. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020 Adresse
Krachtstraße 9
10245 Berlin-Alt-StralauFlaschenkellerturm Engelhardt-Brauerei
Fast wie ein Hochbunker ragt der massive Flaschenkellerturm über die Halbinsel Stralau. Das Gebäude ist Teil der hier seit 1917 ansässigen Engelhardt-Brauerei. Es dient einerseits der Flaschenabfüllung, aber auch als Kühl- und Lagerhaus. Traditionell lagert Bier in kühlen Kellern unter der Erde. Der Flaschenkellerturm hingegen ragt in die Höhe. Er kombiniert die Funktion eines gekühlten Flaschenkellers mit einem auffälligen Turm. Ein Kühlkreislauf versorgt die mit Kork gedämmten Geschosse mit kühlen Temperaturen.
Die Pläne für das Gebäude in Stahlbetonskelettbauweise entwirft Bruno Buch, Baubeginn ist 1929. In den folgenden Jahren werden täglich 300.000 Flaschen im Turm abgefüllt. Bis 1990 ist das VEB Engelhardt Ausbildungsbrauerei und produziert auch das alkoholfreie Bier AUBI. Nach der Schließung der Fabrik steht das denkmalgeschützte Gebäude leer und zerfällt.
Ab 2009 kommt neues Leben in den Flaschenkellerturm. Er wird denkmalgerecht saniert und dient seither mit fast 100 Wohnungen, zahlreichen Familien als attraktives Zuhause. Das Bauwerk ist heute der letzte Überrest der Brauerei und eines der wenigen auf Stralau erhaltenen Industriedenkmale. Auf der anderen Seite der Glasbläserallee erinnert ein weiteres Gebäude an die Industrievergangenheit der Halbinsel: die Stralauer Glaswerke. Sie nehmen 1890 den Betrieb auf, als Flaschenbier zum neusten Trend wird und beliefern auch die nahe gelegene Brauerei. -
Garde-Dragoner-Kaserne / Translag In der ehemaligen Garde-Dragoner-Kaserne sitzt das Finanzamt Friedrichshain-Kreuzberg. | Jörg Zägel, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons, 2011 Adresse
Mehringdamm 22
10961 Berlin-KreuzbergGarde-Dragoner-Kaserne / Translag
Im Sommer 1929 wird das Translag-Gelände zum Filmset: Mühsam schiebt sich Taxifahrer Erwin unter seinem Wagen hervor, Schraubenschlüssel in der Hand, Schiebermütze auf dem Kopf. Über ihm lehnt ein Kollege am Kotflügel. Die Annie sei am Telefon, ob Erwin heute Abend mit ins Kino wolle? Der berlinert zurück: „Sie soll nicht so angeben! Die Greta Jarbo läuft noch bis Dienstag!“ Telefon, Kino, Automobil – der Film „Menschen am Sonntag“ feiert die technische Moderne und inszeniert dabei seinen ikonischen Drehort, die Translag in Berlin-Kreuzberg.
Transport und Lagerhaus GmbH, kurz „Translag“, nennt der Kohlenhändler Hans Engels seine Firma. Auf dem Gelände der aufgelösten Garde-Dragoner-Kaserne in Kreuzberg bietet sie etwas völlig Neues: automobile Dienstleistungen. In den 1920er-Jahren bewegen sich die allermeisten Menschen noch in Stadtbahnen, Bussen und auf Fahrrädern durch die Stadt. Aber das ändert sich jetzt. Automobile, bisher ein elitäres Hobby, werden zum Transportmittel für Handwerker und Ärzte.
Die sogenannte Garagenwirtschaft antwortet auf die neuen Bedürfnisse. In „Heimatgaragen“ parken Bewohnerinnen und Bewohner ihre Fahrzeuge. „Zeitgaragen“ reservieren Autoreisende telefonisch, um hier auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Für die störanfälligen Fahrzeuge baut die Translag die Kasernenställe beheizbar um. Das eigentliche Geschäft aber sind Betriebsstoffe und Dienstleistungen rund ums Tanken. Das erledigen die Fahrer:innen anfangs noch an Zapfsäulen direkt am Fahrbahnrand. 1930 errichtet der Architekt Heinrich Kosina eine Tankstelle nach amerikanischem Vorbild: Eine überdachte Tankinsel neben der Straße mit beheiztem Verkaufsraum. Die angrenzende Waschhalle reinigt 2.200 Fahrzeuge täglich. Zwei Kantinen verpflegen die Kundschaft, für Chauffeure stehen Unterkünfte bereit. Die Translag ist größter Automobilstandort Berlins.
In der früheren Reithalle der Garde-Dragoner-Kaserne entstehen 1927 Ladeanlagen für Elektrofahrzeuge. Das Rennen um den Antrieb der Zukunft ist zu diesem Zeitpunkt noch offen. Immer wieder beweist das Unternehmen seine Innovationskraft – und stellt diese bereitwillig in den Dienst der NS-Rüstungswirtschaft. Bis zu 100 Zwangsarbeiter:innen leben zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf dem Gelände und reparieren währenddessen im größten Instandsetzungswerk der Region Militärfahrzeuge.
In West-Berlin erhält der Komplex früh Denkmalschutz, zugleich bleibt er bis ins neue Jahrtausend Automobilstandort. 2010 geht die Translag GmbH schließlich in die Insolvenz. Seit 2016 plant der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die Umnutzung und teilweise Neubebauung des einstigen Geländes. Nach wie vor ist unklar, inwieweit die bedeutenden Bau- und Technikdenkmale der Garde-Dragoner-Kaserne sowie der Translag erhalten werden.
Ein Meilenstein der Berliner Industriegeschichte widmet sich der »Entstehung des Nahverkehrs«.
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Rundlokschuppen Pankow Der Rundlokschuppen Pankow liegt direkt neben dem S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf. | © Foto: Matilda Riebe, 2018 Adresse
Am Feuchten Winkel 15
13189 Berlin-PankowRundlokschuppen Pankow
2007: In Pankow rücken Abrissfahrzeuge an, um die letzten Gleisanlagen, Gebäude und Überführungen abzureißen. Von dem einstigen Güter- und Rangierbahnhofs Pankow-Heinersdorf bleibt nur wenig übrig. Einige verfallene und denkmalgeschützte Gebäude bleiben stehen. Eines von ihnen ist der Rundlokschuppen Pankow.
1893 lässt die Königliche Eisenbahndirektion den runden Lokschuppen am Bahnbetriebswerk Berlin-Pankow errichten. 24 Abstell- und Reparaturgleise reihen sich um eine Drehscheibe in der Mitte. Darüber erhebt sich eine eindrucksvolle Kuppel in filigraner Stahlkonstruktion. Gemeinsam mit dem ebenfalls verfallenden Rundlokschuppen Berlin-Rummelsburg ist er der Letzte seiner Art in ganz Deutschland. Das Ensemble aus Rundlokschuppen und halbrunden Ringlokschuppen daneben ist einzigartig.
Der Güter- und Rangierbahnhof Pankow ist bis zur Wiedervereinigung wichtiger Umschlagplatz für Lebensmittel und Baustoffe. Auch eine Müllumschlaganlage der Stadtreinigung findet hier Platz. 1997 endet der Güterverkehr mit der Stilllegung des Bahnhofs.
Investor Kurt Krieger kauft 2009 das Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs inklusive Rundlokschuppen. Zunächst plant er den Bau eines Einkaufszentrums mit Parkgelände, mittlerweile wirbt er stattdessen für das neue Stadtviertel „Pankower Tor“ mit 2.000 Wohnungen. Der stark beschädigte Rundlokschuppen Pankow soll hierfür weichen. 2019 fordert das Verwaltungsgericht Berlin den Eigentümer des denkmalgeschützten Gebäudes zu sofortigen Erhaltungsmaßnahmen auf. Diese beginnen 2021 am maroden Dach. Mittlerweile ist der Rundlokschuppen vollständig eingerüstet. Die Restaurierungsmaßnahmen erfolgen in enger Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde Pankow.
Ein Meilenstein der Berliner Industriegeschichte widmet sich dem »Aufstieg zum Eisenbahnzentrum«.
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Flugplatz Johannisthal Die großen Hallen am ehemaligen Flugplatz Johannisthal stehen seit drei Jahrzehnten leer. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021 Adresse
Segelfliegerdamm 1–45, Groß-Berliner Damm, Hermann-
Dorner-Allee, 12487 Berlin-Johannisthal und -AdlershofFlugplatz Johannisthal
Mit einem spektakulären Flugwettbewerb eröffnet am 26. September 1909 der Flugplatz Johannisthal-Adlershof. Die ersten Pioniere der deutschen und internationalen Luftfahrt erproben auf diesem Motorflugplatz ihre aufsehenerregenden neuen Erfindungen. Dank skurriler Flugzeugkonstruktionen, waghalsiger Kunststücke und oftmals spektakulärer Unfälle entwickelt sich der Flugplatz damals zu einem Besuchermagneten. Eigentlich ist der Flugplatz Johannisthal nur ein Ausweichquartier, weil die Deutsche Flugplatzgesellschaft keine Zulassung für den Motorflug auf dem Tempelhofer Feld erhalten hat. Dort hatte sich zuvor bereits die Luftschifffahrt mit Zeppelinen angesiedelt.
Mehrere Flugzeughersteller siedeln sich an dem neuen Flugplatz Johannisthal an. Dazu gehören beispielsweise die Albatros-Werke und die Rumpler-Luftfahrzeugbau GmbH. Experimente und Prüfung von Motoren führt die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) durch. Entwicklung, Bau und Erprobung von Flugzeugen können so gebündelt an einem Ort stattfinden. Die erste deutsche Frau, die eine Ausbildung zur Motorfliegerin absolviert, ist Melli Beese. Wider alle Vorurteile und Benachteiligungen legt sie 1911 bei den Rumpler-Werken erfolgreich die Prüfung für die Flugzeugführerlizenz ab.
Während des Ersten Weltkrieges wird der Flugplatz nur noch für militärische Zwecke genutzt. Rund ein Viertel der im Deutschen Reich genutzten Flugzeuge wird dort hergestellt. Nach Kriegsende beginnt die zivile Luftpost mit Flügen zwischen Weimar und Johannisthal. Kurze Zeit später finden erste Passagierflüge statt. Als 1923 der Zentralflughafen Tempelhof eröffnet, verliert der Flugplatz Johannisthal allerdings an Bedeutung.
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In den Produktionshallen entstehen in den 1920er-Jahren unter anderem Autos, da der Versailler Friedensvertrag den Flugzeugbau in Deutschland stark einschränkt. In andere Bereiche der Hallen ziehen sogar Tageslicht-Filmstudios ein. Die Johannisthaler Filmanstalt GmbH entwickelt sich zu einem der erfolgreichsten Filmstudios Deutschlands.
Während des Nationalsozialismus beginnen geheime Aufrüstungsprojekte auf dem Areal. Diese finden teilweise in Zusammenarbeit mit der benachbarten Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt e.V. (DVL) in Adlershof statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg produzieren unter anderem der VEB Motorenwerk Johannisthal und der VEB Kühlautomat Berlin-Johannisthal auf dem Gelände des Flugplatzes.
1952 endet der reguläre Flugverkehr in Johannisthal. Die endgültige Schließung erfolgt allerdings erst 1995 nach einem tödlichen Unfall bei einer Flugshow mit historischen Flugzeugen.
Das ehemalige Rollfeld wird fortan der Natur überlassen und in den Landschaftspark Adlershof integriert. Die erhaltenen Gebäude und eindrucksvollen Hallen der früheren Flugzeugfabrik der Luftverkehrsgesellschaft verfallen.
Nach einem 2021 vorgelegten Bebauungsplan sollen – bezogen auf die Bruttogrundfläche – 85 % der denkmalgeschützten Gebäude zugunsten von neuen Wohnkomplexen weichen. Obwohl die Denkmalbehörden die „Bauten als bedeutende städtebauliche Erinnerungsträger“ einschätzen, halten sie eine denkmalgerechte Sanierung der jahrzehntelang vernachlässigten Hallen für nicht mehr zumutbar.
Der Flugplatz Johannisthal ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“, Band 2. Mehr zur Geschichte der Luftfahrt erfahren Sie in den Meilensteinen der Industriegeschichte Berlins.
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Humboldthafen und Hauptbahnhof Rund um den Humboldthafen und den Berliner Hauptbahnhof entsteht mit der Europacity ein neues Stadtviertel. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2022 Adresse
Humboldthafen
Hilda-Geiringer-Weg 4
10557 Berlin-Moabit
Berlin Hauptbahnhof
Europaplatz 1
10557 Berlin-MoabitIndustriekultur erleben
Humboldthafen und Hauptbahnhof
Repräsentativer Verkehrsknotenpunkt
Der Humboldthafen entsteht 1848 nach Plänen von Peter Joseph Lenné, der als Landschaftsarchitekt nicht nur die Gartenkunst in Preußen, sondern auch viele Berliner Stadträume prägt. Benannt nach dem Naturforscher Alexander von Humboldt nimmt der Hafen 1850 für fast 100 Jahre seinen Betrieb auf. Er verbindet die Spree mit dem ebenfalls von Lenné entworfenen Spandauer Schifffahrtskanal.
Obwohl das Hafenbecken technischen Anforderungen entspricht, ist es wie ein Schmuckbassin gestaltet, das bis heute den städtischen Raum aufwertet. Das Hafenbecken liegt in direkter Nachbarschaft zweier Bahnhöfe, dem Hamburger und Lehrter Bahnhof. Sowohl Güter als auch Reisende können hier vom Wasser auf die Schiene wechseln.
Als 1913 der Osthafen und 1923 der Westhafen eröffnen, lösen sie den Humboldthafen ab. Nach dem Zweiten Weltkrieg liegt der Hafen im Schatten der nahe gelegenen Berliner Mauer und fällt für Jahre in einen Dornröschenschlaf.
Erst mit dem neuen Berliner Hauptbahnhof erwacht die Gegend zu neuem Leben. Der Neubau des Hauptbahnhofs zu Beginn des neuen Jahrtausends benötigt Platz. Dafür muss der historische Lehrter Stadtbahnhof von 1882 weichen. Das monumentale Gebäude des Lehrter Fernbahnhofs wird bereits 1958 abgerissen.
Die Architekten des Flughafens Tegel – Gerkan, Marg & Partner – entwerfen auch den lichtdurchfluteten Berliner Hauptbahnhof. Auf mehreren Gleisebenen kreuzen sich S-Bahn, U-Bahn sowie Regional- und Fernverkehrszüge. Rund um das Becken des Humboldthafens und den Hauptbahnhof entsteht mit der Europacity ein neues Stadtviertel.
Hauptbahnhof und Humboldthafen sind Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.
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Umlauftank 2 Der Umlauftank 2 der ehemaligen Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau. | © bzi, Foto: Dorothee Haffner, 2020 Adresse
Müller-Breslau-Straße 12
10623 Berlin-TiergartenIndustriekultur erleben
Umlauftank 2
Ikone der Pop-Art-Architektur
Ein Industriedenkmal in Pink und Blau. Selbst im bunten Berlin fällt der futuristische Umlauftank 2 der ehemaligen Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau auf. Seit 1974 durchdringt das 120 Meter lange pinkfarbene Umlaufrohr die blaue Laborhalle.
Im Rohrkreislauf befindet sich eine Turbine, die den Wasserstrom in das Laborgebäude lenkt. In diesem weltweit größten Umlauftank werden bis zu neun Meter lange Schiffsmodelle der Strömung ausgesetzt und verschiedene Versuche durchgeführt. Heute ist die Versuchsanstalt mit dem Umlauftank 2 eine Zentraleinrichtung der TU Berlin. Internationale Fachleute forschen hier im Bereich der Nautik.
In unmittelbarer Nachbarschaft zur Versuchsanstalt liegt die von Albert Speer für die „Welthauptstadt Germania“ verbreiterte Straße des 17. Juni. Architekt Ludwig Leo schafft mit seiner „Rosa Röhre“ 1974 bewusst einen Kontrast zur größenwahnsinnigen Architektur der Nationalsozialisten. Sein Bau in Pop-Art-Architektur erweitert die historische Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau.
Was die wenigsten wissen: Die Geschichte der Experimentieranstalt beginnt bereits unter Kaiser Wilhelm II. 1903 eröffnet die Königliche Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau auf der kleinen Schleuseninsel. Auf Initiative des marinebegeisterten Kaisers testen Forscher in einer langen Strömungsrinne verschiedene Schiffsformen und -antriebe für damals neue Kriegsschiffe. Damit beeinflussen sie die Schiffstechnik Anfang des 20. Jahrhunderts weltweit.
Der Umlauftank 2 ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.
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ExRotaprint Der markante Turmbau aus Betonkuben ist heute Sitz der ExRotaprint GmbH. | © Foto: Andreas Muhs, 2016 Adresse
Gottschedstraße 4, Wiesenstraße 29
13357 Berlin-MitteKontakt
www.exrotaprint.de/
info@exrotaprint.de
Tel.: 030 4404 5124ExRotaprint
Die ExRotaprint GmbH hat ihren Sitz an einem historischen Ort. 1906 stellt die „Deutsche Maschinen Vertriebsgesellschaft“ in Berlin ihre Kopiermaschine „Victoria“ vor. Das Gerät zur Vervielfältigung von Kleinserien setzt sich schnell durch. Das Unternehmen braucht nun Flächen, um Produktion und Entwicklung auszuweiten. Es findet sie im Rückraum eines Grundstücksblocks in Gesundbrunnen zwischen Gottsched- und Wiesenstraße. Der Einsatz zahlt sich aus: Eine erste elektrisch betriebene Offsetdruckmaschine für Kleinformate beginnt ab 1922 ihren Siegeszug durch Verwaltungen und Unternehmen. Mit dem Erfolg firmiert das Unternehmen 1926 in „Rotaprint“ um, die einprägsame Marke ist im In- und Ausland gut zu bewerben.
Als Lieferant „kriegswichtiger“ Maschinen produziert Rotaprint im Zweiten Weltkrieg mit Zwangsarbeiter:innen, bis Bomben der Alliierten die Fabrik in Trümmer legen. Nachdem die gründerzeitlichen Mietshäuser am Blockrand verloren sind, rückt das Unternehmen Anfang der 1950er-Jahre mit neuen Fabrikgebäuden bis an die Straße vor. Mehr als die Hälfte der Maschinen geht in den Export, die Belegschaft verdoppelt sich. Rotaprint gilt deswegen als Musterbetrieb des West-Berliner Wiederaufbaus.
Das Selbstbewusstsein ist groß, der Baugrund in Gesundbrunnen aber zusehends knapp. Beides zeigt sich in den markanten Turmbauten, die der junge Architekt Klaus Kirsten 1957 bis -59 auf dem Betriebsgelände realisiert. Zur Reinickendorfer Straße stapelt er einerseits großzügig befensterte Betonkuben zu einem fünfgeschossigen Werkstattgebäude. An der Wiesenstraße entsteht andererseits nach Plänen von Otto Block ein zweites Verwaltungsgebäude mit Montagehalle.
In den 1970er-Jahren verdrängen erste Computer und neue Kopierer die Offsetdrucker aus den Büros. Rotaprint kann mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten. Erst versucht das Land Berlin noch Investoren für den angeschlagenen Betrieb zu finden, 1989 aber kommt der Konkurs. Die Neubauten von Klaus Kirsten und Otto Block erhalten Denkmalstatus.
Schließlich übernimmt im Jahr 2007 die gemeinnützige ExRotaprint GmbH den nördlichen Denkmalbereich von den Bodeneigentümern des Areals, zwei Stiftungen. 2009 sichert sich eine Künstlergenossenschaft den südlichen Denkmalbereich. Gemeinsam realisieren sie seitdem Nutzungskonzepte, um den Standort aus immobilienwirtschaftlichen Verwertungsmechanismen zu lösen. Die kooperativen Projekte und die sensiblen Erhaltungsarbeiten von ExRotaprint gelten heute als vorbildlich in der Weiterentwicklung des industriellen Erbes in Berlin.
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Wernerwerk-Hochbau Der Wernerwerk-Hochbau wird 1928-1930 errichtet. | © Christian Fessel | Mann mit Hut Touren Adresse
Siemensdamm 50
13629 Berlin-SiemensstadtKontakt
www.pcc-berlin.de/
office@event-plan.de
Tel.: 030 325 60 25Industriekultur erleben
Wernerwerk-Hochbau
Symbol der Elektropolis
Der Wernerwerk-Hochbau, auch Wernerwerk-Hochhaus oder Wernerwerk X genannt, steht in der Siemensstadt in Spandau. Sein Name geht zurück auf den Firmengründer des Weltkonzerns Werner von Siemens. Kaum zu glauben, aber auch Siemens hat einmal klein angefangen. Die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“ startet 1847 als Zehn-Mann-Werkstatt in einem Kreuzberger Hinterhof.
Durch die dynamische Entwicklung der Elektrotechnik erweitert sich die Produktpalette ständig. Die Zahl der Beschäftigten steigt ebenso rasch wie der Bedarf an Produktionsflächen. Siemens errichtet daher neue Fabrikbauten zunehmend vor den Toren Berlins. Zuerst in Charlottenburg und ab 1897 in der eigenständigen Gemeinde Spandau, die erst 1920 Teil von Groß-Berlin wird. Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet Siemens hier mit seinen Fabrikbauten und Wohnsiedlungen einen eigenen Stadtteil: die Siemensstadt.
Um Verwechslungen zu vermeiden, beginnt Siemens in den 1920er-Jahren die Gebäude nach dem Firmengründer Werner von Siemens als „Wernerwerke“ zu nummerieren. Architekt des Wernerwerks X ist Hans Hertlein. Mit seinen sachlich-funktionalen Gebäuden in Stahlskelett-Bauweise setzt er neue Maßstäbe und kreiert außerdem den unverkennbaren Siemens-Stil.
Im Wernerwerk-Hochbau von 1930 befinden sich damals die Verwaltung von Siemens, eine Werksbibliothek und auf Höhe des 10. Stockwerks ein Vortragssaal. Inzwischen haben in diesem Hochhaus mehrere Unternehmen ihren Sitz. Das Kongress Center im 10. Stockwerk bietet einen weiten Blick über die Siemensstadt bis ins Berliner Zentrum.
Der Wernerwerk-Hochbau ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.
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Schaltwerk-Hochhaus Das Siemens Schaltwerk-Hochhaus ist das erste Fabrik-Hochhaus der Welt. | © Siemens AG, 2011 Adresse
Nonnendammallee 104
13629 Berlin-SiemensstadtIndustriekultur erleben
Schaltwerk-Hochhaus
Europas erstes Fabrikhochhaus
Das Schaltwerk-Hochhaus von Siemens ist 1928 ein gigantischer Bau: Auf 45 Metern Höhe verteilen sich elf Etagen. Damit ist das Hochhaus doppelt so hoch wie Berliner Mietshäuser. Für diese regelt der städtebauliche „Hobrecht-Plan“ seit 1862 eine Traufhöhe von 22 Metern. Das hatte nicht nur städtebauliche Gründe, sondern diente auch der Sicherheit. Mit den damals gängigen Leitern war die Feuerwehr so in der Lage, Menschen auch aus den obersten Stockwerken zu retten.
Bei seiner Eröffnung ist das Schaltwerk-Hochhaus 1928 das erste Fabrikhochhaus Europas. Architekt Hans Hertlein setzt mit dem Bau neue Maßstäbe in der Industriearchitektur. Die reduzierte Formensprache wird das architektonische Markenzeichen von Siemens und zum Prototyp nachfolgender Industriebauten.
Der Stahlskelettbau mit einer Fassade aus Klinkerbacksteinen beeindruckt bereits von außen. Besonders spektakulär sind die 175 m langen, flexibel nutzbaren Innenräume. Sie lassen sich sowohl als Produktionsstätte, Lager oder auch als Büro nutzen. Damit diese großflächigen Räume möglich sind, befinden sich die Treppenhäuser, Aufzüge und Sanitäranlagen an den Gebäudeseiten in vier Türmen. Außerdem gibt es außen liegende Pfeiler in den unteren Geschossen, die an der Fensterfront perfekt mit Tageslicht beleuchtete Arbeitstische ermöglichen.
In diesem spektakulären Gebäude fertigt Siemens von 1928 bis 2002 Schaltanlagen. Heute beherbergt das Schaltwerk-Hochhaus Büros und ein Aus- und Fortbildungszentrum. Seit 1994 steht dieses „Symbol der Moderne“ unter Denkmalschutz. Es ist außerdem Teil des Zukunftsprojekts Siemensstadt².
Weitere Informationen zum Schaltwerk-Hochhaus finden Sie in unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.
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Wernerwerk II mit Uhrenturm Der Uhrenturm des Wernerwerk II gilt als Wahrzeichen der Siemensstadt. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2021 Adresse
Wohlrabedamm 32
13629 Berlin-SiemensstadtIndustriekultur erleben
Wernerwerk II mit Uhrenturm
Wahrzeichen der Siemensstadt
Der Uhrenturm des Hochhauses Wernerwerk II überblickt seit 1922 die Siemensstadt im Nordwesten Berlins. 75 Jahre zuvor gründen zwei Erfinder und Unternehmer in einem Kreuzberger Hinterhof die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“. Werner von Siemens ist nicht nur Namenspate seines Unternehmens, sondern später sogar eines ganzen Ortsteils mit moderner Fabrikstadt: Das Wernerwerk in Siemensstadt.
Entwickelt und gefertigt werden nicht mehr nur Telegraphen und Signalanlagen für die Eisenbahn, sondern auch Elektromotoren, Generatoren und Starkstromanlagen. Siemens gehört um 1900 längst zu einem vorherrschenden Unternehmen der Elektroindustrie.
1914 beginnt der Bau am Wernerwerk II, das Messgeräte produziert und zeitweilig die elektromedizinische Abteilung beherbergt. Während des Ersten Weltkriegs pausieren die Arbeiten am Gebäude weitestgehend, Siemens & Halske widmet sich der Rüstungsproduktion. 1918 ist der Turm fertiggestellt, der auch als Schornstein und Wasserbehälter dient. Im Schatten seiner erleuchteten Uhr dauert es noch weitere vier Jahre bis das Wernerwerk II in Betrieb geht.
Heute ist das von Karl Janisch errichtete und von Hans Hertlein erweiterte Wernerwerk II Teil des Thelen Technoparks. Der denkmalgeschützte Uhrenturm ist inzwischen das Wahrzeichen der Siemensstadt.
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Großsiedlung Siemensstadt Der Wohnblock von Hans Scharoun ist wie die ganze Großsiedlung Siemensstadt als UNESCO Welterbe ausgezeichnet. | © Christian Fessel | Mann mit Hut Touren Adresse
Goebelstraße, Heckerdamm, Jungfernheideweg
13627 Berlin-SiemensstadtIndustriekultur erleben
Großsiedlung Siemensstadt
UNESCO-Welterbe
Siemensstadt ist nicht nur als Industriestandort weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannt, sondern auch als Synonym für fortschrittlichen Wohnungsbau. Hier entstehen in den 1930er-Jahren drei wegweisende Werkssiedlungen: Die Großsiedlung Siemensstadt (1934), die Reichsforschungssiedlung Haselhorst (1935) und die Siedlung Siemensstadt (1930). Gemeinsam stehen sie für den Wandel im Berliner Wohnungswesen, der sich nach dem Ersten Weltkrieg vollzieht. Moderne, bezahlbare Wohnungen im Grünen treten an die Stelle der engen Mietskasernen und sind Vorbild für den sozialen Wohnungsbau.
Sechs Architekten mit sechs unterschiedlichen Baustilen, beauftragt vom Berliner Stadtbaurat Martin Wagner, verwirklichen ab 1929 in der Großsiedlung Siemensstadt ihre Ideale von modernem Städtebau: Gropius, Scharoun, Bartning, Forbát, Häring und Henning. Vier dieser Architekten gehören der innovativen Architektenvereinigung „Der Ring“ an. Deswegen trägt die Siedlung bis heute den Spitznamen „Ringsiedlung“.
Die Kleinstwohnungen sind für Siemens-Mitarbeitende mit geringem Einkommen gedacht. Licht, Luft und Sonne sind das Credo, nach dem die Siedlung errichtet ist. Die Großsiedlung Siemensstadt verfügt als eine der ersten Wohnanlagen Berlins über ein eigenes Fernheizwerk. Daher haben alle Wohnungen Zentralheizung und Warmwasser. Außerdem verfügen sie über eine Einbauküche und ein Bad mit Toilette, was zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit ist. Zwischen 1929 und 1934 entstehen 1.379 Wohnungen, die von großzügigen Grünflächen umgeben sind.
In der gesamten Siedlung geben Info-Säulen Auskunft über die Bauwerke und ihre Architekten. Seit 2008 zählt die Großsiedlung Siemensstadt zum UNESCO-Welterbe.
Die Großsiedlung Siemensstadt ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1.
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Sogenannte Belgienhalle Die sogenannte „Belgienhalle“ war Teil der Metallfabrik der Siemens Kabelwerke. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020 Adresse
Gartenfelder Straße 28
13599 Berlin-SiemensstadtKontakt
utb-berlin.de/belgienhalle/
belgienhalle@utb-berlin.de
Tel.: 030 4400874-166Industriekultur erleben
Sogenannte Belgienhalle
Großformatige Kriegsbeute
Während des Ersten Weltkriegs herrscht großer Eisenmangel. Um kriegswichtige Betriebe zu stärken, demontieren deutsche Streitkräfte daher in besetzten Gebieten Industriehallen und bauen sie im Deutschen Reich wieder auf. Der Architekt Hans Hertlein wählt für die Siemens-Schuckert Werke eine Eisenskeletthalle im nordfranzösischen Valenciennes aus, nahe der belgischen Grenze. Die erbeutete Halle ist ab 1918 der Kern des neuen Metallwerks für die Kabelproduktion von Siemens auf der Insel Gartenfeld. Irreführend wird die Kriegsbeute aus Frankreich als „Belgienhalle“ bezeichnet. Für Frachtschiffe ist das Werk über den Hohenzollernkanal bestens angebunden. Die Arbeitskräfte fahren ab 1930 mit der Siemensbahn bis zur Station Gartenfeld.
Bis 2002 produziert Siemens in der 1928/29 erweiterten Halle Kabel für Strom-, Nachrichten- und Hochfrequenzübertragungen. Danach dient das Gebäude als Lager und kurzzeitig als Location für die Modemesse Bread & Butter. Auf der künftig autofreien Insel Gartenfeld entstehen derzeit 3.700 Wohnungen und ein Freizeithafen. Die denkmalgeschützte „Belgienhalle“ bietet Raum für gewerbliche, soziale und kulturelle Angebote.
Die sog. Belgienhalle gehört zum Gelände des Kabelwerks Gartenfeld, das Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 1 ist.
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Kraftwerk Klingenberg Das Kraftwerk Klingenberg wurde 1925-1926 in Rummelsburg errichtet. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020 Adresse
Köpenicker Chaussee 42
10317 Berlin-RummelsburgIndustriekultur erleben
Kraftwerk Klingenberg
Symbol für Modernität und Wirtschaftskraft
Entlang der Köpenicker Chaussee im Bezirk Lichtenberg türmen sich dunkle Backsteine zu einem expressionistischen Klinkerbau. Das Kraftwerk Klingenberg beeindruckt heute wie zu seiner Eröffnung im Jahr 1927. Damals ist es der modernste Stromlieferant Europas und Modell einer neuen Generation von Kraftwerken. Dieses erste Berliner Großkraftwerk deckt in den 1920er-Jahren 65% des Berliner Strombedarfs. Brandneu ist, dass die Kohle vor der Verfeuerung staubfein zermahlen wird. Drei große Dampfturbinen produzieren den Strom.
Das 190 Meter lange Schalthaus ist über eine Kabelbrücke mit dem 11-geschossigen Verwaltungsbau verbunden. Schiffe liefern die Kohle von der Spree über einen Stichkanal direkt ans Kraftwerk. Das für die Dampferzeugung benötigte Wasser kommt direkt aus der Spree. Beliebt ist das Kraftwerk Klingenberg außerdem als Lieferant von Warmwasser für das nahegelegene Flussbad.
Als letztes Werk des bekannten Kraftwerksplaners Georg Klingenberg trägt es den Namen des Ingenieurs, der für die AEG damals weltweit Kraftwerke konzipiert. Sein Bruder Walter übernimmt mit Werner Issel die architektonische Gestaltung. Auf der Weltausstellung 1929 in Barcelona präsentieren sie das hochmoderne Kraftwerk, das in den 1930er-Jahren sogar Teil der Berliner Stadtwerbung wird.
Im Zweiten Weltkrieg bleibt das monumentale Gebäude beinahe unzerstört. Die 1945 geplante Sprengung durch die SS kann ebenso wie eine spätere Demontage verhindert werden. In DDR-Zeiten gilt das Kraftwerk als Rückgrat der Strom- und Wärmeversorgung im Ostteil der Stadt.
Im Mai 2017 endet die Braunkohleverfeuerung. Der Energieträger im Kraftwerk ist jetzt Erdgas, das mit rund der Hälfte des CO2-Ausstoßes von Braunkohle das Klima schont. Um das Ziel einer klimaneutralen Stadt bis 2050 zu erreichen, soll ab 2026 ein Mix aus fossilfreien Energieträgern den Brennstoff Gas zumindest teilweise ersetzen.
Das Kraftwerk Klingenberg ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2.
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Siedlung Oberschöneweide Ein Teil der Siedlung Oberschöneweide ist von Peter Behrens gestaltet, dem Chef-Designer der AEG. | © Foto: Andreas Muhs, 2013 Adresse
Zeppelinstraße, Fontanestraße, Roedernstraße
12459 Berlin-OberschöneweideIndustriekultur erleben
Siedlung Oberschöneweide
Wohnen mit kurzen Wegen
Mit der Industrie kommen die Menschen. Zwischen den Industrieflächen entlang der Spree und dem Grün der Wuhlheide entstehen auf der ehemaligen „Schönen Weyde“ ab Mitte der 1890er-Jahre groß angelegte Siedlungen. Zusammen mit der Industrie wächst die Siedlung Oberschöneweide bis in die 1980er-Jahre hinein weiter. Von anfangs nur 159 Einwohnerinnen und Einwohnern im Jahr 1890 erhöht sich die Zahl innerhalb von nur zehn Jahren um mehr als das 30-fache. 1920 leben bereits 25.600 Menschen in Oberschöneweide.
Die AEG beauftragt Ende des 19. Jahrhunderts renommierte Architekten mit dem Bau der Wohnsiedlungen. Die älteste Siedlung aus dem Jahr 1919 ist geplant von Peter Behrens und Gemeindebaurat J. Th. Hamacher. Küche, Bad und Innentoilette sorgen in jedem Haus für eine moderne Ausstattung. Angeschlossene Nutzgärten sollen zur Erholung und Selbstversorgung beitragen.
Mit dem Abbau der Arbeitsplätze an der Oberspree in den 1990er-Jahren steht damals auch die Zukunft des Wohnquartiers infrage. Inzwischen ist die geschichtsreiche Siedlung zu großen Teilen vorbildlich saniert und wieder gefragt: bei jungen Familien und Hochschulangehörigen der HTW Berlin. Wer mit offenen Augen durch die Siedlung läuft, erkennt heute noch die unterschiedlichen Wohnkonzepte und architektonischen Details: Ein- und Mehrfamilienhäuser, farbige Fensterläden und verzierte Türen. In ganz Oberschöneweide leben inzwischen wieder knapp 24.000 Menschen.
Die Siedlung Oberschöneweide ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2.
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Grabstätte Familie Rathenau Die Grabstätte der Familie Rathenau liegt im Waldfriedhof Oberschöneweide. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020 Adresse
An der Wuhlheide 131a
12459 Berlin-OberschöneweideIndustriekultur erleben
Grabstätte Familie Rathenau
Zeugnis der Verbundenheit
Der wachsende Industriestandort Oberschöneweide wird um 1900 zur Heimat vieler Menschen. Der Gründer der AEG, Emil Rathenau, stiftet der jungen Gemeinde einen Waldfriedhof mitten in der Wuhlheide. Statt wie für jüdische Familien typisch, lassen sich die Rathenaus nicht auf einem jüdischen Friedhof beerdigen, sondern wählen genau diesen Waldfriedhof als ihre letzte Ruhestätte. Das Grab der Familie Rathenau ist bereits vom Eingangstor sichtbar. Gestaltet hat die Grabstätte 1903 ein Architekt mit sozialer Ader: Alfred Messel. Er errichtet damals unter anderem vorbildliche Wohnanlagen für „kleine Leute“. Der Bau des Wertheim-Warenhauses unweit des Potsdamer Platzes macht ihn 1897 berühmt.
Beerdigt sind in der Grabstätte: Emil Rathenau (†1915), seine Frau Mathilde (†1926) und ihr Sohn Erich (†1903). Erich, der schon in jungen Jahren das AEG-Kabelwerk leitet, ist die große Hoffnung des Vaters. Jedoch verstirbt er auf einer Reise nach Ägypten und wird als einer der ersten auf dem Friedhof beerdigt. Auch Sohn Walther Rathenau (†1922), der deutsche Außenminister, ist hier begraben. Er stirbt durch ein Attentat vor seiner Villa in Berlin-Grunewald, nachdem die nationalistische Presse mehr oder weniger unverblümt zum Mord an dem jüdischen Politiker aufruft.
Nachdem die Grabanlage lange vernachlässigt wurde, startet 2011 eine umfangreiche Restaurierung. Die schweren Beschädigungen an der Mauer aus weißem Muschelkalkstein und an den Särgen der Familie sind inzwischen behoben.
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Kraftwerk Oberspree Das Kraftwerk Oberspree ist das erste Drehstromkraftwerk Europas. | © Foto: Andreas Muhs, 2013 Adresse
Wilhelminenhofstraße 78
12459 Berlin-OberschöneweideFührungen
Industriesalon Schöneweide
Fr. 14:00, So. 12:00 Uhr
und auf Anfrage.
Bitte Website beachten
(Anmeldung erbeten)!Industriekultur erleben
Kraftwerk Oberspree
Palast der Energie
Ende des 19. Jahrhunderts errichtet die AEG am neuen Industriestandort im Südosten Berlins zunächst das Kraftwerk Oberspree. 1897 ist das erste Drehstromkraftwerk Europas eine technische Sensation. Dank der modernen Technik kann Strom verlustarm über längere Distanzen übertragen werden. Architekt Paul Tropp lässt sich für die Gestaltung des Kraftwerks vom Palais des Beaux Arts inspirieren. Dieser Palast der Schönen Künste ist 1855 auf der Pariser Weltausstellung zu sehen.
Das Kraftwerk macht Oberschöneweide unter Ingenieuren und Stadtplanern bekannt. Von nah und fern reisen sie an, um das Wunderwerk der „Elektropolis“ zu bestaunen. Die Kraft der Elektrizität ist schon von außen zu sehen: Die Fassade der Turbinenhalle schmücken Ornamente mit Blitzen, Zahnrädern sowie Überlandleitungen. Das Kühlwasser kommt übrigens direkt aus der Spree.
Das Kraftwerk Oberspree versorgt die Vororte Berlins mit Strom und erleuchtet damit die Stadt über ihre Grenzen hinaus. Außerdem hat es eine Sogwirkung für die Ansiedlung neuer Betriebe. Erster Großabnehmer sind die nahe gelegenen AEG-Kabelwerke. Rund 35 Jahre danach geht 1933 das Kraftwerk vom Netz. Mit dieser Entscheidung wird allerdings der Bau eines neuen Umspannwerks für Oberschöneweide nötig, um den hochgespannten Strom vor Ort auf niedrige Voltzahlen umzuspannen.
In das Umspannwerk von 1933 zieht 2013 die renommierte Skulpturengießerei Knaak ein. Das Kraftwerk Oberspree steht jedoch lange Zeit weitgehend leer. Im Frühjahr 2022 eröffnet in der Turbinen- und Maschinenhalle die „MaHalla“, ein riesiger internationaler Kreativ-Freiraum.
Das Kraftwerk Oberspree ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2.
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Evangelische Friedenskirche Die Architektur der Evangelischen Friedenskirche in Niederschöneweide erinnert an ein Industriegebäude. | © bzi, Foto: Max Braun, 2021 Adresse
Britzer Straße 3
12439 Berlin-NiederschöneweideIndustriekultur erleben
Evangelische Friedenskirche
Kirche im Industriedesign
Neben der vielbefahrenen Schnellerstraße in Niederschöneweide liegt die Evangelische Friedenskirche. Ihr Westturm erinnert an den Förderturm eines Bergwerks und weniger an einen klassischen Kirchturm. Tatsächlich haben die Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer 1930 auch die berühmte Schachtanlage der Zeche Zollverein in Essen gestaltet. Dieses technische und ästhetische Meisterwerk der Moderne gilt heute als das Wahrzeichen des Ruhrgebiets.
Pläne für eine evangelische Kirche gab es im wachsenden Industriestandort Niederschöneweide bereits vor dem Ersten Weltkrieg. Doch die finanziellen Mittel erlauben erst 1929 den Bau der Friedenskirche. Das Gebäude aus dunklen Klinkern vereint Industrie- und Kirchenarchitektur der Moderne. Im Inneren sind das Gebäude und der Altar aus hellem Kalkstein im Stil der Neuen Sachlichkeit gestaltet. 1944 brennt nach einem Kurzschluss das Dach der Kirche inklusive der Orgel aus. Der Wiederaufbau erfolgt 1952.
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AEG-Turbinenhalle Die AEG-Turbinenhalle ist im Corporate Design der AEG von Peter Behrens gestaltet. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2022 Adresse
Huttenstr. 12-16
10553 Berlin-MoabitIndustriekultur erleben
AEG-Turbinenhalle
Die Berliner Architektur-Ikone
Die AEG-Turbinenhalle von 1909 ist eine Ikone der Berliner Architektur und fehlt in keinem Architekturlexikon. Architekt Peter Behrens und Bauingenieur Karl Bernhard konzipieren dieses lichtdurchflutete Industriegebäude aus Stahl, Beton und Glas. Erstmals ist die Konstruktion einer Halle an der Fassade ablesbar: Stahlbinder und ihre Gelenke sind von außen zu sehen. Die lange Fensterfront nennt ein Zeitzeuge „ein einziges riesiges Glasfenster“. Auch das Dach ist fast vollkommen aus Glas. Von allen Seiten kann dadurch Licht in die Halle dringen.
Lediglich der mächtige Giebel zeugt vom damaligen Zeitgeschmack der Kaiserzeit. Die Betonelemente erinnern hingegen an einen ägyptischen Tempel. Obwohl wuchtig ausgeprägt, haben sie keine tragende Funktion. Sie sind pure Außenverkleidung und damit nur ein Schmuckelement. Mitten im Giebel prangt das Logo des Auftraggebers: AEG.
Die AEG baut damals leistungsstarke Dampfturbinen, die sich um 1900 gegen die klassischen Dampfmaschinen durchsetzen. Die Produktion der immer größer und schwerer werdenden Turbinen erfordert Platz sowie Kranbahnen, die enorme Lasten transportieren können. Beides erfüllt die zweckmäßige Montagehalle damals wie heute.
In den 1930er-Jahren lässt das Unternehmen die AEG-Turbinenhalle nach Norden hin erweitern. Den Zweiten Weltkrieg übersteht die Halle unbeschadet und seit 1956 steht sie als erster Industriebau Berlins unter Denkmalschutz.
1977 übernimmt die Siemens AG das Gelände, die hier bis heute Gasturbinen produziert. Über eine spezielle Rampe gelangen die Turbinen auf den Charlottenburger Verbindungskanal und treten schließlich per Schiff ihren Weg in die weite Welt an.
Die AEG-Turbinenhalle ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.
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AEG-Apparatefabrik Die AEG-Apparatefabrik an der Ecke Feldstraße/Ackerstraße in Berlin-Wedding. | © Berliner Unterwelten e.V., Foto: Holger Happel Adresse
Ackerstraße 76
13355 Berlin-GesundbrunnenIndustriekultur erleben
AEG-Apparatefabrik
Ausgangspunkt der Elektroindustrie
Emil Rathenau gründet 1883 die spätere „Allgemeine Elektricitäts Gesellschaft (AEG)“. In den folgenden Jahrzehnten steigt die AEG zu einem Weltkonzern der Elektrotechnik auf. Ab 1888 produziert das Unternehmen in der neuen AEG-Apparatefabrik zukunftsweisende Haushaltsgeräte und elektrotechnisches Material. Die Fassade des damaligen Neubaus an der Ackerstraße gestaltet Franz Schwechten, „Hofarchitekt“ von Kaiser Wilhelm II. Florale Verzierungen schmücken die Außenseite des Gebäudes. Eine aufgehende Sonne steht dabei symbolhaft für die aufstrebende Elektroenergie.
Die Produktionsfläche reicht jedoch bald nicht mehr aus. Bereits 1894 kauft die AEG deswegen einen Teil des benachbarten Schlachthofgeländes. Hier am Humboldthain entsteht in den folgenden Jahren eine regelrechte Fabrikstadt der AEG. Ein Tunnel verbindet beide Standorte.
Im Gebäude der AEG-Apparatefabrik in der Ackerstraße befindet sich inzwischen das Institut für Lebensmitteltechnologie der TU Berlin.
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BAE Batterien GmbH (ehem. AFA) Seit 1899 produziert die AFA, später BAE in Oberschöneweide Batterien. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020 Adresse
Wilhelminenhofstraße 69-70
12459 Berlin-OberschöneweideIndustriekultur erleben
BAE Batterien GmbH (ehem. AFA)
Traditionsbetrieb der Elektroindustrie
Die BAE Batterien GmbH gehört zusammen mit der nahegelegenen Berliner Glasfaserkabel GmbH zu den letzten Traditionsbetrieben in Oberschöneweide. Seit mehr als 100 Jahren entstehen hier Akkumulatoren und Batterien.
Nur zwei Jahre nachdem das Kraftwerk Oberspree und das AEG-Kabelwerk in Betrieb gehen, beginnt um 1899 der Bau der Akkumulatoren-Werke Oberspree AG. Seitdem findet hier eine Massenfabrikation transportabler Batterien statt. Ab 1904 tragen sie den international bekannten Markennamen VARTA (Vertrieb, Aufladung, Reparatur transportabler Akkumulatoren). 1905 übernimmt die Akkumulatorenfabrik AG (AFA) das Werk in der Wilhelminenhofstraße, das über ihr Stammwerk in Hagen bereits mit der AEG und Siemens verbunden ist. Das Firmenimperium der Familie Quandt kauft das Werk 1922 und entwickelt es zum europaweit führenden Anbieter von Bleibatterien für Elektrofahrzeuge und Flugzeuge.
Den Geschäftseinbruch nach dem Ersten Weltkrieg gleicht AFA sowohl durch die Übernahme neuer Produktionstechniken aus den USA als auch die Fusion mit dem Unternehmen Pertrix aus. Entlang der Ostendstraße entwirft der Architekt Jean Krämer die große Produktionshalle mit einer neuartigen Fließbandfertigung. Im Zweiten Weltkrieg lässt die Firma Akkumulatoren für U-Boote und „V2“-Raketen von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern produzieren. 1945 folgt schließlich die Enteignung der AFA. Das Werk wird in die Akkumulatorenfabrik Oberschöneweide (AFO) umgewandelt.
Im Jahr 1958 schließt die DDR mehrere Betriebe zur VEB Berliner Akkumulatoren- und Elementefabrik (VEB BAE) zusammen. Die Produktion fokussiert sich anschließend auf ein breites Spektrum an Batterien für verschiedene Anwendungen, vor allem für den Schienenverkehr. Ende der 1980er-Jahre hat sich die BAE zu einem der führenden Lieferanten für Schienenfahrzeug-Batterien für die sozialistischen Staaten entwickelt. In der Umbruchzeit nach 1989 kann sich das Unternehmen behaupten und wird 1993 als BAE Batterien GmbH privatisiert.
Die BAE Batterien GmbH ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2.
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Umspannwerk Oberspree Im Osten grenzt das Kraftwerk Oberspree an das Umspannwerk. | © bzi, Foto: Nathalie Scholl, 2021 Adresse
Wilhelminenhofstraße 78
12459 Berlin-OberschöneweideUmspannwerk Oberspree
Neben dem ehemaligen Kraftwerk Oberspree entstanden im Laufe der Jahrzehnte drei Umspannwerke. Das erste Werk verteilte seit 1912 den Strom aus dem benachbarten Kraftwerk an die Umgebung. Als das Kraftwerk gut 20 Jahre später außer Betrieb ging, übernahm ein neues Umspannwerk ab 1933 die Versorgung der Industrie an der Oberspree. Der bekannte Architekt Hans Heinrich Müller plante das elegante und lichtdurchflutete Umspannwerk Oberspree mit auffällig geschwungenen Formen.
Dank neuester Technik kam der Bau mit einem viel geringeren Gebäudevolumen aus als bis dahin üblich. Inzwischen nutzt die Skulpturengießerei Knaak die Räumlichkeiten. Die Stromversorgung übernimmt seit 1995 ein noch kleinerer Neubau.
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Umspannwerk Humboldt Das Eingangsportal des Umspannwerks Humboldt in Berlin-Prenzlauer Berg. | © tic, Foto: Friedel Kantaut etc. Adresse
Kopenhagener Straße 58 – 63
10437 Berlin-Prenzlauer BergIndustriekultur erleben
Umspannwerk Humboldt
Eine Marienburg für Berlin
1925 begeistert sich der Hausarchitekt der „Bewag“, Hans Heinrich Müller für die Marienburg, den größten gotischen Backsteinbau Europas in der inzwischen polnischen Stadt Malbork. Müller greift architektonische Stilmittel dieser mittelalterlichen Burg im Umspannwerk Humboldt auf. Das Eingangsportal des Umspannwerks in Berlin-Prenzlauer Berg zieren Spitzbögen. Zwei Brücken verbinden die mittig im Innenhof liegende Warte mit den Werkshallen. Ein Türmchen befindet sich im Innenhof des Umspannwerks.
Viele Bauten von Müller, die ebenfalls in den 1920er-Jahren entstanden sind, greifen diese Detailverliebtheit auf. Inzwischen sind die großflächigen Räume des ehemaligen Umspannwerks in gewerblicher Nutzung.
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OSRAM-Höfe Die Osram-Höfe sind seit den 1990ern ein Geschäfts- und Gewerbezentrum. | © visitBerlin, visumate Adresse
Oudenarder Straße 18–20
13347 Berlin–WeddingIndustriekultur erleben
OSRAM-Höfe
1935 übernahm die OSRAM GmbH KG den Standort an der Oudenarder Straße von der Bergmann Elektricitäts-Werke AG und verlegte anschließend einen großen Teil der Produktion in ihr neues „Werk B“, die heutigen „OSRAM-Höfe“. Das Unternehmen erweiterte den Baubestand um ein modernes Fabrikgebäude mit zwei Flügeln.
Das Bauwerk wurde von Waldemar Pattri als Stahlskelettbau im Stil der funktionalistischen Architektur gestaltet. Die beiden unteren, mit Klinkern verkleideten Geschosse bilden einen massiven Sockel, über dem sich ein gläserner kubischer Baukörper erhebt. Auf der Hofseite sind kubische Treppen- und Aufzugtürme angesetzt. Besonders heraus sticht jedoch der wuchtige, 33 Meter hohe Turmblock. Das „Werk B“ soll seinerzeit das größte Glühlampenwerk Europas gewesen sein.
Nachdem OSRAM nach 1990 die Produktion von diesem Standort abgezogen hatte, entstand hier unter dem Namen „OSRAM-Höfe“ ein Geschäfts- und Gewerbezentrum. Im historischen OSRAM-Glaswerk in Spandau entstehen aber auch heute noch täglich tausende Glasröhren für Leuchtmittel aller Art.
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Gasometer Schöneberg Der ehemalige Gasometer ist heute Teil des EUREF Campus. | © visitBerlin, Foto: Andreas Schwarz Adresse
Torgauer Straße 12-15
10829 Berlin-SchönebergKontakt
euref.de/
info@euref.de
Tel.: 030 264 767 20Gasometer Schöneberg
Der 1910 fertiggestellte Gasometer Schöneberg ist inzwischen ein Wahrzeichen des gleichnamigen Stadtteils und ein markanter Teil der Berliner Stadtsilhouette. Bis zur Stilllegung des Teleskopgasbehälters 1995 fürchteten viele Anwohnerinnen und Anwohner die riesige gespeicherte Gasmenge, die der Gasometer beinhaltete. Denn je nach Füllstand befanden sich zur Versorgung Berlins bis zu 160 000 Kubikmeter Gas in der Metallglocke.
Der Architekt Alfred Messel entwarf den Gasometer Schöneberg mit dem dazugehörigem Retorten- und Kesselhaus. Inzwischen ist das denkmalgeschützte Ensemble Teil des EUREF Campus, einem 5,5 Hektar großen Stadtquartier. Hier ist neben Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus den Bereichen Energie und Mobilität auch ein Campus der Technischen Universität Berlin ansässig. In das Stahlgerüst des Gasometers ist eine Kuppel integriert, die als Kulisse für Veranstaltungen und vor allem Fernsehaufzeichnungen dient.
Im Juni 2021 wurde in der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg ein umstrittener Bebauungsplan beschlossen, der die Innenbebauung des Gasometers bis 7 Meter unter seiner Oberkante ermöglicht. Auf den geplanten 35.000 m² Bürofläche sollen 2.000 Arbeitsplätze für die Sparte „Digitale Schiene“ der Deutschen Bahn entstehen.
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ewerk Berlin Der heute als ewerk bekannte Gebäudekomplex hat schon einige Nutzungs- und Umbauphasen erlebt. | © Foto: Andreas Muhs Adresse
Mauerstr. 78-80
10117 Berlin-MitteKontakt
ewerk.net/
event@ewerk.net
Tel.: 030 200 756 56Industriekultur erleben
ewerk Berlin
Umspannwerk und Techno-Club
Das heute als ewerk bekannte Gebäude hat in seiner über 100-jährigen Geschichte einige Nutzungs- und Umbauphasen erlebt. Bereits kurz nach dem Bau platzt das Kraftwerk aus allen Nähten. 1885 an der Mauerstraße in Mitte erbaut ist es das Zweite seiner Art in Berlin. Das erste Kraftwerk entsteht nur ein Jahr zuvor am Gendarmenmarkt.
Berlin ist Ende des 19. Jahrhunderts eine wachsende Stadt. Der stetig steigende Stromverbrauch erfordert neue Lösungen. Um Strom speichern zu können, kommt 1898 ein fünfgeschossiges Speichergebäude dazu. Erst die neue Drehstromtechnik erlaubt es, Strom am Stadtrand zu erzeugen und fast verlustfrei in die Stadt zu leiten. Das Kraftwerk in der Mauerstraße wird um ein Umspannwerk ergänzt. Dieses spannt den hochgespannten Strom aus den Fernleitungen auf niedrigere Voltzahlen um. Der Architekt Hans Heinrich Müller verbindet beim Umbau des Werkes zwischen 1924 und 1928 Funktionalität und Ästhetik. Die neue zentrale Schaltwarte im Hof ist stilprägend. Sie ist rund und in der Höhe gestaffelt.
Das Mitte der 1980er-Jahre stillgelegte Gelände erlebt nach der Wende seine Wiederentdeckung. Der Ort ist unter dem Namen „E-Werk“ als Techno-Club weit über Berlins Grenzen bekannt. Nach jahrelanger Sanierung öffnet das Gelände 2006 wieder. Heute dient das ewerk zum Beispiel als Eventlocation, Wohn- und Arbeitsstätte. Eine kleine Gleichrichterstation übernimmt auch heute noch teilweise die Stromversorgung der U-Bahn.
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Werksanlage Borsig 1898 weiht das Maschinenbau-Unternehmen Borsig sein neues Werk in Tegel ein. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß Adresse
Am Borsigturm
13507 Berlin-TegelWerksanlage Borsig
Das Werksgelände von Borsig in Tegel ist heute vor allem für das Einkaufszentrum in einigen der umgebauten Industriehallen bekannt und weniger für seine Architektur und Geschichte. Allerdings entstand hier mit dem 65 Meter hohen Borsigturm 1922 das erste Hochhaus Berlins.
Der Ausbau des Werksgeländes in Tegel begann bereits 1894 nachdem das ursprüngliche Firmengelände in Mitte zu klein wurde. Damals war August Borsig mit dem, nur wenige Jahrzehnte zuvor gegründeten Familienunternehmen zum größten europäischen Produzenten von Lokomotiven aufgestiegen. Das Geschäft florierte bis zur Weltwirtschaftskrise 1929, danach kam es zu zahlreichen Fusionen und Umgestaltungen in der Firma. Die BORSIG GmbH nutzt Teile des Geländes in Tegel jedoch noch immer.
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Rathenau-Hallen Die Rathenau-Hallen waren einst Maschinen- und Montagehallen des AEG Transformatorenwerks. | © Foto: Andreas Muhs, 2013 Adresse
Wilhelminenhofstraße 83
12459 Berlin-OberschöneweideKontakt
Eigentümer der Rathenau Hallen ist
Urban Banks Berlin
urbanbanksberlin.com/
dialog@basecampstudent.comIndustriekultur erleben
Rathenau-Hallen
ehem. AEG Transformatorenfabrik Oberschöneweide
Der heute als Rathenau-Hallen bekannte riesige Hallenkomplex liegt in den 1920er-Jahren im Zentrum der ehemaligen Transformatorenfabrik Oberschöneweide (TRO). Heute definieren die Rathenau-Hallen zusammen mit der Lampenfabrik Frister den Ortseingang von Oberschöneweide. An der Treskowbrücke gelegen, bildet der markante Giebel der Rathenau-Hallen den Auftakt des großen Industrieareals entlang der Wilhelminenhofstraße.
Die Industriegebäude entstehen zwischen 1898 und 1941. Anfangs siedelt sich hier die Deutsche Niles-Werkzeugmaschinen-Fabrik an, ein Maschinenbau-Unternehmen unter Beteiligung der AEG. Nach dem Ersten Weltkrieg übernimmt die AEG das Gelände vollständig. Der Konzern errichtet ab 1921 neue Gebäude und benennt den Standort in Transformatorenfabrik Oberschöneweide, kurz AEG-TRO um. Nach und nach entstehen weitere Gebäude: Produktionshallen, Werkstätten, Verwaltung sowie eine Kantine.
1951 wird das Werk als VEB Transformatorenwerk Karl Liebknecht zum Lieferant der DDR-Energiewirtschaft. 1992 übernimmt die AEG wieder einen Teil der Produktion, bis sich das Unternehmen 1996 schließlich auflöst und aus dem Handelsregister verschwindet. Ein irischer Investor kauft 2007 das Gelände, findet aber nur temporär Mieter für die großen und teilweise verfallenen Hallen.
Danach siedeln sich Kunst und Kultur an. Die großen Flächen der Rathenau-Hallen bieten Platz für Modeschauen und Video-Drehs. 2019 kauft das Unternehmen BaseCamp das Areal. Es will die Hallen denkmalgerecht sanieren und anschließend als offenen Ort für Gewerbe, Kultur und Freizeit entwickeln.
Das Museum und Besucherzentrum „Industriesalon Schöneweide“ bietet Führungen durch die Rathenau-Hallen an. Direkt daneben bietet die „Spreehalle Berlin“ einen Raum für außergewöhnliche Klang- und Theaterproduktionen. Hier beginnt außerdem der Soundwalk21, der an fünf Stationen über das Areal führt.
Die Rathenau-Hallen sind Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2.
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Shell-Haus Das Shell-Haus ist mit dem porösen Kalkstein Travertin verkleidet. | © bzi, Foto: Nathalie Scholl, 2019 Adresse
Reichpietschufer 60
10785 Berlin-TiergartenShell-Haus
Mit sanft geschwungener Fassade und lang gezogenen Fensterbändern steht das Shell-Haus am Ufer des Landwehrkanals. Ende der 1920er Jahre gewann der Architekt Emil Fahrenkamp den Wettbewerb für das 5- bis 10-geschossige Bürogebäude. Dank einer umfassenden Sanierung vor wenigen Jahren erstrahlt das Gebäude inzwischen wieder im selben weißlichen Glanz wie damals. Dieser ist dem Travertin an der Fassade geschuldet, im Inneren besteht der Bau jedoch aus einer leichten Stahlkonstruktion.
Das Shell-Haus hat eine abwechslungsreiche Geschichte hinter sich. Die namensgebende Ölfirma Shell konnte hier nur ein paar Jahre bis zur Enteignung durch die Nationalsozialisten bleiben. Das im Krieg teilweise beschädigte Haus war später lange Zeit Hauptsitz der BEWAG. Seit 2012 ist es ein Dienstsitz des Bundesministeriums der Verteidigung.
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Peter-Behrens-Bau Der Peter-Behrens-Bau war bei seiner Fertigstellung 1917 eines der höchsten Gebäude Deutschlands. | © Foto: Andreas Muhs, 2013 Adresse
Ostendstraße 1
12459 Berlin-OberschöneweideIndustriekultur erleben
Peter-Behrens-Bau
Autofabrik im Geschossbau
Viele beeindruckende Industriebauten prägen die Architektur in Oberschöneweide, doch ein Gebäude dominiert das Industrieband an der Spree: der Peter-Behrens-Bau. Mitten im Ersten Weltkrieg entwirft Peter Behrens im Auftrag der AEG dieses Gebäude für eine hochmoderne Automobilfabrik. Die Nationale Automobil Gesellschaft (NAG) stellt hier ab 1901 als Tochter der AEG Autos mit Elektro- und Verbrennungsmotoren her.
Die aufwendige Ausstattung der neuen Fabrik soll die „ungebrochene Leistungskraft der deutschen Industrie“ bekunden. Gleichzeitig will Behrens ein Symbol für die soziale Integration aller Akteure der Industriegesellschaft schaffen. Die Produktion erstreckt sich über mehrere Stockwerke. Im Mittelpunkt der Fabrik liegt ein mit Arkaden gesäumter Lichthof. Hier laufen Arbeiterinnen und Arbeiter den Direktoren der Firma über den Weg.
Im obersten Stockwerk beginnt der Karosseriebau. Über 18 Lastenaufzüge sind die Produktionsebenen verbunden, unten angekommen wird schließlich das fertige Automobil aus einem Benzintank im Keller betankt. Zunächst liefert das Werk Lkws für das deutsche Heer und bis zur Stilllegung im Jahr 1934 auch Pkws sowie Omnibusse.
Im Jahr 1936 entwickelt Telefunken am Standort die Fernsehtechnik zur Übertragung der Olympischen Spiele. Nach dem Zweiten Weltkrieg zieht das Werk für Fernsehelektronik (WF) ein, das zu DDR-Zeiten für den internationalen Markt Bildröhren für Fernsehgeräte herstellt. Noch bis 2005 produziert Samsung Fernsehtechnik im Peter-Behrens-Bau. Der Lichthof ist inzwischen eine beliebte Kulisse für Film und Fernsehen. Hier wurden beispielsweise Szenen der Serie „Babylon Berlin“ gedreht.
Heute bieten der Peter-Behrens-Bau und das große Areal zwischen Ostendstraße und Spree Potenziale für ein neues Stadtquartier. Im Mai 2019 übernimmt die DIE Deutsche Immobilien Entwicklungs AG (DIEAG) das Gelände und entwickelt das „Behrens-Ufer“. Die denkmalgeschützten Gebäude bleiben dabei erhalten. Auf dem restlichen Gelände entstehen Neubauten für Gewerbe sowie soziale und kulturelle Nutzungen.
Der Peter-Behrens-Bau ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2.
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Reichspostzentralamt Das ehemalige Reichspostzentralamt ist mit einer Fassade aus Klinkern verziert. | © Foto: Rafael Kölmel, 2014 Adresse
Ringbahnstraße 126-134
12103 Berlin-TempelhofReichspostzentralamt
Das Reichspostzentralamt ist ein monumentaler Komplex in der Ringbahnstraße. Der expressionistische Klinkerbau ist eng mit der Entstehung des Fernsehens in Deutschland verbunden. Darüber hinaus war er stets ein Ort für die Entwicklung von neuen Technologien. Postbaurat Edmund Beisel entwarf den 1930 fertiggestellten Bau gemeinsam mit Karl Pfuhl. Auf dem ursprünglich vom Militär genutzten Gelände befanden sich bereits mehrere Backsteinbauten. Also verbanden die Architekten den Neubau mittels einer Brücke mit einem ehemaligen Lagergebäude. Diese nahm danach ebenfalls Räume der Reichspost auf. Im Inneren des Reichspostzentralamts finden sich teils prachtvolle Art-Deco-Verzierungen.
Nach umfangreichen Sanierungen ziehen in den nächsten Jahren etwa 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landeskriminalamts Berlin in das ehemalige Reichspostzentralamt.
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Knorr-Bremse AG Hauptwerk Das ehemalige Knorr-Bremse Hauptwerk liegt an der Grenze zwischen Friedrichshain und Lichtenberg. | © Foto: Andreas Muhs, 2014 Adresse
Hirschberger Straße 4
10317 Berlin-LichtenbergKnorr-Bremse AG Hauptwerk
Die Knorr-Bremse AG stieg um 1900 mit der Erfindung einer neuartigen Bremsentechnologie zu einem der wichtigsten Bremsenproduzenten Deutschlands auf. Die Fabrik in Friedrichshain wuchs ab 1903 zu einem riesigen Komplex mit 160 Metern Länge an.
Mit dem Anstieg der Produktion insbesondere für die Eisenbahnindustrie, brauchte die Firma mehr Platz. Daher errichtete der Architekt Alfred Grenander 1922 auf einem Nachbargrundstück östlich der Ringbahn ein neues Hauptwerk. Dieses war durch eine Unterführung mit den Bestandsgebäuden verbunden. Das Knorr-Bremse Hauptwerk mit seinen vier markanten Türmen lief nach dem Krieg unter dem Namen VEB Bremsenwerk weiter. Nach der Wende war es kurzzeitig wieder in Besitz der Knorr-Bremse AG, heute nutzt die Deutsche Rentenversicherung es als Bürohaus.
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Berliner Handels-Gesellschaft 1994 zieht die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in das Gebäude am Gendarmenmarkt. | © Foto: Andreas Muhs, 2013 Adresse
Behrenstraße 32/33
Französische Straße 42-44
Charlottenstraße 33
10117 Berlin-MitteBerliner Handels-Gesellschaft
Schon bei der Eröffnung des Hauptsitzes der Berliner Handels-Gesellschaft im Jahr 1900 war diese ein wichtiger Partner der Industrie in Berlin. 1856 gegründet, finanzierte die Bank in den ersten Jahren vor allem den Bau von Eisenbahnen. Bankier Carl Fürstenberg übernahm 1883 die Gesellschaft und richtete sie auf die Finanzierung von Industrie aus. Er schaffte es, große Betriebe langfristig an die Bank zu binden. Zum Beispiel hatte der Vorstandsvorsitzende der AEG automatisch den Vorsitz im Verwaltungsrat der Berliner Handels-Gesellschaft inne.
1933 mussten drei der vier Geschäftsinhaber der Bank ihre Posten aufgeben. Die diskriminierende Politik der Nationalsozialisten zwang die jüdischen Bankiers dazu, das Land zu verlassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg tätigte die Bank ihre Geschäfte hauptsächlich im neuen westdeutschen Bankenzentrum Frankfurt am Main. Das Gebäude in der Behrenstraße blieb jedoch bis heute als Bankhaus erhalten. Erst zog die Staatsbank der DDR in die eindrucksvollen Räumlichkeiten ein, die einen ganzen Block beanspruchen. 1994 übernahm dann schließlich die Kreditanstalt für Wiederaufbau das Gebäude.
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Ullsteinhaus Tempelhof Das Ullstein-Haus liegt am Temeplhofer Hafen direkt am Teltow-Kanal. | K. H. Reichert, 2015 via flickr, CC BY-NC Adresse
Mariendorfer Damm 1-3
12099 Berlin-TempelhofIndustriekultur erleben
Ullsteinhaus Tempelhof
Das modernste Druckhaus Europas
Das Ullsteinhaus ragt am Teltow Kanal empor. Mit seinem imposanten Turm prägt es die Gegend um den Tempelhofer Hafen. Der Ullstein-Verlag und sein Druckhaus stehen für die Höhen und Tiefen deutscher Pressegeschichte.
1877 gründet Leopold Ullstein einen Verlag. Dieser wächst schnell und gibt die Berliner Zeitung sowie die Berliner Abend- und Morgenpost heraus. Um 1900 gehört Ullstein ein ganzer Gebäudeblock im Zeitungsviertel an der Kochstraße in Berlin-Mitte. Bald erscheinen auch Bücher bei Ullstein. Später gehört sogar eine eigene Nachrichten- und Bildagentur zum Unternehmen.
Der Platz im Zeitungsviertel wird in den 1920er-Jahren knapp. Architekt Eugen Schmohl ist daher mit den Plänen für ein neues Druckhaus beauftragt. 1927 eröffnet das imposante Ullsteinhaus in Tempelhof, das nicht nur die Größe, sondern auch die Modernität des Verlags widerspiegelt. Bis 1957 ist es das höchste Hochhaus Deutschlands. Über die Stockwerke verteilen sich nicht nur Redaktionsräume mit zahllosen Schreibmaschinen, sondern auch die Druckplattenherstellung, Drucksäle und Buchbindereien. Eine Kantine mit Terrasse bietet beste Aussicht auf den Hafen.
Bereits sieben Jahre später ist die jüdische Familie Ullstein allerdings gezwungen, ihr Unternehmen zu verkaufen. 1937 verdrängt das NS-Regime den Namen Ullstein aus der Öffentlichkeit. Fortan sitzt der Deutsche Verlag im Deutschen Haus in Tempelhof. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten die Ullsteins ihren Verlag zurück. 1956 erwirbt Axel Springer Anteile am Verlag und übernimmt drei Jahre später die Aktienmehrheit. Das Ullsteinhaus geht an den Stuttgarter Verleger Weitpert. Er führt es bis zu seiner Insolvenz 1985 als Druckhaus Tempelhof. Das einstige Zentrum für Presse und Medien ist inzwischen ein Geschäftshaus.
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Glockenturm Sacrower Heilandskirche Der Glockenturm ist nach Vorbild der italienischen Campanile erbaut. | © visitBerlin, Wirtschaftsförderung Steglitz-Zehlendorf, Foto: Steven Ritzer Adresse
Fährstraße
14469 PotsdamGlockenturm Sacrower Heilandskirche
Südlich des Potsdamer Ortsteils Sacrow entstand 1844 eine Kirche mit freistehendem Glockenturm nach italienischem Vorbild erbaut. 1897 errichteten die Physiker Adolf Slaby und Georg Graf von Arco im Glockenturm die erste deutsche Antennenanlage für drahtlose Telegraphie. Von der Station auf dem Glockenturm glückte die Übertragung zu der 1,6 km entfernten Empfängerstelle auf der Matrosenstation Kongsnæs am gegenüberliegenden Ufer des Jungfernsees. Im Herbst 1897 gelang schließlich eine Funkverbindung von Schöneberg nach Rangsdorf. Ein Jahr später überbrückte die Verbindung bereits über 60 km nach Jüterbog.
Seit 1928 erinnert ein Gedenkstein an den geglückten Versuch von 1897. Nachdem in den 1990er Jahren eine Kopie eingesetzt wurde, ist das Original inzwischen im Technikmuseum zu sehen.
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Generaltelegrafenamt Der Architekt Carl Schwatlo orientierte sich an italienischen Renaissance-Palazzi. | Beek100, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons, 2008 Adresse
Jägerstraße 42–44,
Oberwallstraße 4a–5
10117 Berlin-MitteGeneraltelegrafenamt
Ab 1862 wurde das Generaltelegrafenamt in der Jägerstraße in Mitte errichtet. Das erste Gebäude weltweit, das ausschließlich der Telegrafie diente. 1876 begann der Ausbau eines unterirdischen Telegrafenkabelnetzes mit Zentrum in Berlin. Sie sollte schnelle Kommunikation garantieren. Der wachsende Telegrafenverkehr und die neue Fernsprechvermittlung führten schließlich zu einem weiteren Neubau an der Oranienburger Straße. Das Gebäude in der Jägerstraße blieb vor Zerstörungen im Ersten und Zweiten Weltkrieg verschont. Deshalb kann man heute noch das ehemalige Generaltelegrafenamt mit seiner eindrucksvollen Sandsteinfassade betrachten. Skulpturen an der Fassade stellen die verschiedene Abläufe der Telegrafie und Telefonie dar.
Der zentrale Telegrafensaal im Erdgeschoss beherbergte auf einer Grundfläche von 860 m² 100 Typendruck-Telegrafenapparate. 250 Morseapparate waren im ersten Obergeschoss untergebracht. Das zweite Obergeschoss umfasste nicht nur zahlreiche Büroräume, sondern auch die Dienstwohnung des Amtsvorstehers. Noch heute dient das imposante Gebäude „fernmeldetechnischen“ Zwecken und ist inzwischen Sitz der Deutschen Telekom AG.
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Funkturm Der Funkturm ist heute ein Wahrzeichen Berlins. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2016 Adresse
Hammarskjöldplatz
14055 Berlin-CharlottenburgIndustriekultur erleben
Funkturm
Pionierort der Radiogeschichte
Der Rundfunk boomt. Der hölzerne Sendemast soll in den 1920er-Jahren durch einen Stahlturm ersetzt werden. Weil der Verband der Radioindustrie seit 1924 auf dem Messegelände seine neuesten Geräte zeigt und 1926 eine Sonderschau samt Sendebetrieb plant, wird der Turm hier errichtet. Der Funkturm ist bei seiner Fertigstellung 1926 das Highlight der damals stattfindenden 3. Deutschen Funkausstellung. Mit seiner Höhe von 147 Metern ist er ein weithin sichtbares Wahrzeichen Berlins und dient sogar Flugzeugen als Orientierungshilfe.
Die Konstruktion des Funkturms samt Restaurant und Aussichtsplattform ist vom Eiffelturm inspiriert. Die eigentliche Funktion des Turms, das Funken, übernimmt die Antenne an der Spitze. Die zwei Plattformen mit Restaurant und Aussichtspunkt führen zu einer etwas längeren Bauzeit. Der Funkturm entwickelt sich dadurch jedoch zu einem beliebten Ausflugsziel.
Ab Mitte der 1930er Jahre verliert der Turm als Funkstandort kontinuierlich an Bedeutung, während er als Wahrzeichen auch heute noch beliebt ist. 1963 löst der Sender Scholzplatz den Funkturm ab. Heute dient er nur noch dem regionalen Polizei- und Mobilfunk als Sendemast.
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Fernsehturm Alexanderplatz Der Fernsehturm überragt alle Gebäude in Berlin und ist von fast überall zu sehen. | Axel Mauruszat, CC BY 4.0 via Wikimedia Commons, 2017 Adresse
Karl-Liebknecht-Straße / Gontardstraße
10178 Berlin-MitteFernsehturm Alexanderplatz
Die bis 1952 zurückreichenden Planungen für einen Fernsehturm in Ostberlin fanden erst ab 1965 ihre Umsetzung, nachdem der Standort westlich des Alexanderplatzes festlag. Als Basis entstand ein 250 m hoher Stahlbetonschaft in Form einer sich verjüngenden Röhre. Darauf setzte man den aus 120 Edelstahlsegmenten geformten, kugelförmigen Turmkopf auf. Über diesem ragt der 118 m hohe stählerne Antennenmast auf. Außer den Technikräumen befinden sich im Turmkopf auch ein Café und eine Aussichtsplattform. Mit 368 m Höhe ist der Fernsehturm das höchste Bauwerk Deutschlands.
Ende der 1990er Jahre finden umfangreiche Sanierungen an den Antennen und deren Tragwerk statt. Seitdem trägt der Antennenmast Abstrahleinrichtungen für den UKW-Rundfunk sowie für Digitalrundfunk und Digitalfernsehen.
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Museum Kesselhaus Herzberge iErbaut
1889 - 1893, 1903Bauherr
Magistrat BerlinArchitekt
Hermann BlankensteinFrüher
KesselhausHeute
MuseumDas Museum Kesselhaus liegt im Landschaftspark Herzberge in Lichtenberg. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß Adresse
Herzbergstraße 79
10365 Berlin-Lichtenberg
Kontakt
Tel.: 0176/63 19 12 57
oder 030/54 72 24 24
kontakt@museumkesselhaus.de
www.museumkesselhaus.deAnfahrt
Tram: M8, 37 (Haltestelle Evangelisches Krankenhaus KEH),
Tram: 21 (Haltestelle Herzbergstraße/Siegfriedstraße)
Bus: 256 (Haltestelle Herzbergstraße/Siegfriedstraße)Öffnungszeiten
Di. und Do. 14:00 - 18:00 Uhr, nur nach telef. Terminabsprache
Eintritt
Erwachsene: 2 €
Kinder: 1 €
Spende erbetenFührungen
Nach Vereinbarung
Barrierefreiheit
Eingeschränkt
ERIH-Mitglied
Industriekultur erleben
Museum Kesselhaus Herzberge
Technik im Grünen
Zwischen Gewerbegebieten, Plattenbauten und großen Verkehrsadern liegt im Bezirk Lichtenberg der Landschaftspark Herzberge, eine grüne Oase in der Großstadt. Ein Bau aus rotem und gelbem Backstein beherbergt das Evangelische Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge. Das dazugehörende historische Kesselhaus befindet sich am Rande des Parks und beherbergt heute das Museums Kesselhaus Herzberge.
Der rasante Bevölkerungsanstieg in Berlin sowie neue medizinische Erkenntnisse führen Ende des 19. Jahrhunderts zu einem regelrechten Krankenhaus-Boom in Berlin. Deswegen lässt der Stadtbaudirektor Hermann Blankenstein auch außerhalb des damaligen Stadtgebietes Krankenhäuser errichten. Das grüne Umfeld soll zur Genesung beitragen. In der Gemeinde Lichtenberg entsteht 1893 deshalb die zweite Städtische Irrenanstalt Berlins. Ein eigenes Kesselhaus sichert die Versorgung der Gebäude mit Wärme und elektrischem Strom für die Beleuchtung. Ab 1920 ist Lichtenberg Teil der neuen Stadt- und Einheitsgemeinde Groß-Berlin. Deswegen liefern fortan die Städtischen Elektrizitätswerke Berlin den Strom. Um die Wärmeversorgung kümmern sich weiter die Heizer im Kesselhaus, bis 1986 und als Reserve sogar bis 1991.
Mittlerweile ist das Kesselhaus denkmalgeschützt. Ein Förderverein kümmert sich maßgeblich um den Erhalt des Ortes und hat das Kesselhaus zu einem etablierten Ort für Kulturveranstaltungen entwickelt. Das kleine Museum stellt die Krankenhausgeschichte und den Architekten Hermann Blankenstein vor. Highlight der Technikausstellung sind die aufwendig restaurierten Heizkessel aus drei Generationen (1892, 1938, 1960). Zudem etablieren jüngere Vereinsmitglieder den atmosphärischen Ort im Spannungsfeld zwischen Erhalten & Gestalten als Plattform für zeitgenössische Kultur. Zwischen den stimmungsvoll beleuchteten Heizkesseln finden Konzerte, Performances und Ausstellungen statt.
Die Meilensteine der Industriegeschichte Berlins thematisieren im Kapitel »Elektropolis Berlin« den Einzug der Elektrizität, z. B. in die Versorgung mit elektrischem Licht.
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Haus des Rundfunks des rbb iErbaut
1929 - 1931Bauherr
Reichsrundfunk-GmbHArchitekt
Hans PoelzigFrüher
Produktions- und SendehausHeute
MedienzentrumDer beeindruckende Lichthof im Haus des Rundfunks verbindet die Sendesäle miteinander. | © rbb, Foto: Hanna Lippmann Adresse
Masurenallee 8-14
14057 Berlin-Charlottenburg
Kontakt
Tel.: 030/9 79 93-0
besucherservice@rbb-online.de
www.rbb-online.de/besucherserviceAnfahrt
U-Bahn: U2 (Haltestelle Theodor-Heuss-Platz)
S-Bahn: S41, S42
(Haltestelle Messe Nord/ZOB)
Bus: M49 (Haltestelle Haus des Rundfunks)Öffnungszeiten
Nur im Rahmen einer Führung zugänglich
Eintritt
Führung kostenfrei
Führungen
Termine virtuell und vor Ort, Anmeldung online über die Website
Barrierefreiheit
Ja, mit Anmeldung
Industriekultur erleben
Haus des Rundfunks des rbb
Vollkommener Klang in moderner Architektur
Mattbrauner Klinker außen, vollkommener Klang im Inneren. Das Haus des Rundfunks des rbb in Berlin-Charlottenburg gehört zu Europas ältesten Rundfunkhäusern. Architekt Hans Poelzig plant 1929/30 erstmals ein Gebäude, das speziell auf die Bedürfnisse des neuen Mediums Rundfunk zugeschnitten ist. Der ungewöhnliche dreieckige Grundriss sorgt für eine optimale Schallisolierung in den Sendesälen. Diese befinden sich im Inneren des Hofes und somit weit entfernt vom Lärm der Straße.
Das NS-Regime erkennt schnell die Möglichkeiten des Rundfunks. Das Programm: Musik, Anleitungen zum Sport und nationalsozialistische Propaganda. Der „Reichssender Berlin“ sendet bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs aus dem Haus in Charlottenburg. Ab Mai 1945 kontrollieren die sowjetischen Alliierten das Haus des Rundfunks, das jedoch im britischen Sektor liegt. Nach und nach berauben sie das Haus seiner technischen Anlagen und statten damit das neue Funkhaus an der Nalepastraße im sowjetischen Sektor aus. Die Briten finden 1952 schließlich ein weitgehend leeres Gebäude vor. Nach aufwändiger Sanierung und technischer Neuausstattung sendet ab 1957 der „Frontstadtsender“ Sender Freies Berlin (SFB) aus der Masurenallee.
Seit 2003 produziert der Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) nicht nur Radio, sondern auch Fernsehen vor Ort. Künftig soll das denkmalgeschützte Haus des Rundfunks mit dem Fernsehzentrum und einem neuen Medienhaus Teil eines Digitalen Campus sein. Führungen sind nach Anmeldung möglich.
Der Geschichte des Rundfunks ist ein Meilenstein der Berliner Industriegeschichte gewidmet.
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Kabelwerk Oberspree KWO Eine Outdoor-Ausstellung am Gebäude D erzählt die Geschichte des Standorts. | © HTW Berlin, Foto: Alexander Rentsch Adresse
Wilhelminenhofstraße 75A
12459 Berlin-OberschöneweideKontakt
www.htw-berlin.de/
Raumvermietung Tel.: 030-5019-2200Industriekultur erleben
Kabelwerk Oberspree KWO
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin)
Als die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) 1896 mit dem Bau ihrer ersten Kabelfabrik in Oberschöneweide beginnt, muss sie sich gegen die etablierten Branchenführer Siemens & Halske und Felten & Guillaume behaupten. Hundert Jahre später ist das Werk noch immer in Betrieb und macht, was es am besten kann: Es produziert Kabel und Wissen. Seit 2009 teilt sich das aktive Kabelwerk (Berliner Glasfaserkabel GmbH) den historischen Standort mit dem Campus Wilhelminenhof der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin). Der Standort ist damals wie heute gut gelegen. Während heute Studierende die Mittagspause an der Spree genießen, ist die Wasserstraße Ende des 19. Jahrhunderts eine günstige Verkehrsanbindung.
Das benachbarte Kraftwerk Oberspree lieferte den benötigten Strom. Denn statt Dampfmaschinen treiben Elektromotoren die Produktion an. Ebenfalls hochmodern sind die flexiblen Räume. Sie erlauben Anpassungen an den sich ändernden Markt. Die Spanne der produzierten Güter zeugt von dieser Flexibilität und erzählt zugleich deutsche Geschichte. Um 1900 werden Kabel, Automobile und Lastkraftwagen hergestellt. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg produzieren Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter technische Ausrüstung und Munition. Nach 1945 fertigt das Werk Wachskerzen, eiserne Öfen und Haushaltsgegenstände. Zu DDR-Zeiten nimmt der VEB Kabelwerk Oberspree (KWO) die Kabelproduktion für den internationalen Markt im großen Stil wieder auf.
Die Produktion von klassischen Kabeln und Glasfaserkabeln findet bis heute im historischen Kern des riesigen Geländes statt. Den größten Teil des Areals nimmt jedoch die HTW Berlin ein. Darüber hinaus ist das ehemalige Kabelwerk Oberspree 2011 Gründungsort des Berliner Zentrum Industriekultur (bzi), das von hier aus in Kooperation mit dem Deutschen Technikmuseum agiert.
Das Kabelwerk Oberspree ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2.
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Industriepalast Die Gebäude der Warschauer Straße 34-44 wirken optisch wie ein Firmenkomplex. Gemeinsam bilden sie den Industriepalast. | © bzi, Foto: Florian Rizek Adresse
Warschauer Straße 34-44
10243 Berlin-FriedrichshainIndustriepalast
Der Industriepalast erstreckt sich mit seinen fünf Gebäuden gegenüber der U-Bahn-Haltestelle Warschauer Straße. Die einzelnen Stockwerke der Etagenfabrik vermietete der Bauherr vor allem an kleinere und mittlere Gewerbebetriebe. Das großzügige Ensemble von 1906/07 entstammt Plänen des Architekten Emil Schaudt, der auch das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) am Wittenbergplatz entwarf.
Durch Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und den anschließenden Umbau des Eckgebäudes ist die repräsentative Außengestaltung des früheren Industriekomplexes inzwischen nur noch an zwei Häusern sichtbar. Trotz der monumentalen, mit Muschelkalk und Rusticablöcken verzierten Fassaden erfüllte die Architektur alle praktischen Anforderungen der Industrie. So gab es unter anderem Krananlagen, weiträumige Kellerzonen und unterirdische Gleise.
Bereits seit 2010 beherbergt das Haus Nr. 43/44 das Industriepalast Hostel, das die Geschichte des Komplexes mit einem attraktiven Nutzungskonzept vereint.
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Westhafen Der Westhafen in Moabit ist seit den 1920ern ein wichtiger Umschlagplatz für die Binnenschifffahrt. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2022 Adresse
Westhafenstraße 1-3;
Beusselstraße 44k
13353 Berlin-MoabitKontakt
www.behala.de/
info@behala.de
Tel.: 030 39095-0Industriekultur erleben
Westhafen
Ausgeklügelte Hafenstadt
Für eine aufstrebende Industriestadt wie Berlin um 1900 ist ein technisch ausgeklügelter Binnenhafen von zentraler Bedeutung. 1923 eröffnet daher der Westhafen, der über Kanäle mit Spree und Havel verbunden ist.
Im Jahr 1895 fordert die Berliner Kaufmannschaft den Magistrat auf, im Osten und Westen zwei große Häfen zu bauen, da die alten Häfen am Landwehrkanal und am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal den steigenden Warentransport nicht mehr bewältigen können. Der Osthafen in Stralau an der Oberspree eröffnet bereits 1913, der Westhafen erst 10 Jahre später. Denn hier muss zuerst das Evangelische Johannesstift umsiedeln, das in Spandau ein neues Zuhause findet.
Wie eine eigenständige Hafenstadt angelegt, gruppieren sich um das mittlere von ursprünglich drei Hafenbecken: Verwaltungsgebäude, Lagerhallen, Getreidespeicher, Kräne zum Be- und Entladen der Schiffe, Casino mit Speisehalle, Waschhaus und einst sogar eine Binnenschifferkirche.
Der Zollspeicher liegt dagegen abseits an einem gut kontrollierbaren Standort, da die dort gelagerten Importwaren so lange unverzollt bleiben, bis sie einen Käufer finden. Der Turm des Verwaltungsgebäudes gilt als Wahrzeichen des Westhafens und ist für ankommende Schiffe eine Art Leuchtturm.
Die eigens gegründete BEHALA (Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft) betreibt bis heute den denkmalgeschützten Hafen. In den 2000er-Jahren wird ein Becken zugeschüttet. Der Hafen erhält ein Container-Terminal, eine Roll-on-roll-off-Anlage und eine Anlegestelle für Binnen-Kreuzfahrtschiffe.
Einige Gebäude nutzt heute die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz. In anderen befinden sich Möbellager und Werkstätten. Eine derartige Umnutzung hat eine gewisse Tradition. Bereits 1926 mietet der Automobilhersteller Ford eine Lagerhalle, in der bis zu 300 Arbeitskräfte Fahrzeuge des Ford Model T, genannt „Tin Lizzy“ montieren.
Heute ist der Westhafen zusammen mit dem Hafen in Spandau und dem Hafen Neukölln ein innerstädtisches Güterverkehrszentrum für innovative Logistik-Konzepte. Der Westhafen ist Berlins größter Warenumschlagplatz.
Der Westhafen ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.
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U-Bahnhof Warschauer Straße Der U-Bahnhof Warschauer Straße ist die Endstation der Linien U1 und U3. | © bzi, Foto: Florian Rizek Adresse
Warschauer Straße 36
10243 Berlin-FriedrichshainU-Bahnhof Warschauer Straße
Die heutige Endhaltestelle der U1, der U-Bahnhof Warschauer Straße, an der Warschauer Brücke mit den zugehörigen Infrastrukturbauten ist sicher eine der auffälligsten Haltestellen der Berliner U-Bahn. Der 1902 eröffnete Bahnhof wird von Süden über die Oberbaumbrücke und ein 360 Meter langes Viadukt erschlossen. Insbesondere die von Otto Stahn entworfene Oberbaumbrücke prägt mit ihrer auffälligen Gestaltung aus Ziegelstein das Straßen- und Stadtbild.
Hinter dem Bahnhof verbergen sich zwei ehemalige Werkshallen mit vier und acht Gleisen. Diese dienen inzwischen nur noch zum Abstellen der Züge. Der Bahnhof selbst war während der Zeit der Berliner Mauer geschlossen. Die nahe Oberbaumbrücke war Grenzübergang zwischen Ost und West. 1995 fuhren schließlich die ersten U-Bahnen über die erneuerte Oberbaumbrücke und der sanierte U-Bahnhof Warschauer Straße wurde zur Endstation der Linien U1 und U3.
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Tempelhofer Hafen Der Tempelhofer Hafen ist umrahmt vom Ullsteinhaus rechts, dem Speicher links und der C. Lorenz AG dazwischen. | © Foto: Andreas Muhs Adresse
Tempelhofer Damm 227-235
12099 Berlin-TempelhofIndustriekultur erleben
Tempelhofer Hafen
Vom Verkehrsknoten zum Freizeithafen
Der Tempelhofer Hafen eröffnet 1906 zeitgleich mit dem Teltowkanal. Neben einer Zollstation hat der damals moderne Hafen auch eine maschinelle Transport- und Wiegeanlage. Im imposanten Speichergebäude lagern ab 1908 große Mengen an Zucker, Getreide und Tabak. Dank eines Eisenbahnanschlusses gelangen die ankommenden Güter schnell in die Umgebung. Damit sichert der Hafen die Versorgung des Berliner Südens.
Nach Plänen der Ingenieure Christian Havestadt und Max Contag erbaut, liegt der Hafen 6 bis 8 Meter unter Straßenniveau und bietet Platz für etwa 10 bis 12 Lastkähne. Rund um den Hafen siedelt sich in den 1920er-Jahren vermehrt Industrie an, wie zum Beispiel das Telegraphenwerk der C. Lorenz AG oder das Ullstein-Haus.
Der Hafen sowie das Speichergebäude erleiden starke Schäden im Zweiten Weltkrieg. 1951 beginnt der Wiederaufbau. Anschließend dient das Speichergebäude als Lager für die Berliner Senatsreserven. Mit diesen Vorräten wappnet sich West-Berlin bis Ende des Kalten Kriegs gegen eine mögliche erneute Blockade der Stadt. Nach dem Fall der Berliner Mauer siedeln sich Gewerbebetriebe und ein Schrottplatz an.
2007 werden der Tempelhofer Hafen und das Speichergebäude grundlegend saniert. Seitdem hat ein Shoppingcenter die beiden unteren Etagen bezogen. In den Obergeschossen haben sich inzwischen Büros und Arzt-Praxen angesiedelt. Auch die anderen Gebäude auf dem Hafengelände werden vielfältig genutzt. Im Hafen liegen Freizeitboote und zwei Restaurant-Schiffe. Die historischen Krananlagen und die Wiegestation sind inzwischen restauriert und rekonstruiert. Sie tragen zu dem besonderen Ambiente des Hafens bei.
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Energiefabrik Knappenrode im Sächsischen Industriemuseum Die einstige Produktionsstätte ist heute das Sächsische Industriemuseum, die Energiefabrik Knappenrode. | © Foto: Axel Heimken Adresse
Werminghoffstraße 20
02977 HoyerswerdaERIH-Mitglied
Energiefabrik Knappenrode im Sächsischen Industriemuseum
Mit dem Bau der Brikettfabrik Werminghoff/Knappenrode in den 1910er-Jahren entstand mitten in der alten sorbischen Kulturlandschaft ein damals moderner Industriestandort. Braunkohleabbau und -veredelung prägen fortan die Region. Daraus ergeben sich tiefgreifende wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformationsprozesse. 1993 endet in Knappenrode die letzte Schicht.
Inzwischen präsentiert das Sächsische Industriemuseum, die Energiefabrik Knappenrode, in der einstigen Produktionsstätte Vergangenheit und Zukunft des Lausitzer Reviers. Sie bietet nicht nur verschiedene Veranstaltungsformate und Kunstausstellungen inmitten der authentischen Fabrik. Sondern auch die größte Ofen- und Feuerstättenausstellung in Sachsen.
Die Maschinen zur Herstellung von Briketts sind noch original erhalten und geben einen Einblick in den damaligen Produktionsablauf. Ehemalige Arbeiterinnen und Arbeiter kommen in der Ausstellung auch zu Wort. Es riecht sogar noch nach Kohlestaub, Maschinenöl und schwerer Arbeit. Neben der ehemaligen Fabrik gehört auch das weitläufige Außengelände zur Energiefabrik Knappenrode. Dort gibt es für die Gäste verschiedene Mitmachangebote, ein Labyrinth sowie Tunnelrutschen zu entdecken.
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Gartenstadt Marga Die Gartenstadt Marga zeugt noch immer vom Reichtum der historischen Industrieregion. | © Tourismusverband Lausitzer Seenland e.V., Foto: Nada Quenzel Adresse
Markt 1
01968 SenftenbergERIH-Mitglied
Gartenstadt Marga
Die älteste Gartenstadt Deutschlands wurde zwischen 1907 und 1915 als Arbeiterkolonie der Ilse Bergbau AG in Senftenberg errichtet. Architekt Georg Heinsius von Mayenburg entwarf 78 Häuser in 15 verschiedenen Haustypen und fasste sie schließlich als Gartenstadt Marga zusammen. Der Direktor der Ilse Bergabu AG Gottlob Schumann wollte durch die lebenswerten Werksiedlungen einerseits seine Belegschaft an das Unternehmen binden und andererseits ihre Lebensqualität steigern. Namensgeber der Gartenstadt war die 1906 erschlossene Grube Marga in Brieske, diese war wiederum nach Schumanns Tochter benannt, die bereits im Kindesalter verstorben war.
Die Anlage ist in Kreisformen um den Marktplatz aufgebaut. Neben Kirche, Schule, Kaufhaus, Ärztehaus und Post wurden auch Bäckerei, Fleischerei und Gasthaus erbaut. Die Siedlung hatte dadurch ihre eigene Infrastruktur. Den Abschluss des Wohngebiets bildet ein Grünring, der einst in verschiedene Funktionsbereiche unterteilt war: Fabrikgarten, Sportplatz, Festwiese und Kindergarten.
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IBA-Terrassen – Besucherzentrum Lausitzer Seenland Die Geschichte der Internationalen Bauaustellungen in Deutschland wird in der Ausstellung "IBA meets IBA" erzählt. | © Tourismusverband Lausitzer Seenland e.V., Foto: Nada Quenzel Adresse
Seestraße 100
01983 GroßräschenKontakt
www.iba-terrassen.de/
vermietung@iba-terrassen.de
Tel.: 035753 26 111ERIH-Mitglied
IBA-Terrassen – Besucherzentrum Lausitzer Seenland
Die IBA-Terrassen befinden sich an der Nahtstelle zwischen altem und neuem Land, am Ufer des neuen Großräschener Sees. Früher förderte hier der Tagebau Millionen Tonnen von Braunkohle. Dann startete ein Zukunftsprogramm für die Bergbauregion. Mit 30 Projekten gab die Internationale Bauausstellung (IBA) SEE Impulse für den Strukturwandel in der Lausitz. Ihr Besucherzentrum waren die IBA-Terrassen: minimalistische Architektur aus drei durch Terrassen verbundene Gebäudewürfel.
Die Ausstellung „IBA meets IBA“ erzählt eine kurze Geschichte der Internationalen Bauausstellungen (IBA) in Deutschland. Informationen sowohl über den abgebaggerten Stadtteil Großräschen-Süd ergänzen als auch über den neu entstehenden Großräschener Stadthafen ergänzen die Ausstellung. Die Terassen bieten inzwischen einen idealen Startpunkt für Touren durch eine Region, die sich neu erfindet.
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Landgut Stober, ehemaliges Gut Groß Behnitz Das ehemalige Landgut der Familie Borsig ist heute ein Tagungshotel. | © Foto: Landgut Stober Adresse
Behnitzer Dorfstraße 27-31
14641 Nauen OT Groß BehnitzKontakt
landgut-stober.de/
info@landgut-stober.de
Tel.: 033239 - 20 44 0Landgut Stober, ehemaliges Gut Groß Behnitz
Das Landgut Stober lädt dazu ein, der überfüllten Stadt zu entfliehen und die Idylle in Brandenburg zu genießen. Das dachte sich 1866 auch schon Fabrikant Albert Borsig. Deshalb erwirbt der Geschäftsführer der Borsig Maschinenbau-Anstalt Berlin ein Landgut im Havelland. Allerdings nutzt er das Anwesen nicht zur Erholung, sondern testet hier innovative Methoden für die Landwirtschaft. Dazu zählen dampfbetriebene Feldmaschinen, ein Automat zum Garen von Kartoffeln und ein klimatisierter Kuhstall. Sein Ziel: die wachsende Belegschaft in den Kantinen mit Erzeugnissen aus eigener Produktion zu versorgen.
1931 scheidet die Familie Borsig aus dem Berliner Unternehmen aus und zieht sich anschließend auf ihr Landgut zurück. Bis 1945 führt Ernst von Borsig Junior das Gut Groß Behnitz weiter. Die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft der DDR nutzt das Landgut bis 1990, danach beginnt es zu verfallen. Im Jahr 2000 kauft Michael Stober das Anwesen und saniert aufwendig die Gebäude. Inzwischen betreibt er das Landgut Stober als nachhaltiges Tagungs- und Eventhotel. In der historischen Brennerei ist die Dampfmaschine „Dicke Bertha“ einen Besuch wert. Die Ausstellung „Feuerland und Landidyll“ erzählt außerdem mehr über die Verbindungen zwischen Borsig, Berlin und Brandenburg.
2021 war Michael Stober zu Gast beim Neunten Forum für Industriekultur und Gesellschaft. Sein lebendiger Vortrag zu „Industriekultur und nachhaltiger Tourismus“ ist auf unserem Youtube-Kanal zu finden.
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Margarethenhütte Großdubrau Elektroporzellan aus der Margarethenhütte wurde weltweit verkauft. | © Tourismusverbandes Lausitzer Seenland e.V., Foto: Nada Quenzel Adresse
Hermann-Schomburg-Straße 6
02694 GroßdubrauERIH-Mitglied
Margarethenhütte Großdubrau
Der Berliner Fabrikant Hermann Schomburg kaufte 1872 die Margarethenhütte. Bereits seit 1854 förderte die Hütte Braunkohle. Später stellte Schomburg auch Tonwaren und Ziegel her. Mit der Produktion von Isolatoren aus Porzellan, die für die aufkommende Elektroindustrie unabdingbar waren, erschloss sich das Unternehmen einen Wachstumsmarkt. Um 1900 belieferte die Firma die ganze Welt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Fabrik demontiert und durch einen Brand geschädigt. Der Wiederaufbau begann umgehend. Bis 1989 wurde die als VEB Elektroporzellanwerk Margarethenhütte Großdubrau geführte Fabrik kontinuierlich erweitert und hatte sich inzwischen zum weltweit anerkannten Hersteller von Elektroporzellan entwickelt.
Nach der Wiedervereinigung wurde das Werk 1991 stillgelegt. In einem Rundofengebäude von 1885 ist heute das Elektroporzellanmuseum Margarethenhütte untergebracht und gibt Einblicke in die Geschichte der Firma und das Thema Stromerzeugung sowie in die Industrie- und Zeitgeschichte der Region.
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Museumsdorf Baruther Glashütte Das Museumsdorf gilt als schönster Glasmacherort Europas. | © Foto: Michael Klehn Adresse
Hüttenweg 20
15837 Baruth/ Mark OT GlashütteMuseumsdorf Baruther Glashütte
Das Museumsdorf Baruther Glashütte blickt zurück auf eine über 300 Jahre alte Geschichte. Bereits 1716 nahm die Glashütte ihren Betrieb auf. Doch erst ab 1822 war die Hütte wirtschaftlich erfolgreich, begünstigt durch die allgemeine Marktlage und die Produktion von reinem Milchglas z.B. für Lampenschirme. 1844 errichtete die Firma ein neues Hüttengebäude, die heutige „Alte Hütte“. 1861 baute der Betrieb die „Neue Hütte“ mit einem Siemens-Regnerativ-Gasofen. Die meisten Gebäude des denkmalgeschützen Ortsensembles aus Werkstätten, Wohnhäusern, Schule und Gasthof entstehen ebenfalls in dieser Zeit.
Das Museumsdorf Baruther Glashütte gilt inzwischen mit seinen Fachwerkhäuschen als schönster Glasmacherort Europas. Ein Museum erzählt die Geschichte der Glasherstellung. Handwerkerinnen und Handwerker zeigen die Kunst des Glasblasens. Anschließend können sich Mutige selbst daran versuchen. In den historischen Wohnhäusern und Werkstätten betreiben 20 verschiedene Kunsthandwerker und Händler kleine Ateliers mit handgefertigten Waren.
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Stadtmuseum „Alte Burg“ Wittenberge In Wittenberge wurden über sieben Millionen Haushaltsnähmaschinen produziert. | © Tourismusverband Lausitzer Seenland e.V., Foto: Nada Quenzel Stadtmuseum Adresse
Pulitzstraße 2
19322 WittenbergeStadtmuseum „Alte Burg“ Wittenberge
Fast 100 Jahre lang trug die Stadt Wittenberge den Beinamen „Stadt der Nähmaschinen“. 1903 eröffnete das amerikanische Unternehmen Singer Manufacturing Company einen Produktionsstandort für Nähmaschinen. Zu den vielen Anbauten gehört auch der 1929 errichtete Wasserturm mit der größten freistehenden Turmuhr auf dem europäischen Festland. Bis 1945 produzierte Singer in Wittenberge. Zu Zeiten der DDR fertigte die Fabrik als „VEB Nähmaschinenwerk Wittenberge“ die Exportschlager VERITAS und Naumann. Im Jahr 1989 entstand die siebenmillionste VERITAS Haushaltsnähmaschine in Wittenberge. Kurz nach der Wiedervereinigung schloss das Werk schließlich 1992.
Das Stadtmuseum „Alte Burg“ Wittenberge gibt inzwischen Einblicke in das soziale und kulturelle Leben der Angestellten und ihrer Familien. Zudem beleuchtet es die Technik und Wirtschaft der Nähmaschinenproduktion. Zahlreiche historische Nähmaschinen, unter anderem aus dem Jahr 1865, sind sowohl im Stadtmuseum Wittenberge als auch im Uhrenturm ausgestellt.
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Geyer-Werke AG In den Geyer-Werken wurden Filme entwickelt, geschnitten und kopiert. | © bzi, Foto: Florian Rizek Adresse
Harzer Str. 39
12059 Berlin-NeuköllnGeyer-Werke AG
Der Ingenieur Karl Geyer gründete 1911 die Kino-Kopier-Gesellschaft m.b.H., die erste Filmkopieranstalt Deutschlands. Sein junges Unternehmen gehörte schon bald zu den führenden Dienstleistern für die Postproduktion von Filmen. Dabei handelte es sich um die fotografischen Entwicklung von Negativfilmen und die Herstellung von Positivkopien für die immer beliebteren Lichtspielhäuser. Durch die Rationalisierung vormals aufwendiger Kopierprozesse schufen die Geyer-Werke neue technische Standards, die für Jahrzehnte gültig blieben. Zahlreiche Kinofilme und Serien gingen bis in die 1990er Jahre aus den Geyer-Werken in die ganze Welt. 1996 übernahm die CineMedia Film AG und versuchte vergeblich, die ehemaligen Geyer-Werke an die Digitalisierung anzupassen. 2013 meldete sie schließlich Insolvenz an.
Den eindrucksvollen Backsteinbau von 1928 in Neukölln schmücken bis heute vielfach die Worte „Geyer-Werke AG“. Das Gebäude des Architekten Otto Salvisberg besticht nicht nur mit seinen feinen Details, sondern auch mit der sachlichen Fassadengliederung.
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Gewerbehof Geneststraße (ehem. Mix & Genest AG) Die Neubauten (1905/07) der Mix & Genest AG liegen an der Ecke Geneststraße/Reichartstraße. | © Foto: Norbert Gilson Adresse
Geneststraße 5
10829 Berlin-SchönebergGewerbehof Geneststraße (ehem. Mix & Genest AG)
Wegen des gestiegenen Platzbedarfs verlagerte die 1879 gegründete Actiengesellschaft Mix & Genest, Telephon-, Telegraphen- und Blitzableiter-Fabrik 1907 ihre Produktionsstätte. Sie zog von der Bülowstraße, dem heutigen „Gewerbehof Bülowbogen“, in einen neu errichteten Gebäudekomplex in Schöneberg. Mit ihrem „modernisierten“ Namen zählte die Mix & Genest AG zu den innovativsten Unternehmen der deutschen Elektroindustrie mit Weltgeltung.
1929 kam Mix & Genest jedoch unter das Dach einer internationalen Holding-Gesellschaft unter Führung der amerikanischen International Telephone and Telegraph Co. (ITT). Sie führte nach dem Zweiten Weltkrieg mehrere deutsche Nachrichtentechnik-Unternehmen in der Standard Elektrik Lorenz AG (SEL) zusammen. Im Zuge dieser Entwicklung zog auch Mix & Genest 1948 nach Stuttgart um. 1973 übernahm die GSG Berlin den Komplex und wandelte ihn schließlich in den Gewerbehof Geneststraße um.
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AEG-Humboldthain AEG-Humboldthain: das weitläufige Gelände mit Gewerbe und Forschung hat seinen industriellen Charme erhalten. | © GSG Berlin Adresse
Brunnenstraße, Gustav-Meyer-Allee, Voltastraße, Hussitenstraße
13355 Berlin-GesundbrunnenKontakt
rent@amplifier.berlin
Tel.: 030 84853855
www.amplifier.berlin/Industriekultur erleben
AEG-Humboldthain
Imposante Fabrikstadt
Motoren, Maschinen, Eisenbahnmaterial und elektrische Geräte: die AEG-Humboldthain produziert von 1894 bis in die 1980er Jahre.
1894 muss das schnelle wachsende Unternehmen AEG neue Flächen für die Produktion schaffen. Unweit der AEG-Apparatefabrik in der Ackerstraße entsteht daher nach und nach eine imposante Fabrikstadt am Humboldthain. Die Architektur der beiden Standorte unterscheidet sich jedoch deutlich. Die Fassade der Apparatefabrik schmücken florale Elemente und aufwendige Verzierungen. Am neuen Standort Humboldthain setzen Architekten wie Peter Behrens hingegen auf eine neue Architektursprache. Besonders beeindruckend ist die monumentale Montagehalle für Großmaschinen im Stil der Neuen Sachlichkeit. Ohne Ornamente, stattdessen mit strengen und klaren Formen, repräsentiert die Architektur der Montagehalle die industrielle Produktion im Inneren.
1984 schließt der Standort AEG-Humboldthain und etliche Gebäude werden abgerissen. Das „Beamtentor“, gestaltet von Franz Schwechten, ist der ehemalige Eingang zum Gelände. Heute etwas verloren zwischen Neubauten in der Brunnenstraße 107 a, ziert das Denkmal ein Zahnrad als Symbol der Industrie. In den verbliebenen denkmalgeschützten Fabrikgebäuden sind u.a. ein Gründerzentrum, Medienunternehmen und die TU Berlin untergebracht. Noch immer verbindet ein Tunnel die Standorte Apparatefabrik und Humboldthain miteinander. Touren durch den AEG-Tunnel bietet inzwischen der Berliner Unterwelten e.V. an.
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Schrotkugelturm Der Schrotkugelturm gilt als das Wahrzeichen der Victoriastadt. | © bzi, Foto: Max Braun Adresse
Nöldnerstraße 15-16
10317 Berlin-LichtenbergSchrotkugelturm
Der Schrotkugelturm ist ein Wahrzeichen für den Kiez Victoriastadt und ein Symbol für technisch ausgeklügelte Herstellungsprozesse. Im Turm erhitzten Arbeiter der Maschinenfabrik Juhl & Söhne solange das Blei, bis die Tropfen anschließend knapp 40 Meter hinunterfielen. In den langen Fallrohren formten sich die Bleitropfen zu runden, nahtlosen Kugeln. Diese mussten Arbeiter danach nur noch aus dem Wasserbecken mit Korrosionsschutz am Fuße des Turms fischen. Fertig war der Produktionsprozess. Die Bleikugeln gingen anschließend in den Verkauf.
Der 1908 errichtete Schrotkugelturm ist der letzte dieser Art in Berlin und Brandenburg. Seine Fassadengestaltung erinnert an die Architektur der italienischen Renaissance. Interessierte können die knapp 200 Stufen zur Plattform des 1939 stillgelegten Turms im Rahmen von Führungen am Tag des offenen Denkmals oder Veranstaltungen emporsteigen.
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Physikalisch-Technische Bundesanstalt Das älteste Gebäude der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt ist das Observatorium. | © Physikalisch-Technische Bundesanstalt, 2015 Adresse
Abbestraße 2–12
10587 Berlin-CharlottenburgIndustriekultur erleben
Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Villen der Wissenschaft für richtiges Messen
Anspruchsvolle industrielle Fertigung benötigt präzise Messtechnik. Allerdings gibt es diese für die aufstrebende Elektroindustrie Ende des 19. Jahrhunderts noch nicht. Diesen Mangel wollen Werner von Siemens und Hermann von Helmholtz beheben. Auf ihre Initiative gründet sich 1887 die Physikalisch-Technische Reichsanstalt (PTR), die erste staatliche Großforschungseinrichtung Deutschlands.
Die PTR der metrologischen Grundlagenforschung verpflichtet. Parallel unterstützt sie außerdem die Industrie bei aktuellen Themen. Ihr erster Präsident ist Hermann von Helmholtz, der bis 1894 den Aufbau des Forschungsinstituts gestaltet. In den ersten Jahren arbeiten rund 65 Personen an der PTR. Dort tätige Experimentalphysiker ebnen in Zusammenarbeit mit Max Planck, Professor an der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin, der Quantenphysik den Weg.
1903 eröffnet auf dem Areal die „Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt“. Sie informiert über das Thema Arbeitsschutz.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten beginnt auch für die PTR ein dunkles Kapitel. 1933 wird der überzeugte Nationalsozialist Johannes Stark gegen den einhelligen Rat sämtlicher Fachleute als neuer Präsident eingesetzt. Er beendet die Forschungsarbeiten zur Quantenphysik und Relativitätstheorie, die 1933 als „zu jüdisch“ gelten. In der Folge richten sich die Aktivitäten der PTR zunehmend auf die Autarkie- und Rüstungsprogramme des NS-Regimes aus.
Bei Bombenangriffen auf Berlin werden Teile der PTR 1943 stark beschädigt. Es folgt die Verlagerung mehrerer Abteilungen an Ausweichstandorte, beispielsweise ins thüringische Weida. Bei Kriegsende ist die Reichsanstalt faktisch zerschlagen.
Um die Aufgaben der PTR fortführen zu können, beginnt 1947 in Braunschweig der Aufbau eines neuen metrologischen Staatsintituts. Es entsteht aus den Laboratorien, die zuvor in die westlichen Besatzungszonen verlagert wurden. Drei Jahre später gründet sich hier die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die seitdem der Bundesregierung untersteht.
Der Standort in Berlin-Charlottenburg ist seit 1953 als „Institut Berlin“ in die PTB eingegliedert. Bis heute leistet die Forschung hier einen international anerkannten Beitrag auf den Gebieten der Temperatur und Physik mit Synchrontronstrahlung beziehungsweise Medizinphysik und Informationstechnik.
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 3.
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Hochbahnanlage Schönhauser Allee Die U-Bahnstation Eberswalder Straße an der Linie U2. | © tic, Foto: Friedel Kantaut etc. Adresse
von U-Bhf. Schönhauser Allee bis U-Bhf. Eberswalder Straße
Industriekultur erleben
Hochbahnanlage Schönhauser Allee
Vom Magistratsschirm zum Viadukt
Kurios: An der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg fährt die U-Bahn als oberirdische Hochbahn auf einem Viadukt. Um technische Probleme beim Bau von Tunneln unter der Spree und Häuserzeilen zu vermeiden, entscheidet sich der Magistrat von Berlin 1913 nicht für eine Untergrundbahn, sondern für die preiswertere Hochbahn. Diese Hochbahn auf Stelzen verläuft parallel zur Straße und schafft eine weitere Verkehrsebene.
Das technisch elegante Werk des U-Bahn-Architekten Alfred Grenander trägt damals den Spitznamen „Magistratsschirm“. Die Hochbahn über der Schönhauser Allee ist wie ein aufgespannter Schirm, unter dem die Berlinerinnen und Berliner wettergeschützt flanieren können. Proteste wegen Erschütterungen in den Häusern, Geschäftsschädigung, Lärmbelästigung und Fahrpreiserhöhungen sorgen anfangs für Unmut. Inzwischen steht die Berliner Hochbahn unter Denkmalschutz und ist aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken.
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Stadtbad Oderberger Straße Das Herzstück des Stadtbads ist die Schwimmhalle. | © bzi, Foto: Max Braun, 2020 Adresse
Oderberger Straße 57 & 59
10435 Berlin-PankowKontakt
www.gls-campus-berlin.de/location-fuer-hochzeitsfeiern-und-firmenfeiern
info@gls-campus-berlin.de
Tel.: 030 780 089-551Stadtbad Oderberger Straße
„Wöchentlich ein Bad“ fordert der Berliner Dermatologe Oskar Lassar. Gar nicht so einfach, wenn die enge Mietwohnung kein fließendes Wasser hat und die „Toilette“ nur ein Abtritt im Hinterhof ist. Lassar erkennt die prekären Hygieneverhältnisse und gründet 1874 den Berliner Verein für Volksbäder. In den folgenden Jahren entstehen erste Stadtbäder in Berlin. Ein Stadtbad bietet damals jedoch nicht nur Möglichkeiten zum Schwimmen, sondern vor allem zum Baden und Brausen. Übrigens: Nach französischem Vorbild „la douche“ nennen wir die Brause heute Dusche.
1899 beginnen auch in der Oderberger Straße in Prenzlauer Berg die Bauarbeiten an einem Stadtbad. Reich verziert mit Skulpturen und Ornamenten eröffnet das Stadtbad 1902. Schwimmbecken, Kabinen zum Wannenbad und ab 1977 sogar eine Sauna – das Stadtbad erfreut sich großer Beliebtheit. Bis es 1986 wegen Rissen im Becken schließen muss. Bürgerinitiativen und Investoren sorgen für den Erhalt des Gebäudes.
Ab 1994 ist das leere Schwimmbecken Eventlocation für Partys und Kunstausstellungen. 2016 eröffnet das Hotel Oderberger Berlin. Dank eines verstellbaren Bodens ist nun beides möglich: Veranstaltung und Schwimmen. In dem sanierten Gebäude verraten originale Fließen, Türen und Geräte mehr über die Geschichte des Stadtbads. -
Pumpstation Radialsystem V Das Radialsystem V versteht sich als Begegnungsstätte für Künste. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß, 2017 Adresse
Holzmarktstraße 33
10243 Berlin-FriedrichshainKontakt
www.radialsystem.de/
vermietung@radialsystem.de
Tel.: 030 288 788 533Pumpstation Radialsystem V
Direkt an der Spree gelegen, sorgt die Pumpstation V ab 1881 für die Abwasserentsorgung des Bezirks. 1869 konzipiert James Hobrecht ein Abwasserentsorgungssystem, das Berlin in zwölf Gebiete unterteilt, sogenannte Radialsysteme. Jedes Radialsystem hat eigene Kanäle und eine Pumpstation. Diese leiten die Abwasser auf die Rieselfelder am Stadtrand.
1905 vergrößert sich das Pumpwerk V auf etwa die doppelte Fläche. Nach großen Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg werden die verbliebenen Gebäude der Anlage schließlich bis 1999 als Abwasserpumpwerk genutzt.
Noch immer zieht die märkische Backsteingotik aus dem Jahr 1905 von Architekt Richard Tettenborn viele Blicke auf sich. Inzwischen um einen Neubau von Gerhard Spangenberg ergänzt, beginnt 2005 die Umnutzung als Kultureinrichtung durch die Radialsystem V GmbH. Seit 2006 unterstützt zusätzlich die Radial Stiftung die unterschiedlichsten Produktionen und Veranstaltungen.
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Der Aerodynamische Park in Adlershof iErbaut
1932 - 1940Bauherr
Deutsche Versuchsanstalt für LuftfahrtArchitekt
Hermann Brenner, Werner DeutschmannFrüher
Versuchslabore und SimulatorenHeute
ForschungsstandortDer Trudelturm der Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt e. V. (DVL) wurde von 1934 bis 1936 erreichtet. | © Foto: Andreas FranzXaver Süß Adresse
Zum Trudelturm
Brook-Taylor-Straße
12489 Berlin-Adlershof
GBSL e. V.
Am Studio 2
12489 BerlinKontakt
Tel.: 0173/610 40 56
gbsl@luftfahrtstaetten.de
www.luftfahrtstaetten.de/Industriekultur erleben
Der Aerodynamische Park in Adlershof
Trudelturm und Windkanal
Der Aerodynamische Park im Universitätsquartier der Humboldt-Universität in Berlin-Adlershof besteht aus einem Ensemble von Forschungsgebäuden aus den 1930er-Jahren. Er ist ein bedeutender Ort für die Anfänge der deutschen Luftfahrt, aber auch für die Rüstungsforschung während der Weltkriege.
1909 eröffnet ein Flugplatz im benachbarten Johannisthal. Drei Jahre später gründet sich die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt e. V. (DVL). Am östlichen Rand des Flugfelds errichtet die DVL in den folgenden Jahren erste Prüfstände. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 übernimmt das Militär die Gebäude und nutzt sie ab 1915 als Prüfanstalt und Werft der Fliegertruppe. Nach Kriegsende und der Lockerung des Versailler Vertrags wird die eigentliche Forschungstätigkeit allmählich wiederaufgenommen.
In den 1930er-Jahren nimmt die Flugzeugentwicklung im Deutschen Reich Fahrt auf. Ab 1933 stärken staatliche Förderprogramme der nationalsozialistischen Regierung die Luftfahrtindustrie. Besonders im zweiten Vierjahresplan von 1936 baut das NS-Regime die Rüstungsindustrie weiter aus und fördert in besonderem Maße Luftfahrt- und Luftwaffenentwicklungen. Dabei spielt auch die DVL als Forschungszentrum eine wichtige Rolle.
In Adlershof entstehen in dieser Zeit modernste Prüfstände. Darunter der Große Windkanal (1932-34) und der schallgedämpfte Motorensprüfstand (1933-35) mit seinen beiden markanten Türmen. Besonders auffällig ist der eiförmige Trudelturm (1934-36). In dem rund 20 Meter hohen Windkanal wurden Flugzeugmodelle praktisch „in der Luft stehend“ bei ihrem Flug- bzw. Trudelverhalten gefilmt. Die Ergebnisse aus diesen Versuchen flossen in die Entwicklung von Jagdflugzeugen für die Luftwaffe ein.
Der Aerodynamische Park mit seinen gut erhaltenen Gebäude wird inzwischen von der Humboldt-Universität für verschiedene andere Zwecke genutzt. Johannisthal und Adlershof gelten als Wiege der deutschen Luftfahrt. Hier sitzt die Gesellschaft zur Bewahrung von Stätten deutscher Luftfahrtgeschichte (GBSL e. V.), die ihr Anliegen im Namen trägt. Zu diesen Stätten gehören Flugplätze, Bauwerke, Fluggerät und andere besondere Erinnerungsstücke. Die GBSL sieht ihre Aufgabe darin, die Erinnerung an inzwischen Zerstörtes oder Verlorengegangenes zu erhalten. Im Auftrag des Wissenschafts- und Technologieparks in Adlershof führt die GBSL durch die erhaltenen technischen Denkmäler der Luftfahrtforschung, wie z. B. den Großen Windkanal.
Der Trudelturm stand schon bei mehreren Filmen Kulisse, beispielsweise beim Science-Fiction Film „Æon Flux“. 2022 schafft er es sogar auf das Cover des Albums „Zeit“ der Band Rammstein.
Der Aerodynamische Park ist Teil unserer Publikation „Berliner Schriften zur Industriekultur“ Band 2. Der »Wiege der Luftfahrt« ist außerdem ein Meilenstein der Industriegeschichte Berlins gewidmet.
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AEG-Tunnel iErbaut
1895 - 1897, 1911Bauherr
AEGArchitekt
C. Schnebel, W. LauterFrüher
Untergrund-VersuchsbahnDie Schienen der ersten elektrischen U-Bahn Deutschlands sind bis heute erhalten. | © Berliner Unterwelten e.V., Foto: Holger Happel Adresse
Voltastraße 5-6
(Hof neben Treppe 12.1)
13355 Berlin-GesundbrunnenKontakt
Tel.: 030/49 91 05-17
info@berliner-unterwelten.de
www.berliner-unterwelten.deAnfahrt
U-Bahn: U8 (Haltestelle Voltastraße)
Öffnungszeiten
Nur im Rahmen einer Führung zugänglich.
Eintritt
Termine und Tickets im Online-Shop erhältlich, kein Ticketverkauf vor Ort.
tickets.berliner-unterwelten.deFührungen
Öffentliche Führungen nur für Personen ab 14 Jahren.
Festes Schuhwerk ist notwendig, warme Kleidung wird empfohlen.
www.berliner-unterwelten.de/fuehrungen/oeffentliche-fuehrungen/der-aeg-tunnelBarrierefreiheit
Nicht barrierefrei zugänglich
Industriekultur erleben
Wissenswertes
AEG-Tunnel
Deutschlands ältester U-Bahntunnel
Der AEG-Tunnel gilt als Vorläufer der Berliner U-Bahn. Ende des 19. Jahrhunderts werden die Straßen immer voller. Deshalb entbrennt in Berlin ein Wettstreit um neue Verkehrsmittel. Die AEG baut 1894 einen Tunnel nach dem Vorbild der Londoner U-Bahn, der ersten U-Bahn der Welt. Die 295 m lange Versuchsstrecke verbindet die Fabrikstandorte der AEG in der Ackerstraße und am Humboldthain. Arbeiterinnen und Arbeiter fahren mit elektrischen Zügen von A nach B und auch schwere Güter werden so transportiert. Dieser Versuchstunnel gilt heute als erster U-Bahn-Tunnel Deutschlands.
Den Zuschlag für den U-Bahnbau erhält allerdings Siemens mit dem preiswerteren Konzept einer Hochbahn. Ab 1902 rollen in Berlin die ersten Züge. Der AEG-Tunnel ist betriebsintern und zu Testzwecken weiterhin in Betrieb. Im Ersten Weltkrieg nutzt die AEG den Tunnel als Produktionsstandort für Munition, im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzraum für die Werksangehörigen. Anfang der 1980er-Jahre werden die AEG-Fabriken am Humboldthain nach und nach geschlossen. 1984 ist endgültig Schluss, in der Folgezeit werden Teile der ehemaligen Fabrikstadt abgerissen. Der Tunnel steht zeitweilig unter Wasser.
Die verbliebenen Gebäude sind heute denkmalgeschützt. Neues Leben ist eingezogen, beispielsweise ein Gründerzentrum, Gewerbebetriebe und Medienunternehmen. Dem Berliner Unterwelten e. V. gelingt es ab 2016, den Tunnel instand zu setzen und das historische Gleisbett freizulegen. Seitdem steigen Besucherinnen und Besucher bei geführten Touren hinab in den „ersten U-Bahntunnel Deutschlands“.
Ein Meilenstein der Berliner Industriegeschichte widmet sich der Entstehung des Berliner Nahverkehrs.
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Schalt- und Gleichrichterwerk Markgrafendamm Das Schalt- und Gleichrichterwerk Markgrafendamm (RAW I) ist mit Backsteinen verkleidet. | © Foto: Andreas Muhs, 2014 Adresse
Modersohnstraße 33 und
Markgrafendamm 24
10245 Berlin-FriedrichshainSchalt- und Gleichrichterwerk Markgrafendamm
Das Schalt- und Gleichrichterwerk Markgrafendamm auf dem Gelände des Reichsbahnausbesserungswerkes I (RAW I ) ist ein verstecktes architektonisches Juwel. Architekt Richard Brademann entwarf Ende der 1920er Jahre mehrere Gleichrichterwerke in Berlin. Der 1928 fertiggestellte Bau am Markgrafendamm ist in ein langes Hochspannungshaus und ein Schalthaus aufgeteilt. Nicht nur die geradlinige Fassade, sondern auch der systematische Aufbau der Gebäude ist elektrischen Schaltplänen nachempfunden. Die imposante Glasdecke der Schaltwarte erinnert beispielsweise an elektro-technische Zeichnungen. Sie ist nicht nur das Herzstück der Anlage, sondern zugleich einer der wichtigsten Knotenpunkte der Berliner S-Bahn.
Das Schalt- und Gleichrichterwerk liegt in Sichtweite des Ostkreuz. Von der Schaltwarte aus überwachten wenige Angestellte die Steuerung der Gleichrichterwerke der S-Bahn. Ab 1995 ersetzte die Deutsche Bahn die alte Technik durch eine computergesteuerte Netzleitstelle, die seit 2000 sämtliche Bahnstromanlagen der Berliner S-Bahn steuert.
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